Quid pro quo

31 01 2012

„Haben Sie denn überhaupt eine abgeschlossene Berufsausbildung?“ „Soziologie und Politik.“ „Das hilft uns auch nicht weiter.“ „Aber immerhin mit Promotion – wenn auch leider echt.“ „Egal, da bräuchten wir schon ein paar Praxiskenntnisse.“ „Ich war mal kurzfristig inhaftiert wegen…“ „Schon besser. Da wissen wir wenigstens, woran wir sind.“

„Ich wollte Ihnen gerne eine Zusammenarbeit vorschlagen.“ „Als Hilfswilliger? Wären Sie da nicht besser an Ihrer Universität geblieben?“ „Das dürfte schwer zu bewerkstelligen sein. Sie machen ja eher die Universitäten kaputt als die Parteien – obwohl in den Parteien jemand wie Sie gar nicht weiter auffallen würde.“ „Und worauf beziehen sich Ihre Qualifikationen?“ „Ich bin Terrorist.“ „Sie sind was!?“ „Zweiter Bildungsweg.“ „Waren Sie etwa in einer Untergrundorganisation?“ „Zehn Jahre im Bundesamt für Verfassungsschutz. Dann wurde das zu stressig.“ „Sie haben die Seiten gewechselt?“ „Man muss sich beruflich verändern. Der Markt, Sie verstehen.“ „Der Markt?“ „Naja, heute sagt man ja: die Märkte.“ „Ach so, ja. Und Sie haben gleich Anschluss gefunden?“ „Nicht sofort. Ich musste erst einmal eine politische Orientierung nachholen. Bei Ihnen lernt man das ja nicht.“ „Und Sie haben sich jetzt orientiert?“ „Ja, durchaus. Sie haben mir da im Verfassungsschutz wichtige Anregungen mitgegeben, die ich umsetzen kann. Ich bin gegen diese freiheitlich demokratische Grundordnung.“

„Lassen Sie uns mal sehen, was wir für Sie tun können. Sie sind flexibel?“ „Absolut. Ich könnte bei einem mobilen Einsatz beispielweise Autos in verschiedenen Bezirken…“ „So weit sind wir noch nicht. Vorerst müssen wir Ihre Zuverlässigkeit in Augenschein nehmen.“ „Wozu denn?“ „Um zu sehen, ob Sie auch für die Zusammenarbeit mit einem Inlandsgeheimdienst geeignet sind. Was würden Sie denn machen, wenn Sie beispielsweise sehen würden, dass Ihr Kollege als Doppelagent arbeitet?“ „Kommt darauf an.“ „Wie darf ich das verstehen?“ „Wenn er jetzt beispielsweise für die Linke tätig ist, müsste man schon Maßnahmen ergreifen.“ „Hm, ja. Und sonst?“ „Für andere Teile der antikapitalistischen Kräfte muss man dann schon eigene Lösungen finden. Wäre ja peinlich, wenn wir einem katholischen Bischof einfach mal die Fresse polieren würden.“ „Schon richtig. Aber wenn Sie beispielsweise – jetzt nur mal theoretisch, das heißt ja nicht, dass das auch wirklich…“ „Die gehören doch aber zu uns, haben Sie da kein Personalverzeichnis?“

„Diese Kooperation zwischen unseren, wie soll ich sagen – “ „Sie haben Nazis innerhalb der Belegschaft und außerhalb, richtig?“ „Ja, aber das ist ja nur aus innerbetrieblichen Gründen so.“ „Ich verstehe. Standortsicherung.“ „Standortsicherung?“ „Die BRD entwickelt sich immer mehr in Richtung Demokratie, da muss man gezielte Maßnahmen für eine nationale Ausrichtung ergreifen.“ „Sie haben das Prinzip erkannt. Und was könnten Sie uns da anbieten?“ „Wir würden Ihnen eine nationale Widerstandsbewegung aufbauen.“ „Wir?“ „Ich gehe davon aus, dass ich schnell ein gutes Einvernehmen mit Ihren Kräften bekomme.“ „Durchaus. Der deutsche Verfassungsschutz zeichnet sich aus durch eine treue Ergebenheit zu den Zielen der nationalen – wo war ich?“ „Bei Ihren Prinzipien.“ „Richtig. Wir arbeiten natürlich nur nach Vorschrift.“ „Und das lässt sich lernen?“ „Natürlich. Wenn wir Berichte über rechtsradikale Gruppierungen aus der Tagespresse ausschneiden, dass nur nach genau festgelegten Richtlinien. Schere und Lineal werden selbstverständlich vom Amt gestellt.“

„Sind bei Ihnen Aufstiegschancen drin?“ „Nicht auszuschließen. Die derzeitige politische Lage lässt immerhin offen, dass bei den nötigen Ereignissen auch ein Einsatz der Bundeswehr im Innern nicht auszuschließen sein dürfte.“ „Müsste ich mich da als Bundeswehrangehöriger verkleiden?“ „Ich kann Ihnen dazu nichts sagen. Aber Sie sollten sich vorher schon mal einen Vollbart stehen lassen.“ „Als Kommunist?“ „Wenn Sie etwas Arabisch lernten, wäre das auch nicht verkehrt. Oder wenn Sie wenigstens etwas arabisch aussähen.“

„Ich würde Ihnen da gerne ein Komplettpaket anbieten.“ „Komplettpaket?“ „Bombe, Personal, die Infrastruktur, Spuren im Internet.“ „Und eine umfassende Zusammenarbeit bei der Vertuschung von Spuren?“ „Ja. Nur kein Bekennerschreiben mit Fingerabdrücken. Sonst wüsste der Innenminister ja sofort, dass es sich um Rechtsradikale handelt.“

„Wir würden es mal mit Ihnen probieren. Haben Sie entsprechende Vorkenntnisse in konspirativer Arbeit gesammelt?“ „Wie gesagt, ich war mal zehn Jahre bei Ihnen.“ „Das holen Sie schon auf. Wir haben noch jeden Idioten bei uns untergekriegt.“ „Sehr schön. Und die Überprüfung?“ „Welche Überprüfung?“ „Die Sicherheitsüberprüfung. Sie werden doch wohl in einem so sensiblen Bereich niemanden beschäftigen, der nicht über jeden Zweifel erhaben wäre?“ „Doch, wir werden da schon irgendwann sehen, ob wir Verwendung für Sie haben.“ „Sie haben doch meine Akte gerade vorliegen, warum beurteilen Sie sie nicht jetzt gleich?“ „Hm. Ich muss mal sehen. Ihr Vater kam aus der DDR?“ „1945 gebürtig in den Ostgebieten. Geflohen in die SBZ.“ „So. Und Sie haben studiert in Hamburg. Bundesamt für Verfassungsschutz, und dann Mitglied in der Jungen Union?“ „Ich war so frei.“ „Pack Dich! Wir nehmen hier doch nicht jeden dahergelaufenen Radikalinski!“





