In fünf Zeilen um die Welt. Limericks (XCVIII)

30 06 2012

Es reuten Herrn Leers aus Den Helder
die vielen veruntreuten Gelder,
die er als Kassierer
einst mitnahm, die hier er
genoss samt der Ananasfelder.

Nkrumah aus Asamankese,
der ärgert sich über die These,
die Wooloo aufstellte
(der auch nichts erhellte)
dank schlampiger Textexegese.

Es hatte Belinda in Schagen
vor nichts so sehr Angst wie vor Waagen.
Obgleich sie nicht rund ist
und dazu gesund isst,
kann sie ihr Gewicht kaum ertragen.

Es stutzte Joe in Manizales,
als er eines einzigen Mahles
die Rechnung gesichtet.
Auf Einspruch verzichtet
der Mann und spricht schlicht: „Gut, ich zahl es.“

Bernardus verpasste in Buren
fast, dass seine Kinder abfuhren.
Er hat ganz vergessen,
die Zeit zu bemessen –
er stellt gerade drei Dutzend Uhren.

Da Rashad, der Kaufmann von Farah,
recht reicht ist, gilt er als einen Sparer.
Dies allerdings scheint bloß,
er ist führerscheinlos
und daher seit je Fahrradfahrer.

De Geer imitierte in Echt
gern Vögel, und dies gar nicht schlecht.
Die Lauten, die Leisen,
die Finken und Meisen,
sein Meisterstück, das blieb der Specht.





Gernulf Olzheimer kommentiert (CLVI): Der Nazivergleich

29 06 2012
Gernulf Olzheimer

Gernulf Olzheimer

Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.

Wie viele Dinge gibt es nicht, in denen jeder Anfänger, einschließlich des kompletten Ignoranten sowie des von jeder Sachkenntnis ungetrübten Großmauls, sich bereits als Meister wähnt: Fußball, Kraftfahrzeuge, ja selbst Unangenehmes wie Politik bleibt nicht von der Hybris des Banausen verschont. Am wenigsten verzeiht der Dünkel den Vorwitz im weiten Feld der Rhetorik – wer keine tauglichen Gründe gefunden hat, muss noch nicht fähig sein, sie ins Gefecht zu führen. Früher oder später tappt jeder in die Falle, die ihn grinsend erwartet mit dem Rotzfleckchen unter der Nase, der Nazivergleich.

Der durchschnittliche Nazivergleich trifft alles und jeden, die Bedienung im Gartenlokal wie den beschränkten, aber harmlosen Provinzpolitiker. Wo immer der intellektuelle Luftraum sich dem Vakuum nähert, werden der Bettnässer aus Braunau samt seiner Helfer aus der Jokerschublade gezerrt, dürfen gegen Außenpolitik, Menschenrechte oder den Bierpreis antreten und verschwinden klein und stinkend wieder im Modder des Irrationalen. Was da plötzlich alles wie Hitler ist – drittklassiges Ministermaterial, inkompetente Bankster, Richter und Staatsanwälte, geistliche Vorturner diverser Weltanschauungsvereine, kurz: jeder – und wie Hitler spricht und Sachen macht, die Hitler entweder getan hat, getan hätte, hätte tun können, sicher getan haben wird, auch wenn man es ihm beim besten Willen nicht nachzuweisen vermag. Der Bibliotheksdirektor, der ohne Vorwarnung die Benutzer von Mobiltelefonen aus seinen Haus werfen lässt, ist mindestens so hitler (die Benutzung als Adjektiv greift ja inzwischen Raum) wie was auch immer. Und so soll es ja auch sein.

Der Depp im Braunrausch ist nicht einmal Nazi, auch wenn er von Geschichte im Allgemeinen nicht viel und vom Zeitalter des Faschismus meist noch weniger Ahnung hätte (was mit einer NS-Tapete im Schädelinneren bestens zusammengeht), er popelt nur gerne alles und jeden aus dem historischen Kontext heraus und wählt die auf dem kognitiven Abenteuerspielplatz einfachste Methode, den Superlativ. Wie der Jugendliche seinen Sturm und Drang mit echt, voll und total vor der milderen Wirklichkeit schirmt, so lässt der Pseudogebildete gerne den Wort-Führer komparierend aufmarschieren ad usum Adolphini, und er drückt die ganz dicke Tube dazu, weil er sonst hinten nicht mehr hochkäme. Ein Totschlagargument, das den Weg frei räumen soll, jedoch einen eingebauten Bumerang besitzt. Mit der Nazikeule semmelt sich vor allem der Träger eins in die Gesichtsreste.

Abgesehen davon, dass Nazivergleiche meist aus der Rede derer stammen, die sich für politisch begabt und korrekt ausdrucksfähig halten, sind sie in zweierlei Hinsicht zweifelhaft verschwiemelter Verbalmüll, der lediglich die Fanalität des Blöden unterstreicht. Er ist nur ein sinnloses Aufpusten minderwertiger Schwurbelei, dem das laute Entweichen folgt, begleitet von Faulgerüchen und Knallgas. Wer sich als hampelnde Beilage am Bühnenrand wohlfühlt, während die Eier fliegen, wird diese Situation schätzen. Denn mit tödlicher Sicherheit folgt im öffentlichen Wettbewerb um Aufmerksamkeit im Getöse der reinen Vernunft, die schmachvolle Entzauberung durch den Skandal, der die Verhältnisse ohne Rücksicht wieder ordnet. Noch keiner hat diese Niederungen ohne freigiebige Nasenblutspende verlassen, meist mit der doppelten Blöße, für den Eigenseich auch noch peinlich um Entschuldigung bitten zu müssen, was eine weitere Schwäche der rhetorischen Position darstellt. Andererseits reiht sich mit der historischen Niedervoltleistung der Verbreiter der Botschaft freiwillig ein in eine Riege der Vorbelasteten, alle mit dem Mal versehen, den Lebensunterhalt mit dümmlichem Gerümpel zu fristen und für höhere Aufgaben nicht wirklich geeignet zu sein.

