Und Friede auf Erden

30 11 2009

„Mir doch egal. Nun machen Sie hier keinen Aufstand, sonst werde ich nämlich mal… Was wollen Sie? sich beschweren? Bei Ihnen piept’s wohl! Glotterbeck, haben Sie das gehört? Er will sich beschweren! Sich beschweren! Na, da wollen wir doch mal sehen, ob wir nicht noch ein bisschen Spaß haben werden miteinander, Herr Minister…

Natürlich ist das unumgänglich. Ich bitte Sie, wir können doch hier keinen Terroristen mit Schnürsenkeln herumlaufen lassen. Wie bitte? Was sind Sie nicht? Ob Sie Bundesinnenminister sind oder der Kaiser von China, hier in Deutschland sind Sie erst mal Terrorist, Herr de Maizière. Und als solcher können Sie entweder kooperieren – dann sind wir möglicherweise auch nicht ganz so böse mit Ihnen – oder Sie kooperieren eben nicht. Sie werden schon sehen, was Sie davon haben.

Also was, keine Schnürsenkel? Glotterbeck, ziehen Sie ihm die Hose herunter. Nun mal nicht so zaghaft, wenn er sich wehrt, dann weiß er ja, wozu das Gewaltmonopol des Staates da ist. Ach, das hatte Ihnen keiner gesagt? Doch, das gilt noch. Es gibt Dinge, die wir am Grundgesetz doch sehr zu schätzen gelernt haben, Herr de Maizière. Nur, wenn Sie nicht kooperieren, dann werden wir eben andere Saiten aufziehen müssen.

Was soll das denn bedeuten? wir machen Sie erst zum Terroristen? Na, das müssen Sie mir jetzt erklären. Wissen Sie, das alles hier ist doch eine ganz logische Folge aus Handlung und Reaktion. Die einen handeln – wir sind die Reaktion. Ist das denn so schwer zu begreifen? Ach, was sollen denn wieder diese Rechtfertigungsversuche – Sie wissen doch genau, dass das alles nichts bringt. Natürlich müssen wir die Verhältnismäßigkeit beachten. Aber dann gehen Sie mal so eine Straße in der Londoner Vorstadt herunter, da sind so unverhältnismäßig viele Ausländer, da muss man dann verhältnismäßig schnell handeln. Und wenn sich zum Beispiel die Festnahme von einem dieser Subjekte auch nicht vermeiden lässt, weil man seine DNA noch nicht hat… wieso Beweislastumkehr? Die DNA-Probe wird standardisiert bei der Festnahme entnommen, es sei denn, es ist schon eine vorhanden – deshalb muss man ja auch öfter mal einen von ihnen festnehmen, weil man ja einen festnehmen könnte, von dem man noch keine Probe hat, so dass man ihn festnehmen muss, um eine Probe von ihm zu haben, denn dann muss man ihn ja nicht mehr festnehmen, weil man dann eine Probe von ihm hat, wegen der man ihn vielleicht später mal festnehmen kann, verstehen Sie? Es dient alles dem inneren Frieden, Herr Minister. Und jetzt lassen Sie endlich das Gekasper mit dem Gürtel und ziehen Sie Ihre Hose aus.

Soso, ein Kontoauszug. Herr Minister trägt also einen Kontoauszug mit sich in der Hosentasche. Das ist ja mal interessant. Sie haben mit Kreditkarte gezahlt? Wohl, um keine Spuren zu hinterlassen, wie? Aber das wird Ihnen jetzt nichts mehr nützen, Sie sind ertappt. Fünfzig Euro für Süßwaren – Herr de Maizière, für wie blöd halten Sie uns eigentlich? Das ist doch eine versteckte Terrorfinanzierung. Sie unterstützen doch al-Qaida. Machen Sie uns doch nichts vor. Uns doch nicht! Tja, das ist eben die Logik, die Sie in Ihrem Ministerium pflegen, Herr Innenminister. Je mehr Terror Sie um sich herum sehen, desto mehr Überwachung müssen Sie auch durchsetzen. Daran führt nun kein Weg vorbei. Glotterbeck, den Rest.

Jetzt stellen Sie sich mal nicht so an, Herr Minister. Glauben Sie, unsereins hat noch nie einen nackten Mann gesehen? Entwürdigend? Ich bitte Sie, was gibt’s denn da noch groß zu entwürdigen. Sie sind für uns ein Terrorist, und fertig. Außerdem geschieht das hier alles nur zu Ihrem eigenen Schutz. Aber das wissen Sie ja sicher längst.

Natürlich wissen wir, wer Sie sind. Ja, machen Sie. Machen Sie nur, Herr Minister. Meinetwegen können Sie Bundespräsident werden, meinetwegen können Sie Finanzminister werden oder sonst was. Was man so wird, wenn man als Innenminister versagt hat. Beschweren Sie sich, wenn’s denn der Wahrheitsfindung dient und dem inneren Frieden.

Sie sind kein Terrorist? Weil Sie Minister sind? Wer soll Ihnen denn den Quatsch glauben? und seit wann schließt das eine das andere aus? Ich bitte Sie, mit derlei Spitzfindigkeit können Sie vielleicht Ihre Parteifreunde beeindrucken. Ein Verfassungsrichter will da schon etwas mehr sehen.

Fünfzig Euro für Süßwaren. Meinetwegen, haben Sie halt für Ihre Vorzimmerdamen Konfekt gekauft, das ist uns doch wurst. Ihr Auto ist nur geleast. Sie haben sich ziemlich früh gegen die Schweinegrippe impfen lassen – auffällig früh. Darstellung und rechtliche Würdigung eines verborgenen Vorgehens – kommt Ihnen das bekannt vor? Geheimniskrämerei? Ach Gott, jetzt stellen Sie sich doch nicht dümmer an, als Sie sind. Natürlich ist das alles belanglos, unerheblich, völlig irrelevant. Nur wird der Staatsanwalt, der Sie vor Gericht hat, etwas anderes darin sehen: Puzzleteile in einem Indiziengebäude. Und wenn er dann erfährt, dass Sie ja schließlich schon einmal mit uns zu tun hatten – und man steht ja auch nie so ganz aus Versehen vor Gericht.

Wir haben das verstanden, Herr Innenminister. Wir handeln auch danach. Krieg? Das heißt doch jetzt Verteidigung. Stimmt, das ist das Gegenteil von Angriff. Und wenn Krieg gleich Verteidigung, dann ist Angriff… Sehen Sie, jetzt haben Sie’s auch kapiert. Die Sicherheitspolitik der Bundesregierung dient nur dem inneren Frieden.“





Atzventzkrantz

29 11 2009

Weil es ja wieder nur ein paar Wochen sind, bis Sie Ihre Weihnachtsgeschenke endlich umtauschen können. Man bekommt ja in den seltensten Fällen das, was man sich gewünscht hat. Womit wir beim Thema wären: die Suchmaschinentreffer der vergangenen zwei Wochen. Lustig wie immer. Oder so.

