„Ach was, das wird es nicht geben. Das ist doch noch nie gut gegangen.“ „Bitte? pro NRW? DVU? Republikaner? NPD? Alles nicht gut gegangen?“ „Na, aber wer hat sich denn da wirklich etabliert? Das ist doch alles Schill und Rauch.“ „Wo Sie gerade Schill sagen – er war innerhalb kürzester Zeit an der Regierung.“ „Dafür war er aber auch schnell wieder weg vom Fenster. Da haben es die richtigen Nazis schon länger ausgehalten.“
„Wie dem auch sei, es gibt das Potenzial. Die CDU hat es ja selbst so gewollt.“ „Die CDU? Sie können wohl Angela Merkel nicht für eine Herde rechter Spinner verantwortlich machen.“ „Ach was? Mal ist sie sozial, mal ist sie liberal und mal ist sie sogar christlich – aber Hauptsache, es ist kein Profil mehr zu erkennen!“ „Das ist ein Problem der Kanzlerin.“ „Könnten Sie mir noch kurz den Unterschied zwischen CDU und Merkel erklären? Falls die Merkel da noch etwas zu erklären gelassen hat?“ „Sie übertreiben, schließlich gibt es immer noch eine Menge populärer Politiker in der CDU.“ „Von denen wer die Leitlinie mitbestimmt?“
„Wen sehen Sie hier in der zweiten Reihe? Sarrazin?“ „Durchaus. Ein Verfemter, der sich zum Märtyrer hochstilisiert, zieht die dumme Masse an. Die NPD macht es nicht anders, sie fühlen sich auch immer unverstanden und leiden dekorativ, wenn mal wieder einer von ihnen wegen Volksverhetzung in den Bau wandert.“ „Wolfgang Clement?“ „Beispielsweise. Er ist ja seinem großen Vorbild Goebbels bis in die Elektrizitätswerke nachgekrochen.“ „Friedrich Merz?“ „Allerdings, verfemter kann man ja gar nicht sein.“ „Roland Koch?“ „Jede Partei braucht einen Clown. Wenn man diesen Schweinerüssel nach vorne schöbe, die Leute wären beruhigt, weil sie wüssten: er lügt sowieso.“ „Das reicht für zwanzig Prozent?“ „Das könnte durchaus der Fall sein.“
„Wie wollen die das Ding nennen? Auch wieder so ein Pro-Nomen?“ „Es würde passen. Es kürzt das Richtige ab.“ „Das wäre?“ „Partei rechter Opportunisten.“ „Und die stehen dann für was?“ „Unwichtig. Die stehen gegen etwas. Gegen Ausländer, gegen Freiheit, gegen die Verfassung. Gegen Demokratie. Pro Contra.“ „Das würde doch nicht lange funktionieren.“ „Wann haben Sie sich zum letzten Mal die Wahlergebnisse in den neuen Bundesländern angesehen? Die Stimmen für die Neonazis?“ „Das können Sie doch aber nicht vergleichen!“ „Nein, da haben Sie Recht. Die NPD fordert nicht die biologische Ausrottung deutscher Staatsbürger, wie es die kommenden Rechten tun werden.“ „Wie? Deutsche? Aber die sind doch…“ „… genauso arbeitslos wie alle anderen, richtig. Man braucht sie. Bis zu einem gewissen Punkt. So, wie man die Migranten braucht, denn sie sind nützlich für den politischen Aufstieg.“ „Aber sie wollen die Ausländer doch rauswerfen.“ „Wollen sie? Sie scherzen. Ohne Migranten stünden sie nackt da.“ „Warum?“ „Weil sie einen Sündenbock brauchen. Weil sie etwas brauchen, worauf sie einschlagen können. Etwas, was sich nicht wehrt. Was sich klar definieren lässt.“ „Deshalb nehmen sie Migranten?“ „Sie haben ein klares Ziel: die Ausländer aus dem muslimischen Kulturkreis. Auch wenn jeder weiß, dass das nicht der spezifischen Kultur der Länder entspricht.“
„Wenn Sie sagen, dass die Rechten diese Sündenböcke brauchen, was machen sie denn, wenn alle Migranten integriert sind? oder wenn sie einfach alle abgeschoben wurden? Warum sollte man denn dann die noch wählen?“ „Sie haben schnell begriffen. Warum nimmt man sich Migranten, Terroristen, große Gefahren als das Schreckgespenst, das man bekämpfen will? Warum nicht die Wirtschaftsbosse, die mit ihrer Gier den Arbeitsmarkt zerstören? Warum nicht die Bänker, die das Volk ausbluten lassen und offen Geld für ihre kranken Hasardspiele einfordern? Na?“ „Weil die meisten Politiker sich gerne von Bonzen und Bänkern bestechen lassen?“ „Das auch, aber nur nebenbei. Nein, der Grund ist ein anderer. Sie sind nicht zu fassen.“ „Wie, nicht zu fassen? Nicht greifbar? Nicht angreifbar?“ „Richtig. Sie können Terroristen nicht über den ganzen Erdball jagen. Sie kriegen auch nie alle Migranten aus dem Land raus. Schon gar nicht, wenn das Verfassungsgericht Ihnen nicht Recht gibt, wenn politisches Asyl gewährt werden muss, wenn das EU-Recht davor steht, wenn Sie nicht diplomatische Schwierigkeiten mit anderen Ländern riskieren wollen, kurz: es geht nicht. Sie können so laut, wie Sie wollen, gegen Ausländer hetzen. Sie kriegen die nicht weg. Der Sündenbock bleibt. Und Sie werden immer wieder gewählt. Immer wieder. Immer wieder.“
„Wozu aber sollen hier Deutsche angegangen werden?“ „Denken Sie nach. Denken Sie weiter. Was ist, wenn irgendwann nach zwei, drei lauen Ankündigungen nichts passiert?“ „Sie brauchen einen neuen Sündenbock?“ „Genau. Und wer würde sich besser eignen als die Unterschicht.“ „Das heißt, dass das verdummte Prekariat irgendwann seine eigenen Henker wählt? Das ist ausgeschlossen!“ „So? Und wie war die NSDAP aufgestiegen?“ „Sie können das doch wohl nicht vergleichen.“ „Ein kleiner, pöbelnder Mann mit schiefem Maul und einem hässlichen Schnauzbart, der die faulen Ausländer raushaben will und weiß, dass die Juden andere Gene haben, wann hatten wir das noch mal? Und warum glauben Sie, dass Sie diese Partei unbedingt werden wählen müssen, damit sie an der Macht bleibt?“
Satzspiegel