Das Lied von der Locke oder Danke für den Fisch

28 02 2009

Schillers Schädel, Äpfelduft,
all dies weht aus deutscher Gruft,
fächelt klassisch, musisch und
tut dem Kulturellen kund,

wie wir unsre Dichter preisen.
Marbachs Nachlass will uns weisen
hin auf eine Strähnenschar,
die von Schillers Schädel war.

Schillers Haupthaar, zum Beglücken
(und das echte! nicht Perücken!)
liegt in einem runden Ding,
das nun Aufmerksamkeit fing.

Schillers Schopf in Einzelteilen
lädt den Denker zum Verweilen:
hat der Dichter bei der Glocke
sich das Haar gerauft? Der Locke

Schädelnähe klar beweist:
diese Locke ist voll Geist!
Karlos, Tell und Wallenstein,
all dies schließt das Löckchen ein.

Räuber, Fiesco, Ibykus,
sind nach Marbachs weisem Schluss
aus des großen Dichters Kopf.
Folglich zeigt man uns den Schopf.

Leider fehlen uns die wahren
Schätze in Reliquiaren:
Fingernägel, die gewisslich
voll von Geist sind, weil sie schließlich

an des Dichters Schreibhand waren,
Taschentücher aus den Jahren,
da er seine Bürgschaft schrieb –
ach, noch manches wär uns lieb!

Darin sind die Deutschen eigen:
wolln sie rechte Gunst bezeigen,
weihen sie Kultursymbolen,
dienstbeflissen, Gott befohlen,

einen konservierten Fisch.
Einig stehn auf deutschem Tisch
Schillers Locken und desgleichen
Bismarcks Hering. So erreichen

Dichterfürst und Kanzler Ruhm
als des Volkes Eigentum,
hoch geachtet, hoch verehrt,
viel umschwärmt. Und gern verzehrt.