Die Revolution frisst kleine Kinder

30 01 2012

„… gebe es keinen Zweifel an der Gefährlichkeit des Schülers. Der 18-Jährige habe durch die Ankündigung einer Revolution auf seinem Facebook-Profil eine Straftat gegen den demokratischen Rechtsstaat, gegen die öffentliche Ordnung sowie gegen jede Form von…“

„… sei der in Wiesbaden verhaftete Schüler nach Angaben der Staatsanwaltschaft eine Gefahr für die Allgemeinheit. Der Behördensprecher habe in einer ersten Stellungnahme eine harte Strafe gefordert, da sich bei dem Schüler erhebliche schädliche Neigungen zeigte. So sei er entgegen anderer Stellungnahmen nicht Mitglied der Jungen Union und habe sich dazu mehrmals geweigert…“

„… müsse laut Bundesinnenminister Friedrich (CSU) jede kritische Äußerung ab sofort mit noch mehr gesetzlicher Härte begegnet werden. es dürfe nicht sein, dass jeder in diesem Land irgendwelche Meinungen haben oder auch noch äußern…“

„… eines niedersächsischen Elektrikers. In der Werkstatt habe sich laut Meldungen des LKA eine Vielzahl von Widerständen befunden, die rot…“

„… die Kultusminister aufgefordert, das Übel an den Wurzeln zu bekämpfen. Ab sofort müsse die prähistorische Archäologie bereits die Neolithische Revolution aus sämtlichen Lehrplänen…“

„… habe man den 18-jährigen Schüler nur zu seinem Schutz in die Psychiatrie eingewiesen. Ziercke wies darauf hin, dass geistesgestörte und gewaltbereite Personen verlegt werden könnten, wenn freie Stellen im Bundeskriminalamt, beim Verfassungsschutz oder in den Innenministerien…“

„… nachdem bekannt geworden war, dass die Pianistin ihr Recital mit Chopins Revolutions-Etüde als Zugabe beschlossen hatte. Sarrazin verteidigte seine Einschätzung und betonte, dass der ostische Untermensch schon wegen seiner genetischen Disposition nur für Verschlagenheit und schlechte Klaviermusik…“

„… von einer neuen Bewertung auszugehen. Uhl sagte im Bundestag, ohne die Revolution von 1989 wären die Linken nie in den Westen gelangt, der Fall der Mauer sei also neben einer bis heute ungesühnten Sachbeschädigung ein geradezu verbrecherischer Akt von nationaler…“

„… ebenso der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft. Wendt habe sich klar für ein Durchgreifen ungeachtet jedes Anfangsverdachts ausgesprochen, um die Hysterie in der deutschen Bevölkerung nicht vorzeitig…“

„… sei laut hessischer Landespolizei bei der Hausdurchsuchung seines Elternhauses ein Messer gefunden worden. Wie dieses benutzt worden sei oder ob es im ursächlichen Zusammenhang mit der angekündigten Revolution stehe, habe das LKA nicht ermittelt, es sei jedoch nicht auszuschließen, dass es sich bei diesem Messer um ein Objekt handeln könnte, mit dem man Flugzeuge entführen und somit den Weltfrieden gefährden…“

„… habe die Geheime Revolutions-Ordnungs-Notfalltruppe Uhl einstimmig zum Vorsitzenden gewählt. Der Chef der GERONTokraten wolle…“

„… man bis heute beobachten könne, wie die Auswirkungen der industriellen Revolution auf den Arbeitsmarkt die Gesellschaft verändert habe. Die Bedrohung der Zivilisation durch Gewerkschaften, Streiks und Personalräte sei ernster als…“

„… da die Pianistin, wie später gemeldet wurde, nur wegen ihrer polnischen Abstimmung noch im Saal verhaftet worden sei. Friedrich teilte den Sicherheitskräften mit, bei einem derartigen Hintergrund müsse man zwangsläufig von einer kommunistischen Familiengeschichte…“

„… nicht jede Revolution schon in sich schlecht sei. Schäuble berichtete, erst durch den Umsturz im Jahr 1989 seien die Archive der Securitate in den Besitz der westlichen Geheimdienste gelangt, was eine erhebliche Erleichterung bedeutet habe, die Akten Hunderter rumänischer Dissidenten zu…“

„… Bundesfamilienministerin Schröder eine eindeutige Schuld der Linken gebe. Bereits mit der sexuellen Revolution habe sich ein Ungeist in Deutschland verbreitet, der Verbrechen wie Sozialdemokratie, die Pille oder den Atheismus…“

„… in den Zuständigkeitsbereich des BKA falle. Die Ausstellung über die Französische Revolution sei deshalb gesprengt worden, da es sich bei diesem Ereignis um eine Darstellung größeren Ausmaßes gehandelt habe, die zum Bereich des Staatsschutzes gehöre. Man dürfe, so Ziercke, für fehlgeleitete fremdländische Völker, nicht auch noch Werbung machen. Die Geschichte habe mehrmals gezeigt, die Revolution fresse auch kleine Kinder und…“

„… eine Hausdurchsuchung bei Heiner Geißler nur präventiv…“

„… dass im Lichte der Bauernaufstände immer deutlicher werde, was von lutherischen Organisationen zu halten sei. Friedrich sagte zu, er werde die Rechtsnachfolger rückwirkend zu terroristischen Vereinigungen erklären und durch den Verfassungsschutz…“

„… da Ziercke offenbar über Beweise verfüge, die anderen Mitarbeitern des BKA nicht bekannt seien. So werde der Slogan Drive The Revolution für 104% der Automobilbrände an Fabrikaten der Marke Mazda verantwortlich…“

„… verteidigte Innensenator Henkel, man habe die öffentliche Ordnung in der Hauptstadt auch mit ungewöhnlichen Mitteln zu sichern. Es sei durchaus zu verantworten, dass nach der Ankündigung einer technischen Revolution der Apple-Store am Kurfürstendamm 26 durch ein SEK…“

„… aus den Reihen von Uhl (GERONT) zu hören, dass man ab sofort auf die Ankündigung der Digitalen Revolution warten wolle, um Piraten und Chaoten in Computerclubs als Kapitalverbrecher verfolgen zu können. Wer in diesem Land ohne seinen Vierfarbkugelschreiber angetroffen werde, könne standrechtlich…“

„… wolle Friedrich auf dem Bebelplatz am Sonntagabend die Schriften von Max Weber, Karl Marx, Rosa Luxemburg, Georg Büchner, Frank Schirrmacher und…“





Der Lällenkönig

29 01 2012

Er blickt herab im Prunk von Gold und Kronen,
dass ihn die Bürger sähen, wie er schütze
die Gassen und mit seinen Blicken nütze
der Wachsamkeit vor Teufel und Dämonen.

