Welt und Ich

31 01 2010

Wenn man sie täglich sieht, sind sie so flüchtig,
ganz hell, wie dünnes Glas, das klirrt und springt.
Man sieht sie kaum. Im Grunde ist es nichtig,
weil die Betrachtung keinem etwas bringt.

Sie sind beweglich. Goldfischgleiches Glitzern
geht aus von ihnen. Zwar aus der Distanz
vergisst man vor dem Licht, wer den Besitzern
ihr Wesen gibt. Man übersieht sie ganz.

Dann insgesamt verschwimmt es – eine Masse,
die wie Partikel formlos fliegt und weht,
kein Einzelnes – wenn ich Dich jetzt nicht fasse,
wer sagt mir, dass es nicht mit Dir vergeht?





Das Schwein

30 01 2010

für Nikolai Wassiljewitsch Gogol

Und weil sie dachten, ihm sei Dank,
da zogen sie zuletzt das Schwein
wohl in die gute Stube rein
und setzten es auf ihre Bank.

Da saß das Tier. Und ohne Scham
noch Zucht legt es die Pfoten auf
den Tisch, und ließ sie noch darauf,
als man zurück ins Zimmer kam.

Die Schläge nicht dem Schwein gebühren.
Ihr guten Leute seid entsetzt?
Dann seht, das sei gesagt zuletzt,
nur Toren es zu Tische führen.





Gernulf Olzheimer kommentiert (XLII): Freizeitkleidung

29 01 2010
Gernulf Olzheimer

Gernulf Olzheimer

Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.

Noch vor ganz wenigen Jahrzehnten gab es in der Bevölkerung dieser Breitengrade Menschen, die in Wollpullovern, in Baumwollhemden und, ab und zu streifte dies fast die Grenze zum ästhetisch Hinnehmbaren, Polyesteranzughosen mit Bügelfalte und Umschlag mannigfaltige Tätigkeiten ausübten. Das Gewand signalisierte sofort, wer sich wohl zu welchem Behufe darin befand, und erlaubte dem Betrachter auf diese Art, seinen kleinen Kosmos zu ordnen. Der blütenweiße Kittel machte den Arzt kenntlich, der zwischen zwei Golfpartien kurz seine Praxis aufsuchte, um den Alkoholspiegel an die Tageszeit anzupassen. Am Blaumann erkannte man die Stützen der Gesellschaft, wackere Handwerker, denen aus dem Stand achtzig Gründe einfallen, warum man ein Kupferrohr nie rechtwinklig verschrauben könne, und wenn doch, dann nur zum doppelten Preis und frühestens in sechs Wochen. Man musste nur die Strumpfhose über der Rübe sehen, schon wusste jedes Kind: da schickte sich ein Bürger an, den Ermittlungsbehörden mehr Praxis bei der Aufklärung von Straftaten zu bescheren, und auch die Justizbehörden bekamen ihren Teil. So wussten alle, Kleider machen Leute.

Diese so verhältnismäßig einfach wie nützlich gestrickte Gesetzmäßigkeit kann man heute in die Tonne treten, da das Gros der Behämmerten in kotzbunt bedruckten, logoverzierten Plastesäcken durch die Vegetation torkelt. Als wäre der Anblick nicht schon beschissen genug, den das kognitiv naturbelassene Volk darin hinterlässt, hören die in frischem Minzgrün mit pinkfarbenen Applikationen an die sterbliche Hülle geschwiemelten Fetzen auf den Gattungsbegriff Freizeitkleidung, was eine der frechsten Lügen seit der Dolchstoßlegende und der Geschichte mit dem Klapperstorch ist. Denn gerade jene meist männlichen Homo-sapiens-Parodien, die im Balkansmoking ihr Frühstück in der Tanke jagen, sind nicht darauf angewiesen, ihre Existenz in die beiden Großbereiche Arbeit und Freizeit aufzuteilen, letztere wohlbemerkt als Gegenbegriff zu der Spanne des Tages, die man im Monteur- oder Taucheranzug verbringt und nicht in einer Kombination aus wirr zusammengedengelten Stoffresten mit Reißverschlüssen, die man auch dann noch betätigen kann, wenn wegen temporären Arbeitsspeichermangels Kulturtechniken wie das Kauen bereits gegen den Schluckreflex zurücktreten müssen. Wer diesen Bronxfummel in Verkennung der Wirklichkeit gar Trainingskleidung nennt, kann sich höchstens auf einarmiges Reißen in der Ein-Liter-Klasse beziehen. Mehr Leibesertüchtigung läge den vollzeitig Freizeitbekleideten fern.

Die Herkunft der geschmacksfreien Kluft aus dem Sportbereich mag man ja hinnehmen, und so bietet die Ganzkörpermülltüte dem Bekloppten in der Tat einige Vorzüge gegenüber traditionellen Kleidungsstücken. So lassen sich die Hosen dank der Druckknopfleisten an- und auch rasch wieder ablegen, falls die Blase drückt oder Kopulation auf dem Stundenplan steht. Sonn-, Feier-, sonstige Tage kann der Bescheuerte im Ferkelfrack verleben, er braucht weder grobmotorisch komplexe Stunts wie Knöpfen oder Schnüren zu erlernen, am Zipper endet sein Intellekt. So wird er nie entmutigt und glubscht weiterhin hoffnungsfroh in eine Welt, von der er nicht wissen muss, dass er für sie zu doof ist. Was aber nun dem Rasensportler beim Einüben geschickter Abseitsfallen dienlich sein soll, indem es seine Muskeln warm und die Gliedmaßen agil hält, dem Behämmerten in Polymerplünnen vermag das nichts zu geben, und er ist allem Anschein nach in einem fatalen Irrtum gefangen: die Ballonseidenhülle des Hygienephobikers ist wohl geeignet, ein Vielfaches ihrer Eigenmasse an Schweiß aufzusaugen, sie gibt ihn allerdings nicht wieder her, und wenn, dann über Äone verteilt mit der tödlichen Sicherheit, zwischendurch die olfaktorische Blaupause für ein Zeltlager zu liefern.