  • mitesser besteck: Sollte Ihr Hautarzt in der Küchenschublade haben.
  • tischbauplan: Eine Platte, vier Beine obendrauf, und dann umdrehen.
  • diddl shop: Sorry, mein Magentherapeut hat mir das Zeug verboten.
  • schweinegrippe schule nrw: Wenn Sie die Vokabeln jetzt einfach mal lernen, statt Viren zu besorgen, haben Sie viel Zeit gespart.
  • gebrauchte immobilien wagen: Legen Sie Ihr Wohnmobil still, das ist preiswerter.
  • kritik volkstümliche musik: Wenn Hansi Hinterseer noch einmal dazwischenjodelt, lasse ich Adorno auf ihn los.
  • gebrauchsanweisung bratfolie: Einwickeln, auswickeln. Und langsam kauen.
  • dich frag ich nun du senkst den blick zu: Hätten wir’s mal mit Hölderlin probieren sollen?
  • tournierte kartoffeln step by step: Okay, das mit dem Juristenkochbuch war nur ein Witz. (Es gibt Sachen, die schreibe ich nicht einmal für sehr viel Geld.)
  • warum integrationskindergarten: Damit Erdoğan wieder jemanden zum Spielen hat?
  • rudel beuys soziale plastik: Ein Rudel Beuys? Und ich dachte, der sei so singulär gewesen.
  • spirituosenfachhandel bedarf: Wenn Sie sich Hauptschulen und andere Fußgängerzonen ansehen: durchaus vorhanden.
  • bastelnvorlage für kinder: Pro Familia hat da sehr hübsches Anschauungsmaterial für Sie.
  • küchenfliesen waagerecht oder quer verle: Schräg. Das ist mein letztes Wort.
  • zwiebelmett snack kai pflaume: Wollen Sie das kostbare Fleisch ernsthaft durch so etwas verderben?
  • fuer den bauplan von celle: Da bräuchten Sie ein paar Quadratkilometer Millimeterpapier. Soll ja ordentlich werden.
  • ausmalbild, captain future: Da tun Sie dem Gabriel etwas Gutes, der Mann wirkt letztens so farblos.
  • anleitung zum schinken lufttrocknen: Hängen Sie das Ding in die Ecke und erzählen Sie es nicht dem Hund.
  • püster garten: Mit dem Blasebalg durch den Englischen Garten, so sehen Sie aus…
  • arbeitsschuhe gesetz: Wenn die FDP in vier Jahren noch existiert, werden Sie selbständig darüber entscheiden, ob Sie Ihre Füße privat versichern.
  • nabelpiercing risiken: Es könnte Sie beispielsweise jemand mit Britney Spears verwechseln.
  • schweinegrippe, woher kommt der name: Stimmt, eigentlich sollte es Pharmakonzern-Grippe heißen.
  • sport und selbstmorde: Auf den Zug wollen wir jetzt mal gar nicht erst aufspringen.
  • was heißt innendienst bei de bundeswehr: Taktisches Gammeln, bis der Feind aufwacht.
  • höret die signale: Der Ohrenarzt hat den SPD-Parteitag inzwischen auch abgehakt.
  • hamsterkiste nahrungskette: Sollten Sie in einer Backentasche enden, sind Sie wenigstens in guter Gesellschaft.
  • lochkamera bastelanleitung duden: Es gibt Suchmaschinen, die nicht wirklich helfen.
  • freund ohrloch törnt mich an: Schön, dass die Pillen wirken.
  • wie kam man knalltüten basteln: Nach Ihrem Ebenbilde dürfte das ganz gut hinhauen.
  • warum haben wir mitesser: Weil Sie das Zeug auf Ihrer Nase züchten.
  • lüge schweinegrippe: Wir nähern uns der Wahrheit.
  • penisverlängerung bastelanleitung: Der Pimmel über Berlin.
  • schweinegrippe männer merken es sofort: Frauen interessieren sich anscheinend nicht für Börsenkurse.
  • normale und übersteigerte reizleitung im: Bei Ihnen ist doch eh Synapsenkarneval.
  • bewegung morgenlicht manifest: Und dann einen Reiki-Joghurt und wieder zurück in die Gummizelle.
  • lino ventura salat: Fahrstuhl zum Spinat?
  • ohrloch markierungen bei labormäusen: Inzwischen werden hier knorpelschonende Stiftschusssysteme verwendet. Oder was war Ihre Frage?
  • schweinchen mütze selber basteln: Kleben Sie sich ein Schnitzel auf die Schwarte.
  • nachteile des wasserbett: Seekrankheit bei unruhigem Schlaf.
  • schweinegrippe blutprobe nüchtern?: Hauen Sie sich vorher ein paar Enzian in die Birne, das fällt nicht auf.
  • leichenstarre: Und ich dachte, Sie tanzen gerade.
  • die kleinen leute von swabedoo kurzform: Ein paar Bekloppte zerschnippeln einen Flokati.
  • 12. chromosom seitenverkehrt: Wenn Sie ein Champignon sind, macht das nichts, dann sind Sie nämlich auch drehsymmetrisch.
  • farbiger kinderarsch: Grasflecken entfernen Sie am besten mit Spiritus und Essigessenz.
  • max goldt patchworkfamilie: Nicht jede kalte Säge schafft es nach New York.
  • pressglas faust: Pressglas gewinnt normalerweise.
  • vogelbeine yes we can restaurant: Vermutlich die bekannten Obama Wings.
  • weißer koi mit rotem punkt auf der stirn: Kōhaku schmecken auch sehr gut in Bierteig.
  • wer kauft wachteleier: DDR war gestern.
  • schwul sein für anfänger: Für eine Sitcom verhältnismäßig unmodern. Probieren Sie’s mal bei der CSU.
  • dialektischer blutdruck: Ihre synthetische Systole scheint etwas nachzugehen.
  • ficus wandy: Kommt fürs Weihnachtsgeschäft etwas spät, aber wenn wir ihn als Christstern verkleiden, könnte es noch klappen.
  • „heike saugte an meinem“: Was lassen Sie Ihren Strohhalm auch in der Gegend herumliegen.
  • hund chlorbleiche bad: Von erfolgreichen Züchtern empfohlen.
  • verschiffung von konfitüren im container: Die Abfüllung im Großgebinde ist tatsächlich ein Fortschritt des umweltneutralen Verpackens.
  • freiland suppenhuhn wesel: Darf dann einmal durch die Tinte latschen, um als Bressehuhn in Ihrem Supermarkt zu landen.
  • bahlsen scientology: Gibt’s jetzt Thetane mit Schoko-Mandel-Überzug?
  • zur strafe high heels tragen: Wenn er das gewusst hätte, wäre unser Arbeitslosenminister im Amt geblieben.
  • begriffserklärung asoziale drecksau: Erwarten Sie hier, dass ich für jede Nachteule ein semantisches Feuerwerk abbrenne?
  • westwind verpackungen: Gerne getragen wird in dieser Saison eine Windhose auf luftigem Material.