Bald sieht es aus, als würde er nur thronen
hoch über ihren Häuptern, dass mit Witze
er seine Augen rollt, die Zunge spitze
zum kleinen Basel, wo die Armen wohnen.

Es mag ein Scherz sein, Angst auch vor dem Bösen,
dass wir durch Blendwerk meinen, zu erlösen
uns von den Kräften der Begehrlichkeit.

Und scheint das Ornament des Bösen hässlich,
es ist der Glaube daran unerlässlich,
dass Ungeist selbst im Menschen nur gedeiht.





In fünf Zeilen um die Welt. Limericks (LXXVI)

28 01 2012

Es stöhnte Herr Mam in Paoy Pet.
Die Zeitung lag meterweit weg,
die man ihm sonst druckfrisch
platziert auf dem Nachttisch.
So schmollte er. Und blieb im Bett.

Bernardo in Rurrenabaque
betrat eine Handlung für Lacke
und Farben. Als Muster
(das braucht man, das wusst er),
da dient ihm ein Fleck auf der Jacke.

Es fragte sich Linda aus Rønne,
wenn sie wohl im Lotto gewönne,
was sie dann wohl kaufte –
die Haare sie raufte,
sie wusste nicht, was sie sich gönne.

Der Tomitschek schimpfte in Raaba
den Lehrbuben: „Lass das Gelaber,
wenn Dir mal der Teig kippt,
sieh zu, dass man’s aufschippt
vom Boden – da nimmst halt den Schaber.“

Frau Ling zurrte schnell in Kowloon
Ihr Haus fest. Schon kam der Taifun,
doch ging die Verwüstung
nur bis an die Brüstung
der Fenster. Und störte kein Huhn.

Tabuni fuhr in Surabaya
zur Hochzeit. Als Tortenverleiher
war er fest zu buchen
für Pappmachékuchen.
Er fehlte auch auf keiner Feier.

Kaboulou durchwühlte in Pô
verzweifelt das kniehohe Stroh.
Er schwitzte. Er fluchte.
Nicht Nadeln er suchte,
sein Zirkus verlor einen Floh.





Gernulf Olzheimer kommentiert (CXXXVI): Diätwahn

27 01 2012
Gernulf Olzheimer

Gernulf Olzheimer

Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.

Nggr hockt in ihrer Eigentumshöhle und tut, was sie im Glanz der lodernden Scheite stets zu tun pflegt: sie polstert ihre Rundungen mit Mammut vom Spieß. Wo das Grillgut rein und die akustische Untermalung der Nahrungsaufnahme rauskommt, ist vorne – mehr muss man von ihr nicht wissen, denn sie lebt in einer Epoche, in der das ästhetische Empfinden noch ohne sozialen Zwang auskommt. Die realistische Malerei ist noch nicht erfunden, Fotografie und Unterschichtenfernsehen noch in weiter Ferne, und keine Modeindustrie quarrt in nöliger Hochglanztristesse dem Konsumvolk das Diktat der Anorexie in die blutenden Ohren. Die Hominiden sind verhältnismäßig glücklich in ihrer Haut. Sie leiden noch nicht unter dem Diätwahn.

Jede zweite Frau sieht ihr Alter Ego als Moppel-Ich, und das ohne Korrelation zur tatsächlichen Physis. Die Dysmorphophobie vor dem Spiegel wird von jeder Weiberpostille getriggert, von jedem Laufstegzirkus, von jeder Castingshow für plappernde Kleiderständer, die einzig das Ziel verfolgen, aus dem weiblichen Personal der Industrienationen pawlowsche Pinscher zu züchten, denen man den BMI als Stigma in die Synapsen dreschen kann. Heerscharen verzweifelter Hobby-Fetischistinnen reduzieren die Nahrungszufuhr auf das bisschen feuchte Watte, das ausreicht, um auf Niedrighirnniveau zu vegetieren.

Sie trinken Tee aus alten Socken und saugen an nacktem Salat. Sie verzichten auf Milchprodukte, Kohlehydrate, Zucker, Fett, Salz, Fleisch, Eier, rote Beeren, grüne Beeren, sämtliche Beeren, und klappen schließlich als Wassersuppenkasper in der Ecke zusammen. Ihre Stoffwechsel läuft nicht zuletzt auf Endorphinbasis, wie auch Masochisten ihre Befriedigung darin finden, sie sich zu versagen. Die zwanghafte Verweigerung führt an kein Ziel, denn zwei Pfund weniger sind danach auch wieder nur drei Pfund zu viel – abgesehen vom Jo-Jo-Effekt, der sie unvermeidbar um ihren Fortschritt prellt. Sie empfinden ein paar Gramm Wasserzulage als Niederlage, gleichwohl es ein natürliches Phänomen ist und jedem anderen Abspeckspacken so passiert. Doch was ist schon Logik.

