Zwangschristianisierung

30 06 2010

„Meinen Sie nicht, dass Sie ein wenig übertreiben?“ „Nein, durchaus nicht. Ich sehe es als meine Pflicht, diesem Treiben… ach,. was rege ich mich auf, die Mehrheit scheint es doch zu akzeptieren.“ „Dass der Mann nun mal eingekauft wurde, das werden wir nicht ändern können.“ „Darum geht es nicht.“ „Dass er ein Parteisoldat ist, den die Kanzlerin in die Wüste schickt, wussten wir vorher. Bei Koch hat es weniger Leute gestört als bei Merz, Althaus und Rüttgers zusammen. Wo ist das Problem?“ „Dass wir anscheinend bald doppelt Papst sind.“ „Das ist doch nicht schlimm.“ „Denken Sie!“

„Stört es Sie ernsthaft, dass unser neuer Bundespräsident Katholik ist?“ „Es stört mich ernsthaft, dass dieser Katholik Bundespräsident wird. Wenn man dem Amt die Würde abspricht, dann mit diesem Geschacher.“ „Es ist doch noch gar nicht raus. Vielleicht wird’s ja Gauck?“ „Und selbst, wenn es Gauck im ersten Wahlgang schaffen sollte – diesen Mitläufer auch nur zur Wahl zu stellen ist eine Instinktlosigkeit, die selbst bei Merkel noch erwähnenswert ist.“ „Sie haben Vorbehalte gegen Wulff?“ „Ich habe Vorbehalte gegenüber einem Saubermann, der nicht besser ist als die anderen, auf die er mit dem Finger zeigt. Ein Pharisäer.“ „Die Sache mit den Flugscheinen in der Businessclass? Das war keine Vorteilsnahme.“ „Man bricht das Recht nicht, man verbiegt es nur. Korruption mit menschlichem Antlitz.“ „Na, wenn Sie ohne Sünde sind, sollten Sie aber den ersten Stein werfen.“ „Nur stelle ich mich nicht hin und sondere salbungsvolle Reden ab. Die Parteien als Rückgrat der Demokratie, Gottchen! was haben wir plötzlich Mitleid mit diesem Apparat, der uns jahrelang mit Filz und ideologischer Verbohrtheit bis tief in den kleinsten Ortsvorstand hinein entnervt und ausbremst!“ „Sie können den Mann doch nun nicht dafür verantwortlich machen, dass er die Wirklichkeit so nicht ändern kann.“ „Ich kann ihn nur dafür verantwortlich machen, dass er die Wirklichkeit als solche weder kennt noch kennen will – und ich mache ihn dafür verantwortlich!“

„Und es wäre nun echt so schlimm, wenn wir ein christlich-konservatives Staatsoberhaupt bekämen? Bedenken Sie, Gauck ist Theologe, und er macht von seiner Fähigkeit zur Kanzelrede auch eifrig Gebrauch.“ „Dieser Unionspappkamerad von Angelas Gnaden ist nicht nur ein miserabler Grüßaugust, peinlicher, als es Köhler in seinen schlimmsten Momenten nie hätte sein können, ein unerträglicher Propagandalautsprecher all dessen, wofür man diese Religionshardliner nur verachten sollte.“ „Sie kritisieren doch wohl nicht die Kirche dafür?“ „Das wäre ja noch schöner – die hat als Körperschaft des öffentlichen Rechts immer noch ein Bedürfnis, das Grundgesetz wenigstens an Sonn- und Feiertagen zur Kenntnis zu nehmen.“ „Was stört Sie dann?“ „Dieses pastorale Gefasel: ‚Die Zukunft gehört den Sanftmütigen.‘ Ich frage Sie: welche Zukunft?“ „Er hat eben eine christliche Vorstellung von Moral, da kann man schon mal eine gewisse Rhetorik…“ „Was reden Sie hier für einen Quark, ist der Mann als Gandhi-Darsteller gebucht worden?“ „Es ist eben christliche Ethik, wenn man…“ „… beispielsweise das hier: ‚Und sie kamen gen Jerusalem. Und Jesus ging in den Tempel, fing an und trieb aus die Verkäufer und Käufer in dem Tempel; und die Tische der Wechsler und die Stühle der Taubenkrämer stieß er um, und ließ nicht zu, dass jemand etwas durch den Tempel trüge.‘ Das ist die Sanftmut der Geduldigen? Das ist ihr Zorn, den Sie fürchten sollten!“ „Sie zitieren da allerdings ein extremes Beispiel.“ „Mit dem sich Förderer des Extremismus auskennen sollten.“

„Halten Sie es für gerecht, einen Politiker derart anzuprangern, nur weil er die Bibel zur Richtschnur seines politischen Handelns nimmt?“ „Erstens nicht des Handelns, sondern seiner Einstellung – und zweitens, ja, das hat mit dem Grundgesetz nichts zu tun. Seine Vorstellung von Ethik – verwechseln Sie das nicht mit Moral, die ist ihm nicht mit der Brechstange zu unterstellen – ist nicht diejenige der Feldrede, sondern eine alttestamentarische.“ „Sie meinen, dass er sich zu sehr mit Pro Christ eingelassen hat?“ „Das und seine unterwürfige Freundlichkeit gegenüber dem Arbeitskreis Christlicher Publizisten.“ „Aber das kann doch seine Privatmeinung sein.“ „Ein Präsident, der keine Berührungsängste vor homophoben und antisemitischen Privatmeinungen hat, der Abtreibung verbieten und Kreationismus zum einzigen Lehrinhalt an deutschen Schulen machen will, ist nicht suspekt, sondern ein Fall für den Verfassungsschutz. Und da haben wir sie – weil es ihnen nur darauf ankommt, die Verfassung an allen erdenklichen Stellen zu ramponieren, bis man sie wegwerfen kann.“ „Nur, weil Niedersachsen gerade mit einer Steuerdaten-CD…“ „Der Anlass ist egal. Sie zeigen uns, dass weltliches Recht für sie nicht gilt. Hier wird ein Papst installiert,der seinen Segen zu jeder Schweinerei zu geben hat, weil Merkel als Muttigottes über allem thront.“ „Sie sehen das viel zu…“ „Auf dem Stammbaum haben vermutlich Generationen von Kriechtieren gehockt, bis zuletzt eine Schlange vom Ast fiel – und Vorsicht, man zertritt derlei bereits in Genesis den Kopf!“ „… alttestamentarisch – mal ehrlich, was soll denn dieser Präsident mit der Macht des Wortes ausrichten?“ „Gegen das Volk? Alles! Und Sie werden nichts dagegen sagen können, schon gar nicht die Wahrheit. So, wie sich der Katholizismus seine Mixtur aus Gier, Allmachtsvorstellungen und sexueller Unreife strafrechtlich hat schützen lassen, schwebt dieses Papsterlapapp über dem Volk und darf nach Belieben pseudoreligiösen Stumpfsinn austeilen. Was haben diese Idioten nicht schon alles erzählt: Deutschland muss Weltmeister werden, wenn die FDP in der Regierung sitzt, ein schöner Sommer muss her – wir haben eine Bundesregierung, die sich vor Baal, dem Wettergott in den Staub wirft, um von ihrem Gehakel um Bürgerrechtsverletzungen und Sozialleistungsabbau ablenken zu können, bevor die Investmentbanken sich ein neues Päckchen Gesetze bestellen Wullf ist die Zwangschristianisierung zum Zweck der Gesundbeterei!“ „Sehen wir es doch mal von der anderen Seite: wir werden fünf Jahre lang diese Marionette von Merkels Gnaden vor der Nase haben, nicht religiös, höchstens auf eine peinlicher Art fromm, gemeinsam mit ein paar Fundis, die Bücher verbieten und alle Nichtchristen aus öffentlichen Ämtern drängen wollen, die sich anschicken, die Aufklärung zurückzudrehen, die die Religionsfreiheit nur sehen als die Freiheit, ihre eigene religiöse Vorstellung gegen jede Vernunft zu verteidigen, während sie Menschen- und Bürgerrechte einschränken und abschaffen, sich gegen jeden Fortschritt stemmen, immer bereit, Kriege zu führen, gegen andere Kulturen und Religionen, gegen Wissenschaft und Gesellschaft und immer wieder Krieg gegen das eigene Volk. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, Amen.“ „Und was bringt uns das?“ „Dass nach diesen Jahren die CDU ein Schatten ihrer selbst sein wird. Was Merkel nicht mir ihrer entsetzlichen Inkompetenz verplättet, das macht diese Präsidentenpuppe kaputt.“ „Sie haben Recht! Genau das ist es! Beten wir, dass sie Wulff wählen! Im ersten Wahlgang!“ „Na dann – mit Gott!“





Heiße Umschläge

29 06 2010

„Können Sie mal eben gerade – ach, da ist er ja. Dann legen Sie den Brief hier herüber, der geht vor. Ist ein Eilbrief, der gilt dann heute schon als schon heute zugestellt, verstehen Sie? Es ist alles etwas kompliziert geworden mit der Behördenpost, das gebe ich ja zu. Aber im Grunde genommen ist doch alles beim Alten geblieben: Sie füllen ein paar widersprüchliche Formulare aus, dann passiert erst einmal gar nichts, und dann bekommen Sie einen Bescheid, dass die Einfuhrgenehmigung für Kaffee aus Lummerland abgelaufen ist und neu beantragt werden muss. Sie müssen sich nicht umgewöhnen.

