Danke, das war’s

21 12 2009

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

es ist fast soweit. Das Jahr neigt sich dem Ende zu. Weihnachten steht vor der Tür, der Schnee rieselt leise, die Ausfallstraßen sind voller Rentiere, statistisch gesehen leidet alle dreizehn Minuten ein Sender unter Befall von Last Christmas – nur das Editorial der New York Sun vom 21. September 1897 liest kaum jemand mehr und Francis Pharcellus Church ist auch weitgehend unbekannt geworden. Und auch hier nimmt die Festtagsstimmung einen derart breiten Raum ein, dass es sich darüber zu berichten lohnt.

Mandy Schwidarski von Trends & Friends hat gerade ganz hektisch angerufen und wollte von mir wissen, was man denn dieses Jahr als Verpackung für Weihnachtsgeschenke verwendet. Ich riet ihr zu rotem Geschenkpapier mit goldenen Schleifchen, was Minnichkeit sich auch gleich notiert hat; wenigstens einer, der weiß, wo es langgeht. Maxim muss gerade nach Kuala Lumpur, trendtechnisch, you know, die Blondine aus dem Empfang hat sich nicht wieder gemeldet – was auch daran gelegen haben kann, dass ich ihr die Nummer des Tierheims in die Hand gedrückt hatte – und Miehlke von der Agentur Partner Partner Friends & Partner hat mir einen Flaschenöffner in Gestalt des Kölner Doms (Blattgoldauflage) zukommen lassen. Ich habe ihn im Wertstoffsack entsorgt. Also den Flaschenöffner.

Seyboldt, die Nervensäge von PR-Berater, hatte einen Nervenzusammenbruch. Kein Wunder, ich hatte ihm auch davon abgeraten, diesen Job zu übernehmen. Aber er dachte, die Kanzlerin als Erfinderin des Klimaschutzes mit einem TV-Special sei für ihn eine Fingerübung. Inzwischen schafft er es schon nicht mehr alleine, sämtliche Gäste rechtzeitig auszuladen. Sogar Siebels war skeptisch gewesen. Der große Fernsehproduzent erholt sich in der Karibik – soweit man hier von Erholung sprechen kann, denn Siebels dreht nebenbei die dritte Staffel einer fünftklassigen Telenovela, deren Übersetzung aus dem Bulgarischen spätestens 2019 in einem deutschen Privatsender laufen soll. Ich werde mich also während der Weihnachtstage ganz auf mein Privatleben konzentrieren können.

Hildegard hat sich vor drei Tagen wieder einmal von mir getrennt und verbringt die Festtage bei ihren Eltern. Das letzte, was ich von ihr gehört habe, bevor die Tür krachend ins Schloss fiel, war die Drohung, die sie gestern Abend auf meinem Anrufbeantworter hinterließ; sollte ich es wagen, ihr Weihnachtspäckchen vor dem 24. zu öffnen, seien wir endgültig geschiedene Leute. Außerdem sollten wir uns zwischen den Jahren endlich um Auslegeware für mein Arbeitszimmer kümmern. Am liebsten sei ihr freilich Laminat, ich müsse bloß das Parkett dafür herausreißen. Aber es sei eben wesentlich besser zu wischen als beispielsweise die Strukturschlinge, die unter meinen Bücherstapeln in unangenehmem Eierschalenfarbton liege. Es gäbe ja inzwischen sogar Laminat in Parkettoptik.

Den Donnerstagmorgen werde ich mit den letzten Einkäufen verbringen; knappe zwei Stunden sind dafür eingeplant, denn wie zu jedem Christfest, so hält sich auch heuer hartnäckig das Gerücht, dass danach Eier und Mehl verboten sind. Fürchterliche Szenen werden sich abspielen, Dramen von aischyleischem Ausmaß: Familienväter schreien einander an und bewerfen sich gegenseitig mit tiefgefrorenem Seefisch und Mischgemüseimitat im Polystyrolbeutel, denn es gibt nur noch exakt eine Packung Rindersaftschinken. Dauernswertes Geschlecht, das sein Herz hängt an fahrendes Gut und dazu noch übel geschnittene Outdoor-Jacken in widerlichen Farben anzieht. Da freut man sich doch, dass 2012 an diesem Tag die ganze Chose bereits gelaufen sein wird.

(Aus genau diesem Grund hat mein alter Freund Gernulf Olzheimer am letzten Adventssonntag den Rückzug angekündigt; alles hielte er aus, polterte das Raubein unter den Kulturkritikern, eine Bundestagswahl, ein Florian-Silbereisen-Konzert ohne Gehörschutz oder ein Urologenwartezimmer, in dem nichts als einige ältere Ausgaben von Frau mit Herz auslägen, aber über das Thema Weihnachten als solches war er nicht einmal zu diskutieren bereit. Geräuschvoll kündigte er an, die Feiertage nur im Keller ertragen zu können, und angesichts seiner Laune glaubt man ihm auch, dass er es durchhält. Da er Silvester ebenfalls für eine billige Ausrede hält, sich die Birne zuzugießen, sollte man mit ihm erst in den ersten Januartagen wieder rechnen – ob seine Laune bis dahin merklich besser sein wird, darf angezweifelt werden.)

Um die frühe Mittagszeit schaut wie immer Herr Breschke auf eine Tasse Kaffee und ein paar Plätzchen bei mir vorbei. Er wird, auch dies ist eine hübsche Tradition, den Ausblick auf das Gärtchen bezaubernd finden und verspricht, zur Baumblüte wiederzukommen; es bleibt bis zur folgenden Weihnacht selbstredend wieder beim Versprechen. Nachdem er sein Entzücken über die Katze geäußert hat – „Ach, die kann ja ganz allerliebst Pfötchen geben!“ – wird er mir eins der obskuren Objekte in die Hand drücken, mit denen ihn seine Tochter versorgt. Im vergangenen Jahr war dies eine Flasche mit wasserklarer Flüssigkeit, die er augenzwinkernd auf die Schleiflackanrichte stellte. Offenbar war dem pensionierten Finanzbeamten das Fehlen der Steuerbanderole gar nicht aufgefallen. Tamara Asgatowna, Annes Putzfrau, sandte mir dazu Juri Grigorjewitsch vorbei, ihren Schwager, der nebenbei Hausmeister der Volkshochschule ist. Nach kurzer Rücksprache mit Boris Fjodorowitsch, der wohl ein Fachmann für solche Substanzen zu sein scheint, teilte er mir mit, dass es sich um einen berüchtigten ukrainischen Schnaps handeln müsse, dessen Zusammensetzung kaum zu eruieren sei, da die Fabrikarbeiter in den Arbeitspausen zu viel von dem Zeug konsumierten, um sich die Zutaten bis zum Schichtende merken zu können. Vom Verzehr sei dringend abzuraten, allerdings versicherte Juri Grigorjewitsch, es gäbe keinen zuverlässigeren Pinselreiniger, den man aus Sicherheits- und Geruchsgründen allerdings nicht in geschlossenen Räumen verwenden solle, Boris Fjodorowitsch wisse davon ein Liedchen zu singen.

Jetzt ist es also Heiligtag und ich werde mich mit Bachs Kanonischen Veränderungen über „Vom Himmel hoch, da komm ich her“ BWV 769a befassen. Was manualiter nicht einfach ist, aber der Stutzflügel ist einigermaßen gestimmt, und es ist Weihnachten. Jonas hatte erst Chantal, dann eine Erkältung, jetzt Lea. Am Silvestervormittag wird er sich wieder melden. Da auch Heike es aufgegeben hat, mich mit Weihnachtsgeschenken zu verlocken, wird jetzt nicht mehr viel passieren. Die Dunkelheit sinkt sanft über die Dächer, hier und dort hinterlässt kitschbuntes Grellgeflimmer von Stimmungsleuchtapparaten Netzhautschäden oder löst epileptische Anfälle aus, und der einschläfernde Singsang, der aus Sigunes Wohnung durch das Haus zieht, passt so recht zu Tannenduft, Zimt und Bratäpfeln. Eigentlich wollte sie mal wieder ein Seminar besuchen – Trancetanz in konzentrischen Kornkreisen oder Haarwuchsverbesserung durch Pyramidenenergie – aber sie wusste nicht, wem sie die Zimmerpflanzen übers Wochenende anvertrauen sollte. Ich bin ihr aus guten Gründen seit Monaten schon nicht mehr begegnet.

