„Guten Morgen, Angela! Guten Morgen, ich wollte nur eben vor der Sommerpause noch kurz durchgerufen haben, dass wir uns abstimmen. Sie, dass mir da keine Streitereien mehr kommen. Das ist ja schon schwer genug. Wir müssen jetzt diesen Bahnhof bauen, verstehen Sie, und da brauchen wir nicht noch zusätzliche Kritikpunkte von außerhalb. Dass Sie mir da Ihre CDU etwas leiser machen, Angela, das käme mir schon auch sehr gelegen.
Das ist gut so, Angela. Das ist wohlgetan. Wenn der Kauder einfach in Zukunft die Fresse hält, das wäre schon recht angenehm. Und wenn Sie bei der CSU ein bisschen für Ruhe und Ordnung sorgen könnten, das wäre auch sehr freundlich. Genau. Der Söder. Wenn dieser Trottel endlich aufhört, er habe den Atomausstieg vor zwanzig Jahren erfunden. Das wäre wirklich nett von Ihnen, Angela.
Vor allem dass wir hier auch freundlich sind in den Ferien, nicht wahr? Wir haben doch schon so hübsch angefangen, ich habe Sie für Ihren mutigen Kurswechsel gelobt, Angela. Das war nicht so ganz einfach, wissen Sie – eigentlich wollten sie ja auf dem Parteitag noch mehr herumnörgeln, aber dann musste ich ihnen klarmachen, dass das mit dem Ausstieg unsere Idee war. Und dass wir genauso kompromissfähig sind wie die FDP. Also nicht fähig, das ist jetzt nicht der richtige Begriff – es geht ja auch gar nicht um einen Kompromiss, da haben Sie Recht, Angela.
Das müssten wir uns noch mal gemeinsam überlegen, wie wir das machen. Das Kippen. Die Seite? Ist doch eigentlich egal, wir sind ja in jede Richtung völlig offen, nicht wahr, aber man müsste sich auch mal überlegen, ob nicht Ihre CDU als Juniorpartner dann diese Übung mal vollzieht. Das ist so in der parlamentarischen Demokratie, Angela. Der größere Partner stellt den Kanzler, und der kleiner darf mitregieren. Das Prinzip müsste Ihnen doch bekannt sein? Gut, ich wollte nur noch mal gefragt haben. Weil ich nicht wusste, ob Sie in der Form überhaupt schon mal Regierungsarbeit –
Ach wo! Als Alternative sehen wir uns doch schon lange nicht mehr, Angela. Alternativ, das klingt so nach Fußschweiß in Jesuslatschen. Als Alternative zur Regierung, wenn Sie es genau wissen wollen. Aber so weit sind wir ja noch nicht. Man könnte ja sonst eine neue große Koalition vereinbaren, oder nur bis 2015, wenn Sie bis dahin die FDP geschafft haben, und dann würden wir sozusagen übernehmen. Die SPD stört dann auch schon nicht mehr, das muss doch zu schaffen sein?
Sie müssen nicht denken, weil wir liberale Ideen im Parteiprogramm haben, seien wir grundsätzlich charakterfrei. Und als FDP-Ersatz würden wir ja schließlich auch kaum der SPD Avancen machen, oder? Angela, Sie müssen doch nicht immer dies Misstrauen haben. Sie sind nicht mächtig genug in Ihrer CDU, Angela. Das zehrt. Das macht unsicher.
Schauen Sie mal uns an. Angela. Wir wissen, dass wir langfristig aufs richtige Pferd gesetzt haben. Nicht so eine Aktion, husch-husch, wie Ihr Zauberlehrling von der FDP, der sofort eine geistig-politische Wende will – wissen Sie, was ich so lustig finde? dass er von Moral nichts gesagt hat, und Ihnen ist das nicht aufgefallen.
Na, die SPD ist ja gerade so spritzig wie Brackwasser. Das können Sie vergessen, Angela. Da passiert nichts. Die wollen uns offenbar auch nicht mehr, und wenn wir jetzt in Berlin gewinnen, dann sind wir wenigstens auch die Künast los, die würde uns sonst mit ihren Fundi-Anwandlungen noch den letzten Nerv rauben. Dabei war die mal Ministerin? Immerhin haben wir eins unserer Ziele erreicht, Angela. Die SPD nicht. Die müssen jeden Mittwoch einen neuen Buhmann aufblasen, damit sie nicht daran denken, dass sie ursprünglich mal eine Arbeiterpartei waren.
Runderneuern, Angela. Runderneuern. Nicht einfach ein neues Profil rein, sondern alles anders. Die SPD hat wahrscheinlich gedacht, die Merkel ärgert sich schwarz, wir ärgern uns grün, dann kriegen sie nächstes Mal die Quittung. Das wäre dann, Schwarz und Grün, vermutlich so eine Art Baggermatsch. Schwarzes Innenleben und an der Kante etwas grün. Das wird jedenfalls lieber gekauft als andersherum.
Wir sind ja sonst nicht mehr so zu haben für die wachstumsorientierte Wirtschaft, Angela, aber wenn wir neue Arbeitsplätze im Niedriglohnsektor für die Solarenergie aufbauen könnten – dass es die Solarenergie ist, das können Sie dann ja regeln, nicht wahr, und wie wir die Jobs mit Aufstockern besetzen, das wissen wir noch aus Rot-Grün. Das geht schon klar, Angela. Hauptsache, dass hinterher keiner nachrechnet. Die Bilanz sollte stimmen.
Um Trittin machen Sie sich mal keine Sorgen. Dem können Sie ein Thema zum Verbeißen vorlegen, dann haben Sie ein paar Jahre Ruhe. Und Sie wissen ja aus der Geschichte der Atomtransporte, als Realpolitiker ist der kaltschnäuzig genug. Was mir Kopfzerbrechen macht, ist der Özdemir. Der bringt sogar Ihnen bei, was ein Wendehals ist.
Dann machen wir das so? Sie halten Ihre CDU im Zaum, und wir werden uns etwas zurückhalten. Das mit den unüberbrückbaren Gräben wird nicht wieder passieren, Angela. Versprochen! Und dann können wir schon mal sehen, wie sich die Sache entwickelt, weil: wenn es für uns nicht nach einer zwingenden Option aussieht, weil wir hier innerparteilich Amok laufen müssten, dann wird das nichts. Das müssten Sie doch am besten verstehen, Angela. Oder?“
Satzspiegel