Na, wir beschleunigen natürlich mit unserer Arbeit die bürokratischen Abläufe. Die Briefe werden geöffnet, dann werden sie gescannt, und dann in das Datensystem der jeweiligen Behörde eingespeist. Ja, vollkommen sicher. Verlassen Sie sich darauf. Wir sind hier alle vom Fach und… nein, nicht von der Deutschen Bahn. Die wäre doch mit der Datenschutzrichtlinie überfordert.

Das wird gleich hier einmal geöffnet, so, die Umschläge dann gleich auf diesen Stapel herüber, die Briefe werden auf diesen anderen Stapel gelegt und verarbeitet. Das ist doch schon einmal ein sehr guter Aspekt, finden Sie nicht auch? Wenn die Umschläge gleich von Anfang an getrennt werden und die Briefe nicht mehr damit… Das ist dann aber auch nicht mehr unsere Aufgabe, wenn der Absender eines Briefe nicht mehr festzustellen ist. Man muss ja immer von etwas Schwund ausgehen, wir rechnen aber mit nicht sehr viel mehr als zehn Prozent. Das ist doch noch verhältnismäßig gut?

Ach, das meinen Sie. Nein, das kommt ja so gut wie nie vor. Also jetzt nicht in dieser Dienststelle. Oder wenn, dann war das vielleicht nur vereinzelt, aber nicht regelmäßig. Also durchschnittlich jede vierte Sendung, ja. Das lässt sich aber nicht beweisen, wir können doch unsere Mitarbeiter nicht fragen, ob sie dann zum Beispiel bei einem Antrag die Verdienstbescheinigung absichtlich oder unabsichtlich im Umschlag lassen und in den Schredder stecken. Würde doch auch gar nichts nützen, die sind per Vertrag zur Verschwiegenheit verpflichtet – selbst, wenn sie einen Einzelfall zu verantworten hätten, sie dürften es uns gar nicht sagen! Ja, da sehen Sie mal. Natürlich auch nur aus Datenschutzgründen, wo denken Sie denn hin?

Man muss natürlich auch Ausnahmen machen. Wissen Sie, Arbeitslosen ist es zuzumuten, dass man das Briefgeheimnis für obsolet hält. Und das Kindergeld – wenn man als Vizekanzler Jurist ist und schwul, dann kommen einem Leute, die für ihren Lebensunterhalt arbeiten müssen und Kinder in die Welt setzen, sowieso abartig vor – ach Gott, wer braucht das? Mal ehrlich, wenn Sie beim Staat die Hand aufhalten und immer erwarten, dass Sie etwas geschenkt bekommen, dann müssen Sie sich auch mal kooperativ zeigen. Glauben Sie bloß nicht, dass das mit dem Freibier ewig so weitergeht!

Subventionsempfänger? Was haben denn bitte Subventionsempfänger damit zu tun? Nein, das sind doch ganz andere Ämter. Die kann man gar nicht so behandeln wie die anderen Verwaltungsstellen. Das ist eine andere Form von Transparenz, verstehen Sie? Eine eher interne Art der Datenverarbeitung. Betriebsgeheimnis, Sie verstehen?

Das kann man doch jetzt viel schneller machen. Sehen Sie mal, Sie wollen beispielsweise eine Baugenehmigung beantragen, und wenn Sie da in der Sicherheitsabfrage – natürlich gibt es da jetzt eine Sicherheitsabfrage, wo denken Sie denn hin, das muss doch alles überprüft werden, oder wollen Sie etwa in einem Land leben, in dem jeder seinen Keller vergrößern und am Ende Bomben darin bauen kann? Jetzt stellen Sie sich mal vor, Sie wollen einen ganz harmlosen Partykeller einrichten, da brauchen Sie dann diese Sicherheitsabfrage gar nicht mehr neu zu machen, wenn sie innerhalb von sieben Tagen ist, wenn Sie zum Beispiel vorher einen Zeitfahrausweis bei einem Busunternehmen gekauft haben. Ja, die müssen das natürlich auch überprüfen. Sollen wir uns jetzt etwa von jedem beliebigen Terroristen in die Luft jagen lassen? im Omnibus? Reichen denn denen ihre normalen Autobomben nicht mehr aus?

Oder schauen Sie mal hier: Gautinger, Eberhard, 39, da hatten wir in der letzten Woche einmal einen Befund vom Urologen an die Krankenkasse, dann hat ihn die Versicherung wegen des Blechschadens hochgestuft, und jetzt will er auch noch in ein feindliches Land einreisen – da, sehen Sie, nach Island will der, das tut doch kein anständiger Mensch – dem Mann müssen Sie doch jetzt als Bank kein Vorzugsangebot mehr machen, der kann doch froh sein, wenn er nächste Woche noch ein Dach über dem Kopf hat! Ja sicher, schauen Sie doch! Diese Diagnose, den würde ich doch als Betrieb hochkant rauswerfen, noch ist er gesund, aber wer sagt einem denn, dass das bis zur Rente so bleibt? Da muss man eben vorbauen! Und wer kann sich heute noch so eine Gefühlsduselei erlauben, Kündigungsschutz, gehen Sie mir weg – der wird arbeitslos, dann hat er auch kein Geld mehr für seine Miete, prompt hat er Mietschulden, dann geht es dem Vermieter dreckig, ich meine, der gehört doch zum gesunden Mittelstand und leistet sich eine Menge für Deutschland und wählt FDP wie jeder anständige Staatsbürger – die darf man doch nicht wegen solcher potenzieller Parasiten in die Leistungslosigkeit treiben!

Gut, im Vertrauen… Ihnen kann ich’s doch wohl verraten: wir haben ein bisschen – ja, Schmiergeld. Eine Hand wäscht die andere und zwei das Gesicht. Das war wie damals mit den Nacktscannern. Brauchen tut’s keiner, Geld ist auch nicht da, aber die Hysterie ist so spaßig, nicht wahr.

