„Na, das ist erst mal nur der Anfang – wir können doch nichts alles auf einmal machen. Wie stellen Sie sich das denn vor! Die Bürgerinnen und Bürger in diesem unserem… sehen Sie? Jetzt rede ich schon genau denselben Blödsinn wie die Merkel daher. Es wird wirklich Zeit, dass hier jemand für Ordnung sorgt, so geht’s ja nicht weiter!
Das Gefüge ist nicht mehr zu überblicken, da werden ja täglich Leute ausgetauscht und Posten geschoben und gewechselt, es ist schwierig. Ich sag’s mal so: gestern haben Sie jemanden noch wie Dreck behandelt, weil Ihr Abteilungsleiter da so angeordnet hat, und heute ist der plötzlich der Chef vom Chef vom Chef, und der Abteilungsleiter – na, Sie wissen schon, wie ich’s meine. Das ist aber auch wieder ein Wirrwarr! Der Ulrich Wilhelm, wissen Sie, dieser Regierungssprecher, der wird doch jetzt Intendant beim Bayerischen Rundfunk, und deshalb haben die sich den Dings geholt, den – na! ich kann mir den Namen noch nicht merken, warten Sie, hab’s gleich, der da im ZDF schwallt. Seibert! Richtig, ja.
Von wegen kluger Schachzug! Rochade, mehr ist das doch nicht. Stellungsspiel, die Merkel will doch nur mal zeigen, dass sie die hin und her schubsen kann, wie sie will. Und sie macht ja alles kaputt. Erst Wulff, dann Seibert – ich weiß nicht, wie sie es schafft, einen nach dem anderen in den sozialen Suizid zu treiben. Das ist doch wie Frühpensionierung, was soll denn ein Ex noch groß machen? In die Wirtschaft?
Überhaupt, der Wulff ist als Bundesprätendent ja echt ’ne Marke. Kaum im Amt, schon nach Südafrika fliegen, als sei es Staatsauftrag, und dann in der DFB-Konferenz herumlungern, als hätte ihn einer eingeladen. Und dann diese Nummer mit dem Orden für die Galerie – haben Sie das gesehen? Es ist zum Schreien! Für diesen Populismus brauchen wir einen neuen Grüßonkel, der die Brücken baut, die wir gar nicht bräuchten, wenn die Merkel und ihre Herde nicht ständig Gräben in die Landschaft regieren würden? Und dann faselt da jemand noch von Respekt vor dem Amt, und die setzen da einen Arschkriecher hin, der mal eben so für laue Luft sorgen soll, während hier ein gescheiterter Hausarzt den Versicherungsaktionären Kohle reinstopft, bis die sich nicht mehr bewegen können?
Sie sollten mal sehen, was die noch auf dem Zettel haben. Da rennen Sie aber schreiend weg. Hier: Gottschalk kriegt die neue Arbeitslosen-Show im ZDF, dafür wird die sogenannte Bürgerarbeit – ganzjähriges Schneeschippen nach FDP-Manier – eingeführt. Oder die Bundeszentrale für politische Bildung, brauchen wir nicht mehr, reicht ja aus, wenn die Leute blöd bleiben, dafür macht jetzt Guido Knopp das komplette Vorabendprogramm. Günter Jauch war anscheinend schon besetzt. Aber dafür werden sie Barbara Salesch als Sozialrichterin hochstilisieren, die den Arbeitslosen beibringt, dass das Grundgesetz für sie nicht gilt. Eine gute Truppe, eine Topbesetzung für die beschissenste Komödie der Welt. Das muss doch was werden, oder?
Ja was – Sie halten das für einen schlechten Scherz? Und wenn ich Ihnen unter der Hand so ganz unverbindlich zu verstehen gebe, dass die Truppenverluste in Kundus in Zukunft von Lena Meyer-Landrut gesungen werden?
Die Hauptsache ist, dass diese Gurkentruppe überhaupt nicht mehr performt. Sie warten auf dies und jenes, Sie stellen sich wahrscheinlich vor, jetzt kommt ein ganz neues Gesetz, das das Wachstum beschleunigt, vielleicht auch außerhalb der Hotels, und dann kommt immer noch nichts, und dann sagt Westerwelle, das sei alles schwulenfeindliche Hetze und man würde gar nicht bis zur Wahl warten und er sei immer noch Vizekanzler und das sei eine schwere Beschädigung für Deutschland und – wo war ich? richtig! – sagt also Westerwelle, es sei ein Fehler gewesen, auf die Wahl zu warten, und dann kommt da ein Sparpaket, und was ist das? Nischt. Die hauen sich da doch einen Murks zusammen, das geht auf keine Kuhhaut, und dann sollen es die Hofprediger richten? Was erwarten denn die? Dass sich ihre elende Grütze in der Regierungserklärung zu Gold verwandelt? Haben die Drogenprobleme?
Meinetwegen können die den ganzen Tag lang russische Zeichentrickfilme im Fernsehen zeigen, davon wird’s doch nicht besser. Was stellt denn die Merkel sich vor? Dass das alles genau so ist wie in ihrer DDR? Dass dieser ganze Kernangriff auf den Sozialstaat in den Griff zu kriegen ist mit der Berlusconi-Variante der Aktuellen Kamera: ‚Das Gummischuhkombinat VEB Nadeschda Krupskaja aus Gera-Zwötzen vermeldet soeben eine Plansollübererfüllung an linken Gummischuhen um 832 Prozent. Der Vorsitzende des Ministerrates der DDR Horst Sindermann teilte in seiner Grußbotschaft mit, damit habe man den von Hass und Kriegstreiberei besessenen kapitalistischen Klassenfeind endlich eingeholt und werde diese Aufbauleistung nutzen, um dem antifaschistischen Friedenskampf der Brudervölker der siegreichen UdSSR und dem Sozialismus zu dienen.‘
Es ist ja gar nicht dieser Schachzug, es ist doch nicht das Personal. Es ist doch nicht, dass sie ein paar Typen verschleißt und kaputt macht und erwartet, sie und ihre Pickelfresse könnten auf die Dauer so weitermachen. Geschenkt. Es ist, dass sie es so unverhohlen tut, dass sie das Geschacher so öffentlich ausbreitet und so schamlos zeigt, was die geistig-politische Wende einer Pseudoelite ohne bürgerliche Tugend ist: der utilitaristische Verzicht auf störende Moral. Und wissen Sie was? Mich kriegt sie nicht. Ich quittiere jetzt den Dienst.“
Satzspiegel