Anne ist wie immer über die Festtage verreist, und ja, sie hat doch tatsächlich Max Hülsenbeck mitgenommen – genau den, den sie noch vor zwei Wochen als Volltrottel bezeichnet hatte. Sein Auto ist in der Werkstatt und der Arzt hat ihm das Fliegen verboten, so dass sie mit ihrem Wagen in den Harz gefahren sind. Ich bin gewappnet. Im Kühler steht eine Flasche Champagner, belgische Schokolade ist in hinreichender Menge vorhanden, und wenn sie nicht zu viel Verspätung hat, dürfte sie in der Heiligen Nacht gegen halb elf an meiner Tür klingeln, mir schluchzend in die Arme fallen und ihren Staatsanwalt als das dümmste Schwein aller Zeiten bezeichnen. Fünf Gläser und ein Kilo später wird sie mir berichtet haben, wie Hülsenbeck sie blamiert hat – ich tippe auf eine Sache, die über die Feiertage zu diplomatischen Verwicklungen führt und das Auswärtige Amt in Alarmbereitschaft versetzt, so wie kürzlich, als er einen Militärattaché aus der Demokratischen Volksrepublik Korea als Pekinesen bezeichnen zu müssen glaubte – wobei sie den Drahtkorb mit Papiertaschentüchern füllt, die Katze krault (die es an und für sich auf die Schokolade abgesehen hat) und sich selbst Vorwürfe macht, nicht auf mich gehört zu haben. Mit steigendem Pegel wird die Lage ernst; gegen drei, wenn die zweite Flasche Champagner schon im Eiskübel steht, wird sie mir Heiratsanträge machen, an die sie sich zwar am nächsten Tag schon nicht mehr erinnert, aber das macht die Sache nicht angenehmer, denn sie erinnert sich auch nicht mehr an die Selbstkritik. Sobald sie nicht mehr fehlerfrei Fahren unter Einfluss psychoaktiver Substanzen aussprechen kann, liegt mit erhöhter Wahrscheinlichkeit dieser Tatbestand vor und ich bewahre meine Promillionärin mit robusten Mitteln davor, neben unangenehmen Erinnerungen ihre Karriere als Strafverteidigerin loszuwerden.

Die Bücklerbrüder sehe ich (sollte ich Anne rechtzeitig ins Taxi gesetzt und noch eine Mütze Schlaf abbekommen haben) dann am Mittag des Weihnachtstages. Für die Familie ist ein Tisch reserviert, und dieses Jahr ist mit großer Besetzung zu rechnen: Maja, mein halbwüchsiges Patenkind, mitsamt ihren Eltern; mein Großneffe Kester, der gerade sein Vordiplom bestanden hat und sicherlich allen vom Mößbauer-Effekt und der gravitativen Rotverschiebung der Gamma-Strahlung erzählt; seine Großmutter, Tante Elsbeth, es ist ebenjene, die auf dem Ausflugsdampfer bei Husenkirchens Hochzeit Aal auf den Teller hebelte, auf das empörte „Zwei Stücke?“ des Kellners entgegnete: „Da haben Sie mal Recht, junger Mann“, und sich das dritte nachlegte; und natürlich die Vettern, Basen, Onkel, Schwägerinnen und Schwippnichten, die man das ganze Jahr über nicht sieht. Bruno, der Fürst Bückler, wird höchstselbst das Wägelchen mit den gefüllten Enten um die Tafel schieben, und Hansi kredenzt dazu einen 1995-er Wupperburger Brüllaffen. Zu den Fischen könnte ich noch etwas sagen (liest am Ende jemand aus der Verwandtschaft mit?), Bruno war bis zuletzt auf der Suche nach einem Seezungen-Rezept, und es hat sich gelohnt. Einige Flaschen 1993-er Gurbesheimer Knarrtreppchen werden deshalb auch an unserem Tisch landen. Was tut man nicht alles für frischen Blattspinat.

Am zweiten Festtag wird es abends an meiner Tür klingeln, und es wird Reinmar sein; denn in diesem Jahr bin ich Gastgeber. Eine Kanne Tee wird auf dem Stövchen stehen, das Schachbrett ist bereit. Spät in der Nacht, eher gegen Morgen wird Reinmar wieder gehen, und bis dahin werden wir zusammen kein Dutzend Worte gewechselt haben, Begrüßung und Abschied schon mitgerechnet. Er liebt das halboffene Spiel, vermutlich wird er sich mit Caro-Kann verteidigen. Nimmt er auch einen Doppelbauern in Kauf? Man weiß es nicht. Man steckt nicht drin.

Und das wär’s dann auch gewesen. Für dies Jahr. Nach mehr als elf Monaten mit Jonas, Doktor Klengel (der die Festtage bei seiner Schwester verbringt) und Hildegard, Anne, Horst Breschke und Bismarck, dem dümmsten Dackel im weiten Umkreis. Nach sechs Dutzend Gedichten (noch so ein Jahr, und ich kann in den Detailhandel gehen, bekomme Steuervergünstigungen auf Sonette und muss dafür neoliberale Parteistanzen stanzen), wo doch das erste nur als Notlösung diente. Nach einer anstrengenden Zeit mit Gernulf Olzheimer, der beim Vorlesen seiner wöchentlichen Kolumne so fürchterlich grollt, dass er zu platzen droht – und dann doch nach sieben Tagen wiederkommt. Hier kommen jetzt einige Tage Weihnachtspause. Am Montag, den 4. Januar 2010, geht es hier wieder los. Mal sehen, wie und womit.

Allen Leserinnen und Lesern, die diesen Blog immer, regelmäßig, wöchentlich, öfters, manchmal oder versehentlich gelesen oder kommentiert haben, wünsche ich – je nach Gusto – ein fröhliches, turbulentes, besinnliches, heiteres, genüssliches, entspanntes, friedvolles und ansonsten schönes Weihnachtsfest, einen guten Rutsch und ein gesundes, glückliches Neues Jahr.

Beste Grüße und Aufwiederlesen

bee





Blitz und Donner

20 12 2009

für Kurt Tucholsky

Das also war’s. Das ist bald um.
Dann ist die Sache wieder neu.
Sie hocken um den Tisch herum.
Man trinkt Champagner und gießt Blei
und sitzt gespannt und wartet schon,
wenn’s blitzt und kracht herab vom Berg,
auf Donnerhall und Glockenton
    beim Feuerwerk.

Da lässt er’s knallen – Herr Baron
schießt nicht mehr selbst. Das Personal
ist ihn längst leid. Und war’s auch Fron,
entlässt er es von Fall zu Fall.
Der Großmann auf dem Schlosse prahlt,
doch muss er selbst sein Unkraut jäten.
Er hat den Gärtner nicht bezahlt
    und kauft Raketen.

Bengalisch Licht, das stinkt und faucht
und in den Augen brennt wie Sand,
dass sie nicht selbst zu streuen braucht –
die Kinderfrau vergrämt das Land.
Es blendet, raucht und blakt und pufft,
und offen stehn die Lügenmäuler,
doch sausen ihr nur durch die Luft
    die kleinen Heuler.

Der Schrat, der auf der Zunge kaut,
verschließt die Tür, sperrt ab das Tor;
ihn kümmert’s nicht, wer ihm vertraut,
er schiebt noch einen Riegel vor,
denn er vergisst nichts. Seht, er fegt
vom Dach bis tief hinab zum Keller
das ganze Haus, und emsig legt
    die großen Böller.

Der Fant merkt die Verachtung nicht,
nicht jenen kalten Hieb und Hohn,
mit dem man, wenn! noch mit ihm spricht.
Er hält sich für den Göttersohn.
Theaterfeuer zischt und schwärt,
mehr holt er nicht aus dem Geschacher.
Aus Mitleid werden ihm gewährt
    noch ein, zwei Kracher.

Das Schwätzerle, das treu und brav
vom Aufschwung poltert, wenn es soll,
das karg im Kopf bedachte Schaf
glaubt selbst, was seiner Stirn entquoll.
Der Schwadroneur, er tappt und irrt
und sucht, den Großen nachzueifern –
ein Quäken durch den Qualm nur schwirrt
    mit grellen Pfeifern.

Da kräht der Küken lauter Schall,
darunter eins, das plärrt und wimmert.
Es friert und fremdelt dort im Stall,
den mühsam ihre Truppe zimmert.
Hielt es sich selbst schon für den Fuchs?
Es schnattert, flattert, und so rege,
wie es jetzt fliegt, so flieht es flugs:
    Kanonenschläge!

Das alles ist nur viel Effekt,
ist Blendwerk, Nebel und Radau;
wer weiß, was dort dahintersteckt,
erspart es sich mit dieser Frau.
Die Kanzlerin hat einen Knall
gehört – naht sie mit den Verführern?
Umsonst. Es kommt nur Rauch und Schall
    von Rohrkrepierern.