Aber schauen Sie mal, am Ende zählt doch der praktische Aspekt. Wenn Sie wüssten, dass alle möglichen Stellen mit Ihren Daten Schindluder treiben, Sie würden doch dann quasi überall nachfragen müssen, was da so passieren kann. Und jetzt fragen Sie eben nur bei uns.“





Jedem das Seine

28 06 2010

„… konnte sich die Justizministerkonferenz nicht auf eine gemeinsame Linie einigen. Zwar sahen die Länderminister den Vorstoß zu mehr Flexibilität in der Strafzumessung als richtungsweisend an, wiesen jedoch darauf hin, dass ein Fahrverbot als Hauptstrafe einem Straftäter ohne Führerschein einen Vorteil verschaffe, der sich…“

„… sich der ADAC gleich an die Spitze der Protestbewegung gesetzt hatte, so dass die von BILD vertriebenen Protest-Aufkleber mit dem so griffigen wie inhaltlich falschen Slogan Fahrverbot macht Deutschland tot sich in Millionenauflage verkauften und jede…“

„… schließlich für einen ersten Skandal sorgte, als das Amtsgericht Mettmann über den seit 1993 in Deutschland lebenden Gemüsehändler Hamid F. (58) ein einjähriges Fahrverbot verhängte. Ob es den Ermittlungsbehörden nicht aufgefallen war, dass der Libanese nie einen Führerschein…“

„… offensichtlich nicht genau gelesen hatten, bevor sie dem Gesetz ihre Zustimmung gaben. Wie anders wäre die Überraschung zu erklären, dass Dieter Bohlen für seine fortgesetzten Schmähungen zu einem Jahr Abstinenz in allen TV-Programmen innerhalb der EU verurteilt wurde. Der Pop-Titan erklärte den Printmedien, in die Türkei zu…“

„… laut Statistik nur noch 14% der verhängten Fahrverbote auf Verkehrsdelikte zurückgingen. Da die Diskussion ursprünglich mit der Verschiebung der Einführung der laut Koalitionsparteien nicht geplanten allgemeinen Autobahnmaut zu tun hatte, forderte CDU-Verkehrsexperte Bosbach neben einer erheblichen Strafverschärfung, die im Falle von Falschparken generell zu zehn bis zwölf Jahren Zuchthaus führen sollten, sowie dem Verbot so genannter Killerspiele, die im Verdacht stehen, im Verdacht zu stehen, und daher…“

„… zu schweren Depressionen führt, wie der Fall des Bundesministers Brüderle zeigt. Hatte sich im Prozessverlauf die Verteidigung noch durchaus optimistisch gezeigt – die Rede war von drei bis vier Jahren Freiheitsentzug – so schmetterte das Urteil den Pfälzer nieder: bis an sein Lebensende nie wieder einem Weinfest näher als 250 Meter kommen zu dürfen, das empfanden Parteifreunde als barbarischen Akt von…“

„… als neuerliche Panne in der bayerischen Justiz anzusehen, dass der Führerscheinentzug gegen den Bürgermeister von Wimpfelskirchen die Entente der ortsansässigen Ordnungskräfte in Misskredit brachte, denn jeder wusste, dass Xaver P. (72) seit jeher dem Maßkrug zugesprochen hatte und seine Fahrlizenz immerhin schon 1979 mit dem mehrmaligen Nichtbestehen der MPU verlor – was ihn, den Vorsitzenden der CSU-Ortsgruppe und eingeheiratet in die Sippe der Sägewerksbesitzer Obergschwöllner, nicht daran hinderte, sich alle zwei Jahre mit einem kleinen Zuschuss der Gemeinde eine neue Limousine der hierzulande beliebten Marke…“

„… bestätigte der Anwalt des CDU-Politikers zwar den Entzug der Fahrerlaubnis für drei Jahre, bestritt aber energisch, sein Mandant hätte sich der Körperverletzung schuldig gemacht oder…“

„… als puren Populismus, dass FDP-Chef und Außenminister Westerwelle forderte, unabhängig von Leistungsmissbrauch allen Arbeitslosen das Führen von Kraftfahrzeugen nicht zu erlauben, wie es das von der bürgerlich-liberalen Regierung geplante Gesetz über die Einziehung volks- und staatsfeindlichen Vermögens zur Sicherung der schwer erschütterten Investmentbanken jetzt…“

„… den schadenfrohen Reaktionen aber auch etwas Gutes abgewinnen. Immerhin, so Diekmann, könne er nach dem Verbot, ein Mobiltelefon zu benutzen, nun auch seine Lebenshaltungskosten drastisch…“

„… ging Bundesinnenminister de Maizière bereits einen Schritt weiter, da er feststellte, wenn ein zu Fahrverbot Verurteilter eine schwere Straftat begangen haben könnte, sei automatisch jeder, der nicht in Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis sei, ein potenzieller Terrorist. Nach teilweise erbittertem Widerstand stimmte die SPD-Bundestagsfraktion geschlossen für den Gesetzesentwurf. Die Liberalen hatten im Gegenzug für ihr Votum erreicht, dass die geplanten Zwangsmaßnahmen zunächst nur gegen Neugeborene gerichtet sind, was als Verteidigung der Bürgerrechte für diese Legislaturperiode ausreichte, wie sich FDP-Generalsekretär Christian Lindner anlässlich einer Hoteleröffnung …“

„… gab Apfel zu Protokoll, die nichtarischen Kräfte in der von den Alliierten besetzten Zone des Deutschen Reichs hätten nicht das Recht gehabt, einen Strafprozess gegen ihn anzustrengen. Der NPD-Fraktionsvorsitzende kündigte an, mit allen Beteiligten im Nationalen Bündnis Dresden für eine volle Wiederherstellung seiner noch vorhandenen Ehre sowie für eine zeitnahe Wiedererteilung eines Führer-Scheins für den…“

„… zog der Deutsche Richterbund nach einem Jahr ein positives Fazit; dass einerseits so gut wie keine Übertretung der Straßenverkehrsordnung mehr mit einem Fahrverbot geahndet würde, hätte neben einer bevölkerungspolitisch angenehm ansteigenden Anzahl von Verkehrsunfällen mit tödlichem Ausgang zur Folge, dass die Gerichte weniger mit Bagatelldelikten belastet würden, wo hingegen die hohe Quote von Verurteilungen zu Führerscheinentzug und Fahrverbot bei Straftaten aus anderen Bereichen zu einer fortschreitenden Entfremdung zwischen Tat und Strafe, zwischen Verurteilung und Unrechtsbewusstsein führte, ja man könne sagen: die Bundesbürger seien inzwischen von der deutschen Justiz komplett entfremdet, was man als einen epochalen Sieg der herrschenden Verhältnisse…“





Innerer Reichsparteitag

27 06 2010

Jetzt waren wir alle wieder Experten für historische Sprachforschung und Soziologie und Politologie und Medienwissenschaft und überhaupt – letzteres schnell im Internet promoviert – und jetzt ist dann mal wieder gut, ja? Ansonsten dürften die politisch Zwangskorrekten, die am 1. Mai den Kapitalismus mit brennenden Autos stoppen wollen, das nächste Mal gerne Arbeiten gehen und den Nationalfeiertag schwänzen – war nämlich Adolfs Idee. Weitere Ab-, Aus- und Einfälle in Bodennebelhöhe wie immer aus den Suchmaschinentreffern der vergangenen 14 Tage. Schön ist anders, aber was soll man machen.

