Nur die Liebe zählt

9 02 2010

„Natürlich muss Ihnen beiden klar sein, dass solche Konflikte nicht ausschließlich auf einen Partner zurückgehen, sondern auf… Wenn ich dann auch mal ausreden darf, ja? also nicht auf einen, sondern möglicherweise auch auf die Interaktion und die… Herrschaftszeiten, reißen Sie sich doch zusammen! Ich mache das hier doch nicht zum Spaß, da hätte ich wirklich auch noch etwas Besseres zu tun!

Jetzt hören Sie aber auf, so kommen wir doch nicht weiter! Nein, das ergibt doch ein ewiges Hickhack, Sie können doch nicht gegenseitig… Ach, und wer soll dann Ihre ganzen Streitpunkte abarbeiten? Ich etwa? Sie sind wohl nicht ganz bei Trost! Ich bin Eheberater, aber kein Zauberer. Da hätten Sie sich eben einen anderen suchen müssen, wie heißt es doch so schön beim Schiller: ‚Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich noch was Bess’res findet‘, hahaha! Meine Güte, jetzt seien Sie doch nicht gleich so empfindlich – Sie sind mir ja auch nicht gerade ein Mustergatte mit diesem ständigen Genörgel. Ach? Dann schauen Sie doch mal in den Spiegel, Sie sind auch nicht gerade ein Adonis! Doch, das müssen Sie sich gefallen lassen, schließlich ist es Ihre Anspruchshaltung, mit der Sie immer wieder… Das ist doch alles nicht relevant, und außerdem kann Ihr Mann trotzdem… Sagen Sie mal, was wird das denn eigentlich hier? Wollen Sie sich am Ende bloß streiten?

Weil die Partnerschaftsfähigkeit nun mal nicht von alleine kommt. Warum nicht? Ja weil man das eben lernen muss, nicht wahr? Das ist Beziehungs-, also eine Form von Sozialkompetenz, und wenn man die nicht… Doch, das kann ich so sagen. Und ob! Schließlich haben Sie vor der Eheschließung selbst gesagt, Ihr Bräutigam sei… doch, das haben Sie gesagt! Da müssen Sie sich auch nicht wundern, wenn Ihre Familie sich jetzt beschwert. Da überlegt man sich die Sache eben vorher und fängt nicht mittendrin an, alles in Frage zu stellen.

Das habe ich gar nicht gesagt – nein, so habe ich das eben nicht gemeint! Es spricht doch gar nichts dagegen, wenn Sie Ihre Persönlichkeit entfalten. Nur kommt es darauf an, dass Sie es nicht ständig auf Kosten Ihrer Partnerin tun. Und dass Sie im Gegenzug nicht ewig diese ganzen alten Sachen… Und was soll das bringen? Sie machen hier großes Trara um die Partnerschaftsfähigkeit und erwarten von mir, dass ich Ihre Ehe kitte? Bei Ihnen piept’s wohl! Ich bin doch nicht der Weihnachtsmann!

Dann überlegen Sie sich doch im Gegenzug mal, ob Ihre Wahrnehmung nicht möglicherweise ein bisschen an der Realität vorbeiläuft. Es mag ja sein, dass Sie auf den Traumprinzen gewartet haben, aber wenn es ihn nun einmal nicht gibt? Und wenn Sie sich da beide in etwas hineingesteigert haben, das letztlich doch nur eine Illusion ist? Klar, das ist durchaus nicht selten. Sie bilden sich dann ein, dass alle anderen für die Krise verantwortlich seien – und nur Sie selbst nicht. Wie, eine Garantie für eine stabile Partnerschaft? Sie meinen, wenn Sie sich gemeinsam gegen die anderen abschotten mit Ihren Schuldzuweisungen, dann würden Sie das schon als Einheit überstehen? Dann warten Sie mal ab, was passiert, wenn die Krise durch unbedachtes Handeln plötzlich Eigendynamik bekommt. Dann sind Sie verloren. Und dann können Sie niemanden dafür verantwortlich machen.

Eben, deshalb sollten Sie ja auch gemeinsam… aber doch nicht so, ich rede hier von gemeinsamen Bemühungen, Ihre Autonomie zu stärken. Sie sollten nicht die Schuld immer wieder stereotyp auf den anderen schieben. Warum? Ja meine Güte, wollen Sie Ihre Ehe jetzt retten oder nicht?

Natürlich gibt es Fälle, in denen man um eine Scheidung nicht herumkommt. Wenn alles zerrüttet ist, hat es keinen Sinn mehr, sich an eine Ehe zu klammern, dann sollte man einen Schlussstrich ziehen und sich… Warum fangen Sie wieder mit diesen Schuldvorwürfen an? Habe ich Ihnen etwa unterstellt, eine Scheidung zu provozieren? Bitte? Die Unterhaltsfragen? Bin ich etwa Ihr Anwalt? Ach, Sie haben einen Ehevertrag? Warum machen Sie mich dann noch an? Meine Güte, Sie zanken sich wegen jeder Kleinigkeit und wollen, dass ich Sie ernst nehme? Und gleichzeitig tabuisieren Sie Ihre Spannungen und spielen Ihren Familien und den Nachbarn ständig eine harmonische Musterehe vor? Was versprechen Sie sich eigentlich von dieser Schmierenkomödie? und für wen spielen Sie sie?

Sie sollten sich eher einmal fragen, warum Sie mit diesen Schwierigkeiten nicht schon früher eine Beratung besucht und… Wie, Sie hätten das gleich gewusst? Das ist ein starkes Stück, Sie bezeichnen Ihren Mann als Dauerbelastung? Sagen Sie mal, warum haben Sie ihn dann eigentlich geheiratet? Ist da bei Ihnen etwa ein generationsübergreifender Konflikt im Spiel? Haben Sie sich vor der Hochzeit vielleicht schon vorgestellt, dass diese Beziehung doch nur eine Zugewinngemeinschaft sein soll? Wenn Sie schon jetzt Ihrem Mann die Schuld geben, dass sich Ihre Reputation verschlechtert, wenn Sie sich mit ihm in der Öffentlichkeit zeigen, warum wollen Sie das alles noch aufrecht erhalten?

Moment mal – Sie wollen also ernsthaft behaupten, Ihre Frau habe sich zum Zeitpunkt der Eheschließung in einer geistigen Störung befunden? Und Sie erklären mir, Ihr Mann könne nicht wirtschaften und sei sich über das Wesen der Ehe bis heute nicht im Klaren? Was rede ich mir hier den Mund fusselig? Dann lassen Sie Ihre Ehe doch annullieren! Frau Merkel, Herr Westerwelle – da ist die Tür! Es gibt weiß Gott Wichtigeres als Ihre hirnverbrannten Problemchen. Und jetzt raus hier, aber ein bisschen plötzlich!“