Strafe muss sein

4 05 2011

„Aber ich bitte Sie, Herr Kollege! Das ist doch antiquiert, was Sie da sagen, damit wird heute keiner mehr…“ „Wegsperren! Man muss dieses Pack wegsperren, jedes Mitleid mit denen ist nur vergeudete Liebesmüh!“ „Herr Kollege, das ist viel zu monokausal, außerdem wird das keinerlei…“ „Mir egal, ich bin für Wegsperren. Alle wegsperren, ich habe es satt, mir von diesen Hallodris auf der Nase herumtanzen zu lassen!“

„Herr Kollege, wir sollten uns das doch mal vernünftig durch den Kopf gehen…“ „Hören Sie mir auf mit dieser Vernunftmasche! Ich glaube eher an den Weihnachtsmann als an die Vernunft!“ „Jetzt reagieren Sie doch nicht gleich so gereizt, ich wollte doch bloß…“ „Wenn das Ihre Definition von Vernunft ist, will ich keine Vernunft annehmen! Ich habe es satt, mir diese leeren Versprechungen in die Ohren drücken zu lassen: wir wollen uns damit kritisch auseinandersetzen, es tut uns Leid, wir müssen die Situation verbessern – gar nichts wird besser! Gar nichts passiert, gar nichts ist anders als vorher, und ich habe es satt, mir diesen ganzen Mist anzusehen, dieses verdammte Schmarotzerpack, das bloß…“ „Bitte keine gruppenbezogene Ablehnung, das könnte den Prozess bloß beschleunigen!“ „Ach ja, da sind die Damen und Herren plötzlich wieder empfindlich – hat man ihnen allen ein Haar gekrümmt? Wurden sie möglicherweise kollektiv in ihrer unantastbaren Würde verletzt? Ich will Ihnen mal was sagen, Sie Gutmensch, wenn sich…“ „Verzichten Sie bitte auf gruppenbezogene…“ „Sie halten jetzt hier die Schnauze, Sie…“ „Ich muss doch sehr bitten! Ihre Verärgerung rechtfertigt zwar die Erregung, aber keinesfalls die…“ „… sollen die Schnauze halten! Ich lasse mir hier nicht das Wort verbieten, jedenfalls nicht gegen diese Brut, die sich gegen jede Kritik hat schützen lassen – nicht mit mir. Mit mir nicht! Ich werde die ganze Härte des Gesetzes gegen diese…“ „Jetzt ist aber mal gut! Das ist doch nicht mehr zum Aushalten!“

„Es mag ja durchaus sein, dass der Volkszorn einige Forderungen stellt, die nicht so einfach zu erfüllen sind, aber so geht es nicht weiter.“ „Was stört Sie denn nun so?“ „Man wird von dieser staatlichen Ordnung nicht mehr ernst genommen. Man fragt sich, wozu überhaupt noch eine staatliche Ordnung da ist, wenn man diesen ganzen Schrott immer wieder hören muss. Es geht nicht mehr! Sie sollten langsam mal…“ „Beruhigen Sie sich, es ist doch nicht so schlimm, wie Sie denken! Natürlich darf man in diesem Land nicht alles ungestraft tun, aber die Verhältnismäßigkeit muss doch gewahrt bleiben. Sie können doch für eine Sache, die vielleicht im Affekt, vielleicht aus der Erregung heraus – meine Güte, jeder hat doch mal einen schlechten Tag, das ist doch nicht gleich…“ „Ach was, Sie entschuldigen das auch noch? Sie sind also einer von diesen Gutmenschen, die für alles und jeden Verständnis haben, nur nicht für die Folgen? Sie sind einer von denen, die einen Täter jederzeit verteidigen, weil das zu den Grundrechten gehört, aber sich um die Konsequenzen nicht im…“ „Ihre Klischeevorstellungen sind absolut kontraproduktiv, damit werden Sie überhaupt keine Veränderung der bestehenden Verhältnisse erreichen, jedenfalls nicht in diesem gesellschaftlichen Rahmen.“ „Ah, da haben wir’s doch schon wieder: Kritik ist immer gerne erlaubt, aber bitte nie mehr als Haltungsnoten und ästhetisches Gejammer, um den Rest kümmert sich der Briefkastenonkel.“

„Hören Sie: ich gebe Ihnen Recht, ja. Prinzipiell haben Sie Recht! Es sind nicht mehr hinnehmbare Zustände, wir müssen uns langsam Sorgen machen, dass wir die gesellschaftlichen Folgen in den Griff kriegen.“ „Allerdings! Diese verdammten…“ „Schon gut, wir sind ja dran. Es ist doch klar, dass wir es nicht mehr so laufen lassen können, es nimmt ja langsam katastrophale Zustände an. Das geht einfach nicht mehr so weiter.“ „Wer hat das denn gesagt, wer hat Ihnen das denn jahrelang, jahrzehntelang immer wieder…“ „Sie mögen ja durchaus Recht haben, Herr Kollege, aber Sie sehen es doch selbst jeden Tag, die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, und wenn Sie sich diese Entwicklung…“ „Das wird mit Bewährungsstrafen abgehandelt, man ist ein paar Tage lang lieb und nett, und dann kommen plötzlich…“ „Ich werde mich persönlich dafür einsetzen, dass die Strafen drastisch verschärft werden.“ „Lange Strafen brauchen wir! Die kommen schlimmer aus dem Knast raus, als sie reingekommen sind!“ „Das ist ja alles ganz richtig, aber bedenken Sie auch immer den gesellschaftlichen Aspekt, der…“ „Ich bedenke hier überhaupt keinen Aspekt mehr, erst recht keinen gesellschaftlichen – das Scheißpack gehört hinter Schloss und Riegel, ich will keinen von denen mehr sehen und…“ „Ja, das ist alles sehr schwierig, aber schauen Sie: wir setzen uns ein für eine demokratische…“ „Pah, geschenkt!“ „Jedenfalls wollen wir eine rechtsstaatliche…“ „Rechtsstaat? Machen Sie sich nicht lächerlich, dies elende Geplärr verursacht mir Übelkeit, ich kann das nicht mehr hören! Ändern Sie endlich etwas!“ „Aber Sie müssen doch Verständnis haben!“ „Verständnis?“ „Aber sicher, auch unsere jugendlichen Straftäter…“ „Was gehen mich Ihre jugendlichen Straftäter an? Ich rede hier von den populistischen Arschlöchern, die für alles und jeden Strafverschärfung fordern und ansonsten zeigen, dass sie zu dämlich sind, mit der Verfassung umzugehen. Wegsperren, sage ich, je länger, desto lieber. Wegsperren!“