… und Friede auf Erden

18 07 2011

„Schauen Sie, Sie machen sich da ein vollkommen falsches Bild von unserer Regierung. Sie sind der Ansicht, dass wir erst einmal nur die Interessen der Wirtschaft bedienen – das kann man so sehen, ja, aber Sie sollten das nicht so sehen. Schauen Sie, wir haben noch ganz andere Dinge im Auge. Unsere Rüstungsgeschäfte sind nicht wirtschaftlich – nicht primär wirtschaftlich orientiert. Nicht primär.

Es ist ja auch die geopolitische Lage, wenn wir beispielsweise die Saudis mit Panzern ausstatten. Die sitzen da in einem Krisenherd, und weil die so stabil sind, können sie von dort aus natürlich auch jeden sofort angreifen. Versteht sich ja. Deshalb müssen sie auch gut ausgerüstet sein, und dazu brauchen sie diese – nein, nicht zum Angreifen, sie brauchen die für die Stabilität. Sie machen sich da wieder ein völlig falsches Bild.

Schauen Sie, das ist eine sehr komplexe Region. Wenn Sie da auf die Landkarte schauen: überall Grenzen. Ein vollkommen untragbarer Zustand. Ja, das sagen ja unsere saudischen Freunde auch, und wenn die das schon sagen, dann wird’s doch wohl stimmen, oder? Also ich bitte Sie, würden Sie denn in einer solchen Situation leben wollen? Da geht es nach Bahrain, irgendwo in der Ecke soll ja auch die Türkei liegen, wenn wir nicht aufpassen, dann marschieren die ja in die EU ein – wollen Sie das denn wirklich? Ich meine, da laufen die Frauen alle mit einem Kartoffelsack überm Kopf herum, diese Araber, das sind doch gefährliche Extremisten!

Man muss diese Region wirklich stabilisieren, das haben Sie also verstanden? Gut. Und das machen unsere arabischen Freunde für uns. Gefährlich? Das sind religiöse Fundamentalisten. Der Araber ist nun mal so. Gewöhnen Sie sich an den Gedanken. Und ob das nun Extremisten sind, die irgendwelche Terroranschläge planen, das werden Sie sowieso nie erfahren. Wollen Sie bei denen Fingerabdrücke nehmen oder Telefondaten speichern? Selbst, wenn Sie das täten – glauben Sie, dass Sie damit irgendetwas ändern? Mit dem Aktionismus können Sie vielleicht eine Wahl in Deutschland gewinnen. Höchstens.

Das Problem ist doch, dass man in dieser Region nie weiß, wie sich ein Land entwickelt. Die einen jagen plötzlich ihren Schah in die Wüste, die anderen wollen am Ende solche Sachen wie Demokratie ausprobieren – ich meine, man kann doch nicht überall einmarschieren? Man muss diese Länder dann stabilisieren, und das macht man durch gewisse Hilfsangebote. Wie seinerzeit bei Sadddam oder bei den Taliban, verstehen Sie? Man schickt denen ein bisschen Geld und ein paar Panzer, und dann sorgen die so lange für Stabilität, bis wir sie nicht mehr – Sie machen sich da ein völlig falsches Bild, so schlimm ist das gar nicht. Die Irakis waren ja zum Schluss schon froh, dass sie den endlich los waren. Gut, kann auch daran gelegen haben, dass sie ihn nie haben wollten, aber so genau weiß man das im Nachhinein natürlich nie.

Und damit wären wir dann wieder bei den Saudis, und die sind ja so stabil geworden, weil wir ihnen die vielen Panzer besorgt haben. Verstehen Sie jetzt? Es ist wegen der stabilisierenden Wirkung auf uns. Wir waren ja zuletzt auch nicht besonders überzeugend. Dieses Herumgeeiere im Weltsicherheitsrat hat zwar keinen überrascht, die meisten kannten den Außenminister schon vorher, aber jetzt wissen die Schutzmächte wenigstens, was Deutschlands Wort in sicherheitspolitischer Hinsicht überhaupt noch gilt. Nichts. Das ist doch angenehm, wenn erstmal Klarheit herrscht, oder? Und genau deshalb dürfen wir jetzt auch unter keinen Umständen den Deal wieder rückgängig machen. Was meinen Sie, was dann los wäre.

Was wollen Sie denn mit denen groß über Menschenrechte diskutieren? Wenn Sie da mit Menschenrechten ankommen, wissen Sie, was so ein Wüstenscheich Ihnen sagt? Na? Wissen Sie das? Der lacht Sie aus! Der kauft Ihnen vielleicht einen Panzer ab, okay, aber glauben Sie, der ändert da etwas in seinem Emirat? Da können Sie sich den Mund fusselig reden. Sinnlos. Und wenn Sie sich einmal im Tonfall vergreifen, mein lieber Scholli – der Araber als solcher ist schon ein empfindliches Völkchen. Der ist ja imstande und kauft sich seine Waffen woanders und greift dann einfach Libyen an oder Kuwait, und was ist dann mit dem Ölpreis? Diskutieren Sie mit diesen Leuten nicht über die Menschenrechte, das ist nicht gut für die Stabilität.

Die Saudis müssen doch gar keine Panzer von uns kaufen – nein, müssen Sie wirklich nicht. Es würde rein theoretisch natürlich schon eine Menge leichtes Gerät ausreichen. Aber wenn sie deutsche Qualitätsarbeit zum guten Preis bekommen, warum sollten sie dann nicht den Nachbarn zeigen, dass sie es sich leisten können? Das stärkt die Stabilität des internationalen Marktes! Ach was, Sie machen sich da ein ganz falsches Bild – da besteht keine Ansteckungsgefahr. Zumindest nicht, wenn wir uns mit ein paar Panzern davor schützen.

Das haben ja schon die alten Römer so gesagt: Si vis pacem, para bellum. Rüste zum Krieg, also vielmehr: wenn wir den anderen bei der Rüstung ein bisschen behilflich sind, dann lassen die uns vielleicht auch in Frieden. Unsere Rüstung dient dem Frieden – den wir von diesen ganzen Arabern dann vielleicht irgendwann mal haben werden.“


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