Ist der Nazivergleich noch Warnmeldung der klar Sehenden? Selten bis gar nicht verwenden die geistig Zurechnungsfähigen das zur Tranfunzel verkommene Lichtschwert des politischen Rhetors, da sie um die Abnutzungseffekte im Diskurs wissen und sich nicht mit dem populistischen Geplärr von Schiefmündern und Rollklumpfüßen gemein zu machen suchen. Die Zeiten sind vorbei, in denen ein lebender Diskutant seinen Zuhörern noch vom Wiedererstarken der alten Kräfte erzählen konnte, der postmoderne Vergleicher will ausschließlich den Popanz, um ihn mit wie auch immer gearteten Moralfragen behängen zu können: Babycaust, Iran, Parteispenden. Der politisch korrekte Impetus, wie er nach 1945 berechtigt gewesen sein mag und notwendig war, verkehrt sich ins Gegenteil.

Nur manchmal, ganz manchmal, wenn die Stille die Druckfehler in den Folianten knistern lässt, dann entpuppt sich ein Hitlervergleich als wahr. Saddam, die Marionette der Industrienationen? Ein drittklassiger Diktator, den man drohen und rüsten lässt, dem man seine kleinen Privatkriege vor der Haustür erlaubt, wenn er dafür nur die Befreiung durch den Kommunismus zurückdrängt? Ein schnauzbärtiger Psychopath, den man erst in die Schranken weist, wenn er sich nicht mehr an die Abmachungen hält? Seien wir vorsichtig, wen dieser Vergleich träfe. Er sollte wenigstens Hunde mögen. Oder in München gelebt haben. Aber da soll’s ja noch andere gegeben haben.





Egoland

28 06 2012

„Das hatte ich jetzt richtig verstanden? Solange sie lebt?“ „Womit es wieder einmal bewiesen wäre: diese Kanzlerin fährt auf Sicht.“

„Scheinbar ist die Guteste im Fußballfieber?“ „Weil sie sich selbst Mut macht, nachdem sie endlich begriffen hat, dass sie nach der nächsten Niederlage raus ist?“ „An sich meinte ich nur diese Affinität zu Eigentoren.“ „Versuchen wir es lieber mit dem klassischen Autofahrergleichnis. Das ist die einzige Metapher, die der Deutsche akzeptiert.“ „Danach wird sie dem Gegenverkehr aus Prinzip nicht ausweichen.“ „Wie sich das eben für eine Geisterfahrerin gehört.“

„Merkel widerspricht sich selbst doch selbst.“ „Das wäre noch zu hinterfragen, vor allem vom Ende aus gesehen – entscheidend ist ja, was hinten rauskommt.“ „Nach einer Laufzeitverlängerung um jeden Preis, der Beibehaltung der Wehrpflicht und der Weigerung, auch nur einen Cent an Griechenland zu zahlen, könnte man die Haltung der Bundeskanzlerin als dialektisch erfolgsorientiert ansehen.“ „Und dann wäre ein Einknicken in der Frage der Schuldenverteilung anständig.“ „Der Punkt ist, dass sie ihr Versagen nicht einmal mit machtpolitischen Phrase verkaufen kann.“ „Glaube ich nicht. Der Punkt wird sein, dass sie das Versagen der Regierung nicht wird wegmoderieren können.“ „Weil sie sich zu oft geirrt hat?“ „Weil sie es keinem Minister in die Schuhe schieben kann.“

„Warum macht man so eine Erklärung?“ „Als kleinen, sympathischen Aussetzer?“ „Sie meinen so wie damals, als sie sich ganz christlich über die völkerrechtswidrige Ermordung von bin Laden freute?“ „Wäre denkbar. Allerdings muss man dabei beachten, dass die Kanzlerin von Wirtschafts- und Finanzpolitik spricht.“ „Angie gegen den Rest der Welt?“ „Verkehrs- und Sozial- und Kultur- und Innenpolitik ist doch für die FDJlerin dasselbe: Machterhalt.“ „Sie war für das bisschen Vakuum, das Sarkozy hinterlassen hat, offensichtlich nicht schnell genug.“ „Und Hollande scheint zu wissen, was gespielt wird. Der Luftraum für weitere Eskalationen wird langsam knapp.“ „Ich begreife es trotzdem nicht: sie lügt entweder mit dem Rücken an der Wand oder sie hat längst jede Bodenhaftung verloren und lebt ihre Wolkenkuckucksträume im Egoland aus, wo man sich die Wirklichkeit aus kleinen Klötzchen zurechtbastelt.“ „Sie passt sich dem Niveau ihres Koalitionspartners an.“ „Es scheint der Masterplan der Kanzlerin zu sein, dass sie eine nicht demokratisch legitimierte Finanzjury als Ersatzregierung installieren will und kurz zuvor noch verkündet, gegen die Ziele der Zentralisten angehen zu wollen. Ein Besoffener, der seine Schuhe nach dem Mond schmeißt, um das Licht auszuknipsen, könnte nicht glaubwürdiger sein.“ „Sie müssen das mit dem christlichen Dualismus immer im Hinterkopf behalten. Merkel weiß zwar, dass sie die Axt an die Demokratie legt, aber sie macht ihre Bedenken vorher noch transparent.“ „Dann ist es das neoliberale Erfolgsmodell: wenn alle sich im Rahmen der unabänderlichen Möglichkeiten um Konkurrenzfähigkeit auf den demokratiekonformen Märkten bemühen, dann werden nach der Theorie am Ende auch alle Sieger im Wettbewerb, weil alle Exportweltmeister sind und bei allen anderen Guthaben besitzen, so dass es überhaupt keine Schulden gibt.“ „Sie rauchen das Zeug von Westerwelle, oder?“

