Vorwärts!

25 03 2010

„Und Sie haben auch wieder nicht an die nötigen Papiere gedacht – Herrgott, dass man Ihnen aber auch alles dreimal erklären muss! Was meinen Sie wohl, warum wir das hier veranstalten, Gabriel? Aus Schikane bestimmt nicht. Aber von alleine bekommen Sie ja den Hintern nicht hoch. Und Sie wollen das doch immer: Ordnung. Ordnung!

Gut, dann eben Ordnung. Sie müssen es wissen. Ihr Laden hat es ja gerichtet, und deshalb läuft es jetzt so toll. Natürlich, so haben wir das verstanden. Oder hatten wir uns wieder alle verhört, Gabriel? Hat Ihnen das Ihre Vorzimmerdame eingetrichtert? dieser Sekretärinnengeneral? Oder haben Sie das noch von Ihren vorbestraften Heuschrecken? Hartz? Schuster? Volkert? Wer war das damals noch, der dem Rücktritt von Hartz so schnell ins Visier stolperte? Fällt Ihnen der Name wieder ein? Nicht? Gabriel, was denken Sie sich eigentlich? Dass wir hier nur auf Sie gewartet haben? Ihnen vor lauter Freude das Geld hinten und vorne reinstecken und ganz erpicht sind, Sie ständig wiederzusehen mit Ihrer Grabflüchtermannschaft? Eben, Sie haben es erraten. Sie können uns gestohlen bleiben.

Sie wollen frech werden? mir drohen? Dann werden wir hier mal andere Saiten aufziehen, Gabriel. Dann werden wir das hier nach Ihren Regeln machen. Beschweren Sie sich nicht. Sie wollten das so. Jetzt werden Sie es ausbaden.

Natürlich werden Sie arbeiten, und zwar den ganzen Tag. Zehn Stunden, zwölf Stunden, da wird uns schon etwas für Sie einfallen. Sie werden zu den volkswirtschaftlichen Produktivkräften gehören mit Ihrer Bagage – hört sich das nicht prima an? Eben drum, die Arbeiterwohlfahrt kassiert 200 Euro für Sie im Monat, die Senioren drücken nochmals acht Euro pro Stunde ab, und Sie bekommen davon einen Euro, der selbstredend mit Ihrem Regelsatz verrechnet wird. Noch Fragen? Ja nun, wenn Sie das stört, Gabriel, dann hätten Sie vielleicht nicht an den sozialen Rand rutschen sollen. Bisschen früher mal reagieren und nicht immer nur jammern, dann klappt das schon, nicht wahr? Nicht wahr? Was kann ich denn dafür, dass die SPD ihre Miete nicht mehr zahlen kann, habe ich die beschissenen Gesetze gemacht oder Sie? Dann flennen Sie hier auch nicht herum, Gabriel.

Zumutbarkeit? Was meinen Sie damit? Dass Sie dem deutschen Rechtsstaat nicht mehr zuzumuten sind? Das wussten wir schon ein bisschen länger. Die größte Zumutung für den Sozialstaat, das sind die Schmarotzer, die Lügner, die Parasiten in der Hängematte, die Ausnutzer und Nutznießer, die… Sie brauchen hier gar nicht so begeistert zu tun, Gabriel. Ich rede von Ihnen. Von Ihnen und Ihrer neoliberalen Klientel, die Sie mit dem Genossen Gasmann an die Börse bringen mussten. Damit man nicht merkt, dass Sie mal eine Arbeiterpartei waren. Oder es auf dem Weg in den Abgrund vergisst. Oder gar nicht wahrhaben wollte, dass der Dicke plötzlich nicht mehr an der Macht war.

Was haben Sie denn noch an Programm? An Maßstab? Was? Gabriel, jetzt kommen Sie mir nicht mit Menschenrechten oder irgendeinem Getöse, das ist doch nicht Ihr Ernst! Haben Sie sich mal gefragt, warum Sie schon wieder dieselben Fehler machen? Wenigstens haben Sie sich sofort gemeldet. So ist das bei der SPD: Kein Konzept, keine Richtung, aber die Geschwindigkeit! Einmal Huschhusch, dann legen Sie schon Ihre gesammelte Weisheit aus der Schublade auf den Tisch und peitschen den Krempel durch den Parteiapparat, damit niemand mitkriegt, was Sie sich da wieder für einen Quark zusammenfantasiert haben. Meine Güte! Ist Ihnen etwa zwischendurch aufgefallen, dass man den Arbeitslosen im Eifer des Gefechts nicht gleich auch noch das Wahlrecht aberkannt hat? Sie haben Angst um die Stimmen? Dann schmeißen Sie Ihren Sarrazin raus, dieser Freizeitskinhead kostet Sie mehr, als Sie mit Ihrer Schonvermögensgymnastik jemals wieder reinkriegen könnten!

Selbstkritik? Gabriel, das meinen Sie doch nicht ernst. Die wirklichen Schweinereien haben Sie doch nicht einmal mit der Kneifzange angefasst. Die willkürlichen Sanktionen, die Aufforderung zur Verfolgungsbetreuung, die vertreibende Hilfe – das Abschieben in eine Beschäftigungstherapie für Arbeitsbeschaffer, als ob Kohl noch Kanzler wäre und die Republik ein kollektiver Freizeitpark, das haben doch nicht Sie sich ausgedacht? Und dann diese tiefenbescheuerte Kopie von Westerwelles Volksfront an der Schneeschaufel – wollen Sie auch ganz sichergehen, dass keiner von denen jemals in die Nähe eines sozialversicherungspflichtigen Jobs kommt? Haben Sie sich überhaupt mal überlegt, was ein Ein-Euro-Job oder gemeinnützige Arbeit im Lebenslauf eines Erwerbslosen für potenzielle Arbeitgeber bedeuten, Gabriel?

Aber ja doch. Verregelung! Wachstum ist der Normalfall bei Kindern – dann ist es also auch der Normalfall, dass man sich die Zehen in zu kleinen Schuhen klemmt und sich in zu kurzen Hemden den Arsch abfriert. Menschenrechtsverstöße sind ja tolerierbar, wenn man sie aus Prinzip immer nur für einen Übergangszeitraum festschreibt.

Machen Sie so weiter, Gabriel. Das scheint ja das Erfolgsrezept zu sein. Erst mal los, vorwärts! und wenn man nicht gleich auf die Schnauze fällt, war’s anscheinend richtig so. Wer braucht da noch ein Parteiprogramm oder eine Mitgliederbefragung? Ich bewillige Ihnen das jetzt für ein Jahr. Unter der Auflage, dass Sie sich weiterbilden. Sie und Ihre Spezialdemokraten, Gabriel. Pfeifen Sie auf den Apparat. Sie brauchen Grundsätze. Ansonsten: bleiben Sie mir vom Leib!“


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