  • er steckte mir die zunge heraus: Welch eine Unverfrorenheit. (Das lasse ich deshalb mal unkommentiert.)
  • kasperletheaterstück umwelt: Frau Merkel reißt derzeit einige schöne Possen um die Laufzeitverlängerung.
  • amie winhaus nackst oben: Trösten Sie sich, ich nackse manchmal unten.
  • geschmack-drogen.de: Und ich hielt Sie für einen Wirkungstrinker.
  • vuvuzela basteln: Wenn man Sie dafür steinigt, bin ich dann schuld?
  • ausscheider pullover glocken bundeswehr: Gehört zur Dienstbekleidung von Stabsärztinnen.
  • schweine bilder mit golfschläger: Die Sau hat ein Handicap.
  • bauanleitung holzbank aus einem stamm: Schnitzen Sie einfach alles weg, was nicht nach Holzbank aussieht.
  • grübelzwang nachtschweiss: Was meinen Sie, was diese Regierung mir schon alles abverlangt hat…
  • gedichte zur hoteleinweihung: Von Westerwelle gibt’s derzeit nicht mal Prosa. Was auch nicht schlecht ist.
  • schwan aus traktorenreifen: Pflanzen Sie Ihre Bodendecker doch bitte in Obstkisten, diese Gummidinger kann keiner mehr sehen.
  • pappfiguren basteln: Wenn Sie Glück haben, kriegen Sie etwas von der Vorstands-Deko für den FDP-Parteitag ab. Falls nicht wieder alle umgekippt sind.
  • christian pfeiffer deutschklausur: Meinen Sie, Amok ist jetzt als mündliches Prüfungsfach zugelassen?
  • verfärbungen aussenbeton: Fernsehtürme sehen wie neu aus, wenn man sie alle vier Wochen mit einer Zahnbürste und mildem Seifenwasser reinigt.
  • golfschläger basteln?: Solange ich mit meinen eigenen spielen kann, bitte.
  • brushes photoshop emailliert: Beton kommt momentan besser an.
  • sängerin aluminiumhut: Vielleicht war ja die vorher beim Emaille-Photoshoppen?
  • schweine basteln kinder: Das traue ich den Viechern nun doch nicht zu.
  • woraus bestehen 100 liter brennspiritus: Aus 100 Literflaschen mit – na? Brennspiritus, richtig!
  • kuckucksclan rituale: Zunächst müssen Sie übers Nest fliegen. Dann sehen wir mal weiter.
  • peife schnitzenanleitung: Ich sehe schon, das mit der Aussprache ist wichtiger als die Grammatik.
  • schwangerschaftspsychose und geräusche: Wenn Ihre Gattin bei Kettensägengeräuschen auf die Schrankwand klettert, ist das völlig normal.
  • sind verkehrszeichen drehsymmetrisch?: Steigen Sie an der Kreuzung aus, kurbeln Sie ein bisschen am Vorfahrtzeichen herum und warten Sie ab, was passiert.
  • merkels kraftpaket: Ist bei Weg mal Zeit leider versehentlich durch Null geteilt worden.
  • schalldämpfer alphorn bauanleitung: Sehr hübsch anzuschauen sind beispielsweise Murmeltiere in der Stürze. Vorsichtig eindrehen, bitte.
  • schmetterlingskostüm selbstgemacht: Und dann treten Sie nächstes Jahr mit irgendwelchen Osteuropäischen Schlagern im Fernsehen auf?
  • grablaterne hängend: Bietet sich bei der Baumbestattung an.
  • fernreiki schädlich: Für meinen Geldbeutel bestimmt nicht.
  • batiken mit papiertaschentüchern: In Grün?
  • breze vor darmspiegelung erlaubt?: Sie müssten das Ding vor dem Einführen eh aufknoten, also lassen Sie’s lieber gleich.
  • feldküche kuchenrezept: Gedeckter Napfkuchen à la Guttenberg wird in Kundus gerne genommen.
  • schwein bastelvorlage tackern: Nehmen Sie lieber die herkömmliche Mett-Methode.
  • welchen sportwagen fährt tippi hedren in: Keine Ahnung, der Film war schwarz-weiß.
  • volk ohne raum: Ein paar Sachen können Sie selbst Béla Réthy nicht in die Schuhe schieben.
  • spankörbe für kirschen: Die gute Nachricht: die EU hat keine Einwände, dass Sie das Modell für Erdbeeren auch für Kirschen verwenden.
  • „kommentar schreiben“+“ed hardy“ site:co: Ed Hardy ist schlimm genug, das muss man nicht auch noch kommentieren. (Außerdem kann die Zielgruppe eh nicht lesen.)
  • anleitung eisberg aus styropor basteln: Ein ideales Material, was die Verdrängung betrifft.
  • süßlicher geruch in altbauwohnung: Wann, sagten Sie, hatten Sie den Vermieter zuletzt gesehen?
  • salzflecken auf fliesen durch streuen: Sie haben das Salz auch ordnungsgemäß einmassiert und festgetreten?
  • wasserhahn für naturdarm: Einen Landkreis weiter nehmen sie schon Eimer.
  • suizid grillkohle korea: Angesichts der WM-Ergebnisse durchaus im Bereich des Möglichen.
  • promis stricken in der pause: Ich häkle beim Elfmeterschießen.
  • christian pfeiffer braumeister mallorca: Alkohol könnte durchaus eine Lösung sein.
  • kleine tirolerhüte zur deko: Ihre Gartenzwerge sind schon genug gestraft.
  • verordnung über lagerung von gastronomie: Lagern Sie die Gastronomie kühl und trocken, dann haben Sie länger etwas davon.
  • schüler entdecken seltsames loch auf dem: Es war dann aber doch bloß Michael Jackson.
  • lizenzentzug anwalt beckmann essen: Ich weiß nicht, wie man den Beckmann wegkriegt, aber blieben Sie dran. Ich zähl auf Sie!
  • kegelclub shalömchen: Putzig, dass Westerwelle extra hinfährt, um sich umschmeißen zu lassen.
  • penis verlängerungs gerät selber bauen: Kai Diekmann hilft Ihnen gerne.
  • tubeschwul: Probieren Sie’s mal mit einem Kassenzettel, das wirkt ähnlich.
  • armbrust bauanleitung korken: Und damit wollen Sie eine Bank überfallen?
  • gus grablaternen: Osteuropäische Modelle sind derzeit nicht vorrätig.
  • welches intimtattoo: Gute Frage. Nächste Frage.
  • duschstange hält nicht: Machen Sie die Klimmzüge halt am Boden.
  • „auch von meiner frau“ horst köhler: Sie sind dann ja auch zusammen zurückgetreten.
  • ergebnis „erbsenzählen“tag der niedersac: Und wir haben diesen Langweiler jetzt fünf Jahre am Hals.
  • spruch schatz: „Woran denkst Du gerade?“
  • strafe ohrlöcher: Im Gegenteil.
  • lieder flanellläppchen: Was trinken Sie? und warum?
  • querschnitt schweineschinken: Den Längsschnitt könnten Sie auch nicht kauen.
  • handschuhgrößen kinder nach alter: Ich hätte ja eher auf eine Kausalität mit der Größe der Hände getippt, aber bitte…
  • was muss man im vorstellungsgespräch übe: Sie sollten wenigstens einen richtig guten Grund auf Lager haben, warum ich mir Sie anhöre.
  • terrassenwand abschliessen: Mit einem Berliner Stadtschloss wird es ganz besonders sicher.
  • verschönerung waschbetonmauer: Bringen Sie mit dem Vorschlaghammer leicht asymmetrisch geformte Dellen auf. Superschön!
  • „käse schinken toast“ kalorien: Das täuscht, ein Käse-Schinken-Toast hat viel weniger Kalorien als z. B. ein Doppelzentner Quark.
  • teflonpfannen ungesund: Entzieht sich meiner Kenntnis, ich habe noch nie eine gegessen.
  • pekinese schnappatmung: Als Ihr Hund würde ich das auch tun.
  • bastelvorlagen kopfbedeckung igel: Sie sehen eh wie ein Stachelschwein aus.
  • als junge musste ich im winter zwei futt: Und bei uns waren die Gummistiefel noch aus Holz.
  • sturm und drang festival gießen bouffier: Er hat sein Goldkettchen vorbeigeschickt.
  • germanische neue medizin nasenbeinbruch: Schädelverletzungen sind für Nazis weniger wichtig, da gibt’s auch nicht viel zu reparieren.
  • stanzmaschinen für haarbürste: Wir hier Sascha Lobo in den Blog reingerendert?
  • flecken entfernen spinnenblut: Kriegen Sie mit Mücken weg, aber dann haben Sie wieder Spinnen.
  • kopfbedeckung freiheitsstatue: Dies Igelding, Sie wissen schon…
  • gesetz arbeitsschuhe karosserie: Ausbeulen nur mit Stahlkappe.
  • eishockey kleiderbügel: Mittlerweile haben auch Kaufhaussakkos diese Schulterpolster. Sportmode halt.
  • gogo stange selbst bauen: Und Duschen wollen Sie jetzt gar nicht mehr?
  • wie mann justin bieber leif im internet: Es gibt Augenblicke, da macht Altern Spaß.
  • bürgerliches liedgut: Im Springtau zu Berge.
  • was tun gegen haarverfärbung: Haare färben.
  • glück des brüllenden lagers: Und genau dafür wurde Westerwelle nicht gewählt.




Schreihals

26 06 2010

Es war einmal ein Hahn, der konnte krähen,
und das, fürwahr! besorgte er auch richtig.
Nur nahm er sich und sein Gekräh zu wichtig,
denn kaum war etwas Sonnenlicht zu sehen,

so glaubte er bereits, dass ganz alleine
er selbst es sei, sein morgendliches Krähen,
dass sich die Sonne anschickt, aufzugehen
und Licht zu geben mit dem warmen Scheine.

Darf man denn krähen? Ja, Du sollst es machen,
doch lerne Grund und Ursache beizeiten,
und hüte Dich vor solchen Eitelkeiten,
weil sonst die Hühner über einen lachen.