  • „bohner“ sonthofen csu: Normalerweise wird in Bayern nur übergebügelt.
  • angie und die westerwelle märchenstunde: Und das Krokodil hat die Steuersenkung geklaut.
  • bundeswehr eignungstest: Wenn Sie sich den Namen des Verteidigungsministers merken können, haben Sie Chancen auf eine höhere Charge.
  • wieviel wiegt ein storch?: Mit Pfanne?
  • in die garderobe pinkeln: Gute Idee, Ihre Schwiegereltern werden Sie spontan ins Herz schließen.
  • monique sängerin erwin röll: Scheint offensichtlich noch kein Casting erfolgreich absolviert zu haben.
  • woraus besteht sprotten: Aus Sperrholz und Rauch.
  • beckenbodengymnastik: Wie war’s in der Garderobe?
  • bartagame läuft zittrig: Haben Sie das Terrarium etwa mit Bauschutt ausgekleidet?
  • sind nägel in der wand schuld bei einer: Ja, aber ohne wird’s auch nicht besser.
  • kellnern: Dativ Plural.
  • „hans von bismarck“: Für ein Schlauchboot reicht das.
  • muss man nur mal sagen: Kann man auch mal lassen.
  • woher ketamin: Bestehen Sie auf hessische Ware.
  • tschechische sprache: Scvrnkls, blb!
  • schwangere erzieherin trotz schweinegrip: Der Storch impft eben auch.
  • vorteile nachteile stockholm-syndrom: Wenn Sie es sich aussuchen können, nehmen Sie lieber etwas mit Kreislauf.
  • fotos gelenkspiegelung knie: Ihre Krankenkasse zahlt bald auch nur noch Schwarzweiß.
  • deal or no deal selber basteln: Fragen Sie Koch, bei dem stehen noch jede Menge unbenutzter Koffer herum.
  • „eine eine mark marke“: Und machen Sie den Preis ab, soll ein Geschenk sein.
  • der blick auf ihre ausladenden hüften we: Ob Frau von der Leyen jetzt die Wurfprämie für Arbeitslose beibehält?
  • sitzordnung blasmusik: Wie im Kabinett: die größten Flöten nach vorne.
  • dünner draht altbauwohnung stasi: Mit der FDP bekommen Sie ihre Kündigung bald viel eleganter hin.
  • hautpilz puderzucker: Erwarten Sie eine Differenzialdiagnose oder wissen Sie nicht, ob Sie das noch essen können?
  • fleckentfernung verwesung: Reiben Sie Ihre Leiche vorsichtig mit Waschbenzin ab. Ganz vorsichtig.
  • woher kamen die jubelperser: Von rechts.
  • nahrungskette pfifferlinge: Beim Fliegenpilz stehen Sie auch am Ende, aber…
  • personal zur weihnachtszeit: Englisch nur auf Nachfrage.
  • panflöte dauerwerbesendung: Schon einzeln unerträglich.
  • nordmanntanne mal schablone: Brauchen Sie unbedingt einen Taschenrechner für so einfache Aufgaben?
  • lichterkugeln basteln: Wenn Sie damit Kugeln für Horst Lichter meinen, leihe ich Ihnen sofort meinen Lötkolben.
  • weissagen kugel: Ich kann Ihnen auch so sagen, dass die weiß ist.
  • basteln zu weihnachten mit kindern: Fangen Sie mit etwas Einfachem an. Auffädeln auf eine Schnur, beispielsweise.
  • schweinegrippe impfstoff eiweißfrei öste: Darf’s auch noch kalorienreduziert sein?
  • maschineller schnitt apfel: Wenn sich Holger Apfel zersägen ließe, würde ich das sicherheitshalber lieber händisch erledigen wollen.
  • wie lange kann man dauerwellenflüssigkei: Bis Flasche leer, nicht länger!
  • barbiereparatur: Am besten, Sie ersetzen das Ding gleich durch eine Malibu Stacy.
  • mehrzweckbau tucholsky: Auch das wird Koch zu verhindern wissen.
  • psychose naidoo: Wenn Sie sich für Xavier Naidoo halten, ist das allerdings behandlungsbedürftig. Den Rest schalten wir mal besser ab.
  • rezept friss mich tot kuchen: Die so genannte Schlemmerschnitte.
  • barth suizid trendsport: Sobald Mario Barth dem Trend folgt, ziehe ich es auch in Erwägung.
  • wer hat grünen wellensittich in wesel gegrillt: War nicht viel dran. Nächstes Mal nehmen wir wieder Meerschweinchen.
  • gastritis zwiebelmett: Wenn Sie es jeden Tag verzehren, dürfte der Erfolg sich rasch einstellen.
  • oberschwester kichern pfleger locker gri: Um Himmels Willen, haben Sie etwa schon bei der Berufsberatung von den Pillen genascht?
  • rosa dübel: Sieht im Darkroom eh keiner.
  • preis des geldes: Der Nominalzins lebt auch auf großem Fuße.
  • fischgeruch im auto: Wechseln Sie die Rollmöpse im Handschuhfach einmal in der Woche aus, um das Aroma zu erneuern.
  • mammutpumpe woher name: Von Hans M. Ammut. Was dachten denn Sie.
  • akustiktapete: Achten Sie aber auf Ihren Cholesterinspiegel!
  • referat karosseriebau: Hoffen wir mal, dass Ihr Dozent noch nie etwas von Wikipedia gehört hat.
  • wozu dient bei manchen pullover der bänd: Ich ahne nur, was man bei anderen Pullovern damit anstellen könnte.
  • marschroute des staubes: Er geht den Weg allen Fleisches mit.
  • roland koch sieht scheisse aus: Lassen Sie das. Der Mann kann objektive Aussagen nun mal nicht vertragen.
  • werde langsam bekloppt im großraumbüro: Wechseln Sie ins Home Office, da geht’s viel schneller.
  • freundin mit arschgeweih: Sie verdienen einander.
  • jogisches fliegen: Jede Sprungfeder leiert mal aus. Dann sind Sie geliefert.
  • autogeruch enferner: Wie gesagt, die Rollmöpse. Schon nach wenigen Tagen riechen Sie nicht mehr, dass es sich um ein Auto handelt.
  • witzfiguren: Wenn Sie sammeln, wollen Sie einen Westerwelle gegen einen Schäuble tauschen?
  • marienplatz 8 bregenwurst: Gibt es da wenigstens Kieler Leberkäs?
  • bratrollmöpse bei lidl: Die einfachen reichen fürs Handschuhfach aus.
  • akademikerinnenwurfprämie falsche vermeh: Dafür werden jetzt Arbeitslose umsonst sterilisiert.
  • kaputte duschstangen wechseln wie?: Fragen Sie Ihren Therapeuten.
  • speed mit marzipan geschmack drogen: Für Sie: Zyankali-Himbeer. Geht aufs Haus.
  • halskrause hund apotheke hamburg: Holt sich das Tier seine Chitininhibitoren selbst?
  • leichenwagen gebraucht: Bei Barzahlung eine Leiche gratis dazu.
  • wo finde ich plateaustiefel mit rechnung: In der Speisekammer.




