Er sah etwas hilflos aus, wie er am Straßenrand stand und sich krampfhaft an der Hundeleine festhielt. Bismarck, der dümmste Dackel im weiten Umkreis blickte teilnahmslos in die Gegend; er litt unter der Sommerhitze und hätte lieber im kühlen Keller auf dem Steinfußboden gelegen, als hier auf der staubigen Straße zu warten, bis Herr Breschke es wagte, die Fahrbahn zu überqueren, genauer: bis er es aufgegeben hatte, auf diese schwarze Katze zu warten, die einfach nicht wieder aus dem Gebüsch kam, weder von rechts nach links noch in der anderen Richtung.
„Ich kann nicht“, wimmerte Breschke und tupfte sich den Angstschweiß von der Stirn, „diese Katze kommt gleich zurück, und dann muss ich genau hier stehen bleiben!“ „Ich bitte Sie“, mahnte ich. „Ein bisschen Aberglauben ist ja in Ordnung, aber meinen Sie nicht, dass Sie es zu weit treiben?“ Der pensionierte Finanzbeamte sah mich flehentlich an. „Natürlich ist das kompliziert, aber ich kann doch nicht einfach so über die Straße – wenn mir jetzt etwas zustoßen würde, dann müsste ich mir für den Rest meines Lebens Vorwürfe machen!“ „Wenn Ihnen jetzt etwas zustieße“, gab ich trocken zurück, „werden Sie für den Rest Ihres möglicherweise nicht mehr allzu langen Lebens ganz andere Sorgen haben. Lassen Sie diesen Unsinn und kommen Sie mit, Ihr Haus ist einmal schräg über die Straße, und dort werden Sie sich erstmal von diesem Schrecken erholen.“ Ich griff nach seinem Arm, doch er sträubte sich heftig. „Es war eine schwarze Katze, verstehen Sie? Pechschwarz!“ „Ich habe mit einer schwarzen Katze zusammengelebt“, antwortete ich unbeeindruckt, „sie hatte ein Talent, mir den letzten Nerv zu rauben, aber ich habe keine körperlichen Schäden davongetragen.“ „Von links nach rechts!“ Breschke knetete in wilder Verzweiflung die Hände. Beinahe mitleidig blinzelte der Dackel zu ihm herauf. „Sie ist hier entlang, von links, und dann nach da, rechts! Verstehen Sie nicht?“ „Auch das ist mir bekannt“, beschwor ich ihn. „Dieses Tier ist so gut wie jeden Morgen über meine Bettdecke marschiert, immer von links nach rechts – so gründlich, mir fiel erst nach zwei Wochen auf, dass der Wecker kaputt war. Wie Sie sehen, haben sich in meiner Nähe noch keine epochalen Katastrophen ereignet, an denen diese Katze hätte schuldig sein können. Lassen Sie es gut sein, Breschke, und kommen Sie mit nach Hause.“
Unterdessen hatte sich Frau Breschke am Zaun eingefunden; ihren Handzeichen entnahm ich, dass Sie meinen Besuch erwartet und Butterkuchen gebacken hatte. Rasches Handeln war Pflicht, sonst würde ich nie Herr der Lage. „Sie wussten, dass nach altem Volksbrauch Hinken hilft?“ „Hinken?“ Horst Breschke kratzte sich am Kopf. „Sie meinen, ich müsste über die Straße hinken, dann wäre das mit der Katze wieder neutralisiert?“ „Das gilt natürlich nur, wenn Sie auch fest daran glauben.“ Entrüstet streckte sich der Alte. „Ich bitte Sie“, rief er empört aus, „das muss man doch – als vernünftiger Mensch!“
Es muss ein gewöhnungsbedürftiger Anblick gewesen sein, wie wir beide den Fahrdamm überquerten, er verbissen hinkend auf dem linken Bein, ich als Stütze, die er für sein Gleichgewicht bemühte. Bismarck tat das, was er in solchen Augenblicken am liebsten tat, er wuselte geschäftig um die Füße seines Herrn herum und verknotete sich selbst in der Leine. Breschke war höchst konzentriert, er klemmte die Zunge zwischen die Zähne und hielt sich steif wie ein Spazierstock. „Wer denkt sich denn das aus“, keuchte er, „Hinken – gibt es denn keine andere Möglichkeit?“ „Sie hätten auch ein Huhn schlachten können“, begann ich harmlos, „aber wo bekommen wir jetzt ein lebendiges Huhn her? Und ich weiß auch nicht – nein wirklich, das wollen Sie gar nicht hören.“ „Was!?“ Um ein Haar hätte er sein Gleichgewicht verloren. „Sie müssten die Hühnerfüße auskochen und verspeisen“, teilte ich ihm mit, „falls Sie nicht zufällig einen roten Stein mit einem natürlichen Loch in der Hosentasche tragen.“ „Woher soll ich denn einen roten Stein bekommen?“ Vor lauter Aufregung vergaß Breschke zu hinken; ich ließ ihn gewähren, schließlich wollte ich auf dem Fußweg ankommen, bevor es dunkel war.
Schwer atmend hielt der Pensionär sich am Türrahmen. „Jetzt wird mir nichts mehr passieren?“ Ich seufzte. „Natürlich ist die Gefahr noch nicht gebannt. Sie können immer noch krank werden, wenn Sie nicht zur Vorsicht einen Tag lang weiter auf dem linken Bein hüpfen.“ Reflexartig zog er das rechte Bein hoch. „Einen ganzen Tag lang“, mahnte ich, „und nicht zu früh aufgeben. Sonst rächt sich die schwarze Katze doch noch!“ „Bloß das nicht“, wehrte Breschke ab, „jetzt habe ich es bis hierhin geschafft, dann werde ich den Rest auch noch hinkriegen!“
„Natürlich das Knie.“ Doktor Klengel zog ein Tablettenröhrchen aus der Tasche und legte zwei Pillen auf den Nachttisch des Patienten. „Sie haben es möglicherweise überanstrengt. Zwei Tage Liegen, danach eine Woche nur leichte Bewegung, keine Lasten tragen und Treppen vermeiden.“ „Ich wollte so schnell wie möglich nach Hause, damit kein Unglück geschieht“, plapperte Breschke. „Weil der Schaden ja nun schon eingetreten war. Ich meine, hätte ich hüpfen sollen?“ Der Hausarzt lächelte nachsichtig. „Keinesfalls. Das täte ja nun kein vernünftiger Mensch.“
Satzspiegel