Gernulf Olzheimer kommentiert (LXIII): Hobbybastler

25 06 2010
Gernulf Olzheimer

Gernulf Olzheimer

Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.

Überall im Bereich des Lebendigen gibt es soziale Verbände, die ihr bisweilen hochkomplexes Durch- und Miteinander als Herde, Rotte, Rudel organisieren, bis hinauf zu den Primaten, erkennbar an einer charakteristischen Fertigkeit, die dem also Begabten die Pole Position verschafft dank eines evolutionären Vorteils: Nüsse knacken, Schlangen fangen, dem Endgegner unter den Fressfeinden mit geschicktem Einsatz intelligenter Verhaltensweisen derart in die Kauwerkzeuge grätschen, dass er seine Präferenz auf Moos und Butterblumen umpolt. Das sichert das Fortbestehen der Art, imponiert es doch dem Weibchen maßlos, wenn sich der maskuline Affe freihändig an den Darmausgang fassen kann.

Vieles hat die Phylogenese seither erledigt; die flächendeckende Körperbehaarung ist größtenteils verschwunden, die Schwimmhäute haben sich nicht durchgesetzt, der aufrechte Gang lässt sich bis auf wenige Berufsgruppen nicht mehr wegdenken, doch mit richtigem Zubehör setzt flugs galoppierende Resthirnverdunkelung ein. Denen, die nicht weit genug entfernt sind vom Lebensmittelpunkt eines Bescheuerten, bleibt nichts erspart. Fällt dem Dummlurch durch unglücklichen Zufall Hammer, Säge oder elektrisches Getier in die motorisch unsteten Hände, so ist es mit der Regression nicht weit. Sie begreifen die Welt um sich herum als Ansammlung bearbeitungsbedürftiger Objekte, schlimmer noch: sie halten sich selbst für geeignet, ebendiese Bearbeitungen vorzunehmen.

Einmal nicht aufgepasst, da ist der Torfschädel schon ausgerückt und hat sich im Heimwerkermarkt einen Satz rüttelnder, bohrender, jedenfalls Krach und Staub produzierender Maschinen besorgt, mit denen er zunächst der arglosen Bausubstanz seines Eigenheims im wahrsten Sinne des Wortes auf die Bude rückt. Kein auf Putz gelegtes Elektrokabel, kein in der Wand laufendes Fallrohr ist sicher vor der Brummapparatur, mit der der Bekloppte sich an tragenden Wänden entlang in Trance fräst, bis je nach Einsatz britzelnde Funken für apokalyptische Dunkelheit sorgen oder eine aus Vorverdautem und Brauchwasser verschwiemelte Jauche auf die trittschallverbesserte Cordrippfliese suppt, so dass das Haus nur noch mit schwerem Gerät betreten werden darf. Professionelle Heimwerker, denen Sinn und Verstand frühzeitig abhanden gekommen sind, verfügen über die Fähigkeit, mit nichts als einem Kreuzschlitzschraubendreher ein Hochhaus in rauchende Trümmer zu verwandeln – beim reinen Versuch, Türbeschläge zu befestigen.

Wo jegliche Einsichtsfähigkeit fehlt, weil sich die Bohrmaschinen schwingenden Blödblunzen für die Antwort auf Michelangelo halten, entstehen bisweilen Konstrukte seltsam surrealer Art, etwa, wenn sich Verwaltungsbeamte, denen nichts so gründlich das Schulzeugnis versaute wie der Werkunterricht, mit Knochenleim, Stichsäge und einer Rolle doppelseitigem Klebeband anschicken, die bis dato noch eher braungrau gestaltete Zwei-Zimmer-Küche-Bad-Behausung in ein Wimmelbild interessant angeordneter Kacheldessins zu wandeln, das neue Klosettbecken aus organisatorischen Gründen escherhaft an der Seitenwand neben dem Wohnzimmerschrank befestigt, während kryptische Kratzspuren dem mangelhaft Eingeweihten von Kämpfen auf Leben und Tod berichten, während der Freizeitwerktätige ja nur versucht hat, die versehentlich ausgehängte Tür des Küchenschranks nicht wieder seitenverkehrt zu befestigen. Namhafte Psychoanalytiker vertreten die Ansicht, Kafka habe sein verstörendes Œuvre überhaupt nur schreiben können nach der erniedrigenden Erfahrung des mit Muffenzange und Gewindeschneider um sich schmeißenden Maniaken, der sein Vater war.

Sei es so oder anders, die Gesellschaft nutzt es natürlich aus, denn der zumeist mit Y-Chromosom ausgestattete Phänotyp ist behämmert genug, den Einflüsterungen einer kompletten Industrie zu folgen und Kleinkredite aufzunehmen, um sich einen Satz Ratschen aus vernickeltem Titanstahl zu kaufen samt Drehmomentschlüssel, die ab sofort das Festdrehen einer Schraube, das ein gesunder Hominide im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte in sieben Sekunden mit Hilfe eines Taschenmessers erledigt, zu einer mehrstündigen Operation entarten lässt, deren logistische Anforderungen allein eine dreiköpfige Mannschaft beschäftigt, während der Rest der Hausgemeinschaft Verbandmaterial sammelt, die Gültigkeit der Hausratversicherung sicherstellt und hernach sich anschickt, nach dem Wohnblock den restlichen Stadtteil zu evakuieren. Sollte angelegentlich ein psychotisch anmutender Mensch mit einem kreischenden Akkuschrauber allen sich in den Weg stellenden Dingen – die Klasse der Dinge ist ja bisweilen geneigt, auch das zeitweilig Belebte als Dinghaftes zu sehen – Lack und Lebenslicht zerschmirgeln, so ist er ein Opfer der skrupellos vorgehenden Heimwerkermafia, die doofe, aber unschuldige Mulmhirne mit allerlei Firlefanz lockt und ihrem destruktiven Schicksal überlässt. Obwohl er es mit Sicherheit nur tut, um der Blonden von schräg gegenüber zu imponieren. Die Arterhaltung schlägt eben manchmal skurrile Volten und bedient sich komischer Werkzeuge.





Katharsis

24 06 2010

Ein schriller Schrei gellte durch den Korridor, dass mir das Blut in den Adern gefror – mein Atem stockte, als dann mit ohrenbetäubendem Krach etwas auf den Boden geschmissen wurde. Zaghaft klopfte ich an die Türe. Doktor Pflauderer öffnete sofort und führte mich durch den Raum. Ein Mann hockte dort am Boden, keuchend und verschwitzt, vor ihm ein Haufen dessen, was wohl einmal ein Porzellanservice gewesen sein muss. Der Therapeut strich dem Erschöpften über den Scheitel. „Und, wie fühlen Sie sich jetzt?“ „Besser“, stieß er hervor und japste kräftig, „sehr viel besser – das verfluchte Zeug ist ja nun auch kaputt. Endlich!“

„Unsere Kundschaft“, dozierte Pflauderer, „ist ein durchaus normaler Typ Mensch. Es kann jeder sein, dem Sie auf der Straße begegnen, Sie oder ich, keine außergewöhnlichen Charaktere. Nichts, was Sie als psychologisch auffällig ansehen müssten, keine Anwärter für die Irrenanstalt, falls Sie das denken sollten.“ „Begreiflich“, entgegnete ich. „Wenn ich Sie richtig verstanden habe, arbeiten Sie mit einer Art Anti-Aggressions-Training?“ „Im weiteren Sinne. Um es Ihnen an unserem ersten Patienten zu erklären“ – hier wies er auf den Verschwitzten, der inzwischen ganz fröhlich und entspannt die Scherben auffegte – „er ist ein völlig normaler Mensch, glücklich verheiratet, zwei ganz entzückende kleine Töchter, leitet den Versand bei Bottermanns Zahnbürstenfabrik, erfolgreich, ist im Kegelverein wohlgelitten, aber seine Nachbarn hassen ihn.“ „Geschirr?“ „Seine Schwiegermutter. Sie arbeitet in einer Porzellanfabrik und schleppt jede Woche ein Ess-Service an. Mindestens. Das Haus ist schon nicht mehr zu betreten.“ „Die Nachbarn beschweren sich“, mutmaßte ich, „dass er das Zeug aus Rücksicht auf seine Frau im Keller zerdeppert?“ „Allerdings.“ Pflauderer nickte. „Und es bringt ja auch nicht die gewünschte Linderung, wenn er jede Woche einen neuen Satz Teller gegen die Wand schmeißen muss. Dann soll er es lieber hier tun. Für die psychische Hygiene.“

