„All inclusive. Ohne Aufpreis. Wir können es uns nicht erlauben, unsere Kunden zu verlieren. Oder einen Auftrag zu vergeigen. Sie sagen uns, was Sie haben wollen, wir liefern. Alles erste Qualität. Und Ihnen dürfte geholfen sein, Herr Innenminister. Sie dürfen sich jetzt keine Panne erlauben. Da sind eine Menge wichtiger Entscheidungen zu treffen.
Sie wissen doch, was auf dem Spiel steht, oder? Griechenland kippt, Portugal ist ruhig, aber Irland ist faktisch bankrott. Ihnen dürfte klar sein, dass Sie damit den Euro vergessen können – zumindest das, was er vom Bundeshaushalt übriglässt. Da werden sich die Steuerzahler freuen. Also schwafeln Sie hier nicht von jemenitischen Päckchen herum, die Lage ist ernst. Die Federal Bank wird sich von dem bisschen Tischfeuerwerk nicht beeindrucken lassen, im Gegenteil. Da müssen Sie schon gröbere Geschütze auffahren.
Denken Sie an unser Service-Angebot für das laufende Quartal: Unterhosenbomber muslimischer Herkunft, kombiniert mit Waffen-, Sprengstoff- und Falschgeldschmuggel, Drogenfunde auf Anfrage, Flughafen nach Wahl. Exklusiv. Ihre Fotoreporter sind alle zufällig vor Ort, rechtzeitig zur Tagesschau fertig, inklusive Interview mit einem Sicherheits- oder Terrorismusexperten. All inclusive.
Rasterfahndung für Pakete? Schnapsidee! Herr Innenminister, Sie haben es nicht kapiert, was? Die Postsendungen einzeln scannen und die Adressen abgleichen – ist es hinterm Mond so schön, dass Sie da wohnen? Glauben Sie, damit werden Sie auch nur einen einzigen Gesetzesentwurf durchdrücken können? Wenn Sie wirklich durchgreifen wollen, dann fordern Sie eine vernetzte Datenbank aller Melderegister in Europa einschließlich USA und Schurkenstaaten. Die Amerikaner werden zwar vehement ablehnen und aussteigen, und bis Sie auch nur die Hälfte aller afghanischen Anschriften haben, hat die Plattentektonik Afrika die Seealpen nach Skandinavien schieben lassen. Dann brauchen Sie für den Anfang auch nur die Paketaufkleber für den Schengenraum. Das dürfen Sie dann sogar als Abrüstung verkaufen.
Mein Gott, was Sie da von sich geben! Ernst zu nehmende Hinweise auf Terroranschläge? Also Hinweise, aber noch keine konkreten Spuren? Das ist ja nicht mehr mit anzuhören! Sie sind nah genug an jemandem dran, Sie haben so guten Kontakt, um zu entscheiden, ob ein Anschlag bevorsteht, aber dann wissen Sie plötzlich nicht, wer da was wann vorhat? Dass der Bundesnachrichtendienst nicht zu den Leuchten am Firmament gehört, das wissen wir beide. Aber warum meinen Sie dann, dass Sie alles im Eigenbau hinbekommen? Lassen Sie das doch lieber Spezialisten machen. Wofür haben Sie uns.
Dann eben die Devisenkontrolle. Die nächste Stufe von SWIFT. Von Konten innerhalb der EU wird nur noch mit Genehmigung überwiesen. Die Daten gehen in Echtzeit an die amerikanischen Banken. Das könnte gut laufen, und wenn Sie sich nicht ganz dumm anstellen, müsste man da auch eine neue Steuererhöhung rauskitzeln können. Lassen Sie sich etwas einfallen, geraucht wird ja schon für die zivile Luftfahrt, das Militär sollte bald mal nachziehen.
Ein Fünf-Punkte-Plan, toll! Bald dürfen wir nur noch mit Gummihandschuhen auf die Post und schickt mehr Weihnachtskarten an die Kanzlerin? Was für ein grandioser Fortschritt, Herr Minister! Lassen Sie mich das als bahnbrechend bezeichnen – sogar für Ihre Verhältnisse ist das bahnbrechend blöd. Geht’s vielleicht noch eine Nummer plumper? Stellen Sie sich doch gleich in die Boulevardpresse und verkünden Sie der Öffentlichkeit alle Details aus dem tollen neuen Geheimplan der Regierung! Debattieren Sie, ob eine Gesetzesinitiative nicht vielleicht besser an einem langen Wochenende im Keller des Kanzleramts ausreichen würde, damit man merkt, dass Ihr juristischer Nonsens mit der heißen Nadel genäht ist und mehr Panik verbreitet als die Terroristen! Aber machen Sie bloß nichts, was vernünftig aussehen könnte.
Klar, Sprengstoff erkennt man noch nicht, auch nicht, wenn ein Päckchen ins Kanzleramt geliefert wird. Passiert ja auch fast jeden Tag. Aber Hauptsache, Sie können Nacktscanner aufstellen. Meine Güte, Sie sind vielleicht naiv – haben Sie ernsthaft geglaubt, Herr Innenminister, dass es niemandem auffiele, wenn Sie die Reihenfolge einfach mal ändern? Datenbankzugriffe, Ausweis, Scanner, aber kein vernünftiger Grund dafür? Wollen Sie dem Bürger etwa auch noch die rein abstrakte Terrorgefahr einreden, wo er an die reale schon nicht glaubt? Oder wollen Sie uns am Ende auch noch ausbooten? Herr Innenminister, arbeiten Sie etwa auf eigene Rechnung?
Terrorist zur Miete. Wir blasen Ihnen einen bin Laden auf. Einen Carlos. Taucht im Internet auf, stößt Drohungen aus, Attentat, das passgenau im letzten Moment verhindert werden kann, großes Trallala. Special Effects, nur vom Feinsten, Herr Innenminister. Sie werden die Fernsehnachrichten sehen und denken, Roland Emmerich hätte das Drehbuch selbst geschrieben. Sie haben das Bekennerschreiben schon gelesen und analysiert und machen in der Glotze eine gute Figur – bestens informiert, diesmal besser als die Kanzlerin, oder in Ihrem Fall: Sie wissen überhaupt, was Sache ist.
Arbeiten Sie besser mit uns zusammen, Herr Innenminister. Sie wissen, das ist gut für das Land. Und für die Sicherheit. Und vor allem für Sie. Und denken Sie immer daran, es hat in Celle so schön angefangen. Wollen Sie diese wunderbare Freundschaft wirklich infrage stellen?“
Satzspiegel