Preußens Gloria

7 02 2011

„Und? Was sagen Sie, Schlattwitz?“ „Glänzende Idee, Herr Major. Glänzend.“ „Wusste ich ja. Hatte schon großen Eindruck bei den Herren in Berlin. Ganze Mannschaft auf unserer Seite. Werden auch demnächst vor den Verbündeten referieren.“ „Und wenn wir auf Widerstände stoßen?“ „Kann ich mir nicht vorstellen. Europa braucht schließlich einen, der voranschreitet. Werden daher Deutschland in Stellung bringen, meine Herren.“

„Es ist also beschlossene Sache, dass über die EU das deutsche System überall installiert wird?“ „Kanzlerin Merkel hat das vor, ja. Europäische Wirtschaftsregierung wird die Zügel straffen, damit Wirtschaft wieder Tritt fasst.“ „Herr Major meinen, die deutsche Wirtschaft?“ „Natürlich. Hätte ja sonst Fremdwirtschaft gemeint, Lentzdorff. Wird aber in Deutschland keinen interessieren, sind uns darüber einig.“ „Ich muss sagen, das ist die beste Idee seit der Wiedervereinigung. Respekt, Herr Major!“ „Schlattwitz, kleiner Schmeichler! Sage ja auch immer, wir müssen diverse strategische Ziele mit europäischen Verbündeten abstimmen. Rente mit 67 ist großartiges Nahziel, wird großartigen Erfolg bei Zivilisten haben.“ „Welchen denn?“ „Nachdenken, Lentzdorff: Zivilisten arbeiten bis 67, zahlen auch so lange ein – erhöhte Kapitalakkumulation für private Rentenversicherungen, meine Herren!“ „Aber was hilft das gegen die Staatsschulden? Die Renten sind doch ein Umlageverfahren?“ „Sehe, haben es nicht verstanden. Zivilisten geben früher Löffel ab, Lentzdorff. Arbeiten länger, zahlen mehr Steuern, kosten staatliche Unterstützung weniger. Verstanden?“ „Dann braucht also Europa die Leute nur noch als – Herr Major, ich weigere mich, das zu glauben!“ „Dann lassen Sie’s. Kanzlerin hat Lage auch nicht begriffen, wird sie also vollständig in EU durchsetzen. Bon! Gleiches mit Hartz-Reformen, Abschaffung von sozialem Schnickschnack, wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen.“ „Wenn ich mir ein Wort erlauben darf, Herr Major, das habe ich auch nicht ganz verstanden – das wäre ja eine Verschärfung des jetzigen Zustandes?“ „Exzellent, Schlattwitz. Merken schnell. Hat doch dieser olle Pachulke, der Westerwelle, schon gesagt. Dekadenz und so, hähä!“ „Aber dem ging es doch darum, dass die Arbeitslosen auch gemeinnützige Arbeiten verrichten. Vorausgesetzt, dass sie nicht bezahlt werden.“ „Schlattwitz, Sie Träumer! Glauben Sie, wir machen das jetzt anders?“

„Trotzdem sehe ich hier diverse Probleme auf uns zukommen.“ „Quatschen Sie nicht, Lentzdorff! Werde mich hier nicht zu defätistischer Propaganda äußern!“ „Dann überlegen Sie doch mal, wie sich die Folgen der Sparvorschläge auf die europäische Wirtschaft auswirken würden. Ein Fiasko! Sarkozy wird wie immer Unsinn plappern, den er selbst nicht kapiert, für ihn sollen alle europäischen Länder mehr exportieren als die jeweils anderen, damit zum Schluss alle eine positive Handelsbilanz besäßen.“ „Kommen Sie auf den Punkt, Lentzdorff. Ist doch Humbug!“ „Allerdings, Herr Major, und die Union erhöht die Unternehmensbesteuerung – was sie vorher als Gift für die Wirtschaft bezeichnet hat – und würgt damit das Wachstum ab, das die Krisenstaaten bräuchten, um ihre Schulden zu bezahlen.“ „Sehe kein Problem, Lentzdorff. Sehe durchaus kein Problem.“ „Aber Herr Major, er hat doch Recht! Das sind ja Mittel, mit denen man eine laufende Wirtschaft stabilisiert, aber die anderen Länder haben gar nicht die Substanz, um eine richtige Wirtschaft zum Laufen zu bringen.“ „Und? Können wir das ändern?“ „Wir müssten doch zuerst einmal die Banken rekapitalisieren, bevor wir in die nächste Krise fahren – gefahren werden!“ „Unfug, Schlattwitz. Geschwätz!“ „Die neoliberalen Theoretiker müssten doch am besten wissen, dass eine unterschiedliche Zunahme des Wohlstandes in einzelnen Ländern kein Nullsummenspiel ist, wenn Kapital aus dem Nichts erschaffen wird, schon gar nicht, wenn sich der Markt mit Monopolen absichern absichert oder mit Subventionen, die er auf der öffentlichen Seite ablehnt.“ „Und?“

„Herr Major, wir werden die Krise wiederholen, verschärfen, dauerhaft, weil diese Kanzlerin noch nicht einmal den Unterschied zwischen Geld- und Warenwirtschaft begriffen hat. Wir werden alle verarmen, alle!“ „Sie übertreiben, Schlattwitz. Maßlose Übertreibung! Freisetzung von billigem Material für Industriearbeit, wenn meutern, dann Einsatz von Armee im Innern.“ „Das ist nicht Ihr Ernst?“ „Durchregieren, Lentzdorff. Alles andere Gefühlsduselei. Sehen jetzt gute Beziehungen zu arabischen Verbündeten – sicher Druckpotenzial, weil Araber billiger als europäische Zivilisten.“ „Aber das wird nicht funktionieren! Irgendwann produzieren Fabriken für Null, was lässt sich denn da noch an Kosten senken? Das ist doch eine Milchmädchenrechnung! Herr Major, Sie stürzen uns ins Unglück!“ „Kaum, haben das alles ja schon mal erreicht: Europa, Nordafrika, Russland, nur eben damals geschlagen in Stalingrad. Gehen heute zielstrebiger vor. Bieten den ehemaligen Feinden an, nationale Souveränität zu behalten. Was in globalisierter Wirtschaftswelt nichts mehr ausmacht.“ „Herr Major!“ „Wird sich rechnen, und werden sehen: Zahl von Zivilisten pegelt sich vernünftig ein. Reicht, um vollwertige Versorgung für Elite zu sichern. Und wenn nicht, denken Sie an Geschichte. Fortschritt, Wachstum, Erfüllung. Vergessen Sie nicht, Merkantilismus hat uns noch immer Krieg gebracht. Meine Herren – Prost!“