Wo ein Wille ist

19 12 2009

Die Katze murrt, ich hätte doch
aus Absicht jene Tür geschlossen;
sie hätte sie viel lieber offen.
So muss ich auf Vergebung hoffen,
denn darum ist das Tier verdrossen,
dass es bei anderer Entscheidung
(bisweilen auch dessen Vermeidung)
zu gern durch diese Öffnung kroch.





Gernulf Olzheimer kommentiert (XXXVIII): Klassentreffen

18 12 2009
Gernulf Olzheimer

Gernulf Olzheimer

Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.

Der Mensch wird, in Ketten geboren oder wenigstens in Familienverhältnissen, die nicht sehr viel mehr Hoffnung erzeugen, irgendwann den grandiosen Moment verspüren, in dem er seine Reise ins Licht antritt. Schulschluss. Freiheit. Keine Turnstunde mehr, keine Klassenarbeiten, vor allem: endlich nicht mehr diese Schicksalsgemeinschaft aus Gesichtsübungsfeldern und Körpergeruch, die einem jeden Tag die Frage ins Hirn zwingt, warum vorsätzliche Raumkrümmung keine Straftat ist. Endlich die ganze Brut mit einem Knopfdruck entsorgt, auf Nimmerwiedersehen abgehakt, das Leben beginnt und die gesammelten Hohlkörper bleiben da, wo sie auf dem Feldweg festgewachsen sind. Das Leben ist eine Herausforderung, und es riecht nach Abenteuer. Beispielsweise dann, wenn der Postbote nach gefühlten achtzig Jahren eine grellbunt aufgemotzte Drucksache in den Briefschlitz stopft, die mit drittklassigem Gereime zur Wiedervorlage des Honkrudels auffordert. Die reitenden Leichen kehren zurück, und sie haben das Klassentreffen im Gepäck.

Klassentreffen, das ist der Augenblick, wo man sich entscheidet, widerliche Infektionskrankheiten als Teil des Daseins ganz einfach anzunehmen, wenn man dafür das Haus nicht verlassen kann – oder aber robuste Stabilisierungsmaßnahmen zu erproben, um durch teilnehmende Beobachtung zu erforschen, ob die Unterseite des Durchschnitts inzwischen gelernt hat, sich zwei Atemzüge lang im aufrechten Gang zu bewegen. Man kann ihnen auf Dauer nicht ausweichen, das Gezücht wächst irgendwann unter der Tür durch – und irgendwann findet man sich in einem aufreizend überflüssig dekorierten Festsaal, umgeben von Halb- und Volleulen, die alle direkt aus der Schule mit der großen Uhr hereingekrochen sein müssen.

Zunächst sortiert der prüfende Blick die anwesenden Beknackten in mehrere Kategorien, deren größte die Insassen des Bildungsbiedertums darstellen: Schubladendenker aus der Klemmklasse mit deutlicher Haftkraft an der Talsohle des Elans. Sind sie über längere Zeit hinweg gröberen Schmerzreizen ausgesetzt, so geben sie die ersten deutlichen Lebenszeichen von sich, meistens Schnappatmung, Jasagen und Nacherzählen doofer Häschenwitze aus dem Erdmittelalter. Rücksicht ist hier fehl am Platze, das Ableben dieser Langweiler ist weder an Hautfarbe noch Reaktionszeit sichtbar, da beides bereits kurz nach Einsetzen der Pubertät den Attributen fortgeschrittener Verwesung ähnelt.

Das andere Extrem, die als verhaltensindividuell ins Langzeitgedächtnis eingeeiterten Rambazamba-Maulwürfe, haben sich an der fortschreitenden Realität meist inzwischen deutlich abgeschliffen. Damals noch Lederjackenträger, Kloraucher und Frauenaufreißer, sind sie inzwischen zu Helden ohne Geschäftsbereich mutiert, können sich nicht einmal Bausparverträge wie die Schnarchsäcke leisten und brechen sich inzwischen die Finger in der Nase ab, um ihr spannendes Leben als Teilzeit-Pokerprofis und Gesichtsmarodeure vollinhaltlich auf die Reihe zu kriegen. Zwischenzeitlich hat kurz der Bildungsnachschub zum Dr. Arbeitslos geführt, bis kurzfristig der alte Rebellengeist sich wieder aus den Knopflöchern durchwurmte und den Typen für alles außer Tiernahrung ungeeignet erscheinen ließ, mehreren Personalchefs wenigstens.

Zwischen Ökofuzzis und Denkamöben fallen vor allem die Unauffälligen auf, die seinerzeit im Höchstfall tangential an einem vorbei existiert haben und allenfalls Laut gaben, um vor der ersten Stunde Mathe, Latein und Deutsch abzupinnen. Unangenehmerweise machen sie hier auf klebrige Kumpeligkeit, waren schon immer die besten Freunde und sonnen sich im Glanze niemals da gewesener Freundschaften; im Grunde hat man die ganzen Jammerlappen, die jetzt Reklame für Apathie und Torschlusspanik laufen, schon immer mit Vollignoranz bedacht und wundert sich, dass sie trotz ihrer Attitüde als glücklich-scheißerfolgreiche Selbstbelüger um Anerkennung betteln und nicht einmal davor zurückschrecken, Telefonnummern zuzustecken, als wären sie auf dem Ball der einsamen Herzen in die Resterunde katapultiert worden. So viel Flauenpower zu entkommen ist mühselig, verbessert aber die Überlebenschancen. Denn es ist verhältnismäßig egal, was das Schicksal in seiner breiten Auswahl an Schlägen für einen bereithält, diesen Bevölkerungsausschnitt mit dem IQ eines mittelgroßen Rasenstücks braucht keiner, der einmal den Weg ins Freie gefunden hat, schon gar nicht im engeren Freundeskreis.

Inzwischen jubelt es einem sogar das Internet schon unter: eine Verbrecherkartei, in der man sich registriert, um spätestens zum Silbernen Abitur in die Sammelstelle für angehende Karnevalsprinzen zurückgestopft zu werden, der man einst mit fliegenden Fahnen entkommen war. Mutmaßlich ist dies die Geschäftsidee bekennender Realsadisten – sie haben es nicht geschafft, also sollen wir in derselben Grütze verdümpeln. Dann doch lieber die schmerzfreie Variante. So eine Briefdrucksache ist schnell in den Container geschoben. Und die Bescheuerten bleiben unter sich.





Erfassungsschmutz

17 12 2009

„Und was soll das bringen?“ „Wir müssen damit so früh wie möglich anfangen. Schließlich kann man die Terrorwarnungen nicht ignorieren oder einfach so zusehen, wie sie unser Land möglicherweise bedrohen wollen. Wir haben da fürchterliche Vorahnungen, dass wir eventuell an Dinge denken könnten, die dann unter Umständen…“ „Aber entschuldigen Sie, das ist doch alles Unsinn – was soll denn das jetzt bringen?“ „Deutschland ist in höchster Gefahr, haben Sie das denn noch nicht gemerkt? Wir stehen vor einer ganz wichtigen Entscheidung! Da müssen wir jetzt alle an einem Strang ziehen und die Elemente, die die deutsche Demokratie…“ „Was faseln Sie da eigentlich? Hat man Ihnen etwas in den Tee gekippt?“ „Jetzt werden Sie mal nicht komisch hier – sind Sie am Ende auch so einer, der terroristische Ziele verfolgt oder zumindest nicht ausschließt, dass es Subjekte gibt, die es getan haben oder noch tun könnten?“

„Jetzt machen Sie aber mal einen Punkt. Dieses ganze Gequassel um die Vorratsdatenspeicherung ist doch nur ein läppischer Vorwand dafür, dass Sie ein Spielzeug in die Hand bekommen, mit dem Sie nach Belieben die Bürger ausschnüffeln können.“ „Ich verbitte mir die Unterstellungen! Deutschland ist in höchster Gefahr – vielleicht passiert morgen schon ein Sprengstoffanschlag auf den Kölner Dom und wir können die muslimischen Terroristen nicht rechtzeitig genug orten.“ „Moment mal – warum sind die Terroristen in Ihrer Theorie ausgerechnet Muslime?“ „Weil doch alle Muslime… nein, umgekehrt.“ „Und wenn Sie sie orten müssen, wozu brauchen Sie dann die Daten der vergangenen sechs Monate?“ „Sie werden mich nicht hinters Licht führen mit Ihrer Propaganda! Sie nicht!“