Quo vadis?

28 11 2009

Auferstanden aus Ruinen,
angestaubt und schwarz verbrannt,
ziehn Genossen finstre Mienen,
ganz der Zukunft zugewandt.
„Lass uns Dir zum Guten dienen“,
sprechen außer Rand und Band
Vorstandsdamen, Arbeitsbienen –
Deutschland, einig Vaterland.
Alte Not gilt es zu zwingen,
auch wenn der Parteitag weint;
die sich Katzenköpfe fingen,
ja, die zwingen sie vereint.
Denn es muss uns doch gelingen,
(auch wenn noch der Vorstand meint,
andre solln durchs Feuer springen)
dass die Sonne schön wie nie
über Deutschland nicht mehr lacht
sondern sonn- wie werktags scheint.





Gernulf Olzheimer kommentiert (XXXV): Experten

27 11 2009
Gernulf Olzheimer

Gernulf Olzheimer

Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.

Die großen Gestalten der Gymnasialzeit, wer würde sie heute ohne den wohligen Rückenschauer sehen, welche dem durchschnittlichen Deppen ihre Gelehrsamkeit über den Rücken jagt: Leibniz, Leonardo, as-Suyūtī, die Polyhistoren ihrer Zeit, als der Schulabschluss zwar noch nicht flächendeckend verbreitet war, aber im Falle seiner Anwesenheit durchaus die Spreu vom Weizen trennte. Viel billiger Fusel sickerte seither in studierende Hirne, die Wissenschaften wurden erfunden und zerstritten sich – wer heute Fixsterne auf universitärem Niveau auseinanderhalten können will, sollte besser darauf verzichten, Geburtshoroskope für die Kollegen zu basteln – und zeugten Mathematik, Soziologie und das Fachidiotentum, in dem ein paar Idioten vom Fach über immer weniger immer mehr zu wissen vortäuschen, bis sie schließlich alles über nichts mehr wissen. Es kroch hervor der Experte.

Blödmänner, die eine Drehleiter bräuchten, um Einstein an den Knöchel zu pinkeln, glotzen dumpf aus der Mattscheibe und erklären stammelnd, wie ein Atomkraftwerk funktioniert. Bauchbinden und Briefköpfe titulieren alte Männer mit miserabel gebundenen Krawatten zur besten Sendezeit als Experten für Festkörperphysik, die alles, aber auch alles erklären können, ausgenommen Fahrräder, Konservendosen sowie gewisse Sexualpraktiken, die zum Widerwärtigsten gehören, was Westfalen je erdacht hat. Mit ihrer Deutungshoheit werden auch arische Physik oder Kreationismus fernsehtauglich abgesegnet – die Schnapsidee trägt ihren Adel vor sich her, sobald ein Experte die Gesichtsimitation dafür hergibt.

Experten sind schnell in die Welt gesetzt. Es reicht, wenn der abgebrochene Jurist, der eigentlich hätte Klempner werden sollen, mit einer Halma-Ausrüstung abgelichtet wird, um im Folgejahr als Killerspiel-Experte die Massenmedien mit seinen Ergüssen über Gruppenprozesse zu verstopfen, während ihn der Moderator – eigentlich der Gehilfe des Mülleimerleerers, aber zur rechten Zeit in Mainz mit einem Parteibuch ausgezeichnet – mit dem Dinosaurierspezialisten verwechselt und ihn als Swasilands bislang unbekanntesten Trompeter ankündigt. Als Kapazität zählt, wer nicht auf den ersten Blick dümmer ist als eine Tüte Sägemehl. Jeder Sender, jedes Anzeigenblatt, jeder als Partei verkleidete Steuerhinterziehungsverein hält sich inzwischen ein Rudel Koryphäen, das als Terrorexperten erratische Satzmuster in den Äther schwiemeln darf. Ein Ende ist nicht in Sicht.

Denn der Experte an sich ist zu schnell aus fertig angelieferten Zutaten zusammengeklatscht. Bedeutungszusammenhänge sind ihm so fremd wie die Latten am Zaun: was nicht passt, wird passend gemacht. So schwallt das kognitiv angestrengte Hohlmaterial krude Mixturen grenzdebilen Gefasels in die Birne des Bekloppten, um ihm das Nachplappern zu erleichtern, und so greift das Bildungsideal der Jetztzeit um sich wie ein Junkie in der Krankenhausapotheke: jeder kann alles wissen. In zwölf leicht fasslichen Lektionen von der Nulldiät für Gehirnfresser zum Thermodynamiker der Zukunft. Eben noch Jammerlappen ohne Hausaufgaben, nach Genuss von zehn Minuten Wikipedia Grundsatzkommissionäre für Wirtschaftsfragen, wenn die Behämmerten fragen, sind sie zur Stelle: international gefragte Könner der Heißluftdistribution, Keuchkünstler und Hechelheroen, Professoren und Minister, Institutsleiter und Schnittbroterfinder, denen nur im Moment die Gebrauchsanweisung zum Einatmen entfallen war. Nirgends werden Versager derart schnell mit akademischen Abschlüssen behängt wie im Expertentum – die Visitenkarte, die nicht mit einem überflüssigen Doppeldoktor in angewandter Verdummungswissenschaft aufwartet, muss erst noch aus dem Automaten gezogen werden. Allenfalls da, wo die Bescheuerten unter sich sind, an den Stammtischen und in Internetforen, gerne unter gleich gelagertem Inkarnationsmaterial, gelangt der Doofe schneller zu Amt und Würden. Und keine Sau merkt’s.

Mittlerweile wehrt sich eine Volksbewegung gegen die Expertenbrut; weder dem Bundeskabinett noch den Wirtschaftsweisen wagt sich einer in die Quere, nicht einmal mit einem Beratervertrag wird das Bildungsprekariat noch ausgestattet, wenn er den Denkstil seiner Aussichtsplattform auf dem Elfenbeinturm breit walzt. Und schon begreift die Masse der Grützbirnen ihr Scheitern wiederum als Chance und verkrümelt sich in ad hoc gegründete Interessenverbände, die mit imposanten Gremien und ständigen Forschungsstäben den Trotteln der Nation neue Wichtigkeit verleiht. Nationale Faselvereinigung zur Förderung des Dummschnacks – staatstragender geht es nicht, und so hört es sich in den Abendnachrichten auch an. Erfreuen wir uns der Knalltüten, auch sie haben historische Vorbilder, ebenjene, die mit wissenschaftlichem Anspruch die Existenz von Hexen nachwiesen und ihre Flugkünste erklärten. Was braucht man mehr, um dieser Gesellschaft ein nützliches Mitglied zu sein.





