
Gernulf Olzheimer
Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.
Instinkt und Dressur, Zivilisation und Fernsehen haben es oft nicht leicht, den Menschen zu einem zielgerichtet handelnden Wesen zu machen, und es soll doch nicht verschwiegen werden, was man sich bisweilen nur hinter vorgehaltener Hand zuraunt: er neigt mitunter zur Vernunft. Zwar sind diese Phasen oberflächlich und lückenhaft, jedoch vergehen sie dafür auch schnell wieder. Lass den freilaufenden Bürger etwas Unsinniges erledigen, Fußball, den Besuch im Heimwerkermarkt oder einen Parteitag der FDP, er reguliert sich selbst auf Nullniveau. Es ist alles ganz einfach.
Aber wehe, die Mischpoke aus Besserwissern und Ramschjuristen mit gluteal eingewachsenem Parlamentssessel pfriemelt sich aus Unverstand und Populismus etwas zurecht, was bei einer einfach strukturierten Klientel als Vernunft durchgehen soll. Gewalt, sie erklären uns die Welt neu, und das auch noch so, wie sie es verstanden haben, nämlich gar nicht – das in der Verwaltung verklappte Prekariat mit Promotion ohne Portefeuille biegt sich die Welt mit der argumentativen Brechstange in Form und turnt dem Stimmvieh verantwortungsvolles Tun vor, während die Weichstapler nur ihr hirnweiches Gebrökel in die Menge kippen, die brav schluckt, weil sie es nie anders gelernt hat. Ökosteuer, Mülltrennung, Dosenpfand – alles, was grün, was gesund, was supi klimaneutral, allein dies Wort!, oder sonst wie prima gesund ist, wird in den Korb gekippt und auf Kredit gekauft. Wozu auch immer.
Die neue Nichtraucherschutzhysterie, denn das ist sie, zeigt trefflich, wie die Radikalisierung schon programmgerecht schnurrt: vorgekautes Volk plärrt Hurraparolen, denn die vielen Passivnichtraucher werden jetzt auch da geschützt, wo sie überhaupt nie wären, in Raucherkneipen oder Örtlichkeiten, in denen die Konsumenten sich Fluppen in die Lunge stopfen, unbemerkt vom Sauerstoffverbrauch der anderen, die auf Jaul- und Hauenseuche sind. Das alte Muster, wo der Untertan auf seiner Kriechspur das Glück findet, es zieht auch hier: weil ich nicht will, dürfen die anderen auch nicht. Gewiss, es ist töricht, Tabak zu rauchen, wie es auch ein Vorrecht der Bekloppten sein mag, aufgemotzte Kfz im Kreis herumrödeln zu lassen und sich diese Veranstaltung für Publikum mit IQ-Optimierungsbedarf von den Rängen eines Asphaltstadions reinzuziehen – dass weder Bonobos noch Bartmeisen sich derlei Unsinn in die To-do-Liste packen, spricht für ihre Priorität gegenüber plattfüßigen Stadtbewohnern in Plaste und Kleinkaro. Aber unter dem Deckmantel des allgemeinen Schutzbedürfnisses dem Nikotinjunkie zu verbieten, unter Ausschluss passiv rauchender Opponenten Zigarettenrauch zu inhalieren, ist das Gegenteil von Autonomie: Zwang wider besseres Wissen und jegliche Ansätze von Vernunft.