„Fakt ist ja nun mal, dass die Verbindungsdaten nur helfen, wenn Ihr ominöser Anschlag bereits passiert ist. Wozu übrigens Ihre Handy-Ortung gar nicht zählt.“ „Die Grundrechte haben bei der Gesetzgebung von vornherein eine zentrale Rolle gespielt! Und wir sehen es als unser Grundrecht an, unser Vaterland zu schützen!“ „Wir auch – aber vor Ihnen.“ „Ach was! Sie wollen sich doch bloß dem Zugriff der Strafverfolgungsbehörden entziehen! Sind Sie am Ende auch so einer, der mit Kinderpornografie auf nordkoreanischen Servern seine schmutzigen Milliardengewinne macht?“ „Was haben denn Einzelverbindungsnachweise mit Ihren Sperrlisten zu tun? Sollten Sie hier etwa eine Verbindung sehen, die Sie bisher immer hartnäckig geleugnet haben?“ „Es sind doch immer dieselben, die hier auffallen. Lesen Sie doch mal die Kriminalstatistik, dann werden Sie das schon sehen. Oder wollen Sie das etwa leugnen?“ „Also sind wir jetzt auf dem Niveau von ‚Wer lügt, stiehlt auch‘? Das erklären Sie dem Bundesverfassungsgericht bitte selbst.“ „Werden Sie nicht frech!“ „Und deshalb sagt das Bundeskriminalamt, dass die Aufklärung maximal um 0,006 Prozentpunkte steigt?“ „Wir brauchen in diesem Land viel mehr Anstand und Gehorsam! Konsequente Erziehung zur Staatstreue – wer Nachbarn nicht grüßt, baut auch Terrorausbildungslager!“ „Es haben einige zehntausend Menschen gegen Ihr Gesetz geklagt.“ „Vaterlandsverräter! Die sollen doch nach drüben…“ „Tut mir Leid, aber das gibt es nicht mehr.“ „Wieder so eine rhetorische Spitzfindigkeit, diese Haarspalterei werden wir Ihnen austreiben, wenn wir…“ „Das Bundesverfassungsgericht hatte Zweifel an der Vorratsdatenspeicherung.“ „Sind Sie am Ende auch so einer, der aus dem Internet einen rechtsfreien Raum machen will, in dem es alle nur denkbaren Scheußlichkeiten gibt? Videos von bestialischer Folter? Atombombenbauanleitungen? Wenn beim nächsten Amoklauf an einer deutschen Bildungseinrichtung die Täter, durch Killerspiele, laute Musik und Turnschuhe verroht, nukleare Sprengsätze aus dem Internet werfen und Tausende von unschuldigen Kindern sterben?“

„Erlauben Sie mal, es wird langsam lächerlich. Mit diesem Aufwand speichern Sie jeden Hauch in Deutschland und wundern sich, wenn…“ „Das ist Verfassungsschutz!“ „Das ist Erfassungsschmutz.“ „Sie hinterlassen doch die ganze Zeit die Daten – dann dürfen Sie eben nicht mehr telefonieren und nicht mehr…“ „Atmen?“ „Blödsinn! Wir würden beispielsweise Ihre Daten nie länger als sechs Monate speichern. Da halten wir uns ganz genau an das Gesetz.“ „Und wenn Sie nach sieben Monaten bemerken, dass Sie mit einem Gesprächsnachweis eine Straftat aufklären könnten?“ „Dann würden wir in diesem einen Fall, aber auch nur für diese eine Ausnahme einmal die Daten zur Aufklärung heranziehen.“ „Und wie soll das gehen?“ „Wie soll was gehen?“ „Dass Sie die Daten, die nach sechs Monaten gelöscht werden, nach sieben Monaten verwenden?“ „Sie verdrehen die Fakten! Aber das sind wir von Ihresgleichen ja gewohnt.“

„Warum verbieten Sie nicht Bleistifte?“ „Warum sollten wir Bleistifte verbieten?“ „Damit Ihre Terrorverdächtigen nicht mehr auf Zettelchen ausweichen können und weiterhin über das Festnetz miteinander kommunizieren müssen. Dann haben Sie für sechs Monate alles unter Kontrolle und müssen sich auch nicht containerweise durch Papierschnitzel wühlen.“ „Sie sind doch krank!“ „Und auf dem Niveau soll ich mit Ihnen diskutieren?“ „Sie sind am Ende auch so einer, der mit dem Tausch urheberrechtlich geschützter Inhalte ein stalinistisches Unrechtsregime etablieren will!“ „So, und jetzt ist hier mal Schluss! Danke für den Besuch, er bekommt jetzt seine 120 Milligramm, danach kommt gleich das Abendessen, und dann ist Bettruhe.“





Der Leierkastenmann

16 12 2009

„Freut Eu-heuch des Le-bens, weil no-hoch das Lä-hämp-chen glüht!“ Der dick vermummelte Mann stapfte von einem Fuß auf den anderen. Es war kalt in Tiergarten, von der Spree pfiff ein scharfer Wind herauf und zog unter den Mantel. Mich fröstelte. Der Alte lächelte sein verknittertes Lächeln und drehte emsig an der großen Kurbel. „Pflü-cke-het die Ro-se, eh’ sie-hie ver-blüht!“

Ich legte ein Geldstück in das kleine Körbchen auf der Drehorgel. „Bedanke mir“, dienerte der Musikant. „Wenn ick mir vorstellen dürfte: Aujust Knille is der Name, den mia meene Mutta jejehm hat, wie ick hochwohljeborn war in Moabit. Wenn’s um Musike jeht, denn is Knille Ihr staaka Partna! Sahrense ja nu in Mitte imma, ha’ck jeheert.“ Er steckte die Münze in seine Manteltasche. Und griente. „Von Knille beorjelt, det is fast so jut wie von Zille jemalt, wa?“ Ich lachte. „Und da stehen Sie hier den ganzen Tag am Reichpietschufer und kurbeln?“ „Det is wejen de nationale Stümmung.“ „Nationale Stimmung?“ Er blickte verschwörerisch. „Aa nich weitasahren!“ Und kam ganz dicht mit dem Gesicht an mein Ohr heran.

„Det is ja, weil Truppe nich uff Truppe schießen dhut. Im Jrunde jenomm. Da hamse aa in’n Bendlerblock ooch nüscht von jesacht, wie SA uffmarschiert is.“ „Sie meinen“, fragte ich skeptisch zurück, „dass hier im Bundesministerium dicke Luft sei?“ „Schönet Wetta heute.“ Knille knurrte mich an. Holte einen blau angelaufenen Flachmann aus dem Überzieher. „Ick wer ma alaum, wa?“ Und trank einen tiefen Zug aus dem Fläschchen.

„Hamse den ma jesehn, den Pomadenkalle? Det is ’ne Quetschvisage! So’n Spack! Un denn hatta nüscht wie Butta uffn Kopp.“ „Meinen Sie?“ „Sahrick doch, det is’n Erbbejräbnis. Un so alt wie der Jung aussa Wäsche kiekt…“ „Dann müsste er ja das Parlament belogen haben.“ „Schlümma! Schlümma, sahrick Ihn. Det Milletär.“ „Das Militär belogen?“ „Nich belohren – aa betuppt hatta! Der is doch anjebufft jewesen, sahrick Ihn!“ Und er schneuzte sich heftig in Richtung Spree.

„Na, nun sagen Sie mal: was ist denn hier im Ministerium eigentlich genau los? Warum dieser ganze Aufstand?“ „Det wer ick Ihn sahren: der Minista, der hat ja keene Ahnung vons Jeschäft. Det isn komischa Ssuch an ihn. Wie a inne Wüchtschaft is jesessn, wennse Ihn noch ainnern – aa inne Wüchtschaft isses ja nu nüscht, wennse nich inne FDP sinn, da wissense ooch nüscht, aa ditt is ja von keene so jroße Wichtigkeit, wa?“ „Kommen Sie mal zum Punkt, Knille!“ Mir wurde langsam auch ein bisschen kühl; der Himmel sah allgemein etwas ungemütlich aus. „Sie wollen mir doch jetzt nicht erzählen, man habe sich über den Herrn Minister beschwert, weil er keine Ahnung von der Verteidigungspolitik besäße? Das können Sie mir nicht weismachen – der Mann ist Unteroffizier der Reserve, der wird sich bei der Bundeswehr doch wohl auskennen.“ „Weeß ick“, antwortete der Alte, „weeß ick doch. Jebirgsjäjerbatalljong. Aa det is ja nich der Punkt.“ Und wieder genehmigte er sich einen der größeren Schlucke aus der Pulle.