Schon machen sich neue Zeichenstrukturen breit im Synapsengeflecht; wie man beim Anblick einer Uniform automatisch die Knochen zusammenreißt, wenn man nicht versehentlich mehr Intellekt als ein Fischstäbchen besitzen sollte, so gibt auch der Anblick eines in Anhängtracht gehüllten Primaten dem Gehirn zu verstehen, dass es für Netzhaut und Magen viel angenehmer wäre, auf der Stelle die Straßenseite zu wechseln oder, sollte dies der baulichen Gegebenheiten halber gerade nicht zu bewerkstelligen sein, die mitgeführte Speitüte zu zücken. Fortgeschrittene erkennen schon am Bewegungsmuster des Bierdosenhalters den Verkrustungsgrad des zugehörigen Strampelanzugs.

Vermutlich werden sich auch hier irgendwann feine soziale Marker herausbilden. Dann gilt ein Knisterdress, der im Neuzustand weniger als drei Kästen Hopfenschorle vom Billigen kostet, als nicht mehr standesgemäß und entscheidet über Wohl und Ehe einer Zeugungsgemeinschaft. Besonders stilsichere Prekarmani-Träger werden sich spätestens dann für eine Zweitjacke in Grün-Lila entscheiden und dem Einzelhandel wertvolle Impulse für einen neuen Aufschwung geben. Wir sollten dem nicht im Weg stehen. Wir sollten, wie gesagt, die Straßenseite wechseln. Solange es geht.





Kümmelblättchen

28 01 2010

„Was, was, was – Sie haben es doch selbst gesehen, wir haben alles unter Kontrolle! Aber sicher, da kann gar nichts schief gehen, kann’s gar nicht! Todsicher! Sie bekommen Ihr Geld schon!

Das weiß ich doch nicht. Kann ich hellsehen? Also die paar Monate bis zur Steuerschätzung werden Sie doch wohl abwarten können, oder? Wenn es sie tröstet, wir müssen bis dahin auch ganz tatenlos mit ansehen, wie die Wahl in Nordrhein-Westfalen uns eine komfortable Mehrheit… Was sagen Sie? Hinhaltetaktik? Das ist infam! wirklich infam ist das – meinen Sie auch? Ja, dann sind wir uns ja einig. Schön, dass Sie das auch so sehen.

Also mit diesem Mövenpick-Geplapper können Sie uns nicht kommen. Das ist doch alles nur miese Propaganda von den… lassen Sie mich doch mal ausreden! Die sind doch alle bloß neidisch auf unseren Erfolg. Ja natürlich, die FDP ist doch im Aufwind. Gehen Sie mal an einen Zeitungskiosk, da werden Sie’s sehen: ohne FDP geht gar nichts.

Die Kürzungen? Das ist alles noch gar nicht entschieden. Das werden wir mal in aller Ruhe berechnen, wenn wir absehen können, wie viel unsere Steuersenkungsmaßnahmen kosten. Aber ja, das muss sein! Das werden wir auch ganz genau ausrechnen, auf Heller und… Der Name? Wieso der Name schon? Wachstumsbeschleunigungsgesetz, ja meine Güte, irgendeinen Namen muss doch das Ding haben. Da können Sie doch nicht mich verantwortlich machen, wenn die CDU… Nur, weil das Ding so heißt, muss es doch nicht auch gleich das Wachstum beschleunigen. Das muss doch gar nichts heißen. Im Zugangserschwerungsgesetz ging es ja auch nicht um Zugangserschwerung.

Wieso finanzmathematisch – ja natürlich! Wenn das Wachstum an einer Stelle beschleunigt wird, dann muss es doch an anderer Stelle wieder… Richtig, dafür muss man kürzen. Und so kraftvoll, wie das Wachstum unserer Ansicht nach… aha, ich sehe schon, Sie haben verstanden. Die CSU? Das weiß ich auch nicht, das müssen Sie sie schon selbst fragen. Wenn Herr Seehofer meint, es seien keine Sparmaßnahmen nötig, dann wird er dafür schon seine Gründe haben. Andere Zahlen? Welche anderen Zahlen? Haben Sie andere Zahlen? Haben Sie überhaupt welche? Dann wissen Sie wohl mehr als ich. Warum wir die Geschenke an die Hoteliers da mit einrechnen? Warum sollten wir nicht, sie erscheinen doch alle auf der Ausgabenseite?

Das mag ja alles sein, gut und schön, aber wie wollen Sie Ihren Sozialstaat denn finanzieren? Bevor Sie der Unterschicht ihren Tabakkonsum bezahlen können, müssen Sie erst einmal die Barmittel beschaffen! Ein bisschen mehr Respekt vor den Leistungsträgern der Volkswirtschaft! Das wird den Konsum nicht steigern? Das interessiert uns doch nicht! Die Hauptsache ist doch, dass es wächst. Schließlich ist unsere Wirtschaft auf permanentes Wachstum angelegt, wir garantieren mit unserer… Was? Woher soll ich das denn wissen? Irgendwas wird schon wachsen, und wenn es die Abschreibungen sind. Haben wir dann etwa die Unwahrheit gesagt?

Sie müssen das gesamtgesellschaftlich sehen. Ein mitfühlender Liberalismus kann auch nur gesamtgesellschaftlich eine Perspektive entwickeln. Wenn wir unsere Kinderfreibeträge ausschließlich für die Besserverdienenden vorgesehen haben, dann liegt das daran, dass wir eben nicht das Prekariat animieren wollen, auch noch Nachwuchs in die Welt zu… Aber selbstverständlich ist das mit unseren Grundsätzen zu vereinbaren. Grundsätze lassen sich auswechseln. Der Zinssatz nicht.