Längst hat sich die Diät zur eigenständigen Popkultur ausgeweitet. Schwören die einen auf die totale Kohlsuppe, beten die anderen zur Trennkost, während eine hippe Schicht durchgeratterter Rüben das ausgelutschte Abendfasten zum modischen Dinner-Cancelling hochstilisiert und fortan mit grunzendem Gedärm in der Bettstatt deliriert. Das einzig legitime Ziel ist die Minimalisierung der zugeführten Nahrung. Vermutlich sind es reine Wahnvorstellungen, die hypoglykämische Lifestylebratzen im Entwöhnungskasper zu den dämlichsten Ideen treiben. Steinzeit-Diät? ideal geeignet für die prädiluviale Spezies, wie sie als Neurochirurgen und Taxifahrer auftritt. Kreta-Diät? logisch, vor allem in Bad Salzuflen sind Olivenöl aus dem Supermarkt und schockgefrostete Calamari die gesündesten Lebensmittel in Reichweite. Glyx-Diät? sich Mehl hinters Zäpfchen zu schwiemeln hat noch bei keinem Säuger die Bauchspeicheldrüse in Rotation versetzt. Die meisten messianischen Erfolgsrezepte sind naturwissenschaftlich so haltbar wie Absingen peruanischer Fruchtbarkeitslieder bei gruppendynamischem Gehüpfe in konzentrischen Kornkreisen, wie Homöopathie oder Geistheilung. Sie werden von physiologischen Laien bei einer guten Flasche Bio-Rotwein aus den Fingern gelutscht und verpesten generationskohortenweise gutgläubige Matschbirnen, Low Fat, Low Carb, Low Mind.

Denn sie wollen alle nur eins, den schnellen Erfolg. Keine der Schwabbelbacken würde sich auf drei Mahlzeiten statt vier Tüten Chips beschränken, freiwillig Treppen steigen und dem Alkohol entsagen, wenn die Werbung doch zehn Pfund in zehn Tagen verspricht. Keine Fresszelle besäße genug Einsicht, Fett und Zucker als natürliche Geschmacksträger und Konservierungsmittel zu begreifen, während sie sich chemisch modifizierten Produktionsmüll in die Schleimhäute löffelt, ein wirres Gemisch, das bei Gegenwind leuchtet und das Immunsystem abschmirgelt. Sie wollen nicht schlank sein, sie wollen nicht ihr Gewicht halten, sie wollen möglichst schnell möglochst viel von sich selbst loswerden. Ihr Gehabe ist infantil, denn der Wunsch ist bis zu einem gewissen Grad erfüllbar, wird nach einmal gestilltem Verlangen allerdings nicht einmal ansatzweise zur seelischen Stabilität führen. Jene kapitalistisch anmutende Gier nach dem allenfalls asymptotisch erreichbaren Ziel jenseits des Rationalen macht den Bekloppten zu einer Marionette der Selbstzerstörung, die dem Inbegriff vergänglicher Schönheit nach dem billig manipulierten Abziehbild einer Schönheitsindustrie folgt, dümmlich nachtrottend am Nasenring der Zivilisation. Es mutiert inzwischen zum elitären Habitus, sich den Finger in den Hals zu stecken, während die Mittelschicht in die Adipositas gleitet. Wir werden es verschmerzen. Was sich da zum Strich in der Landschaft kotzt, lässt sich hernach leichter entsorgen. Es wird vom Winde verweht.





Der Weg ist das Ziel

26 01 2012

„Na, dann wollen wir mal.“ Doktor Klengel erhob sich ächzend von der Tafel, voll von Grünkohl, Schnaps und Bier. „Wenn ich den letzten Bus zur S-Bahn noch schaffen will, muss ich mich ein bisschen beeilen.“ Der Artikel im Generalanzeiger hatte gefruchtet. Die flächendeckenden Kontrollen der Polizei sorgten endlich dafür, dass keiner mehr bezecht ins Auto stieg.

„Ich gehe jetzt Ulmenweg hoch, dann die zweite rechts, und dann steige ich Moosrösleinweg in die Linie 343.“ „Geht doch gar nicht“, ließ sich Staatsanwalt Husenkirchen vernehmen, selbst ein wenig schwerzüngig ob der vielen Obstbrände. „Die zweite ist der Abzweiger in die Kleingärten, Sie meinen die dritte.“ Seine Frau widersprach. „Wenn Sie Moosrösleinweg einsteigen, fährt doch nur noch der Nachtbus, aber der geht ja bloß bis Elsterbeckchaussee.“ „Mit Umsteigen natürlich“, belehrte Klengel sie. Auch mein Hausarzt hatte kräftig getankt; die Tischkante war stabiler als er. „Mit Umsteigen, und dann in die S5 bis Talweg, dann die Treppe an der Westseite hoch, und dann die Buchenallee runter.“ „Sie meinen Nordseite“, mokierte sich Herr Breschke. Der pensionierte Finanzbeamte war trotz mehrerer Biere erstaunlich nüchtern geblieben. „Nord- und südwärts sind nämlich seit dem großen Umbau 1987 die Treppen, und die Nordseite geht in Richtung Villenviertel.“ „Aber nicht auf die Buchenallee“, stichelte Doktor Klengel zurück, „sondern auf die Kaiser-Wilhelm-Allee Ecke Karl-Friedrich-Schinkel-Platz, wo die Buchenallee in den Lärchenring mündet.“

Ich zog unbemerkt die Augenbrauen in die Höhe; Hildegard verstand. „Wir sollten uns auch diskret entfernen“, sagte sie tonlos. „Am Ende müssen wir uns noch einmal anhören, wie Breschkes Tochter vor drei Tagen den halben Nachmittag im Bus zugebracht hat.“ Schon hatte seine Frau die Gelegenheit ergriffen. „Wegen der Baustelle am Rathausmarkt war ja der ganze rechte Streifen aufgerissen, die 201 hält derzeit gar nicht beim Stadtpalais – und wenn man dann die Haltestellen nicht angesagt bekommt, muss man an der Frankfurter Allee aussteigen.“ Das ist zwar nur einmal um die Ecke und auf dem gleichen Weg, wo ohnehin zehn Linien entlangfahren, doch Breschkes Tochter machte es richtig. Sie ließ sämtliche Busse an sich vorbeifahren, ließ auch etliche 201-er ziehen, die regulär zur Endhaltestelle Olympiadorf fuhren, und stieg erst in den nächsten Einsatzbus, der sie (wie jene 201, aus der sie versehentlich sich entfernt hatte) zur Parkstraße fuhr, ganze zwei Haltestellen weit, Fußweg knapp vier Minuten. Aber man muss ja eine Tageskarte ausnutzen.