„Keinem ist es aufgefallen: diese Kanzlerin warnt vor Scheinlösungen und Augenwischerei.“ „Lustig, dann hat sie zur Kenntnis genommen, dass die Euro-Krise nichts ist als eine Refinanzierung von Spekulationsverlusten? Welches Kasino würde einem, der sich an der Roulette um Kopf und Kragen spielt und von der Bank den Einsatz erpressen will, freundlicherweise die Kohle wieder in die Hand drücken? Nebst Zinsen?“ „Sie hat in ihrem moralischen Eifer sicher Bonds mit Boni verwechselt.“ „Den Unterschied hat ihr Ackermann erklärt?“ „Das ist die Logik aus dem Kinderland der bunten Klötzchen: wenn Merkel rechtzeitig einen Schuldigen für die Insolvenz der Bundesrepublik benannt hat, dann sind die anderen Verursacher aus dem Schneider.“ „Da werden sich die Zocker aber mal freuen, dass ihre Handpuppe so viel Macht demonstriert hat.“ „Das sieht schließlich nach Verantwortungsbewusstsein aus und verdient tiefen Respekt.“ „Irrtum ausgeschlossen?“ „So sicher, wie die Mauer in hundert Jahren noch steht.“

„War das eine etwas verfrühte Eröffnung des Wahlkampfes?“ „Bestimmt nicht. Dazu hätte sie ja wissen müssen, wovon sie spricht.“ „Im Leben nicht!“ „Eben. Und vielleicht identifiziert sie sich auch inzwischen so sehr mit dem Euro, dass Sie dessen Exitus für sich selbst in Anspruch nimmt.“ „Sie wird uns sicher nicht verlassen, ohne uns an den größten Geheimnissen teilhaben zu lassen.“ „Als da wären?“ „Wie man durch Sparen die Wirtschaft ankurbelt. Und wie Exportwirtschaft ohne Kapitaltransfer funktioniert. Der Nobelpreis dürfte ihr sicher sein.“

„Meinen Sie, irgendjemand würde noch einmal mit Nachsicht über diese Kanzlerin urteilen?“ „Nur über ihre Leiche.“





Haschmich

27 06 2012

„… zeige der Drogen- und Suchtbericht 2012 eine Verstärkung des Alkoholkonsums, wodurch sich zwingend die Bekämpfung von Cannabis, Internet und Computerspielen…“

„… die in Frankreich geltende Regelung einer freiwilligen Alkoholselbstkontrolle vor Antritt einer Fahrt zwar vollkommen sinnlos, werde von Bahr jedoch deshalb für einen Gesetzesentwurf als…“

„… betonte Seehofer den enormen Beitrag des Brauereigewerbes an der deutschen Wirtschaft, der nicht nur durch Export…“

„… sei Alkohol ein reines Naturprodukt, das auch nachhaltig erzeugt werden könne. Im Gegensatz zu Zigaretten, die bereits in einer industriell hergestellten Schachtel angeboten würden, sei Schnaps, abgesehen von der Flasche, ein vollkommen biologisch wirksames…“

„… stellte die Drogenbeauftragte Mechthild Dyckmans klar, dass die Präventionsmaßnahmen der Bundesregierung gezielt auf Risikogruppen ausgerichtet werden müssten. Vor allem sollten nun mögliche Wähler von Oppositionsparteien in…“

„… laut neurophysiologischer Forschung der Berliner Charité als Angstmacher enttarnt worden. Es bestehe angesichts der Bedrohungslage kein Grund, den Verzehr branntweinhaltiger Getränke zu…“

„… für starkes Befremden sorgte. Da der Islam historisch nicht zu Deutschland gehöre, sei der bundesrepublikanischen Kultur auch jedes Volk fremd, das den Alkohol ablehne. Dass Friedrich sich als Gast der saudischen Gesandtschaft, noch dazu stark angetrunken geäußert habe, sei als schwerwiegender diplomatischer…“

„… sei das Zentralkomitee der deutschen Katholiken eigens für den weltoffenen Umgang mit Alkoholika ausgezeichnet worden, der weit über die volkstümlich als Eucharistie bekannte Schorle-Verkostung hinausgehe. Altbischof Mixa habe hervorgehoben, dass dieses Brauchtum bereits…“

„… lehne die FDP den Vorstoß von Linken und Piraten zur Legalisierung von Cannabis entschieden ab. Zwar habe man sich einst selbst für eine weit gehende Entkriminalisierung stark gemacht, könne als Regierungspartei aber keinesfalls einen…“

„… prangerte Gauck vor einer Kompanie ausgenüchterter Zeitsoldaten an, für unsere glückssüchtige Gesellschaft sei der Normalzustand schwer zu ertragen. Kein Bürger mehr sei bereit, einen Vollrausch für Volk und Vaterland zu erdulden und ihn durch nationales Brauchtum…“

„… sei Hanf schon deshalb eine gefährliche Pflanze, die auf jeden Fall verboten bleiben müsse, da sie auf einer staatlichen Liste stehe mit verbotenen Pflanzen wie z. B. Hanf oder…“