Eine Finanztransaktionssteuer? Das ist doch blanker Wahnsinn – die Leistungsträger unserer Finanzordnung ausbluten lassen? Nicht mit uns! Wir würden auf einen Schlag damit… die OECD fordert das? Es ist Deutschland hier, merken Sie sich das! Ihre zersetzende Kritik können Sie woanders üben! Ach so, 30 Milliarden Euro – sagen Sie das doch gleich! Wer bekommt die denn? Meinen Sie, wir könnten dafür eine private Stiftung aufmachen, eine eigene Krankenkasse und einen… ja, aber das muss man ja nicht gleich an die große Glocke… 30 Milliarden für den Bundeshaushalt? und keine Chance, etwas als Spende abzuzweigen? Dann vergessen Sie’s. Dafür verprellen wir es uns doch nicht mit den Erben und Grundbesitzern. Ach was, Kaufkraft – das reale Geld ist doch völlig uninteressant. Wer arbeitet denn noch für seine Einkünfte – arbeiten Sie noch für Ihre Einkünfte? Gut, ist ja Ihre Entscheidung. Sagen Sie das aber bitte nicht Frau Merkel. Der Herr Seehofer darf’s ruhig hören, der ist mit der BayernLB rechtzeitig auf die Schnauze geflogen.

Eben deswegen senken wir ja auch die Unternehmens- und Gewinnsteuern. Irgendwann muss es doch mal klappen mit den Investitionen. Sie glauben nicht daran? Die anderen auch nicht. Eigentlich keiner. Wissen Sie, mir ist es ja völlig egal – aber wenn es das Bruttoinlandsprodukt nun wirklich erhöhen sollte, dann sind wir die einzigen, die an uns selbst geglaubt haben. Und dann werden wir uns sehr genau überlegen, wen wir noch an unserer Regierung des Aufschwungs teilnehmen lassen werden. Entscheiden Sie sich rechtzeitig!

Kommen Sie, geben Sie sich einen Ruck! Jetzt lassen Sie uns das doch zu dritt machen. Schauen Sie, die Frau Merkel, der Herr Seehofer, ich – das sind doch gute Karten für Sie. Meinen Sie nicht, dass Sie diesen Einsatz wagen sollten? Schließlich steht diese ganze Regierung geschlossen hinter Ihnen!“





Arbeit macht frei

27 01 2010

Behutsam zupfte Leutnant Saltzmann die Armbinde zurecht. Das Rote Kreuz über meinem Ellenbogen gestattete mir den ungehinderten Zutritt zum Lager Bad Hersfeld II. „Halten Sie sich aber bitte etwas zurück“, schärfte mir mein Begleiter ein, „der Kommandant mag es nicht, wenn man sich in seine Arbeit einmischt.“ Ich protestierte. „Er ist doch nur ein Landesbeamter.“ Saltzmann lächelte. „Eben.“

Wir passierten die Eingangskontrolle. Am anderen Ende des Hofes sahen wir die Baracke des Leiters. Hängeleben trat vor die Tür und reichte uns die Hand zum Gruß. „Haben Sie Schokolade dabei? Zigaretten? Kondensmilch?“ „Warum“, fragte ich entgeistert zurück, „braucht man das denn hier?“ „Sie nicht“, wehrte Hängeleben eilfertig ab. „Sie ganz sicher nicht. Aber wir wollen nur ungern, dass Sie aus Mitleid den Insassen etwas zustecken. Das mag zwar als mitfühlende Geste durchaus sehr nett sein, aber es torpediert doch unsere pädagogischen Bestrebungen. Wir haben die Absicht, die Insassen hier so schnell wie möglich wieder in die normale Gesellschaft zu entlassen. Und das geht eben nicht, wenn es zu solchen Rückschlägen kommt. Na, Sie werden’s ja gleich selbst sehen können.“

Just als wir die Baracke verließen, schrillte es zum Hofgang. Wachsoldaten in Breitcordhosen und Ärmelschonern bezogen Stellung. „Wir haben ein paar Kräfte aus dem Bauamt abgezogen“, erklärte Hängeleben. „Da es sich um Verwaltungstätigkeiten handelt, können sie in gewohnter Dienstkleidung erscheinen.“ Die Häftlinge trotteten müde auf den Hof. Sie sahen ausgezehrt und entkräftet aus, sie schlurften gebeugt und starrten apathisch zu Boden. „Was haben Sie denn mit diesen Leuten bloß gemacht“, fragte ich bedrückt. „Ach, gar nichts.“ Hängeleben überschaute die Sträflinge und widmete sich dann einer Strichliste. So leicht ließ ich mich nicht abspeisen. „Sie müssen doch irgendetwas getan haben, um ihren Willen zu brechen. Schauen Sie sich die Leute doch an, sie sind doch völlig abgestumpft.“ Der Kommandant sah mich kalt an. „Das, mein Freund, waren sie vorher auch schon. Wir machen hier gar nichts mit ihnen, wir lassen sie nur nicht mehr raus. Bis sie kapiert haben, dass sich ihr Verhalten grundlegend ändern muss, wenn sie wieder in die menschliche Gesellschaft integriert werden wollen. Falls das überhaupt noch geht.“

„Das ist doch…“ Ich wollte meinen Augen nicht trauen. „Das ist doch Guido Westerwelle! Wie kommen Sie dazu, den Bundesaußenminister in diesem Lager einzusperren?“ „Er sitzt hier nicht als Minister“, belehrte mich Hängeleben, „obwohl es dazu auch den einen oder anderen Grund gäbe – er wurde in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der FDP inhaftiert. Das neue Koch-Gesetz macht keine Ausnahmen.“ „Das Gesetz fordert bloß, dass jeder Bundesbürger einer Beschäftigung nachgeht, auch einer niederwertigen, im Zweifel einer öffentlichen Arbeit.“ „Richtig, in Kurzform: wer nicht arbeiten will, soll auch nichts essen. Damit führen wir die Arbeitsmarktreformen auf das zurück, als was sie eigentlich gedacht waren – als Strafvollzug ohne Anfangsverdacht.“ Ich war erschrocken.

