„… zu der Überzeugung gekommen, dass sie nicht im Gegensatz zum Schöpfungsplan und der Liebe Gottes stehen.“ Der Kurienkardinal warf das Papier wutentbrannt auf den Schreibtisch. „Guerreiro, das darf den Vatikan auf keinen Fall verlassen, hören Sie? Auf gar keinen Fall!“ „Euer Eminenz haben das wohl nicht ganz verstanden. Das Sendschreiben ist bereits veröffentlicht worden.“
Tatsächlich hatten die katholischen Bischöfe um sieben Uhr MEZ die päpstliche Botschaft in ihren Faxgeräten vorgefunden. Dazu erging eine Kopie an ihre privaten E-Mail-Adressen. Man weiß ja nie, was der Vorsehung so alles in die Quere kommt.
„Das kann nur eine Fälschung sein.“ „Eminenz, das Siegel spricht dagegen. Die Unterschrift. Das Schreiben hat ein Aktenzeichen. Wir können da nichts mehr ausrichten.“ Der Kurienkardinal griff mit zitternden Fingern in seine Soutane und zog ein silbernes Fläschchen heraus. Nach mehreren großen Schlucken blickte er den Kanzlisten fest an. „Das ist unser Untergang, Guerreiro. Er ist plemplem! Verhütungsmittel! Wir sind am Ende!“ Guerreiro runzelte ironisch die Stirn. „Deus lo vult.“
Die Presse überschlug sich. Eugen Drewermann war nicht zu erreichen. Uta Ranke-Heinemann gab in einem Interview mit dem WDR zu Protokoll: „Was Ratzinger sagt, ist richtig, Sie dürfen sich auf ihn berufen.“ Außerdem plädierte die Theologin in diesem Fall ausnahmsweise für Täterschutz. Der Osservatore Romano übernahm den im Bayernkurier erschienenen Leitartikel von Erwin Huber. Fotos von Berlusconis Fettnäpfchen-Beauftragtem, wie er die Pizzeria der vatikanischen Museen betrat, kamen sofort auf alle Titelseiten. Heiner Geißlers Gastkommentar flog ersatzlos aus allen Gazetten. Einige Leserbriefe, die Benedikt XVI. zum sofortigen Rücktritt aufforderten, wurden irrtümlich doch noch im Rheinischen Merkur abgedruckt. Die personellen Konsequenzen gingen schnell und ohne großes Aufsehen über die Bühne.
Für Heiterkeit sorgte der altkatholische Bischof, der in der Talkrunde witzelte, man würde jetzt das Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit noch einmal überdenken. In der PR-Agentur ging es weniger ausgelassen zu. Der Sekretär der Disziplinarsektion hämmerte auf den Tisch, dass die Designertassen in die Gegend sprangen. „Was haben Sie sich da wieder für einen Dreck ausgedacht? Kondome für die Katholiken! Haben wir denn nicht schon genug Schlamassel?“ „Ruhig, Pater. Wir haben das einzig Richtige getan.“ Monsignore Tournon schaute entgeistert. „Sie haben was? Das Richtige?“ „Haben wir. Dann schauen Sie sich mal bitte den Score der letzten Monate an.“ Der Consultant drehte sein Notebook und deutete auf eine Kurve. „Der Börsenkurs Ihrer Firma. Sehen Sie diesen Knick? Das waren die Piusbrüder mit Herrn Williamson, der sich die Freiheit nimmt, die Gaskammern zu leugnen. Und dieser scharfe Zacken hier? Der unzurechnungsfähige Ösi, den Ihr Herr Chef partout zum Weihbischof machen musste. Und das hier…“ Der Priester begriff zuerst nicht. „Sie wollen damit andeuten, dass… Nein, unmöglich!“ „Wir werden dafür bezahlt, Ihre Managementfehler auszubügeln – schlimm genug. Was bleibt uns denn anderes übrig, als den Kurs anzukurbeln?“ Der PR-Berater hatte sich nun selbst in Rage geredet. „Wie soll man ein Unternehmen von der Größe ohne Controlling kontrollieren? Himmelherrgott, wie sollen wir den Laden konsolidieren, wenn wir vom Aufsichtsrat ständig torpediert werden? Wozu kriegen Sie Ihr tägliches Memo, wenn das Zeug sowieso im Kamin landet?