„Det issn Hallodrikus. Schon, wie a inne Wüchtschaft is jesessn – det Famijenuntanehm, wo a sso lang jearbeet hat, det hats ja nie jejehm. Hats nie jejehm! Fürn Fuffsja Jrips, un denn hätta sich det Ding aus Lehm jebackn. Aa wenn eena etepetete is, denn denkta jar nich an.“ „Das war in der Tat unbedacht“, nickte ich. „Aber keine Ahnung vom Geschäft?“ „Ehmt. Aa wenna det richtig inne Jrütze kloppn will, denn machta det sso, als hätta würkich Ahnung vons Janze. Un denn jreifta voll danehm, weil a det eene Mal det Ding richtich drehn will.“ „Sie sprechen doch jetzt von dem Bericht, den er doch gelesen haben soll, obwohl er sich nicht daran erinnern kann.“ „Nee, det hatta ja zujejehm, wie det nich mehr ze vatuschn war.“ „Also von der Entlassung des Generalinspekteur? Knille, jetzt reden Sie doch nicht um den heißen Brei herum, davon wird’s doch nicht besser!“

Fast konspirativ sah der Orgeldreher mich an. „Er hat det bessa machn wolln, als wie det jedacht war. Könnse Ihn noch besinn, wie det anfing? ‚Ick sahre ma so‘, hatta doch jesacht jehabt, ‚det is ja keen Kriech, aa fürn nationalen Sprachjebrauch sahrick ma, det is eena.‘ Ham die doch jebrillt, det kanna nich sahrn, det is ja jar nich seine Befugnis, un mitten Jrundjesetz passt det ooch nich – jroßa Fehla.“ „Ja, das war nicht besonders elegant gelöst“, gab ich zu. „Man hätte das doch vorsichtiger machen können.“ „Sahrick doch. Aa war a uff’n Kien? Denn hatta de Malessen von wejen den Jeneral. Jrundlos kündijen hätta solln, aa mussta wieda Fisimatenten machn. Lästich!“ „Weil er das Dienstrecht missachtet hat, meinen Sie?“ „Ehmt. Nu denkense sich det ma inne Wüchtschaft. Sachta Kaiser: ‚Knille‘, sachta, ‚ick will Ihn nu nich länga hörn, un Ihr ff. Jeorjel könnse sich an’n Hut schraum. Jehnse mit Jott!‘ Kann ick nüscht untanehm.“ „Das ist eben so“, bestätigte ich ihm, „das gehört in einem demokratischen Staat dazu.“ „Un denn ssweetet Ssenarjo: wird der Kaiser ze Rumpelmann sahren, det ick ’n olla Stänkafritze wär. Sie, da klahre ick! Det darfa ja nich!“ „Und darüber soll der Freiherr stolpern? Über eine Lappalie?“ „So hätt ja keener wat jesacht. Aa wenn Truppe uff Truppe schießen dhut?“

Er schnalzte genüsslich mit der Zunge, während er wieder den Leierkasten ankurbelte. Und noch lange hörte ich, wie der alte Knille die Orgel tuten, pfeifen und quinquilieren ließ, während er mit rostiger Stimme sang: „Freut Eu-heuch des Le-bens, Groß-mut-ter wird mit der Sen-se ra-siert!“





Kehrt, marsch!

15 12 2009

„Momentchen noch, ich kriege eben die neuen Zahlen rein. Auweh… nein, so schlimm auch nicht. Es reicht halt nicht. Aber wir kriegen das in den Griff. Bestimmt. Ja, davon können Sie ausgehen. 2025 sollte sich etwas geändert haben, wenn nichts dazwischen kommt. Klar, das kann man nie wissen. Aber 2025 ist schon mal eine ganz gute Richtung. Länger wird die Merkel ja wohl nicht durchhalten.

Nein, das ist komplizierter, als wir glaubten. Wir haben ungefähr elf Prozent verloren, Die Linke und die Grünen davon die Hälfte gewonnen – bleiben fünfeinhalb. Piraten minus zwei, heißt also, dass wir immer noch dreieinhalb Prozent… Gut, die kann man jetzt auch als Fehlertoleranz rausrechnen, man sollte ja bei Fehlern auch mal tolerant sein. Ja, nicht wahr? Bei unseren eigenen sind wir immer tolerant, da haben Sie Recht. Auf jeden Fall sind also mal die Piraten Schuld, dass wir jetzt diese Regierung haben. Da beißt die Maus doch keinen Faden ab. Und wenn wir das beweisen können, werden wir es irgendwann auch. Klar.

Verschwörungstheorie? Ich bitte Sie, das meinen Sie doch nicht ernst! Natürlich waren es die Medien. Sie sehen es doch jetzt beim ZDF, dass die Unionsparteien ihren undemokratischen Einfluss auf die Massenmedien überall ausnutzen, um die Bevölkerung darüber hinwegzutäuschen, dass sie jetzt… Wahlkampf? welcher Wahlkampf? Ach so, bei der Bundestagswahl. Da werden sich unsere Experten erst ein Urteil erlauben können, wenn wir endgültige Ergebnisse haben. Vermutlich hat es etwas mit der Erderwärmung zu tun, dass an diesem Sonntag so viele Wähler zu Hause geblieben sind.

Warum wir das erst jetzt bemerkt haben? Es ist nämlich… sagen Sie’s nicht weiter, aber die SPD ist ja doch schon eine recht alte Partei, da dauert die Schrecksekunde eben etwas länger. Ja, das kann auch mal eine halbe Legislaturperiode sein. Oder eine ganze. Oder zwei, ja. Also bei der Agenda 2010 wollten wir ja noch warten. Schrittweise Absenken der Ignoranz, sagt der Parteivorstand. In drei Stufen, meinen die Berater. Sie wissen doch, jeder Arbeitsplatz hat ein Gesicht. Gut, bei Hartz würde ich es nicht direkt Gesicht nennen, aber…

Ausgeschlossen! Das ist mit uns nicht zu machen! Schon aus ethischen Gründen nicht! Wenn wir jetzt auch noch Lohndumping und Rente mit 67 als Fehler bezeichnen, dann treiben wir doch das Land in ein Stimmungstief, aus dem die Banken nie mehr… Die Industrie? Die sollen nicht jammern, für die Ein-Euro-Jobs hätten sie mehr Dankbarkeit zeigen sollen. Und wenn Sie erst mal begriffen haben, dass das, was für die Wirtschaft gut ist, auch sozial ist, dann werden Sie begreifen, dass es hier keinen Grund gibt, sich öffentlich zu entschuldigen. Ich höre es doch schon – am Ende würden Sie uns auch noch Heuchelei nachsagen! Unverschämtheit!

Allerdings, man kann das eine tun und braucht das andere dann nicht zu lassen. Deshalb ist das Wachstumsbeschleunigungsgesetz schlecht, obwohl die Abwrackprämie die Arbeitsplatzverluste in der Autoindustrie bestimmt verdoppeln wird. Was hat denn das eine mit dem anderen zu tun? Das eine war eine Finanzspritze, die den Arbeitsmarkt aushöhlt, das andere… Nein, ist es nicht! Es macht die Länderfinanzen und die Bildung kaputt. Das ist ja wohl ein himmelweiter Unterschied!

Warum müssen wir denn für jede Kehrtwende eine Erklärung abliefern? Hören Sie mal, das war so nicht bestellt! Gucken Sie mal den Westerwelle an, heute so, morgen so, und damit wird der Mann noch Vize – ja, man muss doch flexibel sein heutzutage!

Lippenbekenntnisse? Sollen wir jetzt den Tauss zum Parteivorsitzenden machen? Nein, da braucht es sturmerprobte Kader. Alte Kämpen, verstehen Sie, die unsere Partei durch so manche Katastrophe gesteuert haben und auch vor der größten… Die Nahles? Klar, die macht’s. Aber erst mal verheizen wir den Gabriel, dann kommt Scholz dran und dann wollen wir mal sehen, ob der Schäfer-Gümbel noch in der Partei ist. Oder ob er noch lebt. In Hessen weiß man das ja nie so genau.

Gut, haben sie da eben einen Mindestlohn. Aber Polen ist eben nicht Deutschland. Als Opposition kennen wir eben auch nationale Verantwortung, wir können doch jetzt nicht die guten wirtschaftlichen Verflechtungen zu unseren EU-Nachbarn einfach so zerstören. Das wäre ja unverantwortlich.

