Abgekocht

26 05 2010

„Nun erzählen Sie mir nicht, dass Sie überrascht sind Das war von langer Hand geplant.“ „Nein, das war nicht abzusehen.“ „Ich sage Ihnen: es war geplant.“ „Und woher wollen Sie das wissen?“ „Ich weiß es eben. Und außerdem hätte er ja nicht das ganze ZDF kaufen müssen, wenn er nicht da schon hätte zurücktreten wollen.“ „Berlusconi?“ „Bingo.“

„Der Termin kommt aber auch plötzlich. Jetzt weißt man gar nicht, ob man noch etwas von Lena Meyer-Landrut mitkriegt. Oder Griechenland und andere Probleme mit fliegender Asche.“ „Er hat das eben gut abgepasst. Kaum ist Ballack weg vom Fenster, geht Koch auch. Ganz geschickt im Windschatten. Wie bei der Spendenaffäre.“ „Aber wenn Sie sagen, er habe das schon länger gewusst, dann macht das doch gar keinen Sinn mehr.“ „Ich behaupte ja auch nicht, er habe es auf den Tag genau beschlossen. Vermutlich hat er gesagt: ich mache weiter, bis Merkel endlich mit dem Arsch an der Wand klebt.“ „Das klingt logisch. Dann ist auch klar, warum sie ihn nicht genau so in Grund und Boden gestampft hat wie ihren populistischen Pickelpojazz.“ „Westerwelle?“ „Natürlich. Dann war das das geheime Signal: wenn die Ratte das Schiff verlässt, dann sinkt es wirklich.“ „Und er selbst hat auch profitiert.“ „Weil er nicht endet wie Westerwelle?“ „Genau. Er hat sich verzogen, bevor sie ihn rauswerfen konnte.“

„Ob da möglicherweise gesundheitliche Gründe dahinterstehen?“ „Sie meinen, er habe eins auf die dicke Lippe gekriegt?“ „Da ist er wohl eher in die schwarze Kasse reingetreten. Nein, es muss doch einen Anlass dafür gegeben haben. Man tritt doch aber nicht einfach mal so zurück.“ „Der Mann ist kerngesund. Hat doch selbst gesagt, dass er das schon seit längerer Zeit geplant hatte.“ „Aber das ist es doch gerade. Das macht man doch nicht. Das macht doch nicht mal der Koch. Was hat der da gesagt? Stabile bürgerliche Mehrheit, richtig? Der Typ hat doch einen Realitätsverlust erlitten.“ „Das mag wohl sein, ja.“ „Außerdem redet er von verbesserter Bildung und auch noch von weniger Kriminalität in Hessen – meinen wir das Hessen in Deutschland? Oder hat er eine Privatversion im Hobbykeller?“ „Das müssen Sie natürlich systemisch verstehen.“ „Sys… wie?“ „Systemisch. Wenn er die Bildungschancen durch steigende Studiengebühren und eine politische Auswahl von Hochschulprofessoren beeinflusst, dann ist das in seinem Interesse.“ „Und das ist dann systemisch?“ „Unterbrechen Sie mich nicht. Wenn dadurch die Kinder und Jugendlichen in Hessen nur noch fallweise Zugang zu Bildung haben, dann wählen sie eben vermehrt CDU. Ist ja wissenschaftlich nachgewiesen.“ „Aha. Und das Systemische ist dann, dass es dadurch zu keiner Kriminalität mehr kommt?“ „Falsch. Die ist immer noch da, aber man sieht sie nicht mehr.“ „Weil es keine Polizisten mehr gibt, die sie feststellen können?“ „Auch. Aber mehr noch, weil sie nicht mehr auf der Straße stattfindet.“ „Sondern?“ „In der Staatskanzlei.“

„Aber was sagt denn der Bouffier dazu?“ „Was soll der dazu sagen?“ „Stört denn den das gar nicht?“ „Wozu? Jedes Rotlichtviertel hat eben so einen Typen, der mit Föhnwelle und Ferrari die Aktien kontrolliert.“ „Das wird Law-and-Order-Koch nie durchgehen lassen.“ „Na sicher. In der brutalstmöglichen Form sogar.“ „Wie das denn?“ „Das ist die Strafaktion für Bouffier. Wenn die Knarre mit dem Goldkettchen nicht so viel Mist gebaut hätte, müsste er diese Strafaktion auch nicht über sich ergehen lassen.“ „Strafaktion?“ „Klar. Oder was meinen Sie, wer die nächste Wahl in Hessen verlieren wird?“

„Warum geht er denn nicht nach Berlin?“ „Als was? Als Nachfolger von de Maizière, wenn der Nachfolger von Schäuble wird, weil der Nachfolger von Merkel wird, weil die schnell die Nachfolge von Köhler antreten muss?“ „Ich dachte, er sei so ein toller Finanzpolitiker und Wirtschaftsexperte?“ „Sagt wer?“ „Er selbst.“ „Na, dann wird’s wohl stimmen. Aber mal im Ernst, wer außer Koch selbst hat denn je gesagt, dass er in Berlin dringend gebraucht würde?“ „Keiner.“ „Ach. Und darum wird sich seiner Abmusterung auch höchstens der Landtag in Wiesbaden Anlass zu Einsparungen geben.“ „Weniger Extratouren?“ „Falsch.“ „Der etatmäßige Schauspiellehrer für Bundesratsauftritte wird eingespart?“ „Auch, aber nicht nur.“ „Dann weiß ich nicht.“ „Bouffier schlägt sich jetzt selbst für die Orden vor und hängt sich das Zeug auch alleine um den Hals.“

„Und jetzt?“ „Das ist die Frage. General Motors oder Fraport.“ „Wie kommen Sie darauf?“ „Er war doch besser als die besten Lobbyisten.“ „Sie meinen, weil unser Hessen-Hitler als Flughafen- Aufsichtsratsvorsitzender 50% Gehaltserhöhung für Manager durchgesetzt hat, um im Gegenzug die Sozialleistungen für das einfache Personal zu streichen?“ „Na, das ist doch eher eine Art neues soziales Gewissen. Besser als Streik, nicht wahr – das hätte nicht einmal unser Arbeiterführer aus Düsseldorf so gut auf die Reihe gekriegt.“ „Und wenn er doch noch einmal zurückkommt? Im nächsten Bundestagswahlkampf?“ „Wie stellen Sie sich das vor? Mit Schäuble und Mappus als neues Modell für den Rechts-Staat?“ „Ich dachte da eher an eine Anti-Angela-Troika mit Merz und Clement. Initiative Asoziale Marktwirtschaft.“ „Wie kommen Sie denn auf das schmale Brett?“ „Na, ich dachte, solange die FDP noch für Populisten wählbar ist und auch in irgendeinem Parlament sitzt…“