„… habe das Bundessozialministerium angeregt, neben der mutmaßlichen Alkoholquote auch einen Anteil für Kokain von den ALG-II-Regelsätzen zu subtrahieren, wodurch mittels Rückzahlungen die Summe von…“

„… nach dem Erfolg der Aktion ‚Rauchen gegen den Terror‘ auch die Maßnahme ‚Saufen für das Betreuungsgeld‘ einstimmig annehmen wolle. Kauder dementierte, dass die Union überhaupt die Absicht habe, das Konzept ‚Kiffen gegen die Wirtschaftskrise‘ als geeignetes…“

„… dass IM Friedrich den fortgesetzten Alkoholkonsum als eine Frage der deutschen Ehre verstehe, um gegen die Anwesenheit islamistischer Kräfte in Deutschland zu protestieren. Das …“

„… lehnten die Grünen den Vorstoß von Linken und Piraten zur Legalisierung von Cannabis entschieden ab. Zwar habe man sich einst selbst für eine weit gehende Entkriminalisierung stark gemacht, könne als potenzielle Regierungspartei aber keinesfalls einen…“

„… zu einer ernsthaften Konkurrenz komme. Friedrich beziehe seinen Pegel einer täglichen Druckbefüllung mit Weißbier und Obstler, während Brüderle quasi fortwährend…“

„… würde eine Legalisierung von Hanf unmittelbar dazu führen, dass sich alle Menschen spontan entkleideten; dies sei aus ästhetischen Gründen abträglich für die Volksgesundheit. Nahles habe diese Position als sexistische Kackscheiße…“

„… dürfe nach Ansicht der Koalitionspartner keinesfalls eine Verschärfung der strafrechtlichen Bestimmungen bei einer Rauschtat kommen. Vielmehr seien dem Rauschtäter mildernde Umstände zuzuerkennen, da er durch seinen Konsum stabilisierend auf das BIP…“

„… nach empirischen Untersuchungen Bier als häufigste Einstiegsdroge genannt worden sei. Man könne demnach davon ausgehen, dass die meisten Drogenabhängigen bereits als Kleinkinder den festen Vorsatz gehabt hätten, Heroin zu…“

„… sei Friedrich inzwischen bei einer Blutalkoholkonzentration von gut vier Promille abgelangt, was man an Gleichgewichtsstörungen und gelegentlich falscher Wahl der Oberbekleidung konstatieren könne. Die Mitglieder der CSU-Landesgruppe hätten sich allerdings sehr befriedigt darüber geäußert, dass sich das Niveau seines verbalen Outputs nicht messbar…“

„… lehne die SPD den Vorstoß von Linken und Piraten zur Legalisierung von Cannabis entschieden ab. Zwar habe man sich einst selbst für eine weit gehende Entkriminalisierung stark gemacht, könne als ehemalige Volkspartei aber keinesfalls einen…“

„… werde die in den medizinischen Gutachten geforderte Mündigkeit der Konsumenten im Umgang mit Rauschsubstanzen nicht gerecht. Die Bundesregierung stellte klar, dass Mündigkeit nicht zu den erwünschten Eigenschaften der…“





Grenzfälle

26 06 2012

„Die Schuhe bitte ausziehen, dann in den weißen Anzug, danach in den blauen Anzug, dann wieder in den weißen, und dann bitte die Schutzbrille aufsetzen. Und bitte vergessen Sie nicht, Ihre blaue Schutzkappe über den Sturzhelm zu ziehen!“ Ich sah aus wie auf einer Expedition zum Mars, aber anders kam man nun einmal nicht hinein in dies streng geheime Labor tief unter der Hauptstadt. Der Förderkorb fuhr tiefer und tiefer; grell blitzte alle zehn Meter ein Licht im Schacht auf, bis ich das unterste Geschoss erreicht hatte. Hier warteten die letzten Geheimnisse der Materie auf mich.

„Es ist schon etwas kompliziert mit diesen Verwaltungsvorschriften“, tröstete mich Direktor Frintsch. „Normalerweise dürfen Sie sich keine Sicherheitshandschuhe anziehen, wenn Sie nicht schon Sicherheitshandschuhe tragen, aber das ist letztlich nicht möglich – ziehen Sie sich einfach ein Paar Sicherheitshandschuhe über, dann können Sie sich auch Sicherheitshandschuhe anziehen.“ Ich fummelte mir die unförmigen Kunststofffäustlinge an die Finger. Die dreifache Schicht aus wasser-, öl- und säurefestem, nicht brennbarem, explosions- und reißbeständigem Stoff in modischem Karo (Hellgrau auf Altweiß) engte nur wenig ein, nicht viel mehr als ein Taucheranzug einen Schneemann.

Alle paar Meter zweigte eine Tür in eine kleine Forscherwerkstatt ab. Hier wurden die tiefsten Tiefen des Seins ergründet, Bosonen, Fermionen und Quarks. „Wir sind dem Quantensprung sehr nah“, verkündete Frintsch, „sehen Sie sich das nur einmal an.“ In der kleinen Zelle experimentierte ein Wissenschaftler mit ferngesteuerten Roboterarmen in einem luftdicht abgeschlossenen Glaskasten. „Sehen Sie es sich nur einmal an – es ist wahrhaft epochal!“ In den Griffzangen der Roboterhände befand sich eine Kondensmilchpackung. Vorsichtig drehte er sie hin und her, stellte sie auf die Spitze, legte sie wieder auf den Boden und setzte den Griffhebel schließlich an der kleinen Seitenlasche an. Mit einem Ruck rissen die Roboterfinger das Plastiktöpfchen auf; Milch spritzte im ganzen Kasten umher. „Gut“, seufzte Frintsch, „es kann ja auch nicht immer alles klappen. Jedenfalls haben wir bewiesen, wie sich schlagartig kleine Partikel in ein niedrigeres Energieniveau überführen lassen. Wenn wir es jetzt noch schaffen, eine solche Kondensmilchdose aufzureißen, ohne ihren Inhalt komplett zu entleeren, haben wir den nächsten Nobelpreis so gut wie in der Tasche.“