Spur der Scheine

26 11 2009

Bradlee atmete auf. Endlich hatte er in Erfahrung gebracht, woher die Heckdiffusoren im neuen Konkurrenzmodell kamen. Der Verwendungszweck auf dem Zahlbeleg deutete darauf hin, dass auch andere Karosserieteile aus der Fertigungsstätte bei Magdeburg stammen mussten; völlig überstürzt begab sich ein Spezialkommando der US-amerikanischen Wirtschaftsförderung nach Sachsen-Anhalt. Ein Flüchtigkeitsfehler ließ sie die Seiten auf der Umgebungskarte verwechseln, so dass sie sich an den ungeraden Hausnummern orientierten. Bundesinnenminister Thomas de Maizière sprach von einem feigen, unmenschlichen Akt der Barbarei, der das gesamte, teilweise recht, teilweise rechts denkende Volk zutiefst empörte; ein Jugendzentrum mit Napalm zu beschießen grenze schon fast an Unhöflichkeit.

Drei Tage lang betonte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger in Interviews, Talkshow-Auftritten und Hearings zur Vorratsdatenspeicherung, sie wolle ihr politisches Schicksal von der SWIFT-Gesetzgebung der Europäischen Union abhängig machen. Danach rückten Sportberichte und die Wettervorhersage wieder in den Mittelpunkt der Berichterstattung. Die Freidemokraten bemühten sich indes um Disziplin; während sie öffentlich dem Verhalten de Maizières attestierten, zu einer Störung des Koalitionsklimas beizutragen, schossen sie sich hinter den Kulissen darauf ein, Mieter- und Kündigungsschutz schnell und unbürokratisch zum Wohle des deutschen Volkes auszuhebeln.

Die Presse griff begierig den Fall des Hassan F. (22) auf. Der Student wurde von BILD beschuldigt, regelmäßige Geldzahlungen aus dem Ausland zu erhalten. Die verdachtsunabhängige Kontrolle seines Telefonanschlusses ergab, dass F. einen Telefonanschluss besaß – damit war alles möglich. BILD handelte umgehend.

Natürlich hob die FDP erneut hervor, dass sämtliche Bestrebungen, die Bürgerrechte in Deutschland zu verteidigen, auch und gerade unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten diskutiert werden müssten. Der Bundesaußenminister sah hier noch unerledigte Konten. Die Bundestagsfraktion sprach sich in einer nicht öffentlichen Sitzung für effektiven Rechtsschutz und klare Regeln zur Datenweitergabe an Drittstaaten aus; die Arbeiter und Angestellten müssten effektiver als je zuvor vor dem Recht geschützt werden, eine klare Regelung sei bereits erzielt: eine Datenweitergabe erfolge ab sofort ausschließlich an Drittstaaten.

Wie das Bundeskriminalamt ermittelte, erhielt F. seine Halbwaisenrente nach wie vor aus Österreich. Er schloss just das Grundstudium der evangelischen Theologie mit dem Graecum ab. Eine in seinem Wohnheimzimmer konfiszierte Grammatik des Hebräischen sowie die Seminararbeit über den Status constructus in den semitischen Sprachen führte dazu, dass die Boulevardzeitungen erneut das ungesunde Volksempfinden aufwiegelten. Es war Schlimmeres zu befürchten.

Das Gespräch zwischen Bradlee und Weissenburgh war geprägt vom Geist konstruktiver Zusammenarbeit. Die Wirtschaftsnation USA, so pragmatisch sie sich auch den Freunden im Nahen Osten schon gezeigt hatte, sah keinen anderen Ausweg, als die ganze Welt zu demokratischen Idealen zu befreien, notfalls mit Gewalt. Der hessische Landesverband der CDU stand unter Schock. Gleich ein Dutzend hochrangiger Politiker hatte man bei Fulda aus dem Gleisbett gekratzt. Die aus Wiesbaden, Pullach und Neugier herbeigeeilten Beamten analysierten die in englischer Sprache abgefassten Abschiedsbriefe und gaben bekannt, es müsse sich um islamistische Terroristen gehandelt haben, die bereits sehr lange als Schläfer gelebt haben dürften, da ihre Sprache gewisse Einflüsse des Amerikanischen zeigte. Das Briefpapier einer Hotelkette aus Colorado sei eine nicht geschickt genug inszenierte Täuschung gewesen.

Eine Resolution des EU-Parlaments stellte fest, dass die notwendigen Datenschutzgarantien im Zusammenhang mit der gemeinsamen Nutzung und Weitergabe von Daten zur Terrorismusbekämpfung nur noch auf dem Papier bestünden. Der Gesandte der USA beglückwünschte die Abgeordneten; er freute sich, dass die Volksvertreter so schnell ein Gespür für die Wirklichkeit entwickelt hätten.

Dessen ungeachtet titelte BILD bereits einen Tag später: Wovon zahlt so ein Mordgeselle eigentlich seine Luxusmiete? F.s Auto wurde in Brand gesetzt. Noch am selben Tag wurde er, trotz seines aus Kärnten stammenden Vaters deutscher Staatsangehöriger, als Risiko für die innere Sicherheit verhaftet. Der Brandanschlag hätte fast eine Litfaßsäule beschädigt.

Leutheusser-Schnarrenberger widersprach drei Tage lang heftig den Anschuldigungen, die Liberalen seien kurz nach der Bundestagswahl wieder umgefallen. In mehreren Interviews und Fernseherscheinungen pochte sie darauf, dass die FDP nie zuvor gerade gestanden habe.

Doch als am folgenden Tag ein Dutzend hochrangiger Bankvorstände erhängt in ihren Arbeitszimmern aufgefunden wurden, war sogar Washington nachhaltig verstört. Er habe das nicht in Auftrag gegeben, teilte Präsident Obama mit. Noch nicht.