Moment mal, das haben wir nicht gesagt! Das haben wir nie gesagt! Bleiben Sie bei der Wahrheit – wir sind gegen das Zugangserschwerungsgesetz, aber dass wir auch gegen Sperrung von anderen Inhalten wären, können Sie uns nicht unterstellen! Schließlich darf das kein rechtsfreier… Die Idee kam ja schließlich von uns, wir wollten sie damals… Sie sind wohl selbst ein Neonazi, was? Dann fragen Sie eben nicht so dumm. Na, einen Deckmantel braucht man eben, wenn man gegen die Verfassung… Ob wir in der Regierung wieder eine Internetzensur einführen? Sie glauben doch nicht, dass es noch ein Internet gibt, wenn die SPD je wieder an der Regierung ist! Opportunismus? Wo sehen Sie hier denn Opportunismus? Das machen wir wie die FDP. Die wahre Freiheitsstatue, der Hort der Bürgerrechtsbewegung, ist nämlich die Sozialdemokratie. Bis zur nächsten Wahl. Und dann sehen wir mal weiter.

Sie sollten das mal pragmatisch betrachten: Opposition ist zwar Mist, aber möchten Sie für Ihr Geld ständig arbeiten müssen?“





O Tannenbaum

14 12 2009

Herr Breschke schnaufte. Aber er sah zufrieden und tatendurstig aus, wie er in seiner waidmännischen Tracht, in Kniebundhosen und Lodenmantel sowie mit einem kecken Gamsbart am Hut durch den tief verschneiten Finkenbusch stapfte, immer der Tatsache eingedenk, dass er in Gottes freier Natur sei und dass Bismarck, der dümmste Dackel im weiten Umkreis, der treu und brav zwischen seinen Beinen trottete, den Blick auf den Waldboden hin und wieder erforderlich machte. „Schnuppern Sie mal“, keuchte er und zog den Hund nach vorne, „diese würzige Luft, das Baumharz, das ist doch wirklich einmalig. Dieser Fichtenduft!“ Ich stimmte ihm zu. Denn ein Tannenwäldchen, das nach Fichte riecht, ist durchaus ein singuläres Ding.

Ein Tännchen sollte es also werden, knapp einen Meter hoch, da Breschkes ihren Weihnachtsbaum von jeher auf ein hölzernes Podest stellten, damit Bismarck nicht an die unteren Zweige heranreichen konnte; der Brandschutz lag dem ehemaligen Finanzbeamten sehr am Herzen, wenngleich mich seit längerem der Verdacht beschlich, dass der Hund an dem Baum, der inzwischen nicht mehr von wächsernen Kerzen, sondern elektrisch illuminiert wurde, das Bein gehoben haben musste. „Wissen Sie“, teilte er mir mit, „seinen Weihnachtsbaum hier in der Region selbst zu schlagen ist ja auch gut für die Umwelt – wenn das mehr Menschen täten, was meinen Sie, was das für Folgen hätte!“ Vor seinem geistigen Auge froren vermutlich die Polkappen wieder an der Erdachse fest und das Ozonloch schnurrte zu. Da standen wir auch schon vor einer kleinen Portion Nadelgehölz, die mitten auf dem Weg vor sich hin wuchs und gedieh. Der Dackel schlich sich skeptisch einmal rund um den Stamm, wobei Breschke noch enger an den Schaft gezogen wurde. „Allerliebst, nicht wahr? Ich glaube, den nehmen wir. Der reicht doch für meine Frau und mich aus. Mehr brauchen wir ja auch gar nicht.“

Wenigstens hatte Herr Breschke in diesem Jahr eine benzinbetriebene Kettensäge geschultert und war nicht wie im vorigen Dezember mit dem Gerät in die Wildnis gezogen, das seine allzeit findige Tochter ihm zum Schnäppchenpreis besorgt hatte; dieses Einhandmodell, so gefährlich es auch aussah, hinterließ jedoch keinen Schnitt und keine Kerbe, weder am Baumbestand des Landkreises noch sonst wo. Denn der rüstige Pensionär war anderthalb Stunden kreuz und quer durch den Forst gelaufen und gut einen Kilometer vom Holzweg ab, als ihm auffiel, wie selten im Nadelwald Steckdosen sind. Er prüfte fachmännisch die Windrichtung und hob einen Daumen, um die Fallrichtung abzuschätzen. „Es könnte ja sein, dass er hängt. Die Krone sollte nicht schief stehen, sonst haben wir am Ende noch ein Problem mit dem Wind. Sie ahnen ja gar nicht, was so ein Stamm alles zerschmettern kann, wenn er unkontrolliert auf den Waldboden auftrifft.“ Im Fall dieser neunzig Zentimeter großen Tanne schien mir das Risiko allerdings durchaus kalkulierbar.

Der Motor heulte auf und scheuchte eine Elster aus den Baumkronen; Breschke balancierte die röhrende, rüttelnde Maschine an den ausgestreckten Armen. „Sehen Sie sich vor“, schrie er, „der Rückschlageffekt könnte Sie gefährden!“ Es stank. Der Zweitakter pestete jede Menge Benzindämpfe in die sonntägliche Waldidylle, ein feiner Strahl von Motoröl spritzte Breschke auf den Jägermantel. „Aber die Ölpumpe hat doch Fliehkraftkupplung“, jammerte er. Von einer Kupplung roch ich bei diesem Motor nichts, aber das Öl floh kräftig. Zu unseren Füßen bildete sich eine große Pfütze. „Jetzt machen Sie hier keinen Aufstand“, rief ich zurück, „sägen Sie das Ding um! Der Stamm ist doch keine zehn Zentimeter dick!“ „Der Fallkerb muss aber auf jeden Fall korrekt angebracht werden“, entgegnete er lautstark. „Wenn ich den Sohlenschnitt nicht genau waagerecht ansetze, dann wird der ganze Fuß am Ende schief und ich bekomme den Baum nie ordentlich in den Christbaumständer rein.“ Fast schien es, als wankte er auf dem benadelten Boden umher, doch der knatternde Forstapparat vibrierte nur so stark, dass Breschke ins Torkeln geriet. Plötzlich machte er eine unbeholfene Bewegung, so dass die Kette den Stamm berührte; das Bäumchen plumpste auf den Boden. Bismarck huschte jaulend zwischen meine Beine. Der Motor erstarb jäh.

„Sie haben wohl nicht alle Tassen im Schrank!“ Der Glatzkopf mit dem grobschlächtigen Gesicht war außer sich vor Zorn. „Was haben Sie sich eigentlich dabei gedacht?“ Er stapfte mit wilden Schritten auf Breschke zu, der drohend die Säge erhob. „Das ist mein Baum“, antwortete der Pensionär, „ich habe ihn zuerst gesehen! Wenn Sie einen haben wollen, müssen Sie ihn selbst fällen.“ Das brachte den Glatzenträger erst recht in Rage; er schien einem Hirnschlag nahe. „Sind Sie noch ganz dicht“, brüllte er, „hier in der Schonung zu sägen? Ihren Ausweis!“ „Schreien Sie mich nicht an! Ich werde mich beim Oberförster beschweren über Sie!“ „Ich bin der Oberförster!“

Anne hatte ihre liebe Mühe, dass Herr Breschke wegen Widerstandes gegen Personen, die Vollstreckungsbeamten gleichstehen, nur mit einem Strafbefehl und der Verwarnung mit Strafvorbehalt davonkam. Die Motorsäge wurde gleichfalls nicht als Waffe, der Fall damit nicht als besonders schwer angesehen. So fiel das Fest im Hause Breschke in diesem Jahr eher bescheiden aus, ersichtlich an dem Douglasienzweig, den Frau Breschke mit Lametta und Lichtern zu einem aparten Weihnachtsgesteck dekorierte. Er reichte für die beiden. Und in dieser Hinsicht hatte Herr Breschke durchaus Recht: mehr braucht man gar nicht.





Bla, bla. Lorem ipsum

13 12 2009

(Was gar nicht geht, ist, in der Überschrift einen Punkt zu setzen, denn das wäre genau so stillos, als schriebe man den ersten Satz eines Absatzes, eines ganzen Textes gar, in Klammern. Oder zwei.) Aber mal ehrlich, hier könnte doch auch etwas über Sammelklebebilder (Klebesammelbilder? Sammelbilderkleber für Klebebildersammler?) stehen, die meisten würden wieder nur auf das eine warten. Die Suchmaschinentreffer der vergangenen beiden Wochen.