Kleine Schilder an der Tür verrieten die vielen Forschungsprojekte, die in dieser Stätte bearbeitet wurden. „Einige Studien führen wir durch in internationalem Auftrag, andere werden von Ihren Steuern bezahlt.“ „Und diese hier?“ Ich zeigte auf einen Raum, in dem mehrere Forscher sich durch meterlange Papierfahnen wühlten. „Auf die trifft beides zu. Wir forschen über die Deutsche Bahn.“ Die dick vermummten Männer bewegten sich wie lethargische Schildkröten durch den Wust von Papierbahnen, der sich von einem langen Tisch zu Boden wanden. „Wir haben immer noch nicht herausgefunden, wie man mit einer solche Präzision Verspätung haben kann – aber es scheint ja möglich zu sein. Und wenn wir fertig sind, haben wir eine große Versuchsreihe für die Raumfahrt.“ „Sie forschen über den Börsengang?“ Frintsch verneinte. „Wir interessieren uns nur für die Klimaanlagen.“

Eine Assistentin kam ins Labor gestürzt. „Ich habe die letzten Proben mitgebracht“, keuchte sie. „Hier sind sie!“ Damit hielt sie zwei kleine Blecheimerchen in die Höhe, der eine mit weißen Socken gefüllt, der andere mit schwarzen. Frintsch zog die Nase missbilligend hoch. „Das ist doch streng geheim“, knurrte er. „Aber die Maschine hat diesmal wieder eine…“ „Ich will nichts mehr hören! Zurück in die Waschküche!“ Die Assistentin war nicht zu beruhigen. „Herr Professor, wir haben ein ultrastabiles Feedback-System gefunden, mit dem wir die Existenz kosmologischer…“ Er knallte den Eimer auf den Tisch. „Jetzt aber Abmarsch ins Paralleluniversum“, herrschte er die junge Wissenschaftlerin an. Hektisch entfloh sie. „Es handelt sich um den Versuch, das Verschwinden der schwarzen Socken in der Waschmaschine zu erklären?“ Frintsch schüttelte den Kopf. „Denken Sie doch mit! Es ist eine Maschine, die genau die Socken wieder ausspuckt, die in sie eingefüllt worden waren.“ „Warum gerade die?“ Er seufzte. „Wäre es sonst ein unerklärliches Geheimnis?“ Ich schwieg betroffen.

In der psychologischen Station war nicht viel zu sehen. Der Proband hockte in einem Metallzylinder und grinste stumpfsinnig in die Kamera hinein. „Grenzfälle der FDP?“ Frintsch nickte.

Hier also, tief unter der Spree, tief unter dem Reichstag und dem Brandenburger Tor forschten emsige Wissenschaftler, ob man Lottozahlen vorhersagen könne, ob sich homöopathische Tropfen und Informationswasser durch Terpentin ersetzen ließen (und welche Verbesserungen davon zu erwarten wären), ja man experimentierte sogar mit einem komplett von Volksmusik und Talkshows bereinigten Fernsehprogramm. „Sie haben sich ja einiges vorgenommen“, sprach ich anerkennend. Frintsch lächelte geschmeichelt. „Ja, wir schreiben hier Wissenschaftsgeschichte. Und dafür dringen wir hier in Bereiche vor, in denen noch kein Mensch je gewesen war. Es ist völlig unglaublich.“ Er öffnete die Klappe der Kühlbox, zog ein längliches Objekt hervor und legte es vor mich hin. Es war eine deutsche Leberwurst. Frintsch blickte mich gebannt an. „Wir werden es herausfinden!“





Schönwaschgang

25 06 2012

„Also schon mehrmals auffällig geworden? und nicht wirklich lernfähig, der Sohnemann? Kennen wir. Immer mit dem Kopf durch die Wand, ohne Rücksicht auf Verluste. Nach uns die Sintflut. Wir sind spezialisiert. Die Kanzlerin vertraut uns.

Alles Öffentlichkeitsarbeit. Man kann ja heute so gut wie jeden Unsinn machen, man muss es nur verkaufen können. Dann brauchen Sie entweder einem sehr guten Anwalt, sonst sind Sie ganz schnell nicht mehr Bundespräsident, oder Sie kommen zu uns. Wir sind die Fachleute.

Kommt nie mit seinem Taschengeld zurecht? Das ist für die Kanzlerin ja auch so ein Problem. Vermutlich will sie deshalb auch mit dem ganzen Haushalt nichts mehr zu tun haben. Er lügt? Ach Gott, wer täte das nicht, wenn einem das Wasser bis zum Hals steht. Denken Sie an Schäuble. Generell keine Beziehung zum Geld? Bei der Kanzlerin setzen wir auf Sparen. Wenn Sie Rettungspakete schnürt: Sparen. Investition in irgendwelche Pleitebanken: Sparen. Egal, was sie unternimmt, das heißt jetzt alles Sparen. Und wissen Sie, was das Tolle ist? Alle glauben das. Machen wir’s doch so, wir gucken uns ein paar halbwegs sinnlose Investitionen aus, lassen sie weg und sagen: jede Menge Geld gespart. Dritter Handyvertrag? Gespart! Neues Motorrad? Gespart! Alles gespart, das klingt nach einer soliden Haushaltsführung, die jegliche Kriterien einhält, mit denen – Schufa? Keine Ahnung, wir haben nur die Schuldenbremse.