Der Kellner hatte die Aquavitflasche gleich auf den Tisch gestellt und berichtete empört von den Verhältnissen im Karolinenforst. „Die 392 kommt immer zehn Minuten zu spät, da verpasse ich doch jeden Tag die S6 – ich kann doch schlecht bis Landgraben laufen und dann mit dem 322-er Richtung Rübenfeld fahren.“ „Zehn Minuten früher aufstehen wäre die eine Möglichkeit“, stichelte Breschke, „andererseits könnte man sich ja auch langsam mal einen Winterfahrplan kaufen.“

Unterdessen hatte Husenkirchen eine schier unmögliche Geschichte zu erzählen begonnen. Ein komplett kostümierter Weihnachtsmann hatte mitten im Hochsommer mit vorgehaltener Waffe eine Staude Bananen von einem Bankräuber erbeutet, sich mit affenartiger Geschicklichkeit auf die Prinz-Eugen-Brücke geschwungen und von dort aus die anrückenden Polizisten mit den Früchten in Schach gehalten. „Das war wirklich einmalig“, berichtete er keuchend, „eine Hundertschaft lag im Nu auf der Nase, alle waren auf Bananenschalen ausgerutscht, und dann kam auf einmal der Bankräuber aus der S3 gesprungen, zog sich die Maske vom Gesicht und war in Wirklichkeit Bürgermeister Ruppheimer!“ „Ich glaube ihm kein Wort“, wisperte ich, „er lügt wie gedruckt!“ „Natürlich“, zischte Hildegard zurück. „Die S3 fährt doch gar nicht über die Prinz-Eugen-Brücke.“

Breschke stierte glasig in sein Schnapsglas. „Wenn sie nächsten Winter die Blücherchaussee zur Einbahnstraße machen, dann müssen die 203 und die 314 auf dem Rückweg über Moltkeplatz fahren, und das geht ja nun wirklich nicht!“ „Aber sie wollen doch dort die neue Schwimmhalle bauen“, schaltete sich Doktor Klengel ein, „wie soll denn da der Verkehr herumkommen?“ „Da läuft doch der Landgraben“, lallte Husenkirchen, „und Wasser haben sie sowieso, sonst gäbe es ja auch kein Schwimmbecken.“ Der Ober goss noch einmal Aquavit nach, diesmal aber endgültig eine letzte Runde, wie er seit einer Viertelstunde immer wieder ankündigte. „Alles viel zu umständlich. Der Weg ist doch das Ziel!“ Sie glotzten ihn teilnahmslos an. „Wenn man doch sowieso immer woanders hin muss, kann man das doch auch gleich mit einem Taxi erledigen lassen.“ „Richtig!“ Husenkirchen wedelte erregte durch die Luft. „Ganz richtig so, man müsste das dann nur richtig organisieren. Mit festen Abfahrtszeiten. Und dass man zwischendurch auch umsteigen kann.“ „Ich würde sofort eins nehmen“, gackste Breschke. „Aber dann nur mit Anschluss an die S6 und an die Nachtbuslinien bis Parkstraße. Sonst müsste man den ganzen Weg bis zur Kastanienallee zu Fuß gehen, und nachts sogar drei statt zwei Stationen, weil ja gerade die Blücherchaussee nicht angefahren wird.“ Hildegard schob mir die Autoschlüssel herüber. „Du fährst“, stöhnte sie, „ich halte das nervlich nicht durch. Und zwar bitte bis Karolinenforst. Über Rathausmarkt und Prinz-Eugen-Brücke.“





Made in Germany

25 01 2012

„Skandalös! Das werde ich nicht hinnehmen!“ „Was genau hatten Sie im Auge?“ „Diese EU macht uns die ganze deutsche Wirtschaft kaputt!“ „Wie gesagt, was genau hatten Sie im Auge?“ „Dass wir nicht mehr ‚Made in Germany‘ schreiben dürfen.“ „Dürfen wir doch.“ „Aber nur noch da, wo es auch zu 100% stimmt – das ist doch Schikane!“

„Hoppala, jetzt feiern Sie mal den Geburtstag vom Alten Fritz mit etwas mehr preußischer Detailversessenheit. Sind Sie am Ende kein echter Deutscher?“ „Sicher, aber muss man denn das so eng sehen?“ „Sie wollen diese Bezeichnungen also eher auflockern?“ „Man muss doch in einem globalisierten Europa auch mal Spielräume haben.“ „Das heißt?“ „Wir sollten bei der aktuellen Regelung bleiben.“ „Mit allen Konsequenzen?“ „Was sollte daran falsch sein?“ „Demnach wären ja auch Würstchen aus bulgarischen Schweinen, die in Äthiopien geschlachtet werden, ein deutsches Fabrikat.“ „Es geht ja um die deutsche Rezeptur, das geistige Eigentum, verstehen Sie?“ „Wenn nur ein Fischlieferant aus dem Atlantik seine Filets nach Düsseldorf schickte, um Sushi daraus zu fabrizieren, was wäre das?“ „Deutsche Ware – schließlich haben wir erst die produktspezifischen Eigenschaften in die Rohstoffe gebracht.“ „Und der Tiefkühlfisch wäre sonst undeutsch geblieben?“ „Das Sushihafte des Tiefkühlfisches wohnt doch dem ins Deutsche geworfene Produkt inne – haben Sie nie Heidegger gelesen?“

„Übrigens müssen Sie sich immer vor Augen halten, was zu dieser Bezeichnung geführt hat. Sie ist immerhin eine britische Erfindung.“ „Richtig, die Inselaffen werden schon gewusst haben, dass sich nur Qualität durchsetzt.“ „Und genau deshalb haben sie ab 1887 in jeden Krempel ‚Made in Germany‘ gestanzt.“ „Weil sie verstanden hatten, was Importware bringt.“ „Nämlich gar nichts. Das Siegel war nur eine Warnung vor minderwertigem Zeug, das sein Geld nicht wert ist. Deutsche Erzeugnisse waren der Koreaschrott ihrer Epoche.“ „Typisch europäisches Konkurrenzdenken. Man kann diesen Engländern eben nicht über den Weg trauen.“ „Dann war es sicher auch nur Zufall, dass bei der Weltausstellung 1878 in Philadelphia die anderen Ingenieure derselben Ansicht waren.“

„Sie meinen also, dass das nicht nur ein Qualitätssiegel sei, sondern ein Industriestandard?“ „Vor allem ein Sozialstandard.“ „Was hat das denn für uns zu bedeuten?“ „Sehen Sie es als ein Bekenntnis zum Produktionsstandort mit all seinen Arbeitnehmern.“ „Aber dann wird sich der Aufschwung nie gegen Europa verteidigen lassen.“ „Kunststück – erstens, dass Sie ihn unbedingt verteidigen wollen, wogegen auch immer, und zweitens, dass Sie den Kampf der deutschen Wirtschaft gegen die europäischen Partner damit so leichthin eingestehen.“ „Aber wir brauchen doch die deutschen Exporte.“ „Das stimmt wie 1887. So kriegen wir Europa mit minderwertiger Wirtschaft kaputt.“ „Aber wir müssen doch Arbeitskräfte exportieren, sonst können wir uns nicht als größte Exportnation bewähren.“ „Weil sonst die Leute alle nach Taiwan auswandern, um sich da die Haare schneiden zu lassen?“

