Einmal mit Profis

30 09 2012

Manfred Güllner, Pausenclown der induktiven Statistik, vergleicht die Grünen nicht mit den Nazis, meint aber, dass sie die Demokratie zerstörten. Weil so viele grün wählen, die gar nicht wählen. Oder so viele nicht wählen, weil sie die Grünen wählen. Es gibt also Wähler der Grünen, und es gibt solche, die gar nicht wählen – und da das irgendwie schon korreliert, muss ja eine Kausalität vorhanden sein. Was möglicherweise mehr über die Qualität seiner Studierenden sagt, als dem Freizeitprofessor lieb sein dürfte. Alles andere aus der Dilettantenfakultät in den Suchmaschinentreffern der vergangenen 14 Tage.

  • häkelschwan kostenlose anleitung: Und Sie basteln dann wieder heimlich Häkelschweine.
  • modelieren mit mett: Findet montags von 18:30 bis 20:00 im Raum 1.24 statt. Abwechselnd mit Gestalten mit Gehacktem. Decke mitbringen.
  • der tabakschnupfen fabel: Wird auch irgendwann durch EU-Richtlinie verboten.
  • duden kohlesk: Klingt merkellös.
  • aufgefallenen stellen „in farblicher“: In jeder Hinsicht auffällig.
  • aluminium wellblechfassade geraeusche bei regen: Wenn’s quietscht, läuft es gerade ein.
  • kausalkette ufftata: Wird meist durch Gluckgluck bedingt.
  • cromosomen bastelvorlage: Sie mutieren wohl gerne?
  • dysmorphophobie tattoo: Haben Sie Angst, dass man ohne Arschgeweih Ihren Hintern nicht mehr findet?
  • bundeswehr ausmalbilder: Til Schweiger als Engel wäre nett. Hauptsache im Himmel.
  • satire sozialpolitik rösler: Sie haben Recht, das ist eine.
  • granitpflaster für schnittgerinne: Entweder Pflaster oder Hohlraum. Entscheiden Sie sich.
  • hanftinktur wofür: Können Sie in der Pfeife rauchen.
  • ein pädagockel: Am besten in den Lehrgutcontainer schmeißen.
  • laserpointer ausmalbilder: Kennen Sie sich mit Brandmalerei aus?
  • angela merkel isst ohrenschmalz: Endlich kriegt sie mal etwas Gehaltvolles in den Schädel.
  • drogenfunde schengenraum: Kaufen Sie bei Ihrer nächsten Reise lieber im Erzeugerland ein.
  • aussenbeton-treppe mit bodenfarbe versehen: Sie können auch Innenbeton nehmen.
  • flughafen sicherheitskontrolle metall zahnprothese: Sie sind nicht zufällig Geheimagent?
  • margarethe schreinemakers beine: Wir haben für Sie nachgezählt. Sie hat zwei.
  • reißnagel prinzip in der buchführung: Wenn Sie ruhig sitzen können, ist alles in Ordnung.
  • pudelschneiden papilotten: Haben Sie die nötigen Trainingseinheiten am Kurzhaardackel absolviert?
  • hampelmännchen dosierung: Haben Sie schon wieder bunte Sachen inhaliert?
  • chinesisches mondbrot: Wird natürlich nur aus Sonnenweizen gebacken.
  • rüttelrätsel länder: Haben Sie nach Ruckelreimen gesucht?
  • hamsterkiste quersumme: Ziehen Sie Wurzeln?
  • aus häkeldecke schüssel kleistern: Sie brauchen nur Deckchen aus Häkle feucht.
  • die langen kerle als ausmalbilder: Haben wir nur im Querformat.
  • schuleabschluss evangelisch: Außer Singen und Klatschen gibt’s da noch den Wahlpflichkurs Oblatenfalten.
  • waffengeschäft geschäftsaufgabe koblenz: Unsere geliebte Bundesregierung fördert den Mittelstand nur noch da, wo es sich lohnt – für unsere geliebte Bundesregierung.




In fünf Zeilen um die Welt. Limericks (CXI)

29 09 2012

Es fiel bei Nebojša in Irig
schon wieder ein Teil. Es war schwierig,
denn unter der Haube
fand man keine Schraube
je wieder. Der Motor war schmierig.

Des Nachts sucht sich Bogdan in Bled
Kartoffeln. Das Nachtsichtgerät
ersetzt ihm die Brille –
so geht er ganz stille
aufs Feld, wo er erntet und späht.

Da Slavko allein wohnt in Šid,
hofft er, dass ihn gar niemand sieht.
Er ist durchaus reizend,
dabei jedoch geizend,
weshalb er Gesellschaft meist mied.

Frau Kelxx, die am Imbiss in Jette
die Tasche mit einer Serviette
sorgfältig auskleidet,
an Hunger sie leidet,
und hebt auf die letzte Krokette.

Ivana entbot man in Brus
bei Lebensgefahr keinen Gruß,
was für sie zwar schlecht war,
obwohl sie im Recht war.
Wozu studiert sie wohl sonst Jus?

Es lief Mafory in Kankan,
als wäre sie im Fieberwahn.
Doch nie in Gewahrsam
kam sie; sie war sparsam,
es spart ihr das Geld für die Bahn.

