
Gernulf Olzheimer
Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.
Rechtsanwälte, Kommunalpolitiker und Frisöre, Gebrauchtwagenhändler und Besitzer von Pudeln können einem das Leben zur Hölle machen – sie können, müssen es aber nicht zwangsläufig, weil immer noch ein Hauch von Hoffnung besteht, dass man sie nur sporadisch wahrnimmt, nicht in die eigene Sippe einheiraten lässt oder sie weiträumig umfährt, wenn es einem schon nicht gelingt, sie durch versehentliches Verwechseln von Gas und Bremse beim Rückwärtseinparken aus der Riege der aktuell Sauerstoff verbrauchenden Knalldeppen zu beseitigen. Schlimmer als alle zusammen ist nur der gemeine Penner, der sich allem Anschein nach auf ungeschlechtliche Weise vermehrt, weil ihm zum Zeugungsakt die nötige Großhirnrinde fehlen muss. Er vervielfältigt seine Gene schneller als die Filzlaus, gründlicher als Hausstaubmilben und hat nach dem Geburtsakt die entscheidenden Dinge in Bezug auf intellektuelle Leistung und Bewegungsfähigkeit hinter sich gebracht; von diesem Zeitpunkt vegetiert er in der Gegend herum – mit tödlicher Sicherheit gerade so, dass seine Existenz der größtmöglichen Anzahl von Bekloppten maximal auf den Sack geht.
Zoologen beschreiben eine Quallenart, die sich einen Platz zum Anwachsen sucht und, einmal im Boden verankert, die restliche Weltgeschichte damit zubringt, ihr Gehirn zu verdauen. Der Penner ist die Perfektionierung dieses evolutionären Streichs, er betritt vorverdaut die Welt und scheidet etwaige Hirnreste sofort und rückstandsfrei aus.
Das natürliche Habitat des Penners ist die innerstädtische Lichtzeichenanlage; er bevorzugt insbesondere mehrspurige Kreuzungen. Da baut er sich unmittelbar vor dem Hinweislicht auf und geht seinem Existenzzweck nach. Fallweise auftretendes Hupen, das aus Dutzenden von Kraftfahrzeugen hinter ihm ertönt, beeindruckt ihn nicht; er wartet in seliger Ruhe, bis die Ampel wieder auf Rot springt. Ausgewachsene Penner reagieren nicht einmal auf gröbere Schmerzreize, die beim unvermittelten Zerlegen von Auto und Fahrer durch Ketten- oder Kreissägen auftreten. Offensichtlich ist durch Vererbung oder Gendefekte längst eine Art von Beknackten entstanden, die ebenso wenig wie Zombies, gewisse tropische Viren oder Johannes Heesters ihr eigenes Ableben zur Kenntnis nehmen würden.
Der Penner ist da, wo er jede Konstellation von belebter und nicht belebter Materie in das finale Chaos überführen kann. So betreibt er etwa Langstreckenstehen in der Fußgängerzone oder vor dem einzigen nicht verschlossenen Notausgang, während hinter der kreischenden Menschenmasse in drei Metern Entfernung bereits eine Feuerwalze auf die Westmauer des Baumarktes zurollt. Das stört den Penner nicht wesentlich, er zieht es vor, in diesem Augenblick zur Sicherheit auf seinem Einkaufszettel nachzugucken, ob er Stützstrümpfe für Tante Ilse holen soll oder ob das doch letzte Woche anlässlich des Besuchs im Fischgeschäft zu geschehen hatte.
Der Versuch, einem Penner die ordnungsgemäße Verwendung eines Blecheimers beizubringen, ist weniger erfolgreich als das Unterfangen, eine mehrere Meter dicke Waschbetonmauer mit Hilfe eines Zahnstochers abzutragen. Er wird den Eimer mit einem Vielfachen des Vorgesehenen füllen – Brackwasser, Klärgrubeninhalt, Schlachtabfälle – und den Inhalt beim Überqueren einer planen Fläche großzügig auf jene verteilen. Dass er mit zwei Eimern in den Händen den Eingang verwechselt, die ungefähr 200 Meter außerhalb des Baustellenbereichs gelegene, eigens als ebensolche beschriftete Terrassentür benutzt und die Reste des Mörtels gleichmäßig auf dem Marmor verteilt, ist keine Ausnahme, sondern der Regelfall. Hernach verbleibt er an Ort und Stelle, um den Mörtel beim Aushärten meditativ zu begleiten.
Organisationsvermögen und Logistikverständnis des Penners sind legendär; er ist in der Lage, einen Lottojackpot von 50 Millionen Euro in Hundertern aus dem Tresorraum zu holen, da er auf dem Weg ins Untergeschoss jedes Mal die Summe vergisst. Es nützt nichts, ihn anzuschreien, die Sinnesorgane bildet er bereits im embryonalen Stadium zurück. Sollte der Planet eines Tages die Konferenz erleben, auf der Wissenschaftler den drohenden Einschlag eines Meteors in der Größe von Australien abzuwenden suchen, wird sich unmittelbar vor der alles entscheidenden Resolution der quotenmäßig anwesende Penner melden und Tagesordnungspunkt Nummer 1 zur Disposition stellen: die Sitzordnung im Halbrund oder in Reihe.
Der Vorschlag, Penner durch etwa gleich hohe Säulen aus massivem Gussstahl zu ersetzen, wurde einstimmig angenommen; Objekte dieser Art sind vergleichsweise schnell verwittert, reproduzieren sich nicht ungefragt, bewegen sich selten in die falsche Richtung, halten die Klappe und bieten im Gegensatz zum Original einen reizvollen Anblick. Es kam jedoch nie zur Verwirklichung dieses Ansinnens. Irgendein Penner muss den Antrag verschlampt haben.
Satzspiegel