Mit matter Stimme plapperte der Chefliberale ein paar seiner Lieblingsphrasen. Das mit der Freiheitsstatue. „Nichts da“, schnarrte der Leiter. „Er weigert sich beharrlich, seine Schuhe selbst zu putzen.“ „Was erwartet er?“ Hängeleben grinste bitter. „Er schickt nach einem Diener.“ „Hier?“ Das wollte ich nicht glauben. „Hier. Genau hier.“

Hängeleben klopfte eine Zigarette auf seinem Handrücken fest. „Der erzieherische Effekt wird Ihnen auffallen, sobald Sie sich ein bisschen mehr mit diesen Herrschaften hier befassen. Sie lehnen jegliche Tätigkeit ab.“ „Aber sie sind doch keine Kostgänger“, widersprach ich, „sie bestreiten ihren Lebensunterhalt selbstverantwortlich.“ Er lachte schallend. „Das glauben Sie aber auch nur! Schauen Sie, die Suche nach Profit, Eigennutz, wenn Sie es so sehen: Gier, das ist doch produktiv. Ein Maurer, der schneller die Steine schleppt, weil er auf eine Prämie schielt – ein Plus für die Volkswirtschaft. Aber das hier?“ Im hohen Bogen spie er die Kippe in den Hof. „Sie lassen sich aushalten. Nach dem Ersten Weltkrieg nannte man das Rentnermentalität. Sie basteln sich Pöstchen und Ämter und Stellen und Positionen, damit sie die Macht haben, sich gegenseitig die Kohle fürs Nichtstun zuzuschieben. Das Pack drückt sich vor der Arbeit wie der Teufel vor dem Weihwasser.“ „Ich begreife“, gab ich zur Antwort. „Es ist gemeinschaftsschädlich, und es ist asozial. Aber wie wollen Sie das Problem lösen?“ Er steckte sich eine neue Zigarette an. „Leistung soll sich wieder lohnen – wer kann und nicht will, wird eben verhungern. Das ist natürlich brutal, aber so war das im Neoliberalismus vorgesehen.“

Spielten mir meine Augen einen Streich? Das Gesicht kannte ich doch – ich fragte Hängeleben. „Aber ja, das ist sie. Wir haben nämlich ein Auslieferungsabkommen mit den anderen EU-Staaten, deshalb konnten wir Silvana Koch-Mehrin bei ihrer Einreise gleich hier einliefern. Schwerer Fall, sage ich Ihnen.“ Sie machte einen furchtbar ausgemergelten Eindruck. „Ist sie so unbelehrbar wie die anderen?“ Hängeleben seufzte. „Wenn es das nur wäre. Sie betrachtet sich als politische Gefangene und wiegelt die anderen Insassen auf.“ „Womit das denn?“ „Sie fordert ein Recht auf Faulheit. Aber das wird ihr nicht viel nützen. Sie wird hier bleiben. Und dann wird sie irgendwann begreifen, dass das, was sie jahrelang gepredigt hat, gegen sie verwendet werden kann.“ Hängeleben schwieg. „Sie werden es irgendwann begreifen: Arbeit macht frei.“





Oh, Sole mio

26 01 2010

„Nicht jetzt, hier!“ Der Glatzkopf schnaufte mir ins Gesicht. Langsam wurde es mir zu bunt – nicht einmal das Schildchen um meinen Hals überzeugte ihn. Dabei schien die halbe Stadt in der Küche versammelt, wenn man diesem Gewirr von Lieferwagen, Kleinbussen und dem roten Cabrio folgte, das quer über drei Parkplätze stand. „Sie nicht!“ „Aus dem Weg“, scholl die Stentorstimme aus dem Hintergrund, „das hier ist mein Haus!“

Bruno Bückler, dessen gewaltig aufgezwirbelte Schnurrbartspitzen nervös durch den Wintertag vibrierten, er, den Gourmets, Kritiker und Neider als Fürst Bückler anredeten, war sauer. „Dass diese dumme Nuss sich einmal fotografieren lässt – geschenkt! Meinetwegen kann sie auch ein Filmchen drehen. Aber was dies Weib anstellt, ist zu viel für mich!“ Er atmete schwer und stoßweise. Vorsichtig tastete ich nach seinem Arm. „Hansi hat sie hergeholt?“ „Richtig. Und ich hatte noch nicht einmal etwas dagegen – Hannah Linzer in Bücklers Landgasthof, das ist doch eine gute Schlagzeile. Aber selbst mein Bruder wünscht diese falsche Natter schon zum Mond.“ Vermutlich hatte sein Bruder, der sich sonst um den Service kümmerte, einfach nur Werbung mit dem Fernsehstar machen wollen. „Aber da wusste er ja noch nicht, was für eine Nummer das ist.“ „Sie stellt die Küche auf den Kopf?“ Bruno sah mich verzweifelt an. „Komm mit. Du glaubst es erst, wenn Du es gesehen hast.“

„Und – Action!“ Die Klappe klappte, eine Gabel kratzte durch eine unschuldige Schüssel. „Cut!“ „Dieser verdammte Eischnee wird nicht fest!“ Die Köchin drückte Petersen, dem Entremetier des Hauses, das Gefäß in die Hand. Der Produzent trieb ihn zur Eile. „Was für eine Niete“, wunderte sich Petersen. „Das halbe Eigelb ist drin, weil sie zu blöd zum Trennen war, die Schüssel ist seichwarm, kein Salz, und dann erwartet sie nach einer halben Minute schnittfesten Eischnee?“ Ich wunderte mich. „Wer hat ihr das Kochen beigebracht?“ „Keiner“, gab Bruno zurück. „Sie denkt, im Fernsehen könne es jeder, weil es so leicht aussehe, und darum könne sie es auch.“

Petersen drosch trotz allem verbissen auf das Eiklar ein. Unterdessen drehte der Kameramann aus allen Winkeln immer wieder aufs Neue, wie die Küchenfee Salz in einen Topf rieseln ließ. „Und Cut! Wir haben kein Salz mehr!“ Ein Helfer schob ein Tiegelchen herüber. Die Löffelschwingerin bediente sich reichlich. Ich bemerkte, dass Hansi neben mir stand; er biss sich auf die Lippe. „Bitte sag Bruno nichts davon.“ Ein fragender Blick traf den Chefkellner. „Diese Frau versenkt gerade ein gutes Pfund Fleur de Sel im Topf. Wenn das mein Bruder erfährt, bringt er mich um.“ „Aber sie bezahlt das doch?“ „Nein“, antwortete er heiser, „das ist das Problem: sie bedient sich an unseren Vorräten. Sie spielt Kochen.“ Unermüdlich pfefferte sie Salz nach. Schauer liefen über meinen Rücken.