Ein dünnes Männchen in einer beigefarbenen Windjacke stand am Schalter, hinter dem eine dicke, aufdringlich geschminkte Dame hockte. „Das habe ich Ihnen schon einmal erklärt“, giftete sie, „wenn Sie nicht passend zahlen können, dann müssen Sie an den Automaten. Postwertzeichen werden an diesem Schalter…“ „Gut so, gut so!“ Doktor Pflauderer gab ihr ein Zeichen, sich nicht stören zu lassen. „Aber der Automat gibt auch kein Wechselgeld zurück“, schimpfte das Männchen. „Und Sie haben hier, das sehe ich von hier aus, dass Sie, da hinten haben Sie das Wechselgeld, und wenn Sie mir jetzt nicht auf der Stelle eine Marke zu Einszehn geben, dann…“ „Wir bedienen uns des Rollenspiels“, belehrte mich der Seelenklempner, „um einige Situationen im zwischenmenschlichen Bereich zu bereinigen. Der kathartische Effekt ist dabei immens – warten Sie mal ab!“ Damit wandte er sich dem kleinen Männchen zu. „Jetzt lassen Sie mal Ihren ganzen Frust an dieser Frau raus – zeigen Sie ihr, dass Sie sich nicht alles gefallen lassen. Zeigen Sie ihr, dass Sie ein ganzer Kerl sind!“ Der Mann, noch etwas unschlüssig, ballte schließlich halb und halb seine Faust, er schlug auf den Schaltertisch und, etwas erschrocken noch über seinen eigenen Mut, sprach mit etwas weinerlicher Stimme zu der Frau: „Ich werde mich bei Ihrem Vorgesetzten über Sie beschweren!“ Da klatschte Pflauderer in die Hände. Glücklich und noch etwas ungläubig sah er den Psychiater an. „Wundervoll! Jetzt haben Sie’s ihr aber mal so richtig gegeben – weiter so! Nicht nachlassen!“

Wir schritten weiter durch die Räume, in denen sich die Menschen ihrer kleinen Belastungen entledigten. Hier sagte eine Frau ihrem Chef richtig die Meinung, dort zerfetzte ein Mann mit wirrem Lachen eine Batterie gekniffter Paradekissen, die ihn an seine verhasste Ex-Gattin erinnerten. „Man wird frei“, erläuterte Pflauderer, „und führt ein besseres Leben.“ Das interessierte mich. „Es ist also anzuraten, seine Aggressionen in dieser Form zu kanalisieren?“ Er winkte ab. „Aber nein! Nicht kanalisieren – das wäre der falsche Weg. Das sind die Unverstandenen, die im sozialen Umfeld nicht genügend integriert sind, sich im Schützenverein abreagieren wollen und dann, ohne Vorwarnung, Amok laufen. Man schiebt es dann gerne auf äußere Reize, weil sich eine dumme Erklärung besser macht als gar keine. Nicht kanalisieren, direkt die Aggressionen auf das Ziel richten, das sie auslöst.“ Damit hielt er mir ein Büchlein hin; ich war beeindruckt. „Das hätte ich ja nicht gedacht. Der auch?“ „So eine verlorene Wahl ist hart“, seufzte Pflauderer, „und wenn es letztlich Selbsthass ist…“

„Du blöde Sau“, knirschte er zwischen den Zähnen hervor. „Du selbstverliebtes, egozentrisches Arschloch! Du kotzt mich an!“ Dabei hieb er mit einem groben Straßenbesen auf die Stoffpuppe ein, die vor ihm auf dem Boden lag. Schon hatte er die randlose Brille mit einem Schlag zertrümmert und trat dem Balg ins Gesicht. „Du verlogene, korrupte Drecksau!“ Er hatte sich richtig in Rage gebracht und schrie auf das Stoffbündel ein. „Arbeitsscheues Subjekt! Du hochnäsiger Trottel, ich werde Dich lehren, was Respekt ist! Du elende Missgeburt!“ Er drosch in die Puppe, was das Zeug hielt. Schon flog der Kopf weg. Jetzt sprang er mit beiden Beinen dem Torso auf den Brustkorb. „Nimm das, Westerwelle! Kratz endlich ab, Du widerlicher Brüllaffe!“ „Na“, besänftigte ihn Pflauderer, „passen Sie ein bisschen auf Ihren Blutdruck auf, Sie sind ja völlig fertig!“ Da erkannte ich ihn erst. „Herr Doktor Mülschenkelch“, stotterte ich, „Sie hier?“ „Wie Sie sehen“, replizierte er, etwas außer Atem, aber ansonsten durchaus frohgemut auf den Besenstiel gestützt. Immerhin war der Apotheker seit dreißig Jahren Vorsitzender der FDP-Ortsgruppe. „Man braucht das von Zeit zu Zeit, wissen Sie? Und jetzt fahre ich ganz entspannt zum Bundesparteitag.“





Keine Experimente

23 06 2010

Es war dann doch alles sehr schnell gegangen, als der Euro abstürzte. Die Ruinen rauchten noch, ein neuer Bundespräsident war weit und breit nicht in Sicht, und die Bundeskanzlerin tat in einem Reflex aus Versehen das einzig Richtige: sie übernahm die Regierungsgeschäfte. Auch wenn in der gefühlten Schlussphase des bürgerlich-liberalen Kleinkriegs nichts mehr auffiel, da das Kabinett inzwischen täglich, meist kurz nach der Mittagspause, einen raschen Neustart verkündete. Angela Merkel kannte keine Deutschen mehr – was niemanden wunderte – und auch keine Parteien.

Aus Bequemlichkeitsgründen hatte man zuerst den guten alten Koalitionsvertrag aus der Schublade geholt und mit einem neuen Titel versehen: Freiheit im Sozialismus. Damit war der größte Teil der Zukunftsarbeit getan, zumindest für Guido Westerwelle; bei einem einheitlich bemessenen Durchschnittssteuersatz, dem nur die Avantgarde des Proletariats sich durch Gesetz entziehen konnte, waren sämtliche Positionen erreicht, für die er je gestritten hatte. Als stellvertretender Vorsitzender der Union des Demokratischen Sozialismus, einer Neugründung aus altem Regierungsmaterial, befasste sich der Ex-Liberale nun vornehmlich mit Sonntagsreden.

Das Volk begriff schnell, wobei vor allem die Bürger aus den alten Bundesländern sich für die Segnungen eines allumfassend sorgenden Staates erwärmen konnten. Politik wurde nicht betrieben, aber der Dauerwahlkampf, der sich wie Mehltau auf das Land gelegt hatte, nahm ein Ende. Das neu ins Amt gerufene Präsidialpolitbüro, deren Vorsitzende Merkel die ehemalige Kanzlerin in den Staatsrat berief, wo sie von der ehemaligen CDU-Chefin in einstimmiger Entscheidung zur Vorsitzenden gewählt wurde – die anderen hatten sich auf Heiner Geißler geeinigt, der als Erzfeind der CDU scharfe Ablehnung erfuhr – ernannte zunächst die Minister. Auf die Wahl von Stellvertretern wurde zunächst verzichtet; die Staatsratsvorsitzende fühlte sich sicherer, wenn die zweite Reihe hinter ihr leer blieb.

Die Medien erstatteten fleißig Bericht, wenn auch nach der Ausgliederung Deutschlands aus der internationalen Informationsgemeinschaft ein wenig das Material ausging. Das deutsche Fernsehen, das deutsche Internet bemühten sich, die Reste der deutschen Fußball-Weltmeisterschaft an den Mann zu bringen, wobei wegen der Meinungsvielfalt die Sichtweise der Partei als die einzige notwendig war, um das Publikum auf dem Laufenden zu halten. Zwar waren andere Sichtweisen als diejenige des Bundesinnenministeriums nicht direkt verboten, sie durften auch geäußert werden, sogar im Fernsehen, aber nicht mehr im deutschen. Einzig den Zeitungsverlagen machte das nicht viel aus; sie hatten bereits vorher freundlich darum gebeten, gleichgeschaltet zu werden. So teilten sie die Einnahmen der deutschen Urheber unter sich auf und waren’s zufrieden.