“ Er packte den Sekretär am Kollar. „Kruzifix, warum haben Sie damals nicht den Lehmann gewählt? Muss man denn hier alles selbst machen?“ Das Diagramm zuckte kurz auf. „Na sehen Sie“, frohlockte er, „der Kurs steigt. Erste Notverkäufe. Scientology bröckelt. Sonntag sind wir wieder da.“ Seine Augen verengten sich zu Schlitzen, seine Stimme wurde scharf. „Und wenn wir die Evangelikalen von der Bildfläche gefegt haben, kommen Sie bloß nicht auf die Idee, das als Ihre Leistung zu verkaufen. Ich warne Sie.“
Unterdessen feierte das Volk den Oberhirten. Während in Lateinamerika die Patres selbst die Gläubigen in langen Prozessionen mit Papa-Ratzi-Bildern zu enthemmten Sambarhythmen durch die Straßen führten, organisierten in Köln Schwule und Lesben die Demonstration. Binnen Stunden zogen Katholiken durch Deutschlands Innenstädte. Sie skandierten leidenschaftlich Wir sind wieder Papst und Ratze, gib Gummi. Joachim Meisner schäumte. Ob man da nicht etwas machen könnte. Man teilte ihm mit, man kann da nichts machen. Als der Amtsrichter den Kardinal sarkastisch fragte, ob der an Gummi-Geschosse gedacht habe, verließ Meisner zornig den Raum.
Der Werbespot für Benny Boy, das kardinalsrote Kondom (Geschmacksrichtungen Messwein und Milch mit Honig), wurde noch am gleichen Tag im Vorabendprogramm ausgestrahlt. Hella von Sinnen hatte spontan zugesagt.
„Hürlimann, haben Sie noch die Adresse von diesem Chilenen, ja? Gut. Dann bringen Sie mir den her. Und schnell, bitte.“ „Wäre es nicht besser, wenn wir… also ich meine… gewissermaßen für die Öffentlichkeit, Sie verstehen?“ Der Gardist vollführte eine ruckartige Handbewegung. „Ah, verstehe. Hm. Gut. Ist schon dreißig Jahre her, aber vielleicht klappt’s ein zweites Mal. Versuchen wir es.“ Und er faltete ergeben die Hände. „Im Namen Gottes.“
(applaudiert stehend)
Ganz großes Kino!
Merci 🙂
Mal wieder das volle Brett heute. Feines Stöffchen. Auf jeden Fall weiter so.
Gut, dass es Blogs wie diesen gibt. Keiner würde sich mehr trauen, sowas zu drucken.
Tja, wir sind das Volk.
Dass Sie mit ihrer sogenannten „Satire“ die religiösen Gefühle von vielen Menschen verletzen, ist Ihnen aber klar?
Ad 1 ist diese so genannte Satire eine, ad 2 nehme ich genau dann Rücksicht auf die religiösen Gefühle des Papstes, wenn er aufhört, meine zu verletzen.
Und Kommentare mit offensichtlichen Fake-Mailadressen habe ich dann auch nicht so nötig. Das sehe ich kritisch.
Darf ich meine sparsam dosierten religiösen Gefühle in Zukunft auf deine Texte projizieren? 😉
Ah, ich sehe schon. Du gehst in Startposition, falls Seine Heiligkeit den Schein abgibt. Nix dagegen. Die Musik ist ganz erträglich und die Dienstwohnung soll ganz gut geschnitten sein. Und diese Brokatfummel und die roten Schuhe sind ja auch zu heiß 😉
Allein für diesen Brokatfummel würde ich … ähm ja… du weisst schon… 😉
Schießen Sie nicht auf den Organisten!
Holla die Waldbee, Du hast aber eine spitze Zunge! Chapeau zu „Ratze, gib Gummi!“ 😎
(Der Spruch heißt eigentlich „Holla die Waldfee“, ich habe das Dir zu Ehren umgemodelt… )
Merci bien 🙂
Wusste ich natürlich, ich als Waldelf („Elfs Freunde sollt Ihr sein!“) arbeite ja im Nebenberuf als Wald-Beere und liege nur am Wochenende auf der Beerenhaut 😉