Aufruhr im Vorraum – Umberto Rinaldini, der große Tenor, war angekommen. „Er muss das essen, was sie hier verbricht“, informierte mich Petersen. „Der Ärmste“, entfuhr es mir. Bruno schaute noch einmal vorsichtig herein. Schon fummelte die Linzerschnitte mit dem Schälmesser an einem Fisch herum. „Das halte ich nicht aus“, keuchte Bruno, „meine Nerven!“ Wirklich verursachte der Anblick, wie die Hilfsküchenhilfe mit daumenlanger Klinge einen Bachsaibling filetieren wollte, körperliche Schmerzen. Ein Dutzend Saiblinge zerlegte sie zu Brei, bis Petersen ihr zeigte, wie man Fisch flach auf den Tisch legt. „Lassen Sie das“, pampte sie ihn an, „ich kann das alleine!“ „Und das alles von unseren Vorräten“, wimmerte Hansi. „Bruno bringt mich um!“ „Action!“ Instantbrühe und Fertigsaucen wurden in der Küche aufgebaut. Das Schaukochen war also bloß billiges Beiwerk, um Hannah-Linzer-Konserven zu preisen. Im Nu hatte ich eine weiße Jacke übergestreift, schlich mich in den Tross, der die Kulinärrin umschwirrte, und reichte ihr den Probierlöffel, doch sie hatte nur ein spöttisches Lachen übrig. „Ein Profi muss nicht abschmecken. Merken Sie sich das!“ Mehr musste ich nicht wissen. „Petersen“, zischte ich, „Töpfe! Schnell!!“

Leise, aber fieberhaft schöpften wir zu zweit in allerlei Kochgeschirr, schmissen frei nach Gusto original Linzersche Suppenwürfel in die Lauge und verteilten alles auf den Flammen. Minuten später waberte versalzener Wrasen durch den Raum, als wäre es eine Saline. „Oh, Sole mio“, witzelte Petersen, „der Fisch ertrinkt schon im Toten Meer.“

Und wahrlich, unbesehen warf Hannah Linzer Kartoffeln und Gnocchi, Tomaten und Sellerie in die Töpfe, löschte Bratensatz ab, rührte, quirlte und richtete an. Der Kameramann folgte ihr, wie sie mit Tellern und Schüsseln beladen dem italienischen Gast servierte. Bange Stille folgte. Petersen hielt die Luft an. Hansi und Bruno schwitzten brüderlich um die Wette. Plötzlich polterte der lyrische Tenor los. „Schifezza porcheria“, schrie der begnadete Belmonte, „rompicazzo porco dio! Troppo salato!“ Die Köchin zog einen Flunsch. „Unsinn, ich habe ja gar keinen Salat…“ Doch Rinaldini war längst nicht mehr zu halten, er brodelte wie der Stromboli zur Mittagszeit. „Wenn gezeigte diese Miste in TV, il mio avvocato machte Linzer ospedale!“ „Was Avocado“, schrie sie, „das ist Gurkensuppe!“

Fluchtartig verließ die Brigade den Gasthof, und fast wäre der Produzent entwischt. Drohend bauten sich die Bücklerbrüder vor ihm auf; Petersen spielte lässig mit dem Knochenbeil. „Sie haben sich nicht an den Vertrag gehalten“, knurrte Bruno. „Aber meine Herren“, stammelte der Fernsehmacher, „was soll ich denn machen? Was soll ich denn jetzt tun?“ „Sie werden zahlen“, antwortete ich milde. „Sie erhalten eine Rechnung. Und zwar eine gesalzene.“





Totale Sicherheit

25 01 2010

„Und warum sollen wir uns umgewöhnen?“ „Weil es sonst nicht mehr sinnvoll ist.“ „Was heißt denn: sinnvoll?“ „Dass Sie nicht mehr verstehen, was um Sie herum geschieht. Dass Sie einfach komplett aus dem Rahmen fallen und zum Risiko werden.“ „Zum… verdammt, ich kann es nicht sagen!“ „Sagen Sie’s. Los, sagen Sie’s!“ „Sicherheitsrisiko, meinen Sie?“ „Richtig. Sicherheitsrisiko.“

„Ich verstehe es aber nicht. Können Sie es mir nicht noch einmal erklären?“ „Da gibt es nichts zu erklären.“ „Warum nicht?“ „Die Bundesregierung, der Sie Ihr ganzes Vertrauen schenken, hat es so beschlossen.“ „Warum?“ „Weil Sie ihr vertrauen.“ „Das habe ich nicht behauptet, es ist auch gar nicht…“ „Vertrauen Sie der Bundesregierung. Wir wissen besser als Sie, was für Sie richtig ist.“ „Warum?“ „Weil wir entschieden haben, auf uns zu vertrauen.“ „Warum?“ „Weil das sicher ist.“ „Absolut sicher?“ „Absolut sicher.“ „Aber Sie haben doch gesagt, dass Sicherheit eine neue…“ „Sie sind nicht befugt, darüber nachzudenken.“

„Also bitte! Sie geben hier Handzettel aus, in denen diese Botschaft ganz klar beschrieben ist. ‚Sicherheit und Krieg sind dasselbe‘, das steht da.“ „Das heißt aber nicht, dass jetzt Krieg und Sicherheit…“ „Warum steht dann auf der Rückseite: ‚Krieg und Sicherheit sind dasselbe‘?“ „Die Bundesregierung macht keine inkonsistenten Aussagen.“ „Aber Sie haben doch eben gerade der Aussage der Bundesregierung widersprochen? Wie können Sie…“ „Sie sind nicht befugt, diese Frage zu formulieren.“