Auch SPD und Grüne ließen sich von den Visionen der Staatsratsvorsitzenden anstecken; sie bemerkten tief in ihren Parteiprogrammen noch ein Glimmen der Positionen, die die neue Gesellschaft jetzt vertrat. Allein die Linke verweigerte sich standhaft jeglicher Kooperation und wollte keine Experimente, nicht aus Gewohnheit, man war es auch der Wählerschaft schuldig, die mit den PDS-Nachfolgern das gute Gefühl hatte, etwas für den Sozialismus zu tun – und gleichzeitig zu wissen, dass er mit denen garantiert nie kommen würde.

Erste Erfolge kamen nach herben Rückschlägen; noch war allen in Erinnerung, wie Westerwelle bei der Zwangsvereinigung mit den Linken gescheitert war. „Ihr“, keifte der glühende Marx-Verehrer den Besuchern des inneren Bundesparteitags entgegen, „kauft mir den Sozialismus nicht ab!“ Noch rieben sich manche die Augen, wie schnell aus Sau- ein Paulus werden konnte, und nur wenige begriffen, dass bereits in der mildtätigen Zuwendung an die volkseigenen Übernachtungsbetriebe ein Keim von freundschaftlicher Solidarität mit von Verarmung bedrohten Subventionsempfängern steckte. (Andere meinten, die Versorgung in der UdDSR für Bonzen und Parteiapparat sei nur eine Fortsetzung der Hotelgeschenke und dazu noch übertrieben.) Auch das überlebensgroße Standbild in Wandlitz, die spätrömisch-golden gefasste Doppelstatue von Angela und Guido führte hinter vorgehaltener Hand zu leiser Kritik, vor allem bei den ehemals christ-sozialistischen Staatsratsmitgliedern. Doch leicht war das deutschen Volk wieder zu besänftigen in eitel Sonnenschein, wie es feststellte, dass sich alles, auch die schönsten Erinnerungen an die Zeit des Aufbaus, wiederholen kann, wenn nur die rechte politische Führung am Ruder ist. Es gab keine Bananen mehr.

Abend senkte sich über den Majakowskiring, wo die Staats- und Parteiführerin nach einem langen Tag mit den Singe- und Propagandagruppen der FDJ in Bautzen noch schnell alte Akten unter dem Teppich verschwinden ließ. Die deutsche, hübsch und demokratisch anzuschauende Republik war ein gelungener Schlussstein ihres politischen Lebenswerks und sollte nun, bei guter Pflege, über vierzig Jahre lang halten. Die Bundeskammer hatte noch schnell das Beschäftigungsprogramm zur inoffiziellen Bürgerarbeit durchgedrückt, dem Staatssicherheitshaupt würde das Personal so schnell nicht wieder ausgehen. Vielleicht, so dachte sie sich, war jetzt auch die Vision des Dicken in der Wirklichkeit geworden: Abwärts immer, aufwärts nimmer.





Rückstandsfreie Demokraten

22 06 2010

„Haben Sie sich das auch ganz genau überlegt?“ „Da gibt es nichts mehr zu überlegen.“ „Aber denken Sie auch an die Folgen – werden Sie mit den Folgen zurechtkommen? Und nicht irgendwann wünschen, Sie hätten damit noch einmal gewartet?“ „Ach, da gibt es nichts mehr zu warten, wir hätten es schon viel früher tun sollen. Die Sache ist doch schon erledigt. Wenn es nicht mehr geht, wenn man wirklich nur noch die tägliche Konfrontation und diese Aussichtslosigkeit, die Selbstanklagen, wissen Sie – nein, es geht nicht mehr! Wir wollen die FDP auflösen. Lieber jetzt als nie.“

„Wie sind Sie zu dem Entschluss gekommen?“ „Es hat sich lange hingezogen, wissen Sie – wir haben nichts erreicht. Alles, woran wir geglaubt haben, ist nicht mehr da.“ „An Steuersenkungen, nehme ich an?“ „Auch das, ja. Aber unser, wie sagt man heute? unser Markenkern hat sich in Nichts aufgelöst.“ „Ihr Markenkern?“ „Dieses, warten Sie, ich hatte es mir aufgeschrieben: Liberalismus.“ „Sie denken, die FDP sei letztens eine liberale Partei gewesen? In welchem Jahrhundert leben Sie denn?“ „Ich bin eben noch nicht so lange in der Partei, bitte sehr! Und seitdem Westerwelle Vorsitzender ist, hat sich die Sache ja sowieso nochmals völlig geändert. Es ist ja eher so, wie soll ich sagen – es hat ja nicht mehr so viel mit Politik zu tun.“ „Nicht?“ „Nein, wir wollen doch alle nur eine Pension. Wenn man nur ein mittelmäßiges Jurastudium hat, was soll man da groß mit sich und seinem Leben machen?“ „Einzusehen. Aber bleiben wir beim Liberalismus, haben Sie da keine Hoffnungen mehr?“ „Was soll denn da noch kommen? Ich verstehe nichts davon, aber in der Parteizentrale sagen sie, die Grünen sind gerade dabei, die Rolle als klassische liberale Partei zu verspielen.“ „An wen?“ „Keine Ahnung. Kann sein, dass die Piraten inzwischen originaler sind als die grüne Kopie, die aus den Neunzigern kam.“

„Das Problem ist, dass Sie keine Marktlücke mehr finden?“ „Auch. Vor allem ist es inzwischen gar nicht mehr möglich, noch genuine Positionen für eine Partei zu erobern. Schauen Sie sich den Verbraucherschutz an: grün, aber jetzt bei der CSU. Das geht doch so nicht, da muss doch der Staat…“ „Sie rufen nach dem Staat, weil es so nicht funktioniert, wie Sie es sich gedacht hatten? Ja, dann kann ich schon verstehen, warum Sie Ihren Laden dichtmachen wollen.“ „Wie, was ist daran falsch?“ „Abbau von Reglementierungen, von Subventionen – hat eigentlich Frau Leutheusser-Schnarrenberger ihre lustigen Überlegungen zum Leistungsschutz beim kostenlosen Hotelfrühstück verfasst? – das Ende der staatlichen Behinderungen bei der Gewerbefreiheit, hatten Sie da irgendwo etwas außer Umverteilung nach oben im Sinn? Und wenn ja, warum haben Sie es nicht umgesetzt?“ „Das Primat des freien Marktes haben wir aber doch immer im Auge! Schauen Sie, wir haben es in der Sozialpolitik und im Gesundheitswesen…“ „Das ist es ja. Und Sie fragen sich ernsthaft, wie die FDP in so kurzer Zeit scheitern konnte?“

„Was hätten wir denn machen sollen?“ „Sich an den Namen auf der Verpackung halten.“ „Demokratisch?“ „Auch. Mit der Freiheit gab es schon genug Probleme.“ „Wir haben den Menschen doch jede Menge Freiheiten gegeben! Sie sind frei, sich einen gut bezahlten Job zu suchen, sie können sich privat krankenversichern, sie können ihre Einkommensteuer außerhalb…“ „Weil sie positive und negative Freiheiten gerne unterscheiden, wenn es um ihre Klientel geht?“ „Natürlich, positives Denken hat die Menschen immer weiter gebracht.“ „Nur, dass negative Freiheiten für eine Gesellschaft konstituierend sind: die Freiheit von Zwang.“ „Das bestimmt jeder selbst. Leistung muss sich lohnen!“

