Gernulf Olzheimer kommentiert (XLVIII): Wagenpflege

12 03 2010
Gernulf Olzheimer

Gernulf Olzheimer

Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.

Das Tier an sich, sei es gefiedert, geschuppt oder eine der Pelz tragenden Arten, die politisch korrekte Gutmenschen nicht beim ersten Anblick kreuzigen wollen, da sie Braunbär und Tiger bei dieser Gelegenheit gerne in eine leicht verdauliche Kleinigkeit vor der Vorspeise verwandeln, das Tier nun putzt sich aus gutem Grund, denn das Gewusel unterhalb der Bauchhöhle geht auch ihm voll auf die Nüsse – ab und zu spreizt es Federn, bläht knallfarbene Hautsäcke auf oder dellt sich den Brustkorb ein, aber das hat mit der Körperhygiene gerade mal gar nichts zu tun. Fregattvögel und Flusspferde, Gürtelmulle und Gleitbeutler leisten sich eine klar umrissene, in zweckmäßiger Ordnung vorhandene Anzahl von Programmen, die ihnen die Kontrolle darüber gibt, ob sie gerade Ungeziefer verscheuchen, die Partnerin anbalzen oder dem Eindringling eins auf die Fresse geben wollen.

Nachdem sich der Bekloppte als Sparmodell der Evolution herausgemendelt hatte, gab ihm die Entwurfsabteilung aus Kostengründen einen gemeinsamen Durchlauf für dicke Hose und Schwanzvergleich mit, eingelagert im Waschgang. Was lag im Zuge der technisch unterfütterten Zivilisierung näher, als die Potenzprothese auf vier Rädern mit ins Spiel zu bringen?

Schlag zwölf stapft der Beknackte, angetan mit einem Unterhemd, das allein von Schmierflecken zusammengehalten wird, im Stolze primatenaffiner Körperbalance vor die Behausung und deutet damit an, dass er zur Klasse derer gehört, die sich dank Transferleistung, Lohntüte oder Flaschenpfand eine Spritschleuder leisten können. Ein Eimer mit Warmwasser, Dampfstrahler, Mikrofaserläppchen, Schwamm und diverse chemische Kampfstoffe sind im Anschlag, sonst könnte der Kraftfahrzögling gar nicht erst ans Werk gehen. Mit zittrigen Fingern spritzt der Lackjunkie eine Dose hochaktiven Reinigungsschaum auf die Karre – Hauptsache, die anderen Typen schauen aus den Augenwinkeln zu und giften sich, dass sie an das Teufelszeug nicht mehr herangekommen sind und nach alter Väter Sitte die angeklatschten Stechmückenkadaver mit eingeweichter Tittenbilderzeitung vom Kühlergrill abreiben müssen. Denn das ist der Sinn der ganzen Veranstaltung, das Imponiergehabe.

Mit einem Getöse, das pubertierende Mädchen bei der öffentlichen Zurschaustellung flamboyanten Schuhwerks dagegen zum blassen Abklatsch eines Teezirkels schlafkranker Nonnen zu machen geeignet wäre, wachst das Nanolackversiegelung auf die getriebekranke Blechmöhre und kloppt nach der Zwischentrockung – hach, hach, hechel! – noch zwei, drei, vier Schichten Sonderwachs auf die Scherbe, die zwar ordentlich Öl aufs Pflaster schleudert, aber ansonsten ganz famos in die Gegend glitzert, wenn man sich am Unterbodenrost nicht stört. Hauptsache, der Glanztrockner sitzt.

Perfektionisten unter sich beginnen jetzt den obligaten Smalltalk. Während Akademikerkreise bei dieser Gelegenheit Name dropping betreiben und mittlere Gesellschaftsbestandteile mit den Mutproben ihrer Jünglingszeit aufwarten, zeigt der Doofgnom seine Fixierung auf das Brummbrumm mit liebevoller Einfalt. Haarfein berichtet er, wie kompliziert das Ausschleifen von Kratzern auf der Tachoscheibe sich gestaltet; Gewaltexzesse deutet der Dummdödel an, wenn er beklagt, wie man Schmarren in seine Alufelgen hieb und was danach sich zutrug. Sensibelchen gar käuen wieder, wie sie den angegilbten Dachhimmel wieder aufgehübscht haben. Alles nur Pflegerlatein, in Wahrheit haben die Brezelbieger noch nie auch nur Liquid Glass kleckerfrei aus der Flasche geschwiemelt.

Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis, und also kippt das Politurproletariat wie bekloppt Felgenschutz, Kaltschaumwachs und Lederpflege in die Rödelmöhre rein. Leicht esoterisch angeschrägt wirkt das wöchentliche Wienerritual, wenn der Einsatz von Wischwasser aus Werksabfüllung angekündigt wird. Kandidaten mit Vollhieb gehen dazu über, Marderspuren im Motorraum mit aufgeträufeltem Katzenurin zu therapieren – meist steht der Zivi zum Hosenzuknöpfen in Rufweite.

Konkurrierende Ansätze kursieren in der Fachwelt; während Sozialforscher das zwanghafte Gefummel an der Karosserie für einen Akt pseudo- bis quasireligiöser Identitätsstiftung halten wie Grillen, Fußball oder Mülltrennung, sieht die Individualpsychologie im sinnlosen Geschrubbe auf der Blechfläche eine Ersatzhandlung für die vernunftgesteuerte Anwendung von Wasser und Seife, Zahnbürste und Schmirgelpapier. Noch zu wenig erkundet ist die objektsexuelle Komponente, was die Verbindung zwischen fahrbarem Untersatz und Benutzer angeht. Vergebens wartet der bohnernde Blödmann, dass eine Frau den Kopf aus dem Fenster steckt und dem automobilen Purgatorium zusieht, geschweige denn, wie Herrenmagazine schweißnass evozieren, sich an der Aktion mit Schlauch und Poliertuch beteiligen. Sie schmachten dem jugendlichen Studienrat hinterher, der sich um halb zwei aufs Edelrennrad schwingt und virtuos durchtrainierte Männlichkeit zeigt. Tja. Arschkarte, Jungs.