„Warum müssen denn dann unsere Grundrechte ständig weiter abgebaut werden?“ „Die Sicherheit erfordert es.“ „Gibt es denn Sicherheit?“ „Wir können Sie beruhigen, die Sicherheit der Insassen der… ich meine: der Bundesbürger…“ „Wenn Sie Sicherheit und Krieg gleichsetzen, bereiten Sie denn dann nicht einen Angriffskrieg gegen die Insassen der Bundesrepublik vor?“ „Ihre Frage basiert auf einer ungerechtfertigten Gleichsetzung.“

„Das hieße doch aber, wenn es keine innere Sicherheit gäbe, dass es dann besser wäre für die Freiheit der Bürger – wäre dann nicht im Umkehrschluss auch die innere Sicherheit oder auch nur die Bestrebung, sie herzustellen, eine Bedrohung der Bürger und damit eine Bedrohung der Freiheit?“ „Sie denken zu viel.“ „Warum?“ „Das macht unsicher.“ „Das ist doch gut., wenn wir damit die Sicherheit gefährden, die uns bedroht?“ „Damit würden wir aber andere bedrohen.“ „Wenn unsere Sicherheitsbestrebungen dazu führen, dass die Bedrohungslage von uns selbst ausgeht, dann wäre es doch auch viel besser, wenn wir nicht mehr die Sicherheit anstreben würden?“ „Das beruht auf einem logischen Denkfehler.“ „Auf welchem?“ „Weiß ich nicht.“

„Und jetzt müssen die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt werden?“ „Das ist der einzige Weg, um der drohenden Bedrohung sicher zu begegnen.“ „Und wodurch?“ „Wir brauchen noch mehr Sicherheitstechnik.“ „Und Versicherungen?“ „Wenn wir uns versichern, dass wir im Sicherheitsfall mehr Sicherheit haben, dann haben wir jetzt, also vor dem sicheren Eintritt des Sicherheitsfalls, auch wieder Sicherheit.“ „Sie sagten doch aber, dass es keine Sicherheit geben könne?“ „Das ist etwas ganz anderes. Sie verwechseln das mit Absicht.“

„Und das Sicherheitspersonal?“ „Wir haben auch die Verpflichtung, dass wir wirtschaftlich…“ „Arbeiten Sie mit den entsprechenden Verbänden zusammen?“ „Wir als Politik haben den Auftrag, die Sicherheitswirtschaft in diesem unserem Lande zu stärken. Die Sicherheitsbranche ist ein wesentlicher Faktor für unsere uneingeschränkte Solidarität mit befreundeten Sicherheitsmächten.“ „Welche Sicherheitsstandards müssen eingehalten werden für die innere Sicherheit?“ „Wir überlassen es der Sicherheitsbranche, diese Fragen in einem sicherheitsrelevanten, lassen Sie es mich ruhig so sagen: im einzigen sicherheitsrelevanten Kontext zu betrachten, und das ist der wirtschaftliche Kontext. Deutschland soll wieder sicher sein, Deutschland muss wieder sicher werden!“

„Wie wird sich die deutsche Außenpolitik vor diesem Hintergrund positionieren?“ „Wir sind Teil internationaler Sicherheitsabkommen. Das verpflichtet uns zu Sicherheitsleistungen, die uns Sicherheit zusichern.“ „Welche anderen Sicherheiten können die Deutschen denn erwarten von der Bundesregierung?“ „Datensicherheit, Rechtssicherheit, und wir versichern Ihnen, dass wir in den kommenden Jahren der christlich-liberalen Bürgerlichkeitsmitte vor allem ein Ziel haben: die Sicherheit aller Bundesbürger. Jeder soll an dieser Sicherheit ganz direkt beteiligt sein.“

„Es bleiben noch einige soziale Fragen…“ „Da wäre natürlich einmal die Rentensicherheit – wir werden sie nicht in Frage stellen, genauso, wie wir auch die Arbeitsmarktreformen so gestalten werden, dass die Erwerbslosen mit mehr Sicherheit rechnen können.“ „Und die Versicherungsbranche?“ „Die ist auf jeden Fall ein ganz starker Partner. Für einzelne Teile der Regierungskoalition natürlich nur.“

„Und das Grundgesetz? Was werden Sie für das Grundgesetz tun?“ „Wir haben immer gesagt, dass wir die Rechtssicherheit auch auf die Verfassung ausdehnen werden, deshalb werden wir auch und gerade dem Grundgesetz mit immer neuen Sicherheitsbestrebungen begegnen, bis wir irgendwann sagen können: unsere Verfassung ist vollkommen abgesichert.“ „Warum?“ „Damit Deutschland ein Synonym ist – ein Synonym für die totale Sicherheit.“





Lebenshilfe

24 01 2010

Das ist anders nicht zu erklären: da draußen sitzen lauter kleine Puschelfluffis und warten auf Mammi. Ganz alleine, ohne fremde Hilfe und somit komplett überfordert, wenn sie alleine aus dem Fenster sehen sollen. (Was enorme Ansprüche stellen muss, wie mir versichert wurde.) Also zur Entlastung der Betroffenen die schönsten Suchmaschinentreffer der vergangenen zwei Wochen. Hoffentlich hilft’s.