„Es geht doch letztlich im deutsches Know-how. Um die geistigen Leistungen.“ „Dann sollten wir hier vielleicht nur noch Kuckucksuhren und Gummiknüppel herstellen.“ „Unsinn, es geht um die Leistung des Arbeiters, der für die deutsche Volkswirtschaft…“ „Also die polnische Erntehelfer, die den Spargel auch nicht mehr stechen wollen, weil sie in ihrer Heimat für Handlangerjobs inzwischen besser bezahlt werden und sich von deutschen Vorarbeitern nicht mehr beleidigen lassen müssen?“ „Ich rede hier von richtigen Deutschen, ja?“ „Also von Zeitarbeitern, die mit ihren Waren auch de erodierenden Sozialstandards verkörpern? Die sollten doch auf jeden Fall ‚Made in Germany‘ wert sein, oder?“ „Es geht doch hier um die Entwicklungsleistung, verstehen Sie das nicht?“ „Doch, durchaus. Wenn die Baumwolle aus Pakistan stammt, die Textilverarbeitung aus Bangladesch und der Reißverschluss aus China, dann dürfen Sie einen deutschen Schimpansen dafür werben lassen.“ „Sie denken viel zu global. Man muss die europäischen Interessen wahren.“

„Was sollte uns eigentlich davon abhalten, ein Siegel ‚Made in Europe‘ einzuführen?“ „Davon halte ich nichts. Die anderen Nationen wären dafür sicher noch nicht so weit.“ „Warum nicht?“ „Weil das sicher einer dieser undemokratischen Versuche wäre, Deutschland zu schwächen.“ „Warum denn undemokratisch?“ „Da steckt doch sicher wieder die EU dahinter.“ „Aber die ist doch jetzt auch nicht demokratisch gewählt.“ „Trotzdem, die wollen doch bloß provozieren, dass wir auf deren Verhalten mit chauvinistischer Propaganda antworten – und diese reaktionäre Haltung lehnen wir einfach ab!“

„Und was hat Deutschland sonst zu melden?“ „Immerhin haben wir eine stabile Wirtschaft.“ „Und Sie erwarten bei den Vorkommen an Kupfer, Bauxit und Erdöl auf deutschem Boden, dass der Export ohne alles andere auskommt?“ „Immerhin sind wir Deutschland.“ „Und das war schon immer so?“ „Immerhin haben wir ein stabiles politisches System.“ „Worauf beruht das?“ „Wachstum.“ „Für die Wirtschaft?“ „Wenigstens für die richtigen Leute in diesem Staat.“ „Also etwas Thatcher, etwas Bush, etwas KGB. Und Merkel klebt zum Schluss den Stempel drauf. Made in Germany.“





Mit freundlicher Unterstützung

24 01 2012

„… die Lieferung einer Einbauküche für Schloss Bellevue nicht vorhersehbar gewesen, da die Gattin des Bundespräsidenten ja vor zwei Jahren noch nicht habe absehen können, dass Wulff später…“

„… betonte Wulff, er habe nicht gelogen, sondern es sei nur mehrmals, wenn auch vielleicht nicht bewusst, nicht die Wahrheit gesagt…“

„… dass sich Wulff nur unbewusst mit der Marmeladenmarke habe ablichten lassen, die seiner Gattin den Besuch der Filmfestspiele…“

„… habe Wulff zwar nicht die Wahrheit gesagt, doch sei ihm nicht klar gewesen, dass er dies als eine reine Schutzbehauptung…“

„… auch nicht mit einer neuen Waschmaschine in Verbindung gebracht werden könne, da der Bundespräsident nicht selbst um das Gerät gebeten habe. Um den Vorwurf der Bestechlichkeit zu entkräften, wolle die First Lady das Gerät auch nicht in Berlin, sondern in Burgwedel…“

„… das Konterfei des Präsidenten auf einer Folienverpackung nicht mit der Würde des Amtes zu vereinen. Wulff wies darauf hin, dass bereits Konrad Adenauer Werbung gemacht habe auf der Verpackung der CDU. Außerdem sei die britische Königin auf Erzeugnissen ihrer Hoflieferanten…“

„… sei dem Bundespräsidenten mittlerweile bewusst, dass er gelogen habe. Er streite jedoch ab, dass er nur deshalb das Parlament hintergangen habe, um persönliche Vorteile zu…“

„… wäre eine Vertragsunterzeichnung vor dem Logo der Biermarke zufällig. Wulffs Verleihung des Bundesverdienstkreuzes für Joachim Löw anlässlich des WM-Ausscheidens habe sicher nur aus Versehen die…“

„… streite Wulff seine Lügen vehement ab, entschuldige sich aber gleichzeitig für sie, so dass keine moralischen Druckmittel mehr gegen ihn…“

„… der Universität Bayreuth bestätigt, dass die eingereichte Arbeit nicht zur Prüfung zugelassen worden sei. Ungeachtet der Tatsache, dass die Gattin des Präsidenten sich nach Preisnachlässen für einen Abschluss in Medienrecht erkundigt habe, sei der Sponsor zurückgetreten, um nicht…“

„… niemals um eigenmächtiges Handeln. Wulff habe sich vor der Annahme von Geschenken immer intensiv mit Sponsoren unterhalten, um eine zweite Meinung zu…“

„… zwar formaljuristisch richtig, dass der Bundespräsident sich für eine Produktverpackung fotografieren lassen dürfe. Dennoch schade es dem internationalen Ansehen Deutschlands, wenn Wulff auf einem 100er- Gebinde von Hundekotbeuteln…“

„… habe der Bundespräsident zwar von den Irreführungen der Ermittlungsbehörden gewusst, sie aber deshalb nicht zur Anzeige gebracht, da er nicht davon habe wissen können, dass er später zum Bundespräsidenten gewählt…“

„… da sich Wulff selbst um Sponsoren bemüht habe. Aus diesem Grund könne Glaeseker nicht weiter belastet werden, damit seien die Vorwürfe an den Bundespräsidenten haltlos und völlig…“