  • hasenkrankheit: Ach deshalb wusste der Jung immer von nichts.
  • erythrozyten zu wenig: Praktisch, wenn Sie sich schneiden, machen Sie nicht so eine Sauerei in der Küche.
  • gerontophil: Herr Schirrmacher, Sie hier?
  • allerlei in sÜddeutschland: wamme;maul;: Und jetzt schwingen Sie die Haxen, ja?
  • satire für ein versautes vorstellungsgespräch: In Berlin wird derzeit schon ohne Ansehen der Person befördert.
  • weihnachten mit dementen: Wenn Sie sich die aktuellen Supermarktauslagen ansehen, halten Sie das für den Normalzustand.
  • trockenrasierer 2009 auf der messe: Ich war felsenfest der Meinung, die Dinger gab’s schon 2008.
  • intimpiercing selber stechen anleitung: Ja, machen Sie’s endlich. Vielleicht gehen Sie mir dann mal für zwei Wochen nicht auf den Sack.
  • bananen + wiedervereinigung: Manche sagen, Guido sei heute noch sauer.
  • zeitschriften von stark behaarten frauen: Gerne genommen wird BILD der Sau. Aber Wild & Rund ist auch nicht schlecht gemacht.
  • wieviel wiegt ein storch?: Eier? Mehl? Kartoffeln?
  • schweißtisch selber bauen: Den sollten Sie besser schweißen, aber dazu bräuchten Sie ja einen Schweißtisch.
  • anatomische schweinebilder: Schnitzelquerschnitt überlassen Sie besser dem Metzger Ihres Vertrauens.
  • friss mich tot kuchen: Wenn Sie bitte derartige Versuche in Ihrer eigenen Wohnung unternehmen würden, bedankt.
  • 2009 erzherzog johann – „roland koch“: Die Geschichte des Feudalismus schlägt seltsame Volten.
  • wer soll sich denn das noch kaufen, was: Hauptsache, die Apotheker bekommen mehr Kindergeld fürs Hotel.
  • thetane: Pardon, das Xenu-Dingens hatte gerade einen Stromschaden.
  • atzventzkrantz: Alle Jahre wieder.
  • glücksbärchis + häkeln: Vorsicht, Watschel Paddelherz soll ein widerlicher Ästhetikterrorist sein!
  • wie ist das fachwort wenn man jemanden e: Lang und umständlich.
  • flottierende kakablagerungenl: Was sagt Ihr Klopoduzent dazu?
  • lebensmittelimitate kriegszeiten: Wenn’s darum geht, haben wir den Frieden noch vor uns.
  • hab ein zungenpiercing stört das bei ein: Solange Sie sich beim Angeln nicht in der Schnur verhaken, ist mir das eigentlich relativ egal.
  • wo bekomme ich die flamingo schuhe aus dem teppich: Am Absatz anfassen.
  • rezept gefüllte zwiebeln moik: Eins geht nur rein, eins geht nur raus. Aber heulen müssen Sie bei beidem.
  • harzflecken auf auto: Parken Sie im Westerwald.
  • chlorvergiftung: Befüllen Sie Ihren Pool vor dem Ertrinken mit Mineralwasser.
  • ausmalbild bundeswehr: Herr Baron haben noch ein sehr schickes Blutrot in der Schublade.
  • der wein und die wahrheit sind sich nur: Beiden kommt man nur mit Schlucken bei.
  • wieviel verdiene ich als kleindarsteller: Nicht genug, um groß rauszukommen.
  • russen auf datingseiten: Kann Ihnen in Russland ohne weiteres passieren.
  • faltsterne anleitung: Ist der Kindergarten bei Ihnen schon so lange her?
  • klo mit diagnoseeinheit: Für den Geschäfts-Klimaindex?
  • tränenfluss gryphius: Oder gleich Thränen deß Vatterlandes / Anno 1636.
  • damencatchen oben ohne: Sie bestellen Ihr Schnitzel also nicht wegen der Zitronenscheibe?
  • brustwarzen von sahra wiener: Ich hoffe, sie hat sie wenigstens frittiert.
  • sonne zum basteln: Im Fachhandel als Solarium erhältlich.
  • aschenputtel experiment dreckskaschemme: Nur, weil Sie den Boden nicht mehr fegen, soll bei Ihnen jetzt ein Prinz einreiten?
  • „das ist jetzt auch egal“: Mit der Einstellung haben Sie es weit gebracht, Frau Merkel.
  • sitzsack nähen: Und ich darf dann wieder stopfen?
  • joseph beuys fett und pilz: Nehmen Sie mal Ihr soziales Plastik aus dem Mund.
  • homöopathie haus kit: Häuser, in Alkohol verdünnt. Bauen Sie gerade einen Adventskalender aus Globuli?
  • spucken lamas wenn man ihnen hinterher: Nur, wenn sie beim Treten nicht treffen.
  • pissnelke: Selber.
  • männchen basteln mit pflaumen: Dann sind’s ja keine Männchen mehr.
  • „tippi hedren“ ohrfeige: So weit ist Hitchcock nie gegangen.
  • karnevalsverkleidung als telefonzelle: Sie riskieren, dass Sie jemand abhört.
  • wirtschaftsfinanz: Die Banken setzen wieder auf Brüderle Leichtfuß.
  • falsche adressangabe falsche unterschrif: Konto und Bankleitzahl reichen aus, entweder kommt Ihr Geld bei der Homeland Security an oder bei der Hessen-CDU. Oder beides.
  • high heels selbst bauen: Nageln Sie sich eine Trittleiter unter die Puschen. Damit hier mal Ruhe ist.
  • schwul meerschweinchen witz: Caecotrophie hat andere Ursachen, Sie Scherzkeks.
  • asterix korsika käse: Band XX, Seite 20, Panel 16B.
  • gefährliche sparbirnen: Sie müssen auch alles in den Mund nehmen, oder?
  • nicht jede kalte säge schafft es nach ne: Die Ungerechtigkeit dieser Welt ist bisweilen von aufreizender Banalität.
  • unsichtbarer adventskalender: Eine der besten Erfindungen überhaupt.
  • zigarettenautomaten bauplan: Gewöhnen Sie sich das Rauchen ab. Viel interessanter, da kompliziert.
  • markierung von labormäusen: Die verheirateten tragen den Ring rechts.
  • kritik an ärzte ohne grenzen: Zu Ihnen nach Zwickau kommt wieder keine Sau?
  • kader puppen sehr alt: Die junge Garde finden Sie heute in den PDS-Resten.
  • rezeptvorlage arzt: Auch der Onkel Doktor möchte bisweilen kochen.
  • im darkroom pinkeln: Für die paar Zentimeter machen Sie so einen Aufstand?
  • was kann ein deluminator, von wem wurde: Hilft beim Ausknipsen.
  • ddr mehrfruchtmarmelade: Banane-Ananas aus dem Fruchtkombinat Otto Grotewohl.
  • bauanleitung für laute knalltüten: Die FDP ordert gerade per Sammelbestellung nach.
  • nudeltüten basteln: Kann man Ihnen mit Ravioli helfen?
  • wohnzimmerdecke beleuchtet: Schlimm. Da sieht man ja den ganzen Staub und die vielen Spinnweben.
  • suizid grillkohle: Eine der relaxteren Methoden, aus dem irdischen Dasein zu scheiden.
  • runde häkeldeckchen für marmeladegläser: Was machen Sie bei sechseckigen Gläsern mit achteckigen Deckeln?
  • bee kaffeemaschinen: Ich habe bis heute nie eine besessen. Und das bleibt auch so.
  • jahresrückblick 2009: Hat sich nicht gelohnt. Die Sendung übrigens auch nicht.
  • „vor einem großen wald“: Sollte man unbedingt den Sitz der Schnürsenkel überprüfen.
  • arbeitsschuhe chin.säckchen allergie: Sind chinesische Säckchen eventuell mit Arbeitsschuhen gefüllt?
  • wie wirkt himalaya salz?: Bereichernd, aber nur für den Verkäufer.
  • sperrfilter kabel deutschland umgehen: Bezahlen Sie endlich Ihre Rechnung und gehen Sie mir nicht jedes Mal damit auf den Zeiger.
  • zinkspritzguss schrei: Flüssiges Metall pflegt eine gewisse Betriebstemperatur zu haben.
  • geh-sprechpuppe: Super Action Guido kann jetzt auch Deushländ sagen.
  • tube frank schöbel: Ich würde ihn nicht mal frisch kaufen.
  • altersverifikation überlisten: So viel Stress für einen Kinderteller?
  • bewegung morgenlicht: Wenn es sich kratzt, könnte es Ihr Mann sein.
  • anstecken bordellbesuch: Es gibt einfachere Wege, an Schweinegrippe zu geraten.
  • woher kommt der name latz: Vom Standesamt.
  • st trenne basteln: Glastisch?
  • seifenkraut blätter: Können Sie gerne kauen und per Post verschicken, der Stoff sitzt woanders.
  • elektrische teigwalze pizza: Wenn die Schwiegereltern zu Besuch kommen, sollten Sie die Fladen sowieso dünner rollen.
  • bordellbesuche für anfänger: Fragen Sie den Türsteher nach Mengenrabatt.
  • ceranfeld giftig antimon arsen einatmen: Bei der Temperatur sind auch Teflonpfannen ungesund.
  • diplomatenpass: Führt nicht zur Immunität. Schade, Guido.
  • 9live oskar falsch verbunden: Wenn ich in Kroatien marokkanische Titten sehen will, kann ich auch BBC anknipsen.
  • salzarme kost für lebergeschädigte: Ja, ich liebe es auch.
  • dr. hamer einer gegen alle: Dagegen hätte der Rieger ja noch etwas sagen können. Tja.
  • weihnachtsmann-schlitten aus sperrholz b: Das ist dem Einzelhandel sicher zu idealistisch.
  • flugzeuggeräusche als klingelton: Copyrightfrei?
  • wo raus in stehen lakritz: Aus geknoteten Schnecken.
  • edelstein suchtbekämpfung: Diamantenfieber?
  • „girl in the ring“ lyrik: Reimt sich da etwa irgendwas?
  • und dies nicht nur zur weihnachtszeit: Ich habe meinen Frieden mit existenzialistischen Tänzen gemacht.
  • wetten dass katzenfutter fussfetisch: In der nächsten Ausgabe geht’s mit Fischfutter weiter.
  • rennicke gitarrengriffe?: Die Frage stelle ich mir seit längerer Zeit.
  • bastelvorlagen für demente: Wenn Sie oft genug vor die Wand laufen, bekommen Sie bestimmt einen Koch aus dem Handgelenk hin.
  • antigone zeile 1-99 was passiert?: ’ne Menge.
  • wie erhalte ich aalrauch: Durch Erhitzen.
  • urwald,die grüne hölle 4 sätze: Wikipedia ist Ihnen für die Hausaufgaben wohl nicht mehr gut genug?
  • nachteile der mobile gesellschaft: Die Löcher für die Deckenhaken nerven.
  • mainz rotlichtviertel: Hey, Big Brender…
  • attaca und gentechnik: Kopenhagen gibt sich Mühe, die rechtsstaatlichen Bedenken zu verwischen.
  • steinschleuder jule: Scheint ein skandinavisches Modell zu sein. Kommt das mit Gebrauchsanweisung?
  • dackelblechgießkanne: Muss ich den Hund wirklich gießen?
  • waschmaschinenüberzug: Bei Kaltwäsche wird es eventuell zu warm.
  • senior-tüte: McR.I.P.?
  • schweinelende in bratfolie: Cave: der Discounter liefert Ihnen höchstens Schweineelend.
  • praktikum als armleuchter: Mit dem richtigen Parteibuch sind Sie auch da karrieresicher, Herr Niebel.
  • schallala: Trallafitti.
  • pferdeleder pflege: Mindestens Dachshaarborsten.
  • wurzelentzündung am fuß: Sie kauen Zehennägel?
  • „an salat“ deutsche sprache: Grün ist des Lebens goldner Baum…
  • menage a droit: Und was sagt Ihr Linksanwalt dazu?
  • jeanette biedermann geknebelt: Wenn die Serie abgedreht ist, rufen Sie gerne noch mal durch.
  • soll man barfuß laufen wenn man eine ste: Für Sie würde ich es Rosen regnen lassen.
  • wozu passiermühle: Wollen Sie meine heißen Tomaten zermatschen?
  • josef schlarmann homestory: Er guckt da bestimmt ganz entspannt die Merkel-Autogrammkarten durch.
  • vatikanbank ferrero: Und dann kommt das bittere Ende.
  • spiraldauerwelle wikipedia: War nicht relevant. Schnellgekämmt.
  • opalracke: Verwechseln Sie ihn in der Weihnachtsbäckerei nicht mit einem Zimtroller!
  • gg anderson schlesien: Nur, wenn Tirol am Nordpol am Nordpol wäre.
  • was sagen mir die handelsklassen bei wal: Dass die Japaner noch immer gewaltig den Arsch offen haben.
  • „mehr demokratie wagen“ kanzlerin: Rauch was anderes, Pofalla.
  • salzflecken auf armbanduhr: Weinen Sie bitte am Zifferblatt vorbei.
  • bastelvorlage der freiheitsstatue: Bitte bei Guido hinten unten noch ein Loch offen lassen für die Industrie.
  • scherzartikelladen jena: Bisher fand ich die Universität ganz okay.
  • bauanleitung vulkan kostenlos explosion: Haben die Verlage es noch nicht durchgesetzt, dass die Eruptionen urheberrechtspflichtig sind?
  • ziegenbart wachsen lassen: Sagen Sie Ihrer Angelina doch einfach, dass Sie sie nicht mehr sehen können.
  • starker wind verweht peruecke: Hauptsache, das Toupet sitzt.
  • gebrauchte hähnchenwagen: Schenkelmotorisiert?
  • schlagschere tafelschere: Die kulissengeführten Modelle haben auch bis zu drei Grad Abweichung, Hähnchen oder nicht.
  • essenz sauerkirsch: Gig mir Deinen Saft.
  • lojas de anapolis q vende bratensauce: Je suis un bratwurst.
  • panflöte interpreten tine wittler: Hoffentlich lässt sie sich an die Wand fiepen.
  • udo jürgens heimliche freundin: Sollte er noch eine haben, wäre das eher unheimlich.
  • wäscheklammern ddr: Aufbau Ost?
  • rausch schokoladenweihnachtsfiguren: Kifferschokolade.
  • wir basteln: Ich nicht.
  • damencatchen mitmachen in kassel: In Hessen halte ich keine Schweinerei für gänzlich ausgeschlossen.
  • dreifrucht kolumbien: Die DDR-Variante war Ihnen anscheinend zu süß.
  • weiße holzbank mit staufach: Gerne genommen wird auch die dänische Kombiserie.
  • woraus besteht möppkenbrot: Das, was der Bäcker ausfegt, wenn der Schlachter die Tonne schon halb gefüllt hat.
  • bieröffner nackte frau: Sollten diese beiden Laster die einzigen sein, die bei Ihnen zu erwarten sind?
  • nordische walker: Daher der fantastische finnische Frottee.
  • frank rennicke blauhelm lied: Vergessen Sie’s. Er hört den Schuss doch nicht.
  • zahnspange in essig einlegen: Wenn Sie gerne Kalktabletten lutschen, um den Alzheimer zu fördern, eine echte Option. Gourmets marinieren in Balsamico!
  • mein weg zur latexpuppe: Klingt nach ’nem Quotenrenner im Unterschichten-TV.
  • konfitüre&“pfirsich-maracuja“&luxemburg: Das klingt nach Arbeitsfrühstück bei der Discounterbank.
  • friede auf erden: Wird von unserem Vorzeigebaron gerade völlig neu bewertet.
  • armbänder gans leicht selbst gemacht: Das Ente der Welt ist nahe.
  • wanda pflanze: Offenbar sprechen Sie mit dem Aquarienbesatz.