Kalter Kaffee

25 11 2009

Anne fuhr sich hektisch durchs Haar. „Ich wusste ja nicht, ob Du überhaupt zu Hause bist!“ „Wenn der Telefonanschluss eine halbe Stunde lang besetzt ist“, erklärte ich ihr geduldig, „dann ist die Wahrscheinlichkeit entsprechend hoch, dass ich derweil in meiner Wohnung bin und telefoniere – tagsüber soll das ab und an passieren. Du hättest also ein Fax schicken, mir auf die Nachrichtenbox sprechen oder mich auf dem Mobiltelefon anrufen können, wenn Du es hättest wissen wollen.“ Sie verteidigte sich. „Aber es hätte ja durchaus sein können, dass Du den Hörer daneben gelegt hast.“ „Und das lässt Dich sofort darauf schließen, dass ich danach auch die Wohnung verlassen habe?“ Da stampfte Anne mit dem Fuß auf den Boden. „Weil Deine Eifersucht einfach kindisch ist!“

Ich konnte mich dem Argument nicht entziehen; Max Hülsenbeck, der schmierige, unrasierte Typ, der bereits die dritte Kippe im Spülbecken ihrer Nichtraucherküche ausdrückte, wurde zwar erst alarmiert, als ich nicht greifbar war, doch war das ein Grund, nicht eifersüchtig zu sein? Wo doch Anne mich gegenüber Hülsenbeck zunächst nur als Verlobten und dann erst als Vater ihrer zukünftigen Kinder ausgegeben hatte, während er unermüdlich versuchte, sie in Lokale einzuladen, in denen er sich noch blicken lassen konnte. Jetzt aber stand der Staatsanwalt, erkennbar schon an seinem schwarzen Sportwagen mit dem MH auf dem Nummernschild, vor der Anrichte und begutachtete die Kaffeemaschine mit dem geschulten Blick eines Ignoranten. „Sie zischt noch ein bisschen“, gab Anne zur Auskunft an, „aber es kommt dann kein Wasser mehr.“ „Wann hattest Du sie zum letzten Mal entkalkt?“ Max, der alles Wissende, kam ihr zuvor. „Dieses Modell muss gar nicht entkalkt werden“, teilte er im Brustton der Überzeugung mit, „das weiß ja jeder Anfänger!“ „Richtig“, wandte ich mich an Anne. „Genau deshalb hat’s ja auch diesen sündhaft teuren Original-Entkalker, den man ausschließlich für dieses Modell einsetzen darf.“ Mit säuerlicher Miene schmiss er die Bedienungsanleitung auf den Küchentisch und drehte den Brühapparat um sämtliche Achsen. „Es kann sich eigentlich nur um das Rückschlagventil handeln.“ Mit gespielter Begeisterung klatschte ich in die Hände. „Nein, wie begabt!“ Völlig überrascht blickte mich Hülsenspeck an. „Wie man durchs Gehäuse erkennen kann, dass dieses Ding über ein Rückschlagventil verfügt – sagenhaft!“

Ein Klingeln an der Etagentür unterbrach das thermoelektrische Fachkolloquium; Anne verließ das Operationsgebiet, um zwei adrett gekleideten Hausierern Auskunft zu erteilen, was sie im Falle eines plötzlichen Weltuntergangs täte, während Hülsenschreck mir die genaue Funktionsweise einer Membranpumpe erklärte – allerdings verwechselte er die Dampfmaschinerie mit einer Mammutpumpe und unterschlug den Thermostaten in seiner Konstruktion. Er musste ein Schüler des seligen Professor Bömmel gewesen sein.

Anne war schon wieder auf dem Weg in die Küche, da packte mich ihr Galan plötzlich am Kragen. „Pass gut auf, Du Klugscheißer“, zischte er, „diesmal vermasselst Du mir nicht die Tour – versuch es am besten gar nicht erst, sonst…“ „… könnte natürlich § 437 BGB nicht in Anwendung kommen durch unsachgemäßen Einsatz eines Schraubendrehers! Ach ja, wie gut ist es doch, wenn man sich als Jurist mit der Mängelhaftung auskennt, nicht wahr?“ Und ich drückte ihm mit maliziösem Lächeln das große japanische Hackmesser in die Hand. Er schluckte trocken.

„Habt Ihr’s denn gleich?“ Anne war sichtlich unruhig – verständlich, wenn man seit fast zwei Stunden auf den Beinen ist und noch keinen Kaffee bekommen hat. Max, der Staatsanwalt, ermittelte inzwischen auf Messers Schneide; er fuhrwerkte mit der Klinge am Boden der Kaffeemaschine entlang und versuchte, das Gehäuse zu öffnen. Unter dem unmerklich leise knacksenden Geräusch einiger abplatzender Teile gelang ihm dies auch, wie ich feststellte. Sein leerer Blick irrte zwischen den Leitungen des Siedegeräts. „Die blaue Litze hier könnte über den Kaltleiterwiderstand laufen – aber der weiße Draht hier?“ Möglicherweise hatte er mehr Ahnung von elektrischen Bauelementen, als mir lieb war, aber sollte mich das kümmern? Ich fasste Anne vertraulich um die Schultern. „Dein strammer Max bezieht seine Allgemeinbildung vermutlich eher aus den billigen Gangsterfilmen, in denen Höllenmaschinen nur rote und grüne Drähte haben.“ Dabei rutschte ihm das Messer ab, das eine längere Kratzspur auf der Anrichte hinterließ. Anne ging in leichte Vibration über.

Der Widerstands-Kämpfer war entschlossen, zwei Baugruppen kurzzuschließen – wahrscheinlich hatte er gerade Tunneldioden um einen Glimmerkondensator ausfindig gemacht – als ich wie zufällig auf die Uhr sah. „Jetzt muss ich aber wirklich“, verkündete ich, „die Kunden aus Tokio werden bestimmt nicht auf mich warten.“ Das leise Schnarren ignorierte ich; kurz vor der Haustür wurde das Brummgeräusch zum gellenden Pfeifen, das nach einigen Sekunden in einen schmatzenden Detonationssound mündete – offenbar hatte Mad Max die Forschung um die Rekonstruktion des Urknalls um eine Facette bereichert. Fröhlich pfeifend betrat ich die Straße. Eine geschmacklose Blumenvase segelte aus der Höhe direkt auf den Sportwagen auf dem Gehsteig. Ich würde mich beeilen müssen; nicht auszudenken, wenn Anne mich jetzt anriefe, um sich bei mir auf einen Kaffee einzuladen, und ich wäre nicht zu Hause.





Der Teufel ist ein Eichhörnchen

24 11 2009

„Komm schon“, flehte ich, „sprich zu mir! Sag etwas! Lass mich jetzt nicht im Stich!“ Doch das kleine Ding in meiner Hand ließ sich davon gar nicht beeindrucken. Es verstarb. So saß ich plötzlich da, einen Klumpen sinnlosen Plastikmülls vor mir, und ärgerte mich, dass mein Mobiltelefon ausgerechnet an einem Nachmittag um kurz vor fünf den Geist aufgeben musste.