  • stoppschild häkeln: Damit Karlsruhe alles wieder aufribbelt?
  • blattgold zum verzehr: Überziehen Sie einzelne Salzkörner damit, dann sind Sie wenigstens für eine Weile beschäftigt.
  • muss ich bei schneegestöber zur arbeit?: Nicht, wenn Sie der Nikolaus sind.
  • pferdeleder pflegen: Empfehlenswerter Ansatz.
  • obere mittelschicht oberstudienrat: Wenn Sie nicht gerade Deutschlehrer sind, sollte das hinhauen.
  • eignungstest justiz abkürzungen: Treten Sie der NPD bei, da haben Sie schnell Kontakt mit der Justiz.
  • aktfotos mit spaghetti: Damit man Ihre Nudel nicht so sieht?
  • stimmenhören von blutspendern: Wenn jemand brüllt, hat Schwester Tupfer die Vene schlecht getroffen.
  • priviligierte partnerschaft: Die Tigerentchen probieren es auch gerade.
  • heimliche idiolalie: Seit dem letzten Unwort des Jahres beschleicht mich der Verdacht, die Sache kommt häufiger vor.
  • globuli bei hektischen flecken: Schnaps in höheren Potenzen soll auch wirksam sein.
  • therapie steißprellung: Rutschen Sie vor allem nicht am Treppengeländer herunter.
  • intimpiercing zu löten: Möchten Sie es nicht mir zuliebe bitte autogen verschweißen?
  • mhd bei damenhygieneartikel: Wenn die Packung auf Mittelhochdeutsch beschriftet ist, von der Verwendung der Produkte bitte abzusehen.
  • karnevalsverkleidung efeu: Schön, ich gehe dieses Jahr als Begonie.
  • dummbeutel: Manche Leute haben in ihrem Kopf einfach zu wenig Platz für das Stroh.
  • beutelsyndrom: Eine der häufigsten Todesursachen bei Staubsaugern.
  • sie wollte aus ihren ehemann eine latexp: Und dann wusste sie nicht, wo sie ihn aufblasen sollte? Tragisch, das.
  • erfahrungsbericht juicy salif: Kleckert.
  • kinderhaarfrisuren mit namen: Mein Zopf heißt Hubert.
  • mitbringsel zum nachmittagskaffee: Nehmen Sie den Kaplan mit. Oder einen Liter Methylalkohol.
  • faschingskostüm für zwergpudel: Dirk Niebel? Ja, das nehmen wir.
  • du bloggst alles was wir von uns geben: Ich kann mich gerade noch bremsen.
  • rote klebepunkte wofür sind sie: Wenn die blauen noch grün sind.
  • mittelstandsvereinigung thüringen kleins: Spenden Sie, dann dürfen Sie hier auch mitreden.
  • affen pfeffer: Mir wäre ja Hasenpfeffer lieber, aber wenn Sie durchaus wollen…
  • xxx zeichen im drama woyzeck: Büchner hatte eine etwas hektische Handschrift auf der Flucht.
  • nordmanntanne,giftig: Sie müssen aber auch alles in den Mund nehmen!
  • darkroom im harz: Das heißt da übrigens Schacht.
  • wurst metternich: Vermutlich ein Wienerle.
  • dosenmilch gegen hautpilz: Zwecklos, die Dose rollt immer wieder herunter.
  • großraumbüro beschwerdebrief: Meckern Sie nicht, sonst werden Sie in die erste Reihe versetzt und bekommen gar keinen Büroschlaf mehr.
  • merkel pappfigur selber basteln: Gibt’s schon, heißt Guido und kippt immer um.
  • immerwährendes schwitzen aber ohne körper: Im guten theologischen Fachhandel als Hölle erhältlich.
  • warum schnarrt eine hündin kurz vor der: Weil sie hinterher keine Lust mehr dazu hat.
  • mode in israel schillerkragen: Man ist ja in diesen Regionen froh, wenn man den obersten Knopf offen lassen kann.
  • sextricks: Herr van Dannen zupft sich schon mal warm.
  • morbus westerwelle: Chronisches Kippen, schwer therapierbar. Er wartet unterdessen auf Spender-Organe.
  • flokati waschmaschinenüberzug: Falls Sie mal im Schongang einschlafen sollten…
  • designercouchstiche weiss mit 2 hocker: In meine Designercouch stechen Sie nicht!
  • haarausfall nach nierenoperation: Logisch: durch die Niere und zum Auge wieder raus, oder wie würden Sie da operieren?
  • seebestattungskosten: Spart den Grabstein.
  • sprüche über sprotten: Du sollst nicht über Fische spotten / erst recht nicht über Kieler Sprotten!
  • brechbohnen imperativ: Funktioniert nur im Plural.
  • plötzliche haarverfärbung: ursache: Wann sind Sie das letzte Mal unter einem Eimer durchgegangen?
  • zweck der dichtkunst: Aut prodesse volunt aut delectare poetae.
  • wann läuft deal or no deal wieder?: Fragen Sie bei Sat1, ob die Jungs überhaupt noch Kohle für die Koffer haben.
  • anfängerfragen zu bordellbesuch: Ziehen Sie an der Tür die Schuhe aus und fragen Sie, ob Ihre Frau Mutter in der Zwischenzeit eine Tasse Tee bekommt.
  • sparbirne flackert und qualmt: Sie sollten sie ja auch nicht auf den Elektrogrill legen.
  • eisberg styropor basteln: Und die untersten Schichten bitte aus Zement, damit nicht so viel aus dem Wasser rausguckt.
  • bastelanleitung iglu aus würfelzucker: Wenn Sie ihn aus Puderzucker hinkriegen, spendiere ich einen Gratis-Pinguin.
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  • wendeltreppe bayerische staatskanzlei: Entgegen einigen Gerüchten kann sie auch abwärts benutzt werden.
  • intim-untersuchung-geschichten: Demnächst auf Ihrem Flughafen.
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  • jungbäuerinnen kuhstall: Ja, ich bin auch fick und fettig.
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  • lustige untergrundbilder: Sind Sie Anarchist oder nur an Tiefbau interessiert?
  • hautpilz bei katzen: Keine Sorge, nach einer Streicheleinheit haben Sie ihn auch.
  • hektische flecken solarium: Deshalb sollten Sie nach dem Toasterschläfchen auch ganz langsam aufwachen.




Die Braut

23 01 2010

für Bertolt Brecht

Und als man schon das Volk zusammenrief,
das von der Kirche kam (es lachte laut
und trank und schrie), da widersprach die Braut
und nörgelte: „Was ist der Boden schief!“

Es lag am Boden nicht. Hinter dem Ganzen
verbarg sich nichts, was gut war oder schlecht.
Ein jeder Boden ist zum Tanz doch recht.
Was also war’s? Sie konnte bloß nicht tanzen.





Gernulf Olzheimer kommentiert (XLI): Ungefragte Hilfe

22 01 2010
Gernulf Olzheimer

Gernulf Olzheimer

Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.

