Energiewendehals

29 05 2012

„Nein, wir sind uns da ganz sicher. Wir ziehen das durch. Diesmal ziehen wir das aber auch ganz bestimmt durch! Weil die Merkel das nämlich so will. Oder weil sie es nicht will. Dann ziehen wir das nämlich erst recht durch. Wir sind jetzt gerade – also wir sind so gut wie zu allem, oder wenigstens zu den meisten Sachen sind wir doch ein Stück weit ganz entschlossen sind wir. So in etwa. Deshalb wollen wir auch die Energiewende.

Weil wir zur Kontinuität der CDU stehen. Die war schon immer so. So kontinuierlich. Zwar nicht immer durchgängig, auch nicht immer abwärts so wie jetzt, aber es ging immer irgendwie in die eine oder andere Richtung. Und wir haben unseren Partnern in der Wirtschaft immer eins versprochen: Kontinuität. Darum wäre es zu diesem Zeitpunkt in dieser Lage auch völlig verkehrt zu sagen: ja, wir wollen die Energiewende auf jeden Fall.

Das kostet nämlich auch alles. Haben Sie sich schon einmal ausgerechnet, was das alles kostet? Wir auch nicht. Das heißt, wir haben die Wirtschaft gefragt. Also wir haben nicht die Wirtschaft gefragt, aber die hat es uns gesagt. Dass das alles kostet. Und was das alles kostet. Das muss dann nämlich alles die Wirtschaft bezahlen, diese Energiewende. Im Gegensatz zu vorher – da war alles umgekehrt. Da gab’s keine Energiewende, und deshalb hätte das der Bürger bezahlt. Verstehen Sie das? Ich auch nicht. Und deshalb wollen wir die Energiewende.

Wir haben nicht rechtzeitig daran gedacht, die Stromnetze auszubauen. Die ganze Regierung hat geschlafen, das ist das Problem. Wir hatten halt gedacht, die Merkel hätte eine genügend lange Leitung. Sie hat jetzt ja beschlossen, dass die CDU das nicht beschließt, was sie mal zu beschließen beschlossen hatte. Und zum Ausgleich haben wir auch nicht beschlossen, dass wir noch irgendwas beschließen müssen wollen werden. Hätten wir das nämlich nicht jetzt beschlossen, dann hätten wir das mit den Stromnetzen nicht beschließen müssen, beziehungsweise man hätte jetzt beschlossen, es irgendwann mal zu beschließen. Das ist ganz und gar nicht beschlussfähig, und wir wollen darum eigentlich die Energiewende auch gar nicht.

Und schwebt da ein zweistufiges Modell vor – nein, das hat nichts mit Brückentechnologie zu tun. Auch nicht mit mehr Kohlekraftwerken. Stufe 1 wäre, dass wir herausfinden, worum es eigentlich geht. Das ist schon kompliziert genug. Der Röttgen hat es bis zum Schluss nicht herausgefunden, sein Nachfolger sucht noch nach einer Entschuldigung. Stufe 2 wäre dann der Grund, warum es, worum es geht, jetzt noch nicht oder doch nicht geht. Das ist die neue Flexibilität. Also diese neue Flexiquote, da entscheidet die Kanzlerin entweder, dass wir’s nicht machen, weil sie es kapiert hat, oder sie hat’s nicht verstanden, aber dann macht es die CDU. Dann ist sie nicht schuld. Oder die Merkel hat überhaupt keinen Plan, dann machen wir es natürlich alle zusammen. Wie zum Beispiel die Energiewende.

Ist natürlich auch nicht so ganz einfach. Die Merkel an sich, und dann auch noch die Probleme. Die, die wir ohne die Merkel nicht hätten. Und wegen der Energiewende. Und ohne sie. Weil jetzt nämlich immer mehr Solarstrom kommt, auch wenn wir den gar nicht wollten. Der Rösler hatte versprochen, ganz viele Arbeitsplätze aufzubauen – hat er ja dann auch gehalten, allerdings in China. Und die Merkel kriegt jetzt so einen – wegen der Energiewende nämlich. Energiewendehals. Nein, ist sie nicht! kriegt sie! Da kündigt man einmal etwas an und sagt, dass wir das auch ganz bestimmt, und möglicherweise nicht in dieser Legislaturperiode, und wahrscheinlich hält sie sogar ihr Versprechen – das ist doch unlauterer Wettbewerb! Das geht doch nicht! Ich meine, was soll da denn auf Dauer noch alles passieren? Wir müssen da sofort einschreiten, am wenigsten brauchen wir jetzt die Energiewende!

Weil wir nämlich eine konservative Partei sind. Wussten Sie wahrscheinlich. Deshalb haben wir uns auch entschlossen, Werte zu erhalten. Zum Beispiel die Zahlungen an die Energiekonzerne zum Erhalt der Stromnetze. Das geht schon seit 70 Jahren so, das kann nicht verkehrt sein, und es kostet ja auch nichts. Gut, es kostet den Verbraucher etwas, aber nicht uns. Und was nichts kostet, das ist ja auch nichts wert, und deshalb will die Merkel das auch erhalten. Verstehen Sie, das ist wie mit der GEMA. Sie zahlen Gebühren auf Festplatten, weil man da Sachen speichern könnte, und dann werden Sie verklagt, wenn Sie tatsächlich Sachen speichern, und das Geld, um Sie zu verklagen, das bezahlen Sie, indem Sie auf die Festplatten eine Gebühr – Sie haben das Prinzip verstanden? Ja, ist ja auch total logisch. Das gibt Rechtssicherheit, auch für die Zukunft. Darum brauchen wir ja auch unbedingt die Energiewende.

Wir haben nämlich die Zeichen der Zeit verstanden. Doch, haben wir. Ob die Merkel – nein, weiß ich gerade nicht. Aber wir haben das. Wegen der Arbeitsplätze und so. Wir setzen dabei ganz auf Bürgerbeteiligung. Und Transparenz. Die Bürgerinnen und Bürger müssen sich an einer gemeinsamen Lösung auch beteiligen können wollen. Wie bei den Autofabriken. Da haben wir auch keine Arbeitsplätze gerettet, weil die Bürger in den Vorstandsetagen das ja auch selbst hätten machen können. Wir beteiligen die Bürger. Die können jetzt auch mal schön selbst zur Tankstelle fahren, da halten wir uns raus. Also aus den Kosten. Das ist nicht unser Problem. Weil, wir sind ja nicht verantwortlich für die Bürger. Deshalb ist ja diese Energiewende auch vollkommen überflüssig.

Ach ja, bevor ich’s vergesse: nächste Woche kommen die Eurobonds dran.“