Näher am Menschen

3 10 2011

„Ja, und jetzt noch einmal ganz entspannt: Fres-se! Fres-se! Sehr schön, Herr Pofalla, das könnte im Grundansatz noch eine klitzekleine Idee glaubhafter kommen, aber so ist es schon mal ganz hübsch. Und dann bitte alle gemeinsam: Fres-se! Schei-ße! Fres-se!

Die Unionsparteien müssen natürlich Ihren Beitrag leisten, dass die politische Kultur in diesem Land sich weiter auf einem erträglichen Niveau befindet – zu hoch darf es nicht sein, nicht wahr, und dafür, dass das so bleibt, bilden wir unser Führungspersonal hier weiter. Die Deppendichte in den anderen Parteien ist teilweise erschreckend hoch, gucken Sie sich bloß mal den letzten NPD-Wahlkampf an. Da müssen wir aber noch deutlich nacharbeiten! Ich meine, Politik wird doch an den Stammtischen gemacht, Populismus und Pöbeln, das hängt ja nicht nur sprachlich zusammen. Wir müssen diese christlich-bürgerliche Leitkultur eben auch mit ungewöhnlichen Mitteln unter die Leute bringen. Damit wir näher am Menschen sind.

Und jetzt alle mal im Chor: Gur-ken-trup-pe! Wild-sau! Gur-ken-trup-pe! Ja, Frau Schröder, das mit der deutschen Kartoffel, das machen wir dann auch noch, wenn Sie jetzt brav sind und nicht immer dazwischenreden. Gur-ken-trup-pe! Sehen Sie, es geht doch. Man muss nur wollen.

Na, schauen Sie sich das in der Vergangenheit doch mal an. Spätrömisch? Dekadenz? Hallo!? Das versteht doch keiner. Und genau deshalb war dieser ganze Versuch von Westerwelle auch zum Scheitern verurteilt. Da hat der Pfeil von der Hessen-FDP eben doch Recht, die weniger intelligenten Leute wählen eben etwas anderes. Hätte Herr Westerwelle seinerzeit gesagt: dies ganze arbeitsscheue Pack, die brauchen bloß mal eins aufs Maul – das hätte die ganze Koalition verstanden. Da hätten alle mitgezogen. Aber so?

Sehr schön, Herr Brüderle. Bisschen deutlicher noch, wenn’s geht: Sir-ta-ki-Si-gi. Nicht nuscheln! Und lassen Sie die Finger von der Flasche!

Der Wähler an sich ist ja, sagen wir mal, primitiv. Der will entsprechend bedient werden. Und wir setzen hier auf das Prinzip Volksnähe. Nein, nicht Bürgernähe, da verwechseln Sie etwas. Bürgernähe, das heißt, dass man den Besserwissern da draußen zuhört und sich weiterbildet, damit man ihre Argumente wenigstens nachvollziehen kann. Volksnähe, das ist anders. Nein, auch nicht, wenn die Kanzlerin sich im Fußballstadion sehen lässt. Das ist billiges Herangewanze. Volksnähe – da denkt man genau so wie der kleine Mann auf der Straße. Beziehungsweise man denkt eben nicht, und drückt es dann dementsprechend aus. Deutlich. Und vor allem laut. Die Menschen mögen das.

Gucken Sie sich mal unsere Erfolge an – den Herrn Pofalla hier, den haben wir von Anfang an bearbeitet. Sozialpädagoge, da haben wir nur ein Rückgrat-Implantat reingesetzt, knickbar natürlich, er war ja für die Kanzlerin bestimmt, und dann haben wir ihm die nötigen Kenntnisse vermittelt. Er hatte die besten Lehrer, er war grundsätzlich, wie sagt man? resozialisierbar, und dann haben wir ihn in die Tourette-Selbsthilfegruppe geschickt, aus der auch die Kauder-Brüder und der Kardinal Meisner kommen. Ganz hervorragendes Material. Absolut stammtischgeeignet. Gut, Pofalla würde ich jetzt nicht gleich in ein bayerisches Bierzelt schicken, zumindest nicht ohne Schützenverein.

Und bitte einmal nur die CDU-Reihe: Grund-ge-setz! Schei-ße! Grund-ge-setz! Sehr schön!

Ohne Pofalla? ohne mich! Ohne den geht’s doch gar nicht! Hören Sie, der Mann ist ein Mutti-… ’tschuldigung, Multitalent, wollte ich sagen. Der ist systemrelevant, verstehen Sie? Also nicht too big to fail, das haben schon ganz andere von sich geglaubt, aber absolut systemrelevant. Ohne Pofalla könnte es gar kein System Merkel geben. Der Mann hat den wichtigsten Job in der Regierung. Er vermittelt zwischen Kanzlerin und dem ganzen anderen Kram da, Regierung und Bundestag und Partei und so. Sie, wir haben den Mann jahrelang auf diesen Job vorbereitet! Der hat als schon als Generalsekretär hart daran gearbeitet, einer der besten Kriecher der Szene zu werden! Sogar die FDP wollte uns den abkaufen. Er ist ja ein echter Künstler. Oben buckeln, unten treten. Das ist ein Talent, das man nicht vergeuden darf. Ohne solche Scharfmacher könnte man eine Partei wie die CDU gar nicht volksnah führen. Zumindest nicht unter der Kanzlerin.

Und nun die Übung für Fortgeschrittene: Eu-ro-pa! Pu-rer So-zi-a-lis-mus! Schei-ße! Und bitte auch der Herr Rösler, Sie wollen doch Ihre populistische Reifeprüfung nicht in den Sand setzen? Wenn Sie bis 2013 noch Korruption als Staatsziel im Grundgesetz verankern möchten, müssen Sie sich ein bissel ranhalten! Schei-ße! Gur-ken-trup-pe! Und noch mal!

Kommunikation! Eins der wichtigsten Themen, von denen Merkel keine Ahnung hat. Da braucht man Spezialisten, und wir nehmen nur die Besten der Besten. Narzisstische Persönlichkeitsstörung, Selbstidealisierung, alles vom Feinsten. So einen finden Sie nicht auf dem Landesparteitag, das ist ein Ausnahmetalent. Ohne den würde die Koalition nicht funktionieren – wenigstens nicht so, wie sie im Moment funktioniert.

Bitte etwas zusammenreißen, meine Damen und Herren, das muss bis heute Abend sitzen. Wir wollen doch der Frau Merkel keine Schande machen bei der Einheitsparteifeier, oder? Und noch mal: Grund-ge-setz! Lass mich mit so ei-ner Schei-ße in Ru-he!“


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