„Das macht der Gabriel nicht. Jede Wette!“ „Sie glauben wohl, die SPD fragt den vorher? Träumen Sie weiter, Mann!“ „Ich sage Ihnen, das macht der nicht mit. Und ob die Merkel da mitspielt – das wird nichts. Die will Kanzlerin bleiben.“ „Kann sie doch. War sie vorher ja auch.“ „Aber nicht so. Also nicht so, wie… nicht so richtig.“ „Und deshalb wird sie ja auch nichts einzuwenden haben gegen eine neue große Koalition.“
„Wie soll man sich das denn vorstellen? Die Kanzlerin setzt der FDP die Pistole auf die Brust und schmeißt sie raus?“ „Warum so kompliziert? Sie kann sie doch jetzt schon vor die Tür setzen.“ „Weil die den Koalitionsvertrag gebrochen haben?“ „Weil Westerwelle mit seinem Job genau so überfordert ist wie der Rest der ganzen Bagage.“ „Sie meinen, die bekommen Bagatellkündigungen wie dieser Mann mit der Frikadelle?“ „Eher ein konstruiertes Misstrauensvotum.“ „Sie sägen die Tigerenten-Koalition in der Mitte durch und schmeißen den gelben Teil in den Müllschlucker?“ „So ähnlich. Und dann kann man endlich wieder von einer stabilen politischen Mehrheit in dieser Demokratie ausgehen, wenn nicht mehr diese Fünf-Prozent-Lavierer dran sind. Das ist, als gingen Sie mit einem Rudel Zwerge über ein zu weites Drahtgitter und wunderten sich, warum es immer weniger werden.“
„Meinen Sie nicht, die SPD würde lieber mit den Grünen zusammengehen?“ „Meinen Sie nicht, die Grünen würden lieber mit der CDU koalieren? Dann wäre doch wenigstens die ganze Diskussion um die Grünen beendet.“ „Es gäbe sie hinterher nicht mehr.“ „Sehr wahrscheinlich. Dann müssten die Koalitionspartner sich mittelfristig auch nicht mehr so große Sorgen machen, in der Opposition zu landen.“ „Sie meinen eine Konstellation wie in den Vereinigten Staaten?“ „So ähnlich; mal sind die einen an der Regierung und die anderen sind der Juniorpartner, oder wir haben nur noch zwei, dann zählt irgendwann nur noch, wer gerade den Kanzler stellt, der Rest übernimmt ein bis drei Ressorts und ist vier Jahre später wieder am Drücker.“ „Das wird der FDP aber gar nicht passen.“ „Ach ja, die FDP – eine der größten Volksparteien unter fünf Prozent. Die werden natürlich toben, aber man wird es nicht so sehr hören.“ „Das wird die Sache natürlich etwas übersichtlicher machen.“
„Natürlich müsste man dann auch die Posten neu besetzen.“ „Was schwebt Ihnen da so vor? Haben Sie eventuell Pläne, das alte Kabinett Merkel wieder zu installieren?“ „Noch mal elf Jahre Ulla Schmidt? Mein Gott, bei der Laufzeitverlängerung bräuchte die Frau einen eigenen Ausstiegsvertrag!“ „Und was wollen Sie stattdessen machen?“ „Es werden einfach alle Minister ersetzt, die mangelnde Kompetenz oder Unfähigkeit gezeigt haben oder sonst wie nicht geeignet sind, ein Ministeramt zu bekleiden.“ „Also alle?“ „Mehr oder weniger. Ein Innenminister, der über die eigene Kriminalpolizei stolpert und die Kanzlerin nicht informiert – ein Finanzminister, der sie mit Tricksereien düpiert und seine mangelhaften Kenntnisse von Notenbank- und Währungspolitik gerne öffentlich breit tritt – ein Pomadenfuzzi, der vom Lebenslauf bis zum Bombenangriff lügt, sobald er ein Mikrofon sieht – und dann noch Pofalla.“ „Pofalla?“ „Wenn Sie dem Mann einen Aushilfsjob als Nacktschneckenzähler geben, dann müssen Sie aufpassen, dass die Pausen kurz genug sind, sonst müssen Sie den hinterher neu anlernen.“
„Warum sollte das die Kanzlerin machen?“ „Weil sie dann wieder auf dem fliegenden Teppich oberhalb der Bundesregierung schweben kann. Unter ihr wird Politik gemacht, und sie kann die Konflikte weglächeln mit ihren gemeinsamen Lösungen, die die Bundesbürgerinnen und Bürger für eine nachhaltige Zukunft in Europa, das ja als Kontinent der Toleranz, oder irgendwie so.“ „Die Wähler lieben sie, weil sie sie nicht in Verbindung bringen mit der Grütze, die das Kabinett veranstaltet. Oder warum, glauben Sie, waren drei von vier Wählern von Merkel begeistert, während 75% die Bundesregierung ablehnten?“ „Sie bringen die Merkel mit Politik nicht mehr in Verbindung. Und genau deshalb wird sie auch jetzt scheitern.“
„Und Sie denken, das sei im Interesse von Angela Merkel?“ „Nein.“ „Aber Sie haben doch eben gesagt, das sei das bevorzugte Modell?“ „Für die CDU. Die wird es – wir gehen mal davon aus – auch noch nach Merkel geben.“ „Warum sollte die CDU jetzt auf die große Koalition setzen? Mit den Grünen wäre sie doch auch regierungsfähig.“ „Nur, dass die sämtliche Eigenschaften der FDP schon so verinnerlicht haben, dass sie langsam zu Neo-Liberalen werden. Sie eiern um Wahlversprechen und Grundsatzaussagen herum, stimmen aus Raison gegen ihre eigenen Überzeugungen und verkaufen diese Kippübung noch als sachzwangorientierten Kompromiss. Außerdem wissen Sie nie, ob die nicht nach der Hälfte der Legislatur plötzlich Bock auf einen Quickie mit der SPD bekommen.“ „Aber der Wähler will klare Verhältnisse.“ „Der Wähler wird sie auch bekommen. Sicherlich in ruhigeren Bahnen, sicherlich weniger reformfreudig und eher als die Keine-Experimente-Nummer, mit der Sie Adenauers Geist erscheinen lassen können. Nicht der große Wurf, den Deutschland bräuchte, eher ein Zeitlupen-Ruck, der bei jedem Mist versandet und zerbröselt, aber keine Skandale und keine endlosen Streitereien – sie wissen, sie brauchen sich noch.“ „Ob Merkel damit auch 16 Jahre schafft?“ „Seien Sie da nur ganz ruhig. Sie wissen ja, Geschichte wiederholt sich nicht, es sei denn: als Farce.“
Satzspiegel