L’Éclat, c’est moi

12 12 2009

Was bläst so spät sein Halali?
Der Sonntagsjäger geht fürbaß.
Allons, enfants de la Patrie!
Die Sau ist tot. Der Blattschuss saß.
Die Republik wird abgenickt.
Man hat nach altem Waidmannsbrauch
bei allem schamhaft fortgeblickt –
    bei Schall und Rauch.

Der Herr kommt nicht zurück ins Schloss.
Er blieb im Wald, wo, ahnt man nur.
Dafür sitzt nun auf seinem Ross
die Sonnenkönigsminiatur,
spricht dünkelhaft: Der Staat bin ich!
Mehr weiß er kaum, der tumbe Gauch,
wie’s Handwerk ist. Und fort sich schlich
    mit Schall und Rauch.

Jetzt geht es an, und er regiert
und thront und herrscht. Er glaubt sich frei,
doch ist, was auch sein Zepter führt,
ein Speichellecker und Lakai,
und bleibt’s. Denn Art lässt nie von Art.
Der Pöbel pinselt seinen Bauch
für Vorteil und für freie Fahrt
    und Schall und Rauch.

Und der Monarch, aus vollem Sack
verschenkt er, was er andern nimmt.
Das sieht man gern, das schätzt das Pack,
auch wenn nichts an der Rechnung stimmt.
Das wähnt sich klug, das beugt das Recht
und scheut sich nicht vor dem Missbrauch –
in Wahrheit bleibt es immer Knecht
    in Schall und Rauch.