
Gernulf Olzheimer
Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.
Früher war nichts komplizierter als die Logik, die dem Leben innewohnt: Väter sterben, Söhne erben, der Betrieb bleibt in der Familie. Das Nötige, das es für den Seifensieder, Schmierbrenner oder Leichenwäscher zu wissen gilt, wird von einer Generation zur nächsten vererbt. Selbst der unterste Rand, der höchstens ab und an als US-Präsident in den Arbeitsmarkt reingereicht wird, überfordert sich nicht mit der billigen Faustregel: wenn Du bei einer Sache zusehen kannst, ohne Dich ernsthaft zu verletzen, dann behaupte, Du habest es sowieso schon gekonnt. Ein Großteil der Nieten im System wird über diesen Selektionsprozess installiert.
Vereinzelt bedroht etwas das Gequirle in der Existenzbrühe; Elektrizität, Relativitätstheorie und Nanotechnologie versuchen mit Innovation die abgestandenen Verhältnisse zum Tanzen zu bringen, doch gelingt ihnen selten mehr, als eine neue Gewerkschaft zu gründen. Fundamentale Sprünge lehnt der Behämmerte kategorisch ab, er lässt sich nicht vom Baum noch aus der Höhle prügeln. Seine Begeisterung für steigende Lebensqualität durch minimale Veränderungen ist eher eingebildet als vorhanden, denn er lehnt Veränderungen, so minimal sie auch sein mögen, ab. Etwaigen Wellen begegnet der geistige Nichtschwimmer mit radikaler Verleugnung, der Inszenierung eines Weltkriegs oder vorzeitigem Gesprächsabbruch.
Doch der Bekloppte wäre nicht bekloppt, besäße er nicht schließlich und endlich die Fähigkeit, vollkommen gegen legitime Ziele wie Arterhaltung, Lebenszeitverlängerung und Wohlstand zu arbeiten und sein Recht auf Frustration, Krieg und seelische Verrohung mit der Kraft der Hohlbirne zu verteidigen. Er entwickelt Ehrgeiz; allerdings wirft er den Nachbrenner erst dann an, wenn er mit der Stirn vor dem benzingetränkten Bretterzaun klebt. Sein Motiv: der Generationskonflikt, aber so, wie er ihn versteht.
Der grauenhafte Prototyp dieses einseitigen Ausstiegs aus der Zivilisation ist die Eislaufmutti; das Gesichtsübungsfeld auf welkfleischigen Rumpfresten lümmelt sich an der Bande zum Kunsteis, riecht penetrant nach billigem Parfüm, kann einen Salchow nicht von einem Wadenkrampf unterscheiden und verleiht dem Begriff der Peinlichkeit eine ungeahnt kategoriale Tiefe, ohne es doch selbst zu begreifen. Mittlerweile hobelt es in runderneuerter Form als Tennisvater über die Kanten des Erträglichen oder schleppt als Stage Mum die überwiegend weibliche Brut in Beauty-, Ballett- und Blödblunzenbewerbungen, obwohl sie selbst bei der Aufnahmeprüfung in den Zoo als Plumplori-Ersatz durchgefallen war.
Fehlgeleitete Gutmenschen, die dreimal im Jahr unbezahlten Urlaub nehmen, um suizidgefährdete Investmentbanker wieder ins Meer zurück zu schleppen, interpretieren diese narzisstische Spielart des Machtanspruchs als reinen Sadismus; statt die Abkömmlinge im Machwahn zu Geigenspiel, Eisschnelllauf, ja Wirtschaftschinesisch zu drängen, könnte man ihnen in einem Anfall von Ehrlichkeit gleich eins in die Fresse zimmern. Dem Hass auf die Jugend wäre Genüge getan, das Kind müsste nicht länger als Stellvertreter der volljährigen Flachbratze seinem Missbrauch als Placebo beiwohnen und leistete durch seine Abwesenheit in der Kompensation klebrigen Selbstmitleids einen erheblichen Beitrag zur seelischen Gesundheit – seiner eigenen, auf die es hier eher ankommt als auf den Synapsenkasper eines Abflussschnorchlers, der einmal zu oft gegen die Kacheln gepaddelt ist. Selbstbetrug atmet die ganze Konstruktion, denn welches Blag würde nach mühevollem Aufstieg am Sportler- und Intellektuellenhimmel konstant mit dem Finger auf den Verursacher zeigen? Damit der Betrieb in der Familie bliebt, wenn Söhne erben, muss Pappi ja erst mal unter die Grasnarbe.
Schmerzhafter noch ist der Alltag, wo die Vollbrezel sich einbildet, die Frucht seiner Lenden gehöre zu den an jeder Straßenecke auftretenden, da weltexklusiven Hochbegabten. In verschwiemelter Rückwärtslogik tritt die Vermutung, der Erzeuger des Stammhalters verfüge über eine Anzahl von Hirnzellen im hohen, fast schon zweistelligen Bereich, schwerpunktmäßig unter egozentrischen Dumpfblähern auf, die den bisherigen Gasaustausch vorwiegend dazu genutzt haben, sich zum Prädikatsdeppen zu machen. Sie gieren nach Anbetung, weil sie selbst eine nicht nennenswert verlaufende Kindheit überlebt haben – und rächen sich für ihre intellektuellen Rasenlöcher an dem Jahrgang, der ihretwegen gar nicht erst ein eigenes Selbstwertgefühl entwickelt. Einen Zeugungsakt später geht die Grütze wieder von vorne los.
Es besteht keine Hoffnung, dass sich etwas ändert; in viehischen Phantasmagorien sieht man, wie der Große Depp durch Traumwälder torkelt, er ist der ontologischste aller Transzendentalbeweise, denn etwas derart Bescheuertes kann sich kein Mensch ausdenken. Er nagt noch einmal am geräucherten Vater, stößt sich gewaltig die Birne und lallt also: „Wenn ich in Rente gehe und Euer Erbe versaufe, dann wird das alles hier einmal Euch gehören!“
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