„Soll ich?“ „Eigentlich wollte ich jetzt mal.“ „Aber vorhin wolltest Du doch gar nicht.“ „Vorhin wolltest Du aber auch nicht mehr.“ „Was soll ich denn jetzt machen, wenn Wahl ist?“ „Du müsstest gar nicht so lange warten, Angie. Wenn Du keine Lust mehr hast, dann tritt doch jetzt zurück.“ „Ach nee, Peer. Dann müsste ich ja mal etwas begründen. Das irritiert doch alle. Und mich auch.“
„Wir könnten das doch irgendwie innovativ lösen. Du trittst jetzt zurück, und dann mache ich den Rest weiter, und dann mache ich noch mal, und dann trete ich auch zurück.“ „Du machst den Schröder?“ „Ja, ist doch okay. Wenn man merkt, dass alles sowieso für die Tonne ist, kann man doch auch gleich zurücktreten.“ „Das würde ich ja nie tun.“ „Wieso nicht?“ „Dann hätte ich ja schon einen Tag nach der Wahl zurücktreten müssen, als ich gemerkt habe, dass Westerwelle größenwahnsinnig ist.“ „Wenn ich wüsste, dass ich mit Dir wieder in einer großen Koalition lande, dann könnte ich ja auch gleich wieder hinwerfen.“ „Jetzt bist Du aber gemein, Peer!“ „Ach komm, das weißt Du doch. So ein bisschen müssen wir doch im Training bleiben mit dem Schlammschmeißen. Sonst wissen die Leute ha gar nicht mehr, wen sie wählen sollen.“ „Das wissen die doch eh nicht, so sozialistisch, wie Ihr gerade die CDU trimmt.“ „Aber Ihr mit Eurer Agenda 2010, so eine reaktionäre…“ „Ist doch egal, Angie. Ich habe die HRE in die Grütze geritten und Du hast nicht eingegriffen, also hängen wir beide mit drin. Ist doch idiotisch, wenn wir uns jetzt deshalb streiten.“
„Was meinst Du, ob es der Schäuble noch eine Amtszeit macht?“ „Psychisch oder intellektuell?“ „Nein, ob er noch will.“ „Also rein körperlich?“ „Nein, ob der Schäuble das noch mal vier Jahre lang machen will.“ „Weiß ich doch nicht. Frag ihn halt.“ „Und würdest Du das noch machen?“ „Ich!? Finanzminister? Nee, das wäre doch idiotisch. Das bringt doch nichts.“ „Aber die Deutschen fanden Dich gar nicht mal so schlecht, Peer.“ „Ach, diese Trottel. Die fanden ja Dich als Kanzlerin auch nicht fehlbesetzt.“ „Da siehst Du mal, was das ausmacht, wenn man Kanzler ist – man kann noch so viel Blödsinn machen, die Leute finden einen ganz okay, wenn man nicht unbedingt so tut, als sei man auch noch kompetent.“ „Echt? Und wie bringt man das den Leuten bei?“ „Ja gar nicht, man ist eben Kanzler, und das war’s.“ „Wirklich? Mensch, dann mache ich das doch! Obwohl…“ „Jetzt mach nicht wieder einen Rückzieher, Peer!“ „’tschuldige, ist mir so rausgerutscht. Alte sozialdemokratische Gewohnheit, weißt Du.“ „Ach, kann ich schon verstehen – ich ertappe mich ja inzwischen auch schon dabei.“
„Also, Du machst es noch vier Jahre?“ „Und Schäuble?“ „Ich bin ja auch noch da, Angie.“ „Aber Du lässt mich nicht alleine, ja?“ „Nein, Angie. Ich bin auch noch da.“ „Und Du würdest auch wieder die Finanzen…“ „Ja, ich mache das wieder so wie beim letzten Mal. Schneller und erfolgreicher in die Krise, das war doch das Regierungsprogramm?“ „Moment mal, das war so nicht…“ „Dann lies Dir zur Abwechslung mal durch, was Du unterschreibst, Angie. Wenn Du mich abkochen willst, musst Du früher aufstehen.“ „Aber ich habe doch gar nicht…“ „Denk nicht mal daran. Ich habe das alles im Griff. Und Du wirst mich nicht hindern können. Ich werde nur dann Kanzler, wenn ich es will.“ „Und wie willst Du das verhindern, Peer?“ „Die SPD macht ihren Wahlkampf ganz alleine.“ „Verdammt!“ „Und wir haben Erfahrung darin, den Laden an die Wand zu setzen.“ „Mehr als wir?“ „Sieh Dir die Troika von 1994 an.“
„Wenn Du das alles so erzählst, dann mag ich gar nicht mehr.“ „Was soll ich da erste sagen.“ „Aber Du willst doch Kanzler werden?“ „Muss ich ja. Was bleibt mir denn sonst übrig.“ „Du könntest das doch einfach so lange weiter machen, bis de CDU tot ist.“ „Aber wie stellst Du Dir das denn vor? Das geht doch gar nicht!“ „Wieso geht das nicht, Angie? Ist Pofalla nicht programmiert?“ „Nein.“ „Oder gibt Dir Ackermann andere Befehle als mir?“ „Ach, das ist doch alles nicht wichtig. Ich kann doch in dieser Situation die FDP nicht fallen lassen. Dann wäre die Koalition innerhalb von zwei Wochen Geschichte.“ „Nicht gut, Angie. Gar nicht gut.“ „Weiß ich. Ich müsste einen Lagerwahlkampf führen, und ich kann ja schlecht vorher die SPD als unfähig beschimpfen und dann riskieren, dass Ihr doch noch den Kanzler stellt.“ „Das ist es gar nicht, Angie. Ich will nicht.“ „Weil Du immer noch nicht geschnallt hat, was Hedgefonds sind?“ „Das wissen Schäuble und Rösler auch nicht.“ „Weil Du die Finanztransaktionssteuer ablehnen musst, weil sonst Deine private Altersvorsorge für die Tonne ist?“ „Schlimmer. Ich weiß auch nicht, was ich da machen soll. Und ich habe als Finanzminister diesmal keinen Bock, das auszubaden, was Du da wieder anrichtest.“ „Jetzt hör aber mal, ich bin für die gesamte…“ „Ich habe keine Lust, Deinetwegen irgendwelche Scheißmindestlöhne einzuführen, ja? Oder willkürliche Angleichungen von Hartzkohle an dieses Bundesverfassungsdings, wie heißen die noch?“ „Der Innenminister müsste das wissen, aber wie der heißt, weiß ich auch gerade nicht.“ „Dann kann ich ja gleich Heilsarmee spielen.“ „Und was wäre daran so verkehrt?“ „Dann werde ich am Ende noch wiedergewählt.“ „Ist das denn so schlimm, Peer? Ich schaffe das doch auch.“ „Noch mal vier Jahre warten – entsetzlich! Da draußen wimmelt es doch vor Jungspunden – alles Typen unter 50!“
Satzspiegel