„Die Kamera hat nur zehn Megapixel“, teilte mir der freundliche Verkäufer im Telefonladen mit, „aber ansonsten kann man dies Gerät durchaus empfehlen. Siebenstimmige Klingeltöne, Radio, Flugmodus, Videoanruf, Blitzlicht mit Multifunktionsvorwahl, Touchtasten, also alles drin, wenn Sie mich fragen.“ Ich fragte ihn, allerdings wollte ich wissen, wie man mit dem Telefon telefoniert. „Es müsste irgendwo so eine Online-Bedienungsanleitung haben. Sie müssen es bloß anschalten und können nachschauen, wie man es anschaltet.“ Das nächste Modell war unerheblich größer, dafür etwas flacher und doppelt so schwer. „Aber Sie können natürlich nicht nur Videos ansehen, sondern auch aufnehmen. Wenn Sie mit dem Internet verbunden sind und gleichzeitig die Freisprecheinrichtung auf Bluetooth umstellen.“

Wie gut, dass Jonas just in diesem Augenblick vor der Schaufensterscheibe stand und aufmerksam in die Auslage des Geschäfts blickte. Ich winkte ihn heran; kaum eine Viertelstunde später hatte er mich bemerkt und den Laden betreten. „Du musst mir unbedingt helfen“, bat ich, „ich kenne mich überhaupt nicht aus und muss mir ein neues Telefon kaufen. Mach was!“ Der beste Freund lächelte. „Kein Problem“, versicherte er. „Ich werde Dir mit Rat und Tat zur Seite stehen.“ Und wandte sich an den Verkäufer: „Haben Sie noch irgendwelchen Billigscheiß im Keller?“

Sekunden später hatte der Sprechgerätewart eine Reihe abgrundtief hässlicher Objekte unter dem Ladentisch hervorgezogen. „Das hier ist die Vorjahreskollektion“, informierte er uns, „natürlich zum halben Preis für Sie – wenn Sie auf einen gewissen Luxus und die technischen Selbstverständlichkeiten der Gegenwart also keinen Wert legen sollten, dann wäre vielleicht etwas für Sie darunter.“ Jonas klappte hier und da einen der Plapperate auf. „Haben Sie das SVG-21-HMTK-II vielleicht auch in Trendpink mit Strass?“ Ich stieß ihm die Faust in den Rücken. „Bist Du bescheuert? Was soll ich mit einem Mädchenhandy?“ „Klappe“, zischte er zurück, „das ist die Sex-and-the-City-Sonderausgabe mit dicker Speichererweiterung für sinnlose Videos und Klingeltöne – einmal mit dem Filzstift schwarz anmalen und fertig ist die Laube!“ „Ich will das aber nicht!“ Er stöhnte auf. „Meine Güte, es ist kostenlos! Dafür hat es natürlich auch nur eingeschränkte Office-Funktionen und keinen programmierbaren Vibrationsalarm.“ „Bei einem Modell für die Damen“, monierte ich, „hätte ich zumindest das erwartet. Nicht mit mir. Da geht doch wohl hoffentlich mehr.“

„Wir hätten da noch ein P-200 in Altsilber“, brachte sich der Fernsprechhändler in Erinnerung. „Das hat aber nur Infrarot und keinen Touchscreen. Und der SMS-Speicher ist auch auf 3000 begrenzt, wenn ich mich richtig erinnere.“ „Auf 5000“, empörte sich der Verkäufer. „Und Sie können sogar Klingeltöne in CD-Qualität abspeichern, wenn Sie die Speicherkarte durch eine größere Erweiterung ersetzen!“ Da fiel mein Blick auf das Plakat an der Tür. „Sie überlegen sich“, stand auf der Affiche, „um dieses Telefon kaufen, oder Sie schon eine haben, aber das Gefühl von ihm langweilig?“ Ich fühlte mich spontan als Kunde angesprochen – endlich ein sinnloses Wort.

„Ich will“, forderte ich mit Nachdruck in der Stimme, „ein Telefon, mit dem ich Bügeln, Kunst und Aufwachen verbinden kann.“ Der verworrene Anschlag hatte mich in letzter Sekunde gerettet. „Wie wäre es mit einem SK-401E?“ Der Verkäufer hatte ein bläulich schimmerndes Aluminiumteil aus der Schublade gezogen. „Immerhin hat es einen integrierten Wecker und zwei Videospiele.“ Er fuhr sich mit dem Finger unter dem Kragen entlang. „Wenn Sie die Ausgabe mit dem rosa Klappcover nehmen, bekommen Sie auch gratis ein Jahresabo mit Froschklingeltönen. Oder was hatten Sie noch mal mit Kunst gemeint?“ „Ich will bügeln“, maulte ich. Jonas kratzte sich am Kopf. „Haben Sie denn gar kein idiotensicheres Handy?“ Da strahlte der Verkäufer. „Warum sagen Sie das nicht gleich?“ Und er zog ein CSU-009 aus der Schublade. Modell Oachkatzlschwoaf in Blau-Weiß. Ich tippte mich umständlich durchs Menü. „Sie sollten als erstes die Sprachauswahl anpassen“, riet mir der Handyhausierer. Ståd-Såizburgarisch las ich, und: Westlichs Nordboarisch (Owerpfoiz). Aber das Gerät konnte nichts, lag in der Hand wie ein Riegel Gussbeton und gab mir das beruhigende Gefühl, dass sich nun nichts mehr ändern würde in meinem Leben. Jedenfalls nicht so schnell. Jonas beäugte das Gerät kritisch. „Das dudelt beim Ausschalten bestimmt die Bayernhymne“, mutmaßte er. Ich drückte den roten Knopf und lauschte, wie die zuversichtliche Stimme von Horst Seehofer ertönte. „Morgen werde ich ganz bestimmt zurücktreten!“ „Das nehme ich“, beschloss ich. „Es hätte allerdings einen kleinen Nachteil. Der Teufel im Detail.“ Der Verkäufer druckste etwas herum. „Beim Modell CSU-009 spricht immer nur einer. Sie kriegen nichts mit. Erst ganz zum Schluss, aber dann ist es zu spät. Da zerlegt sich das Ding in seine Bestandteile.“





Non scholæ

23 11 2009

„Es ist unglaublich. Unglaublich! Ich meine, was bilden die sich denn dabei ein? Wir sind doch hier nicht im Kral! Wenn wir jetzt bei jeder kleinen Befindlichkeit unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung gleich in Frage stellen würden, wo kämen wir denn da hin? Ich frage Sie: wo kämen wir denn da hin?“ „Jetzt regen Sie sich doch nicht gleich so auf, Herr Ministerialdirektor. Das hatte natürlich alles seine Gründe, und Sie müssen zugeben, dass diese Entwicklung auch nicht…“ „Entwicklung? Das Pack hat doch angefangen! Die haben doch zuerst – ich meine, wer Flugblätter verteilt, der schmeißt doch auch Bomben, oder?“