„… lehne auch das Bundeskanzleramt die Anweisung strikt ab, jedes von Wulff ausgefertigte Gesetz künftig mit der Bezeichnung Mit freundlicher Unterstützung der Zentis GmbH & Co. KG zu versehen. Ebenso verbitte sich der protokollarischer Dienst, bei Staatsbesuchen hinfort in die TV-Berichterstattung einzublenden, Bettina Wulff werde eingekleidet von…“

„… die Übernahme von Delegationsmitgliedern aus Westerwelles Reisebegleitung völlig legitim. Zur Verbesserung des internationalen Ansehens seien vor allem Schweizer Briefkastenfirmen besonders berücksichtigt…“

„… denn Diskretion stünde Wulff über allem. Er könne die Spender nicht nennen, da er sein Ehrenwort…“

„… dass der Vorwurf der Bestechung natürlich zutreffe. Wulff bezeichne sich allerdings weiterhin als unschuldig, da diejenigen, die er zu Straftaten angestiftet habe, ihn nicht wegen der Anstiftungen zu den Straftaten bei den Ermittlungsbehörden…“

„… sehr, sehr viel Zuspruch erhalten. Unklar sei aber, ob dies aus Wulffs Privatvermögen oder aus Steuergeldern…“

„… noch nicht klar, wie die Verfilmung der Causa Wulff finanziert werden solle. Das Präsidialamt habe bereits Gespräche mit der Hannover Leasing geführt, die sich mehrmals als Experten für die Finanzierung von Filmfonds durch Steuerhinterziehung…“

„… habe Wulff von sich aus angeboten, als Product Placement in einer RTL-Produktion über Korruption mitzuspielen oder wenigstens gegen Entgelt durchs Bild zu laufen. Er sei jedoch nicht gebucht worden, um den Ruf des Senders nicht…“

„… dass Wulff neuerdings eine strafrechtliche Definition von Schuld ablehne. Mit den Mitteln der Moraltheologie sei dem Bundespräsidenten zwar nicht beizukommen, doch bezeichnete dies der CDU-Fraktionsvorsitz als grundrechtsschonende Variante einer marktkonformen…“

„… wolle Wulff Vertrauen zurückgewinnen. Die Werbekampagne sei jedoch noch auf der Suche nach einem Sponsoren für die geplante…“

„… laut Vorstand der AWD Holding AG nie als Parteienfinanzierung. Wulff habe ausschließlich für seinen persönlichen Vorteil…“

„… sei es vollkommen falsch und eine Verleumdung, dass Wulff nur die Halbwahrheit gesagt habe. Laut seiner Anwaltskanzlei habe der Bundespräsident zur Hälfte sicherlich gelogen, andererseits aber zur Hälfte…“

„… wolle Wulff den geplanten Film erst nach seiner zweiten Amtszeit drehen lassen. Das ihm aus Steuermitteln zugesicherte Honorar habe er sich allerdings bereits jetzt anweisen lassen, um den Hauskredit vorzeitig zu…“





Auf der Strecke

23 01 2012

„Was habe ich Ihnen beigebracht? Wie heißt das? Na! – ‚Stehen Sie gefälligst auf, wenn ich mit Ihnen rede!‘ Sehr gut. Und weiter? Na? ‚Informieren Sie sich gefälligst vorher!‘ Sehr gut! Und umdrehen. Gut gemacht. Sehr guter Mann. So wünschen wir uns den Service bei der Deutschen Bahn.

Weiterbildung ist das Zauberwort. Ohne unsere berufliche Fortbildung wären wir doch längst nicht mehr konkurrenzfähig – wettbewerbsfähig, wollte ich sagen. Wettbewerbsfähig. Konkurrenz haben wir glücklicherweise keine zu fürchten, das macht den Wettbewerb für uns ja so angenehm. Und da haben wir dies Jahr damit begonnen, unser Personal auszubilden – fortzubilden, wollte ich sagen.

Bitte hier einmal ganz genau hinsehen, Leute – wir können uns keine Fehler mehr leisten. Die Kundenberatung muss optimiert sein auf das Ziel unseres Unternehmens: wir erhalten den Betrieb aufrecht, falls uns nichts dazwischen kommt, und das entscheidet nicht der Fahrgast. Wir hatten im vergangenen Quartal 30,7% Kunden, die bis zu 60 Euro zu viel bezahlt haben für Zugfahrten mit maximal drei Stunden zu langer Reisezeit und sieben unnötigen Umstiegen. Das sind Belege! Die Bilanz wird mir im laufenden Geschäftsjahr nicht versaut, klar? Sieben unnötige Umstiege – mit dem Bus bekommen Sie so eine Leistung überhaupt nicht hin. Deshalb werden wir uns auch weiterhin gegen jeden Omnibusverkehr in Deutschland zur Wehr setzen. Vor allem gegen die Privatwirtschaft!

Ja, früher war sowieso alles besser. Da mussten wir aber auch nicht diese hohen Managergehälter bezahlen, und die unterirdischen Bahnhöfe waren oberirdisch. Diese Rekordgewinne müssen sein. Damit rechtfertigen wir die ständig steigenden Fahrpreise. Schauen Sie mal, die Sanierung vom Berliner Hauptbahnhof kostet schon ein Vermögen, da können Sie nicht auch noch erwarten, dass wir ständig unsere Kunden mit Service belästigen. Aber wir bessern uns schon. Das werden Sie spätestens in diesem Sommer sehen – die neuen Klimaanlagen gehen nur kaputt, wenn man sie anschaltet.

Die meisten Fahrgäste machen sich ja ein völlig falsches Bild von der Deutschen Bahn. Die sehen nur unfreundliches Personal, das seine Vorschriften nicht kennt, und defekte Zugtoiletten. Dabei sind wir für das marode Schienensystem auch noch verantwortlich. Und für den Fahrzeugmangel außerhalb der Hauptverkehrszeiten in den Randgebieten. Können Sie sich diese Belastung überhaupt vorstellen? Wir können kaum noch gehen vor lauter Selbstachtung, da können wir uns doch nicht auch noch um Kunden kümmern!

Hören Sie auf, uns ständig zu verunglimpfen! Wenn Sie morgens aufwachen und plötzlich vor einer zehn Zentimeter hohen Schneewand stehen, da schaffen Sie es auch nicht bis Bad Salzuflen – aber von einem Zug verlangen Sie das einfach so! Das geht doch nicht! Diese witterungsbedingten Störungen sind manchmal aber auch vollkommen unvorhersehbar, wie sollen wir die denn bitte in den Fahrplan einarbeiten? Sagen Sie uns vielleicht ein halbes Jahr vorher Bescheid, wenn es regnet?