„Gut, fassen wir zusammen: Wirtschaftsminister und Außenminister, die üblichen Sachen kriegen die anderen Parteien ohne die FDP auf die Reihe.“ „Ich fürchte, Sie haben Recht.“ „Bei Kultur und Bildung und allen diesen Ressorts, bei denen man etwas Richtiges studiert haben muss, um nicht peinlich aufzufallen, hat Ihre Partei nichts zu melden.“ „Immerhin haben wir bei der Entwicklungshilfe…“ „Das Ministerium wollten Sie abschaffen, und die Besetzung ist dementsprechend.“ „Hmja. Doch.“ „Also, was soll’s: die FDP ist eine Verpackung ohne Inhalt, eine Ansammlung miserabler Juristen, die ohne Politik elend verhungern würden. Ein Kostenfaktor, den man ersatzlos streichen könnte, ohne dass es jemand bemerken würde. Ein Haufen Lautsprecher, der wirre Wirtschaftskonzepte aus dem vergangenen Jahrhundert in die Gegend kräht und auch ansonsten nirgends durch Kompetenz auffällt. Sie liefern Spekulationen, schachern sich Posten zu, greifen in die öffentlichen Kassen und versuchen sich schließlich noch darin, mit Ihren sozialdarwinistischen Hassparolen die Gesellschaft zu dirigieren, was der Staat nie, niemals zu tun hat, auch dann nicht, erst recht dann nicht, wenn er der Staat sein will, der sich aus Unverständnis seiner eigenen Rolle abschaffen will.“ „Ja, das trifft es.“

„Und was haben Sie jetzt vor? Ich frage nur, vielleicht können wir nach Ihrer Löschung gleich eine Neugründung registrieren.“ „Wir dachten an politische Neuausrichtung als Bürger-Rechtspartei. Das macht es einfach, wieder Sachen zu verkaufen, die wir nicht haben.“ „Begreife. Und wenn Sie sich abwracken ließen? Rückstandsfreie Demokraten? Das bringt noch ein paar Kröten in die Parteikasse – nötig haben Sie’s ja.“ „Stimmt, das wäre eine Überlegung wert.“ „Aber sagen Sie mal, was machen sie mit Ihrem Vorsitzenden?“ „Ach, der Westerwelle – die letzten Jahre hat ihn die Wirklichkeit eh kaum mehr besonders interessiert.“





Schutzgeld

21 06 2010

„… alle Rahmenbedingungen sich als gut erwiesen. Die Parlamentarier wussten überhaupt nicht, worum es ging, einige hielten es für ein Paket zur Abwehr von Elektrizitätsdiebstahl, ein Dutzend FDP-Leute dachte, das Gesetz erlaube ab sofort Korruption, und letztlich stimmten alle für den Leistungsschutz, mit dem Presseverleger nun die Monopolisierung der Sprache zügig…“

„… keiner weiteren Erwähnung, was Niveau und Kompetenz der Legislative angeht, kann man sich sicher sein, dass vornehmlich hirnverbrannter Unsinn so in Gesetzesform gepresst wird, wie es…“

„… schon durch die Abschaffung des §44a im Urheberrechtsgesetz eine neue Sachlage ergibt, vorübergehende Vervielfältigungshandlungen als regelmäßig nicht mehr vorübergehend anzusehen, so dass allen Handlungen, die keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben, nun eine solche unterstellt werden kann, mit dem Ergebnis…“

„… ist laut Rechtsgutachten klar, dass auch Satzteile oder einzelne Worte schutzwürdig sind – so verneinte das Gericht zwar die Schöpfungshöhe des Begriffs ‚Steuersenkung‘, befand aber dennoch, dass die Zeitungsverlage sich schützen lassen können, was sie wollen, schließlich sei es ihr Gesetz. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger zeigte sich von dem Präzedenzfall sehr angetan, da die FDP gerade ihre Steuerpläne aufgegeben habe und nun auch keine Gebühren mehr für die Verwendung zahlen…“

„… aus gut unterrichteten Kreisen verlautbart, die Kanzlerin habe getobt, da es ein Unding sei, ‚Merkel‘ zu schützen. Die Zeitungsverleger zeigten sich bereit, eine gemeinsame Lösung im Sinne der Regierungschefin zu suchen, beispielsweise einen Zahlungsaufschub für Kabinettsmitglieder, wenn im Gegenzug die Schutzgebühren verdreifacht würden. Dem arbeitslosen Schlosser Wilfried Merkel aus Reutlingen hilft das nicht, er muss weiterhin jedes Mal, wenn er sich am Telefon mit Namen meldet, 35,50 Euro an die…“

„… nicht mehr zu eruieren, um wen es sich handelte, denn der Passant, ein ungefähr 20- bis 75-jähriger Mann mit Glatze, Oberlippenbart und blondem Mittelscheitel, der die Tageszeitung am Kiosk erstanden hatte, war viel zu schnell unter den Reisenden im Hauptbahnhof verschwunden, und konnte nicht mehr mit letzter Sicherheit festgestellt werden, ob er eben diese Gazette nur einfach in der Hand gehalten – wofür sie ja vorgesehen ist – oder sie aufgeschlagen, ja verbotenerweise sogar darin gelesen habe, wenngleich er den dafür fälligen Zuschlag nicht an der Stempelstelle…“

„… in ihrem Café insgesamt zwanzig in- und ausländische Tageszeitungen bereithielt. Sie leugnete die Tat nicht, ja es schien überhaupt kein Unrechtsbewusstsein bei der Besitzerin vorhanden, die offenbar bereits seit Jahren Presseerzeugnisse zu Lesezwecken ausgab und dennoch keinerlei Leistungsschutzabgaben an die Verlagskonzerne abführte – diese Tatbestandteile ließen das BKA in einer ersten Stellungnahme von gewerbsmäßigem Medienkonsum sprechen, der Bundesverband der Zeitungsverleger nannte es gar einen besonders widerlichen Fall von organisiertem…“

„… diplomatischen Verwickelungen gekommen, da ein bekanntes Boulevardblatt der Axel Springer AG schon am folgenden Tag mit der Schlagzeile Schlagt die Drecksau doch tot! aufmachte; die deutsch-israelischen Beziehungen drohten erheblichen Schaden zu nehmen, zumal sich der Vorstandsvorsitzende Döpfner auch noch öffentlich für eine erheblich verschärfte…“

„… nur vordergründig amüsant, wie der OSZE-Beobachter konsterniert feststellte, dass in der Debatte über Agrarsubventionen für Teckelzüchter der SPD-Abgeordnete wie üblich mit ‚Das Wort hat der Abgeordnete Hinzpeter‘ angekündigt wurde, worauf sich der Beobachter vom Verband deutscher Zeitschriftenverleger mit dem Aufschrei ‚Haltet den Dieb!‘ fast von der Zuschauerempore…“

„… möglicherweise in eine entscheidende Phase geht, wenn Hans-Herbert Luffenberger, der die in zwei Exemplaren erscheinende Neue Haus-Postille für den civilisirten Bürgersmann mit seinem eigenen Verlag anführt, tatsächlich ‚Obama‘ rechtlich geschützt haben sollte, wie sein Anwalt gestern verlauten ließ, und nun seinerseits gegen die deutschen Zeitungsverleger vorgehen will, die trotz Abmahnungen nicht davon ließen, den Namen des Friedensnobelpreisträgers weiterhin…“

„… ungewöhnlich harte Replik, die Kenner der Szene erstaunte; die Rechtsvertreter der zu einer Interessengruppe zusammengeschlossenen Verlage kündigten an, Luffenberger, so wörtlich in der Pressekonferenz, ihn aus der Presselandschaft auszumerzen. Als besonders erschreckend sahen die internationalen Vertreter den Streitwert an, dessen Höhe selbst Korrespondenten aus den Vereinigten Staaten von Amerika als eine geradezu lächerliche Machtdemonstration erschien, mit der…“

„… sich keine Freunde damit machte, dass sie während des gesamten ersten Verhandlungstags den Richter mit Beschimpfungen davon abzubringen suchte, den Namen des US-amerikanischen Präsidenten ohne Zahlung von Leistungsschutzgeld im Sitzungssaal auszusprechen. Als die Anwältin schließlich den Richter offen bedrohte, eskalierte die Situation, so dass die…“

„… niederschmetternde Wirkung auf die andere Seite, denn das Urteil ließ es nicht an Deutlichkeit mangeln: künftig werden die Zeitungs- und Zeitschriftenverlage für die Nennung von ‚Obama‘ zahlen müssen, die wegen des hohen Streitwertes bereits auf 23 Millionen Euro angewachsene…“

„… sich offenbar kurz nach Verkündung des Urteils auf dem Gerichtskorridor mit einer Pistole in den Kopf schoss. Jede Hilfe kam zu spät, der Arzt konnte lediglich Döpfners Tod feststellen. Es kann nur gemutmaßt werden, ob möglicherweise private Probleme zu dieser Tat…“