„Sie müssen das ins richtige Verhältnis setzen. Kirche geht uns alle an. Deshalb sollen auch alle dafür zahlen. Auch dann, wenn Sie überhaupt nicht Mitglied in unserer Kirche sind. Erst recht, wenn Sie nicht Mitglied in unserer Kirche sind. Wir können da sehr empfindlich werden.
Ja, wir haben das verstanden. Im Grundgesetz steht, dass Sie Glaubensfreiheit genießen. Das war so gedacht. Aber da steht nichts davon, dass die auch kostenlos ist. Und da steht auch nicht, dass wir nicht trotzdem Steuern auf alles erheben können. Jetzt ist das eben mal eine Steuer für alle, die nicht römisch-katholisch sind. Haben Sie ein Problem mit Katholiken? Dürfen Sie nicht. Steht so im Grundgesetz drin. Da sind alle Menschen gleich.
Aber selbstverständlich haben Sie etwas davon – denken Sie an die vielen schönen Prozessionen, wenn die Bischöfe ihre prunkvollen Gewänder spazieren führen, oder denken Sie an den Papst, der aus lauter Gottvertrauen hinter drei Zentimetern Panzerglas durch seine Gläubigen rollt. Das ist ein lieb gewonnenes Brauchtum, das will gepflegt sein. Nein, nicht so gepflegt! Obwohl einige der Leute schon eine höhere Pflegestufe gebrauchen könnten.
Rabatte? Aha, ich verstehe. Sie denken, wir Grünen sind inzwischen wie die FDP? Ich müsste mal nachfragen. Wenn Sie sich ein Parteibuch besorgen, können Sie eventuell die Clubbeiträge – Kirchensteuer, wollte ich sagen, Kirchensteuer, können Sie dann verrechnen. Das müsste gehen. Immer vorausgesetzt, dass Ihr Einkommen auch hoch genug ist. Wir als Volkspartei nehmen ja nicht mehr jeden.
Und ich verstehe jetzt auch gar nicht, wie Sie sich aufregen können. Wir machen das sowieso schon. Wir lassen unsere kirchlichen Kindergärten aus Steuern finanzieren, und das Arbeitsrecht haben wir gar nicht nötig. Sie wollen doch Ihre Kinder nicht etwa von einer Frau aufziehen lassen, die sich scheiden lässt?
Ob es das für Muslime gibt? Um Himmels willen, wir leben doch hier nicht im Gottesstaat!
Sie glauben an gar nichts? Im Vertrauen, wir auch nicht. Deshalb handelt es sich schließlich auch nicht um eine kirchliche Initiative, sondern um Kulturrettung. Kennen Sie? So rechtsdrehende Sachen? Das haben wir von diesen Piraten gelernt, es geht nicht um Inhalte, es geht um das Modell.
Sie bezahlen dann auch einen ermäßigten Satz, wenn Sie kein Auto haben. Ja, dasselbe Modell – Sie sind kein Autofahrer, also können Sie sich gerne solidarisch an der Kultur unseres automobilen Fortschritts beteiligen. Das ist ein Stück unserer nationalen Identität, wissen Sie, da muss man doch erwarten können, dass die Bürger hier etwas mehr Bereitwilligkeit zeigen. Da kommt ja auch einiges zusammen. Die Gebühren für die entgangene Mineralölsteuer, Ersatzsteuer für Versicherungen und Autobahnnichtnutzungsgebühr, der Straßenbau will schließlich auch leben – da gucken Sie, was? So betrügen Sie den Staat, mein Lieber, so zocken Sie heimlich die Allgemeinheit ab und füttern Ihr privates Portemonnaie!
Hören Sie mal, so eine Krankenkasse wird auch nicht nur von den Kranken getragen! Christliche Nächstenliebe, klar!? Wissen Sie eigentlich noch, was das ist? Solidarität? Solidarisches Verhalten, das ist, wenn Sie meinen Ferrari bezahlen dürfen, auch Sie nicht darin fahren. Sind Sie eigentlich immer so ein kaltherziger Egoist?
Jetzt hören Sie doch mit dieser Kirchensache auf! Das ist doch nur ein Aufhänger, der in den Medien sinnlos hochgejazzt wird! Haben Sie Kinder? Oha, das wird teuer. Das wird Sie jetzt aber ganz schön teuer zu stehen kommen, dass Sie sich der Nachwuchsproduktion für den Arbeitsmarkt so einfach mal entziehen. Sie können sich keine Kinder leisten? Ist das etwa mein Problem?
Hund haben Sie auch keinen? Ich frage wegen der negativen Hundesteuer. Wenn Sie einen todsicheren Tipp wollen: Rennpferde. Kaufen Sie sich Rennpferde. Ermäßigter Mehrwertsteuersatz. Können Sie steuerlich als Hotelfrühstück absetzen.
Denken Sie doch mal an die Kinder! Sie müssen sich mal klarmachen, was wir hier für Verhältnisse hätten, wenn die Kinder nicht eine sorgfältige Einführung in die –
Wir machen das wie mit dem Kosovokrieg und den Hartz-Gesetzen. Öffentlich predigen wir dagegen, bis Ihnen die Ohren bluten. Und dann sorgen wir dafür, dass das Gegenteil passiert und wir daran hübsch verdienen. Wir dürfen das. Und das wissen Sie.
Ich sehe gerade, Sie sind kein Parteimitglied? Dann bekommen Sie demnächst Post von uns. Wir müssen ja der schleichenden Entdemokratisierung entgegenwirken. Wären Sie mal früher den Grünen beigetreten, dann hätten Sie die Scherereien jetzt nicht. Ihre Kulturpauschale ist jetzt höher als die Mitgliedsbeiträge, weil wir per Beweislastumkehr schlussfolgern müssen, seit wann Sie schon nicht mehr Parteimitglied hätten sein können. Sie kennen das Verfahren von der GEZ. Die kennen sich damit aus. Also mit Staatsverträgen. Nicht mit Kultur.
Gut, das wär’s dann gewesen. Vorerst. Dass Sie keine Aktien haben, hatten Sie ja schon erwähnt, aber das ist nicht unser Problem. Das Geld für die Investmentbanken holt sich die Regierung noch selbst. Ach, eine Frage hätte ich das noch. Rauchen Sie?“
Satzspiegel