Und wir üben das jetzt noch mal mit den Sitzreservierungen. Was habe ich Ihnen gesagt? Fahrgäste, die ohne Sitzreservierung auf nicht reservierten Sitzen sitzen, müssen auf nicht reservierte Sitze umgesetzt werden, weil die nicht reservierten Sitze auch durch eine Sitzreservierung reserviert werden könnte. Das gilt auch und besonders für gehbehinderte Senioren, Schwangere und Fahrgäste mit oder ohne Sitzreservierungen, wenn im anderen Teil des Zuges reservierte Sitze frei sind. Oder nicht reservierte. Merken Sie sich das. Das brauchen Sie im Fernverkehr täglich. Da setzt sich dann einer auf die Treppe zur 1. Klasse und hat in Wirklichkeit keine Sitzreservierung reserviert, weil es auf der Treppe keine Sitze gibt, die man mit einer Sitzreservierung – wo war ich?

Jetzt regen die sich alle wieder auf wegen dieser Typen aus Italien. Dabei war das gar nicht wegen der Fahrkarten, die sie nicht dabei hatten. Wird in der Presse immer völlig falsch dargestellt. Nein, das war Beförderungserschleichung. Die waren doch gerade schon auf einem sinkenden Schiff, was wollen die jetzt noch in der Deutschen Bahn?

Und jetzt bitte das Verhalten am Kunden. Fahrgast beschwert sich, weil zwei Anschlusszüge ausfallen und der dritte sich um mehrere Stunden verspätet. Antwort A: ‚Seien Sie froh, wenn wir Ihnen den verlängerten Aufenthalt in unseren Verkehrsmitteln nicht extra berechnen.‘ Antwort B: ‚Wir passen uns den Klimaschutzzielen an. Wenn die auf der Autobahn schon kein generelles Tempolimit hinkriegen, dann gehen wir mit gutem Beispiel voran. Bei der Deutschen Bahn kommen Sie viel bequemer zu spät.‘ Na? Richtig!

Also bitte, was wollen Sie denn? Wir setzen uns für Bildung ein, wir vertreten regionale Interessen, bei uns lernen Kinder etwas fürs Leben. Wer sich in unserer komplizierten Welt auskennen will, der muss eben früh genug in Kontakt kommen mit der Wirklichkeit. Setzen Sie mal so ein kleines Kind irgendwo in der Pampa auf dem Bahnsteig aus, das lernt seine Umgebung aber ganz fix kennen! Da staunen Sie, was? Das hat bei uns Methode. Nichts wird dem Zufall überlassen. Mit der Deutschen Bahn bleiben Sie auf der Strecke.“





Gefährliche Schräglage

22 01 2012

Brandgeruch in Bellevue – Glaeseker hat den Reißwolf heiß laufen lassen. Sicherlich ist er dabei nur versehentlich mit den Akten ins Rettungsboot gefallen. Von ganz oben, wo sich der Präsident über jeden Zweifel erhebt. Was sonst noch vom Abrutschen bedroht ist, wie immer in den Suchmaschinentreffern der vergangenen 14 Tage.

  • zementklotz: Sind Sie ins Schwimmen geraten?
  • murmeltier holz schnitzen: Das Tier macht sowieso immer dasselbe.
  • warum den stabilitäts und wachstumspack: Das. Es heißt das Pack.
  • jugendschmutz regeln: Unsere Jugend darf durch Kriege verroht werden, aber nicht durch deren Abbildung.
  • bedeutung von pusteblumentatoo: Lässt auf eine gewisse Ideenarmut schließen. Und auf schlechten Geschmack.
  • bekloppte esoterik: Weißer Schimmel.
  • rote haare beim erzeuger: Hat im Streitfall Wiedererkennungswert.
  • kupferarmband esoterik mit mantra zeichen: Findet man damit auch verborgene Globuliadern?
  • was kann ich gegen versalzenen heringssalat tun: Demonstrieren.
  • ja sagen: Ich bin dagegen.
  • gelsenkirchener barock gussteil: Buche handgegossen.
  • unterschied da dn: Das eine ist da, das andere nicht.
  • tattoo motive handgelenk innen: „Hier aufreißen!“
  • dornauszieher beine flügel: Anatomische Studien sind nicht so Ihr Ding?
  • likörreste von fliesen entfernen: Langsam lecken. Nicht nagen.
  • haustierfutter: Ich esse auch Wildtiere.
  • feuerstuhl rezept: Mit Chili.
  • wulff „ohne toupet“: Seine Frau frisst ihm die Haare vom Kopf.
  • fernreiki schicken hirntot: Sie merken den Unterschied garantiert nicht.
  • mops als hase verkleidet ikea: Da bekommen Sie sogar Garderoben, die wie Bücherregal aussehen.
  • krakel artige ausschläge: Sicher eine Schreiballergie.
  • steinbrücks vorstandposten: Er musste den Euro retten. Also den in der Wirtschaft.
  • merkel sekundenkleber: Gerade ans Präsidialamt verliehen.
  • frisuren für männer aufgestellt: Oh, offensichtlich hat Guttenberg auch Sekundenkleber abgekriegt?
  • dichtung ampel: Kleckert es schon rot raus?
  • blutgeschmack beim husten nach rippenprellung: Dann doch lieber die undichte Ampel.
  • strickanleitung maiglöckchenmuster: Ich häkele lieber Kakteen.
  • wahn „hält sich für jemand anderen“: Wulff nimmt immer noch an, er sei Präsident aller Deutschen.
  • darf man drano power granulat mehrmal nacheinander anwenden?: Wenn Sie das Zeug wieder aus dem Klo rausgefischt bekommen…
  • sauerland lustige schilder: Der bleibt auch bei Vorsicht frisch gestrichen sitzen.
  • küchenfliesen quer oder längst: Hochkant.
  • ausschlag-pickel am bauch bei kinder: Was müssen Sie auch alles anfassen.
  • schmerzensgeldberechnung bei gicht: Wird nur anfallsweise gezahlt.
  • fehlinkarnation – woher kommt der begriff: Aus Ihrer Familie.
  • möbelanalyse: Legt sich da eine Schrankwand auf die Couch?