„Ist das Demokratie oder kann das weg?“ „Zeigen Sie mal. Ein Grundgesetz? Das kann in den Karton mit den demokratischen Sachen. Wird wohl gerade nicht gebraucht. Wobei es mich viel mehr wundert, dass so was hier überhaupt herumfliegt.“ „Warum wundert Sie das?“ „Na, was will denn die FDP mit einem Grundgesetz?“
„Hier hat wohl seit Jahren keiner mehr sauber gemacht. Alles völlig verdreckt.“ „Hinter den Schränken?“ „Gar nicht mal. Vor allem am Boden.“ „Kein Wunder, da hält die FDP sich ja auch meist auf, von gelegentlichen Höhenflügen abgesehen.“ „Aber dass das derart braun aussieht, das hätte ich nun nicht gedacht.“ „Das tritt man halt rein, wenn man nicht alle siebzig Jahre feucht durchwischt.“ „Verstehe, nur: warum ist das noch niemandem aufgefallen?“ „Das Parteibüro wird ja eher selten von den Bodentruppen benutzt, und die Führung guckt nie nach unten.“ „Das leuchtet ein. Und jetzt rücken wir ab?“ „Abrücken? Nehmen Sie das Wort bloß nicht in den Mund, vor allem nicht hier. Das kann der Westerwelle nicht hören.“ „Sie meinen, der Parteivorstand schnappt das auf, und dann ist es passiert?“ „Ach was, da passiert nichts. Die sind viel zu verzweifelt. Wer in höchster Not Brüderle aus der Besenkammer holt, der ist am Ende.“
„Diese Karnevalsverkleidungen, werden die noch gebraucht?“ „Was für – ach so. Die Schuhe. Der Krönungsornat.“ „Dem Schild nach von Guido. Altkleidersack?“ „Weg damit. Lindner trägt noch Kindergröße, und Rösler säuft in dem Ding ab.“ „Schade. Es sieht eigentlich ganz brauchbar aus. Nur die Taschen, das verstehe ich nicht.“ „Warum, weil sie so groß sind?“ „Weil sie innen angebracht sind.“ „Typisch für eine Diebesschürze.“ „Dennoch begreife ich es nicht. Kaum Mobiliar, aber lauter Schränke voller falscher Pelzmäntel?“ „Der Schein heiligt eben die Mittel.“
„Die Fenster sind bestimmt seit Jahren nicht geputzt worden. Schauen Sie, alte Prozentzahlen – da hat jemand auf den Scheiben herumgeschmiert.“ „Hier ist der Möllemann-Knick, da kommt die Bundestagswahl. Egal, wird keinen gestört haben. Die hatten sowieso keinen Durchblick, wozu dann noch Fenster.“ „Kommen Sie mal eben.“ „Hier sieht’s ja echt aus wie beim Messie unterm Sofa.“ „Alles alte Wahlversprechen. Haben sie einfach durcheinander auf den Boden geschmissen und dann die Tür verrammelt.“ „Tja, aus den Augen, aus dem Sinn.“ „Hier liegt die Mehrwertsteuersenkung für Hoteliers. Sogar in Original-Geschenkpackung. Schon lustig.“ „Wenn Sie die jetzt in die Tonne schmeißen, dann bleibt von der letzten Legislatur nichts mehr übrig.“ „Bisschen mager, oder?“ „Was hatten Sie erwartet, dass hier die Mumien von Kinkel und Genscher aus den Spinden kippen?“ „Das weniger, die haben sie gründlich entsorgt.“
„Übrigens frage ich mich ernsthaft, warum es hier derart verrumpelt aussieht. Schmeißen Sie zu Hause Ihre Bananenschalen auch immer auf den Boden?“ „Das ist das Problem, dass Westerwelle als Außenkasper und Chefclown durch die Gegend läuft. Ist er Außenminister, geht in der Partei alles drunter und drüber – markiert er in der FDP den starken Max, dann macht das Auswärtige Amt ohne ihn weiter. Übrigens ist Letzteres nicht einmal das Schlechteste, ohne ihn läuft es wenigstens.“ „Aber der Dreck bleibt.“ „Der Dreck bleibt, schließlich ist es der Chef selbst, der den Laden zumüllt. Es gibt Leute, die haben noch nie im Leben für Ordnung gesorgt, nie. Als Kind hatten sie ein Kindermädchen oder eine Putzfrau, dann war’s Hotel Mama, und sie haben nie im Leben einen Staubsauger in die Hand genommen oder eine Spülbürste – alles immer auf andere abgewälzt. Denen fällt es erst auf, wenn der Abfall sich kniehoch stapelt.“ „Verständlich, dass solche Leute nicht selbst aufräumen.“ „Was ist daran verständlich?“ „Wer denkt, er sei zu groß für kleine Aufgaben, ist nur zu klein für große.“
„Die Küche ist ja wohl auch ein Witz.“ „Aha, lauter Tütensuppen. Was steht da drauf?“ „Einfach – niedrig – gerecht.“ „Nein, hinten.“ „Haltbar bis: 2001.“ „Danach hätte man das Zeug eigentlich auch wegschmeißen können.“ „Da sehen Sie es, die leben bis heute nur noch von Notfallrationen.“ „Aber dass sie eine komplette Speisekammer bis oben damit vollstapeln?“ „Bunkermentalität. War doch zu erwarten.“ „Zehn Jahre alt, das grenzt doch inzwischen an Paranoia.“ „Sie wissen doch, nicht die Umfragen zählen, sondern die Wahlergebnisse.“ „Also ignoriert man jahrelang die Wahlergebnisse, um sich dann in den Umfragen zu sonnen, und dann ignoriert man auch die Wahlergebnisse?“ „Die Wähler. Das ist etwas ganz anderes.“
„Kommen wir eigentlich voran?“ „Keine Ahnung, ich habe nicht das Gefühl.“ „Das liegt an den ganzen Punkten auf den Möbeln.“ „Sie meinen, wenn wir die nicht abstauben dürfen…“ „Im Auftrag steht, wir sollen sie nicht einmal anfassen.“ „Haben Sie einen Stuhl oder Tisch ohne einen Aufkleber gesehen?“ „Nicht, dass ich wüsste. Aber das war ja zu erwarten.“ „War es das?“ „Jeden Tag wurde verkündet: ernsthafte Analyse, wir haben verstanden, jetzt werden Konsequenzen gezogen – das heißt im Klartext, dass sich alles ändern muss. Bis auf das, was einen Punkt drauf kleben hat. Und die kleben überall. Wissen Sie, was einfacher wäre?“ „Den ganzen Schuppen abreißen. Aber wer wird dafür aufkommen?“ „Können Sie sich bei der FDP doch ausrechnen. Der Steuerzahler.“
Satzspiegel