Zwei Tatsachen erschweren das Ausschlafen in der Phase des Jahreswechsels: die Neigung der Erdachse gegenüber der Ekliptikalebene lässt die Jahreszeiten entstehen und somit den Niederschlag den Aggregatzustand wechseln. Dazu kommt der Wunsch der Behämmerten, auch bei Permafrost mit knöchelhohem Packeis noch in hockhackigem Schuhwerk in den Laden zu staksen und sich seinen Kaffee-zum-Weglaufen zu ziehen. Der beflissene Bürger also steht schon vor Sonnenaufgang im Freien, schabt den Schnee vom ebenerdig verlegten Granit und merkt auf, als sich eine rotgesichtige Runkelrübe auf Plattfüßen heranwanzt und dem Winterdienstler also ins Ohr rülpst: „Sie müssen da rechts auch noch, und die Schaufel mal umdrehen.“

Zunächst befindet sich der Angesprochene auf eigener Scholle, und damit steht er auch noch allein da. Wo von Müssen die Rede war, ist, das Formale ins Auge fassend, an einen Zwang gar nicht zu denken, denn hier greift nicht Gesetz noch Verordnung, der Gemeindesatzung ist Genüge getan, der Gehweg ist zahnbürstensauber und gäbe dem Herumsteher genug Platz und Möglichkeit, sich einfach mal vom Acker zu machen. Das jedoch interessiert den Dummknubbel nur peripher, er langt bereits nach dem Schneeschieber, um zu demonstrieren, wie er und seine Kameraden aus der Beklopptenanstalt beim letzten Tsunami das Meer hinter den Deich zurückgefeudelt haben. Fünf Wurstfinger fuchteln dem angewiderten Hausherrn vor der Nase herum; noch immer hat der Kamerad nicht ganz begriffen, dass sein Verbalausfluss hier genauso gefragt ist wie eine Runde Schunkeltechno auf der Kinderbeerdigung. Denn er arbeitet nur für ein Ziel: er will den Tag versauen, und er weiß, wie er es immer wieder schafft.

Ungefragte Helfer, die praxisbetonte Missgeburt aus der Sippe der Besserwisser, Alleskönner und Schnittbroterfinder, sie wollen in Wahrheit ihre Nase nur in alles hineinstecken und demonstrieren, dass sie knallkompetent alles überblicken, die Lage voll im Griff haben und sofort wissen, was zu tun wäre, wenn sie es denn selbst täten – wovor uns Gott behüten möge. Komplettes Medizinstudium mit dreizehn Jahren chirurgischer Berufspraxis? Das bisschen Herztransplantation kriegt er so auf die Schnelle noch eben zwischen zwei Stücken Butterbrot hingeschwiemelt. Die Butzenscheiben waren Maßanfertigung? Für beherzte Hobbyglaser gar kein Problem. Auf der Leitung ist Starkstrom?

Die ungefragten Helfer sind überall. „Moment mal“, jodelt es im Genick, „das haben wir gleich!“ Und ehe man sich reflexartig umwenden kann, zimmert ein nach jahrelangem Tiefschlaf auf der Feststellbremse in die Freiheit entlassener Blödmann eine der just erworbenen Dachlatten fröhlich in die Heckscheibe rein. Keiner hatte ihn aufgefordert, die Bretter in den Kombi zu hieven, genauer: niemand hatte ihm erlaubt, seine Griffel auf das bis dato seuchenfreie Holz zu pappen. „Na, ist ja noch mal gut gegangen“, faselt der Doofmann, inspiziert kurz die Oberfläche der Planke, kratzt mit ihrer Hilfe noch auf einen halben Meter Lack in Silbermetallic von der flammneuen Chaise und schwingt sich mit dammeligem Gegrinse wieder auf den verbeulten Drahtesel, die Tagesration zum Blödbleiben in Gestalt einer Palette Blechbrötchen bereits auf dem Gepäckträger im Anschlag. Wäre es nicht so fürchterlich unsensibel, an Ort und Stelle gäbe es eine Kurzkorrektur dessen, was Kollege Karies vom Kantinengestühl übriggelassen hat.

Die Kombination von Helfersyndrom und Hirnstorno kann nur zu einem erwartbaren Ergebnis führen: Monkey see, monkey do. Professionelle Volltrottel schauen bewundernd zu, wie erfahrene Hilfsdämonen mit traumwandlerischer Sicherheit den neuralgischen Punkt erspüren, der die Katastrophe eintreten lässt: der Depp weist allenfalls den IQ einer Portion Quallenfutter auf, findet jedoch das einzige Mischungsverhältnis, das bei Zimmertemperatur eine Reihe von Flüssigkeiten verklumpen lässt, und findet spontan eine bisher nicht bekannte Konstellation, in der sie sämtliche Gegenstände innerhalb eines Radius von zehn Metern an der Unterlage festkleben lässt, so dass man das ganze Stockwerk aus dem Laboratorium heraussägen und en bloc in den Container kloppen müsste, wenn das denn unter den herkömmlichen physikalischen Bedingungen überhaupt anginge. Sollte eine humanoide Randfichte anbieten, das Anziehen der Handbremse zu übernehmen, Eier und Säuglinge zu halten oder aber mit elektrischem Strom betriebene Geräte auch nur anzublicken, so empfiehlt es sich, rasch Fakten zu schaffen. Ein kühner Tritt aufs Gaspedal wirkt oft Wunder, eine zuschlagende Tür schafft klare Fronten, und wenn das alles nichts mehr hilft, darf man dem sozialen Grobmotoriker ruhig ein freundschaftliches „Schnauze jetzt!“ aufs Ohr drücken, damit er die Botschaft schon beim ersten Versuch rallt und, mit etwas Glück, sich im Koordinatensystem der Wirklichkeit auf Nimmerwiedersehen verläuft.

Bliebe noch zu fragen, ob es einen eigenen Nothelfer gibt für die Not, in die einen der Helfer bringt. Es wird wohl Sankt Rambo sein.