Gezündelt? Autos? Eieiei, das hätte in die Hose gehen können. Also jetzt nicht polizeistaatsrechtlich oder so, sondern klassisch vom Ergebnis her. Man hätte ihn öffentlich als Terroristen darstellen können oder als organisierte Kriminalität, oder, noch viel schlimmer, als Linken. Dann würde er jetzt nie eine Lehrstelle bekommen, so viel ist sicher. Steuern hinterziehen, bandenmäßiger Betrug, schauen Sie – es gibt ja noch Staatsanwälte, die ihre Pflicht tun, aber ein Auto anzünden? Sie könnten vielleicht auf Unzurechnungsfähigkeit setzen, aber wie soll ich hier religiöse Wahnvorstellungen geltend machen? Ich schlage vor, wir setzen auf das Durchgreifen der Exekutive. Klappt immer, vor allem bei de Merkel. Die Maßnahme ist zweifelhaft bis total hirnrissig, sie pfeift auf Recht und Gesetz, aber dafür handelt es sich auch nur um überflüssige Symbolpolitik, die keinen interessiert. Hatten wir beim Rettungsschirm und beim Zugangserschwerungsgesetz, und bei der Vorratsdatenspeicherung und beim Betreuungsgeld haben wir’s auch. Völlig egal, was da rauskommt. Wir haben das so kommuniziert, die Zeitungen sind darauf reingefallen. Die verlässlichen. Dann sollten wir das jetzt so in die Bewerbungen schreiben. Ihr Sohn ist entschlussfreudig, kann sich schnell mit neuen und ungewöhnlichen Situationen anfreunden und zieht eigenständige Entschlüsse. Gut, oder?

Dabei sind unsere Maßnahmen außerordentlich erfolgreich. Drei Viertel aller Deutschen wünschen diese Bundesregierung zur Hölle, drei Viertel sind mit der Arbeit der Kanzlerin aber zufrieden. Das ist nicht nur sauber, sondern porentief rein – das ist der Schönwaschgang, mit dem Sie alles wegkriegen, diese Neonazis und den Staatstrojaner und diesen Verteidigungsminister, der plötzlich wegmusste, weil er zwar ganz genau wusste, dass er gelogen hatte, aber sich nicht mehr erinnern konnte, wann – nein, den anderen. Schon vergessen? Sehen Sie, wir sind die Fachleute.

Er ist nicht schuld? Die Scheibe hat der Stein eingeworfen? Die Freunde haben alle mitgemacht? Er bewegt sich in schlechter Gesellschaft und kann gar nichts dafür? Beste Voraussetzungen, würde ich sagen. Der Junge bringt es mal zu etwas. Er verkauft Rauschgift auf dem Schulhof? Ja, das ist ein schweres Los. Schuld ist doch die Gesellschaft, und wer das Zeug kauft, ist selbst kriminell, und dass er dabei die Wirtschaft ankurbelt und für Wachstum sorgt, das wird nicht richtig gewürdigt. Schließlich muss sich Leistung wieder lohnen, notfalls auch durch Arbeit. Vorstrafe? Ich bitte Sie – erinnert sich denn noch jemand, dass die Kanzlerin bereits nachweislich über Gorleben gelogen hat? Gut, das kam auch nur einmal in den Nachrichten, als sie nachweislich das zweite Mal über Gorleben lügen musste, aber hat es ihr geschadet? Sehen Sie, wir sind die Spezialisten.

Nehmen Sie unser Teflon-Sparpaket. Da bleibt nichts kleben. Das ist kanzlerinnenerprobt, da flutschen Sie durch wie geschmiert – immer vorausgesetzt, Sie haben Schmiermittel dabei. Da klebt absolut nichts, nicht einmal bei hohen Temperaturen so wie jetzt. Die Krise findet auch in Deutschland statt? Quitsch-quatsch, keiner glaubt es mehr. Deutschland torpediert mit letzter Kraft die Energiewende? Flitsch-flutsch, weg vom Fenster. Erstklassige Öffentlichkeitsarbeit, damit werden die Leute im nächsten Wahlkampf glauben, Merkel habe Deutschland vor dem Weltuntergang bewahrt oder wenigstens vor der FDP. Katastrophen finden hier nicht statt. Jedenfalls nicht vor der Wahl.

Nehmen Sie unser Teflon-Sparpaket. Kleiner Aufwand, große Wirkung. Wir bringen Ihren Junior da durch – das mit der Körperverletzung ist nicht so wild, eine Urheberrechtsverletzung wäre schlimmer gewesen – und stecken ihn in eine vernünftige Ausbildung, wo er sich ab sofort nicht mehr an seine Vergangenheit erinnern muss. Vertrauen Sie uns, wir kriegen ihn auf Kaution raus. Und dann schauen wir mal, ob wir ihn nicht in die Politik kriegen.“





Hirnnahtod

24 06 2012

Der Unterschied zwischen IM Friedrich und Mubarak? Ein mit demokratischen Verhältnissen intellektuell überforderter Depp, der aus Angst vor der eigenen Bedeutungslosigkeit gerne Militär und Geheimdienste auf die Bevölkerung loslässt, weil die gegen einen Polizeistaat protestiert. Und ein ägyptischer Ex-Politiker. Für Antragsdelikte wie Beleidigung am Bundesverfassungsgericht vorbei eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung installieren zu wollen, mit der sich die Straftäter nicht einmal ermitteln ließen, das ist ein mehr als deutliches Symptom des bereits stattgefundenen Hirnnahtods. Der Rest dürfte auch nicht mehr lange brauchen. Die übrigen Verfallserscheinungen wie immer in den Suchmaschinentreffern der vergangenen 14 Tage.