Die Dompteure hätten sicher noch jede Menge zu tun, um den Eseln zu bedeuten, dass sie von ihresgleichen regiert werden. Was lägen da für Felder weit und offen – den Bescheuerten, die ohne Schnaps und Bier nicht leben können, in die Birne hämmern, dass sie vom Ethanol matschig werden, im enthemmten Status widerliche Straftaten und unmoralisches Zeug begehen und als Schafe in der treuen Herde nicht mehr taugen, vorausgesetzt, dass nicht gleichzeitig die Arbeitsplätze von Brauereien, Weingütern und Brennereien eine Rolle in der Diskussion spielen. Freilich könnte der im Feuer des Biodieselanbaus gehärtete Edelgutmensch auch dem Fleischgenuss den Kampf ansagen, ist es doch die politisch unkorrekte Gasbefüllung des Darms, die das Wegklappen der Regenwälder für billige Steaks so pfui macht – freilich nur im alten Europa, die US of A dürfen weiter mit Gehacktem die Schleimhaut auspolstern, da sie offensichtlich auf einem anderen Planeten vegetieren. Nein, sie haben nichts Besseres zu tun, als Ernährungsampeln auf Fertigfutterpackungen zu schwiemeln, damit man übersalzene, vor Zucker quietschende Analogkäse-mit-Froschnasenhaar-Farbstoff-Knabbersnacks, die pro Häppchen das Ekeläquivalent einer elfstöckigen Marshmallowtorte transportieren, als angemessen fetthaltig unter die Fresserschar schleudern kann, auf dass die Beknackten keine Probleme haben, dermaleinst rein massemäßig den Rest der Nation von der Erdscheibe zu schubsen. Es wäre so leicht, es ist so leicht, und genau deshalb wird es so sein.
Dabei ist der Versuch der Zwangsbeglücker, das Gute auch als das Wahre erscheinen zu lassen, an Untauglichkeit nicht zu überbieten. Sie reden uns ein, dass in Acht und Bann geschlagene Raucher, denen man notfalls mit jeder Menge Kohle die Volksgesundheit einpustet, der Allgemeinheit die Bilanz verhageln, wo doch Grundschulmathematik ausreicht, um zu beweisen, dass Raucher so eklatant viel früher sterben, dass die Krankenversicherungen sich an ihnen gesundstoßen – würde man Kippen wie einst als Lifestylegenuss propagieren und mit der elenden Bevormundung aufhören, wir hätten ein Heer von Rauchern, die durch sozialverträgliches Verglimmen im großen Aschenbecher des Daseins die Boni der Versicherungsaktionäre durch die Decke krachen ließen, denn darauf kommt es ja an; wer das Märchen mit dem Versichertenschutz glaubt, wird sicher auch die Story mit dem Mann im roten Mantel und den Rentieren nicht ganz aus der Luft gegriffen finden. Die Argumentation der Lobbyisten ist ähnlich an den Zähnen schmerzend wie die Begleitmusik zum Glühlampenverbot, das simultan den Umwelt-GAU installierte. Es geht nicht um Vernunft, es geht darum, dass ein paar korrupte Drecksäcke ein dünnes Mäntelchen über ihre Raffgier zumpeln können.
Demnächst werden sie die Dicken auf der Straße verprügeln und ihnen die Arztkosten dafür in Rechnung stellen, damit der Laden wieder brummt. Sie werden den Grad der Hirnverdübelung langsam immer weiter vorantreiben und mit geschickt lanciertem Dünnsinn die Ausleierung der Grenzen testen. Jüngst warnen Ärzte vor dem Gebrauch von Vuvuzelas, die wegen ihres Dauerkontaktes mit bieriger Lungenabluft als Keimschleudern zu gelten hätten und, hier droht unmittelbar Weltuntergang, bei Dauergebrauch den Asthmatikern gefährlich werden können. Ob der Freistaat Bayern auch seine Blaskapellen als kriminelle Vereinigungen vor die Kassenärztliche Vereinigung als Schnellgericht zu zerren versucht, ist noch nicht entschieden. Die Zeit der letzten Posaune könnte aber bald anbrechen.
Denn letztlich gilt es nur der Konditionierung. Er soll nicht mehr rauchen, der Bescheuerte, nicht trinken, kein Fleisch essen. Er soll auf alles verzichten, damit er von dem bisschen Kohle, das er überhaupt hat, die nächste Gesundheitsreform bezahlen. Wenn er sein gesundes Leben bis dahin überhaupt ausgehalten hat.
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