„Herr Ministerialdirektor, ein paar Dinge sollten Sie aber schon etwas differenzierter betrachten. Das Grundrecht auf…“ „Die haben keine Grundrechte, die sollen gefälligst gehorchen, so, wie wir in den schwersten Stunden unseres Vaterlandes auch gehorcht haben! Das kann doch alles nicht wahr sein! Diese vaterlandslosen Gesellen, die wollen doch nur den Krieg! Den Krieg wollen die, und den werden sie jetzt auch bekommen, wenn Sie mich fragen!“ „Herr Ministerialdirektor, es fragt Sie aber keiner. Und außerdem lassen Sie sich mal gesagt sein, dass Sie als Beamter auch nicht über dem Grundgesetz stehen – Sie haben sich genauso an die Verfassung zu halten wie…“ „Wie dieses Pack, das da unser Land kaputt machen will? Das wäre ja noch schöner! Hier Flugblätter und Bomben schmeißen und dann jammern, wenn’s mal hart auf hart kommt. Feiglinge sind das! Drückeberger! Mit solchen Memmen hätten wir den Krieg erst recht verloren, Schmitt! Und kommen Sie mir jetzt nicht mit Verhältnismäßigkeit und solchem Gedöns – das ist elende Jammerlapperei, dass dieses Gesindel dann nach dem Staat ruft und nach gerechten Richtern und Staatsanwalt und Polizei und will noch einen Bewährungshelfer haben und keine Folter im Knast und warme Suppe und…“ „Jetzt übertreiben Sie aber! In einem Rechtsstaat…“ „Ach was, Rechtsstaat, ich will Ihnen mal was sagen, Schmitt: daran sind wieder nur die Studenten Schuld! Sollte man abschaffen, diese ganze Brut! Haben wir seinerzeit gejammert, Schmitt? haben wir damals gefordert, dass wir uns die Welt machen dürfen, wie sie uns gefällt? Uns? Schmitt, haben Sie das etwa so in Erinnerung?“ „Darum geht es doch gar nicht, Herr Ministerialdirektor. Das System ist der Knackpunkt. Das muss man überdenken.“

„Na, erzählen Sie mal – Sie glauben tatsächlich, dass das System an allem Schuld sei? Das können Sie doch Ihrem Großvater erzählen!“ „Das System mag nicht der Fehler sein, Herr Ministerialdirektor, aber es hat zu viele Fehler; insbesondere den, dass es Fehler begünstigt, statt gerecht zu sein.“ „Gerecht, gerecht – Mann Gottes, wenn ich das schon höre! Gerechtigkeit! Das definiert sowieso jeder anders, also gehen Sie mir nicht mit ihrer sozialistischen Gleichmacherei auf die Nerven, Schmitt!“ „Keiner will Gleichmacherei, nur dieses System muss sich auch gegen seine eigenen Fehler verteidigen können.“ „Sage ich doch, verteidigen! Verteidigen, Schmitt – dieses ganze Pack macht doch alles kaputt und will dafür auch noch belohnt werden! Die sollen erst mal etwas Anständiges leisten, statt nur die Füße unter unseren Tisch zu stecken!“ „Aber erlauben Sie mal, Herr…“ „Das ist doch so, Schmitt! Jeder dahergelaufene Laffe meint, er könne uns kritisieren, uns! die wir jahrzehntelang für diese Gesellschaft…“ „Jetzt überlegen Sie mal: sie waren noch doch viel zu jung, um überhaupt schon…“ „Ach was, Schmitt – Ausflüchte! alles Ausflüchte, um nichts unternehmen zu müssen! Das sind doch die Drückeberger hier, auf der faulen Haut liegen sie und uns auf den Taschen – und dann wollen sie selbstbestimmt sein. Selbstbestimmt, das könnte denen so passen! Wenn sie alles besser wissen, dann können sie doch gleich… ich meine, dass sich das so entwickeln würde – hätte doch kein Mensch im Leben ahnen können. Aber es war ja auch nicht alles schlecht damals, nicht alles!“

„Wollen Sie jetzt ernsthaft behaupten, Herr Ministerialdirektor, dass unser demokratischer Rechtsstaat…“ „Ach was, Demokratie kann keiner fressen! Was braucht denn die Volksgemeinschaft? Genau, Ruhe und Ordnung! Ordnung! Das sind doch die Rädelsführer, wenn das ganze Volk jetzt durchdreht! Schmitt, haben Sie das denn schon vergessen? den Aufstand? 1953? Das haben wir Jahre, das haben wir Jahrzehnte gefeiert, und das soll jetzt alles vergessen sein?“ „Wo sehen Sie denn einen Volksaufstand, Herr Ministerialdirektor?“ „Der kommt noch, Schmitt, kommt noch, wenn wir nicht schleunigst die Rädelsführer dingfest machen – man muss die Aufrührer ausfindig machen und dann für innere Sicherheit sorgen. Das kann sich doch der Staat nicht gefallen lassen! Da muss man eben durchgreifen, da muss der Staat Härte zeigen. Härte, sage ich! Das wäre ja noch schöner, wenn hier jeder, und das sage ich ausdrücklich, weil ich die Zeit erlebt habe…“ „Herr Ministerialdirektor!“ „… erlebt habe, Schmitt, aber das hat es doch nicht gegeben – und wenn diese Aufrührer nicht hören wollen, dass werden sie’s eben fühlen! Wir lassen uns von dem Pack nicht auf der Nase herumtanzen, und auch, wenn es keine Arbeitslager mehr gibt, dieses linke Gesindel sollte man…“ „Das geht entschieden zu weit, Herr Ministerialdirektor! Auch wenn Sie die Rote Armee Fraktion verurteilen, in einem Rechtsstaat…“ „Wer redet denn hier von der RAF? Ich meine diese ungezogenen Schüler, die jetzt sogar schon streiken – die sollen sich lieber mal auf den Hosenboden setzen und etwas Anständiges lernen!“





Menschenwege

22 11 2009

für Josef Weinheber

Was wir verwandeln, wird uns selbst verändern –
es liegt an uns, den Grund, den wir bewohnen,
zu bessern. Wir sind keine Lästrygonen
und hausen nicht an Erdenscheibenrändern.

Man sieht auf uns aus weiten, fremden Ländern,
wie wir uns strafen, fügen und belohnen.
Der lange Marsch führt durch die Illusionen.
Die Botschaft glaubt man, doch nicht den Entsendern.

Kein besseres Geschlecht hat seine Sendung,
kein andres hilft. An uns ist die Vollendung,
wo wir beginnen auf dem Weg zum Werke.

Denn was ist größer als das Unterscheiden,
was Neigung und was Zweck ist, und zu meiden,
das uns am Reifen hindert und an Stärke?





Träumerei

21 11 2009

für Mascha Kaléko

Ein Märchen ist’s, man glaubt es kaum.
Man fragt und sucht es nach.
Und findet man’s, so bleibt es Traum
und Herz, das jäh zerbrach.

Das bisschen Glas, das Himmel ist,
macht heute einmal blau.
Bleibt das, was man so schnell vergisst?
Man weiß doch nie genau.

In mir lebt nach, was ich nicht bin.
Durch Straßen geradeaus
geht Fremdling und geht Fremdlingin
und flüstert leis: zu Haus…