  • angela merkel ohrenschmalz: Hilft nicht, Sie müssen schon die Finger reinstecken.
  • dumbo aufkleber: Ich bremse auch ohne für Elefanten.
  • adler werbegeschenke lästig: Vor allem wüsste ich nicht, wo ich den Calmund abstellen sollte.
  • analogbier herstellung: Alles entfernen, was an Bier erinnert.
  • nähanleitung türstopper schiff: Wenn Sie Costa Concordia draufsticken, bitte nur gerade lagern.
  • was-verdienen-sargträger: Erde, wem Erde gebührt.
  • betriebssport satire: Unsere Mannschaft ist fit für die Meisterschaften.
  • berufskrankheiten briefzusteller: Die meisten leiden gerade unter chronischer BILD.
  • rasensprenger beim nachbarn: Halten Sie Ihren Rasen über den Zaun, dann bekommt er auch etwas ab.
  • hitler abwasserrohre: Viel braune Masse, die sich im Untergrund ansammelt.
  • lärm bei sammelcontainer: Die FDP hat das falsch verstanden und stopft jetzt alle alten Flaschen in das Ding rein.
  • superman als flugmodell: Wäre für einen Teppichtransport zu überlegen.
  • wellensittich knackender atem: Verfüttern Sie Erdnüsse?
  • kein haarwuchs nach platzwunde: Gleich noch mal eine über den Schädel ziehen lassen. Das klappt schon noch.
  • „für bundeswehr und schweinezucht“: Die neuen Müllsäcke wurden in Afghanistan getestet und für gut befunden.
  • enthält marzipan schweinereste: Nur, wenn Marzipanschweinchen recycelt worden sind.
  • statistik über menschen die keine gummihosen tragen müssen?: Wir stellen gerade noch die Größe der Population fest, dann überlegen wir uns eine sinnvolle Stichprobengröße.
  • tuba und geißen: Im Gebirge sowieso nur Alphorn.
  • rezept von karpaten schnitte: Wie Harzer Roller.
  • aussenspange draußen tragen: Logisch, wäre sonst ja eine Innenspange.
  • verletzungsgefahr durch herabfallende tannenzapfen: Wird durch Aufenthalt im Fichtenwald schlagartig minimiert.
  • westie hund – infekt durch kapute zähne: Sie sollen das Tier ja auch nicht küssen.
  • tanztee: Kommt raus, wenn Sie alle bunten Pillen gleichzeitig in Pfefferminztee auflösen.
  • häusle papier origami: Ich bevorzuge das von der Rolle.
  • hundezüchter in kötzschenbroda: Nichts wirkt besser gegen blühende Landschaften.




In fünf Zeilen um die Welt. Limericks (XCVII)

23 06 2012

Ernesto bat in Capizzone
sein Weib, dass es ihn nun verschone
mit Linsengerichten
(und sonst Hülsenfrüchten),
doch sie kümmert es nicht die Bohne.

Forellen fischt Jens in Roskilde
und räuchert sie goldig und milde.
Er ließ sich beim Fischen
vom Nachbarn erwischen –
die waren, man ahnt’s schon, nicht wilde.

Ach, Pio belud schwer in Gorno
die Tische mit Pasta al forno –
den Gästen war’s schnuppe,
man ging nach der Suppe.
Jetzt klagt Pio über ein Storno.

Marampudi dichtet in Ajmer
im Wettbewerb als Meisterreimer.
Der Preis, den man zuspricht
ihm für dieses Gedicht
ist – Dichtung für Dichtung – ein Eimer.

Da Vito, der Tankwart in Parre,
nie Geld bekam, weil Joe die Karre
schlicht vollgetankt wegfuhr,
platzt ihm nun die Hutschnur.
Joe zahlt jetzt beim Anblick der Knarre.

Es pflanzte Abdallah in Hais
im Wüstensand Felder mit Mais.
Mann konnt es nicht fassen;
er selbst blieb gelassen,
denn Mais, wusste er, isst man heiß.

Elisa, die musste in Brixen
beim Faschingskostüm reichlich tricksen.
Ein Rock, blaue Schuhe,
ein Strick, dann war Ruhe.
An sich gingen sie ja als Nixen.





Gernulf Olzheimer kommentiert (CLV): Jugendherbergen

22 06 2012
Gernulf Olzheimer

Gernulf Olzheimer

Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.

Womit nicht findet sich der Mensch ab, zumal dann, wenn er heimatfernes Gelände erkundet. Die billigste Kaschemme ist ihm malerisch, schmierige Ungezieferzuchtanlagen nimmt er als Imbissbude mit Lokalkolorit in Kauf, 360-Grad-Bewässerung mit mangelndem Lärmschutz preist er als Freiheit, die nur der Campingplatz verspricht – noch eine Null-Sterne-Grabkammer mit Originalmistkäfern und historischem Deckenmodder macht ihn zum begeisterten Freizeitägyptologen. Klaglos duldet er Frühstücksbüfetts, die als Mülldeponie ernsthafte Chancen hätten, vor der Asse zu laden. Kein Personal ist ihm peinlich. Seltsame Blüten treibt diese Anpassungsfähigkeit an die Widrigkeit der Lebensumstände, denn der Beknackte wurde so früh wie nachhaltig sozialisiert. Er durchlief in seiner Schulzeit die Jugendherberge.

