Die Räuber

27 02 2011

So stellt man sich das Leben vor,
nur weit und breit Schlaraffenland.
Ihr zieht einander schon empor,
die eine wäscht die andre Hand.
Ihr predigt Demut und Verzicht,
Ihr preist Euch selbst von Wahl zu Wahl.
Dem Herrn, sagt Ihr, geziemt das nicht,
dem Volk hingegen: Volksmoral.
Dass andre hungern, stört Euch kaum,
Ihr hurt und fresst, Ihr lügt und sauft –
man zerrt an des Gerechten Saum,
  verraten
    und verkauft.

Es kommt zusammen Glanz und Pracht,
die Bande raubt und jagt und stiehlt.
Aus Geld wächst Ruhm, aus Ruhm wächst Macht.
Ein Dieb, der dem Gesetz befiehlt,
schafft ab, was Redlichkeit gebot
und sieht sich selber in der Gunst.
Was stört ihn andrer Leute Not?
Das ist ihm Windhauch, leerer Dunst.
Sein Haupt ist hoch, von Selbstsucht satt,
im Vollbesitz der Kräfte schnauft
der Mann, der keinen Feind mehr hat:
  verraten
    und verkauft.

War er schon frech, er maßt sich an,
von Gottes Gnaden Herr zu sein,
doch gnade Gott, was macht er dann?
Er redet sich beim Himmel ein,
er sei Gott gnädig – Gottes Lohn
sei ihm allein aus Lust und Gier,
indes ein Volk erkennt den Hohn:
für Gotteslohn erscheint es hier.
Ohnmächtig steht und ihn verflucht,
der sich im Zorn die Haare rauft,
der Arme, der sein Obdach sucht,
  verraten
    und verkauft.

Doch dauert nicht, was Dieben ist,
es bleibt die Welt sich darin gleich,
dass man den andern schnell vergisst,
dass man ihn niederstreckt im Streich –
wo Räuber unter Räubern sind,
da ist ihr Fall beschlossen schon,
wie sich ein Faden weiter spinnt:
es naht der Tag, Ihr kommt in Fron.
Lasst alle Hoffnung, allen Mut,
auch wenn Ihr um das Leben lauft,
Ihr seid gerichtet, und als gut
  verraten
    und verkauft.