In die Landschaft geklotzte Störversuche aus Waschbeton und Besenginster laden den auf der Durchreise gestrandeten Zaungast zum Betreten: wer sich innen aufhält, muss das Elend wenigstens nicht von draußen ansehen. Muff quillt aus den Fugen, sobald man die Eingangstür hinter sich gelassen hat – farbig markierte Gänge, für Deppen im Vollsuff geeignete Zimmersuchsysteme im rustikalen Charme einer geschlossenen Anstalt und die visuelle Anmutung eines Holzverschnittlagers prägen das Erscheinungsbild der Bettenburg. Ihren Zweck impft sie sofort ein, wem dieser Anblick einmal zuteil wurde: wer das sieht, flieht. Alles ekelt gezielt durch in Gelsenkirchener Spätbarock plastinierte Tristesse den zahlenden Gast aus dem Haus, damit die Angestellten ihrer ordnenden Pflicht nicht nachzukommen brauchen. Und genau so ist es in heimischen Hotels, wo um halb neun der Reisende rüde vor die Tür getreten wird, um in Wanderstiefeln und Gebirgshütlein die Museen der Metropole zu erkunden, Hauptsache weg und raus und nicht mehr im Zimmer, wo kommen wir denn da hin. Dass in der Zwischenzeit der vertraglich festgelegte Nassfeudelvorgang nur auf dem Papier stattfindet, ist ein Zeichen besonderer Tradition.

Zahlreiche Kriege haben diesen Kontinent verwüstet, aus irgendeinem muss immer irgendein Doppelstockbett samt Spindwand und Spiegel übrig geblieben sein, wie er die Kasernenästhetik der Herberge prägt. Depressives Braun, Schimmelgrau, Verwesungstöne schwiemeln sich in die Netzhaut, wo keine Hoffnung schimmert, dass ein Blick aus dem Fenster den Aufenthalt irgendwie erträglicher gestalten könnte. Und doch birgt dieser Raum die Erfüllung, spiegelt er doch zutiefst die Sehnsucht aller Zwangsreisenden wider, die Suche nach einer miefigen Heimat, der man doch gerade erst mit knapper Not entkommen war. So mag uns noch die hinterletzte Pension ein Zuhause vortäuschen, wir sehen es in der ästhetisch zweifelhaftesten Variante.

Der Aufenthaltsraum, meist mit einer maroden Tischtennisplatte ohne Netz samt Stapelstühlen und einem Fernsehempfangsgerät ausgestattet, treibt die Insassen pfeilschnell wieder auf die Flure, deren Bodenbelag für paläoanthropologische Seminare ein gefundenes Objekt darstellte. Durchgelegene Matratzen, staubiges Mobiliar, Vorhänge im Wehrmachtsdesign, nichts lässt den Behämmerten süßer in Melancholie verfallen als der Gedanke an die hospizähnlichen Mahlzeiten. Bröselndes Graubrot, körperwarmer Hibiskustee, Kunsthonig sowie zu Wurstscheiben geronnenes Restspeckfett verdecken die Resopal gewordene Bitterkeit des Speisesaals mit dürftigen Mitteln. Hier wurde die pappige Nudel erfunden, von der Küchenhilfe aus der Therme in den Servierkübel gespachtelt. Die Hauptzutaten haben Bismarck noch persönlich gekannt, inzwischen ein Studium der Soziologie und Kunstgeschichte absolviert und züchten Mais auf dem Fensterbrett. Der Verschickte drückt sich die Analogkäsesemmel hinters Zäpfchen und leiert im Sinne der großen Touristikkonzerne sein Feingefühl aus – später wird der Urlauber mit Lust nur da meckern, wo ihm die dreistöckige Schokoladentorte eine Spur zu langsam serviert wird; er will auf hohem Niveau schlechte Laune verbreiten, sonst nähme man ihm, dem Socken-und-Sandalenträger, seine weltläufige Nonchalance ja nie richtig ab. Natürlich hätte man ihn auch gleich in den Knast stecken können, doch trotz Freigang und Aussicht auf zügige Rückkehr nimmt der Jugendliche in seiner sensiblen Phase die Prägung schneller an; wo es nicht primär Strafe ist, erkennt der Bescheuerte leichter die Lust an der Unterordnung an, wie sie ihm ein despotisches Ferienlager oder ein Bootcamp reinwürgt. Um zehn werden die Türen verrammelt, um halb elf das Licht gelöscht, nachts belfern Bluthunde im Vorhof, damit nicht aus Versehen jemand aus dem Fenster stiege, die Landschaft zu erkunden. Man erträgt das nicht nur, weil man sowieso freiwillig dort ist, man fühlt sich nur um so freier, weil man eigentlich gehen könnte. Sofort. Wenn man nur diese verdammte Tür von innen aufbekäme.

Eines Tages wird es soweit sein. Dann hat die Krise das Land zerstört, der Chinese hat noch einmal den Hobel angesetzt, die Oberschicht prahlt mit Monatslöhnen knapp an der Armutsgrenze, und die anderen richten sich in den Sammelunterkünften ein, wo sie in der Ausschussware der für Taiwan produzierten Schlichtmöbel schichtweise hausen und Fensterkitt lutschen, um sich für den großen Krieg zu rüsten. Alle werden sie vergeblich darauf hoffen, dass wenigstens die Weihnachtsansprache der Kanzlerin abgeschafft wird, aber alle werden sie doch froh bekennen, so übel wie seinerzeit in der Jugendherberge ist es noch nicht.





AusgeBILDet

21 06 2012

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