Dass Kosta sich quer durch Lebane
beim Volksfest den freien Weg bahne,
trug er durch die Menge
und all das Gedränge
die sechs Meter zehn lange Fahne.





Gernulf Olzheimer kommentiert (CLXVII): Voyeur-TV

28 09 2012
Gernulf Olzheimer

Gernulf Olzheimer

Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.

Es gab eine Zeit, in der die Gesellschaft sich äußerlich wohlanständig zeigte. Man betete, zahlte seine Steuern und kippte die Jauche in Nachbars Garten, doch jeder hielt an der Sittlichkeit fest. Zur Unterhaltung freilich trug dies nicht bei, und seit jeher war der Beknackte willens, bei weniger Beleuchtung und mehr Suff die Grenzen des guten Geschmacks und der humanen Gesinnung nach Kräften auszuleiern. Im kulturbeflissenen Venedig und im Paris der absolutistischen Könige ließ sich die Hautevolee für ihre Freakshow kleinwüchsige Menschen auf die Tische stellen, siamesische Zwillinge und ähnliche Wesen, die sich der Ausbeutung nicht zu erwehren wussten. Den Hohlpflöcken war die ethische Minderwertigkeit ihres Hirnschrotts wohl bewusst; was sonst wäre der Kitzel, der ihnen aus der gierigen Betrachtung benachteiligter geraten könnte? Allenfalls die von Herrenmoral gepfropfte Hybris, mehr wert zu sein als die Krüppel, die ihr Leid schon verdient haben würden. Eine archaische Vorstellung, fürwahr – und derart archaisch, dass sie niedermolekular verzahnt mit der Grundausstattung mancher Charaktere harmoniert, wie sie sich über alle Zeiten hinweg im Bodensatz der Behämmerten zeigt. Heute ist das überwunden. Aber heute haben wir ja auch das Fernsehprogramm für die Geschmacksverkalkten, ein zielgruppenspezifisch für Voyeure gefrästes TV-Programm, das keinen Brechreiz ausspart.

Zunächst ist es der billig zusammengehämmerte Sozialporno, der die Hasenhirne vor der Glotze zusammentreibt. Wirre Skripte kollidieren mit dünn angerührtem Inhalt, kostenfreies Personal lärmt in gossenkompatiblem Jargon sein von Gewalt, Libido und Konsum verkorkstes Dasein in die wehrlose Welt, während sich der geistig noch gesunde Durchschnitt vor Fremdscham die Fingernägel abnagt. Von Körpergeruch bis Sperrmüll wird alles in ein Format geschwiemelt, was den Pharisäer in seiner Überheblichkeit stärkt, aus gutem Grunde weniger im Brackwasser der Masse zu dümpeln, ja auserwählt zu sein, auf welcher Seite der sozialen Distinktion er herumlümmelt. Nichts hat sich geändert, noch immer steht die Dame ohne Unterleib auf dreckiger Bühne. Die Masse gafft.

Dass die Gesellschaft nicht nur ihre angeblichen Ränder mit der Kohlenzange kneift, zeigt die allfällig auftretende Aversion gegen Messies, Mietnomaden und schmarotzende Erwerbslose. Sie werden erst durch gezieltes Eindreschen dem öffentlichen Bewusstsein als Feindbild empfohlen – die Väter des Billigfernsehens, jener Pest der Kohlära, sind die Missgeburtshelfer der geistig-unmoralischen Wende, die einen domestizierten Rassismus hegt, mit dem sich der Terror der Masse nach Belieben regulieren lässt.

Jener wohlige Ekel, den man sonst nur mit einer klinischen Affektstörung entschuldigen könnte, wird zur Grundhaltung eines Sinn und Verstand verachtenden Medienschnellverbrauchs, der die Abrissbirne als einziges funktionierendes Werkzeug übriglässt für die Auseinandersetzung mit den anderen Bekloppten. Erworbene Verhaltensweisen wie Respekt wären in einer Schamkultur intakt; gut, dass wir nie eine waren. In der Schuldkultur aber, die sich eine verinnerlichte Autorität züchtet, bedarf es lediglich einer kleinen Definitionsverschiebung, um Menschen auszugrenzen. Praktischerweise sind sie auch selbst für ihre Diskriminierung zur Verantwortung zu ziehen – was muss das Pack auch ohne Arme zur Welt kommen?

Wie sehr sich die Verdeppung der Glotzisten bereits in der Alltagsdemenz festgefressen hat, zeigt die ständig schneller quirlende Dreckzentrifuge der Unterschichtunterhalter. Waren es vor zehn Jahren noch chronisch verstrahlte Weichstapler, die vor der Kamera garantiert keinen geraden Satz herausbekamen, so wurden es Bauern und andere Schwiegertöchter, und heute ist sind wir endlich bei den Wehrlosen angekommen. Putzige Adipöse und schüchterne Querkämmer holpern zum Auftakt über den Bildschirm, der nach Recht und Gesetz Blasen werfen sollte; inzwischen sind auch die Zwerge der Renaissance zurück, Menschen mit Behinderungen werden schmerzfrei auf die Mattscheibe geknüppelt und dem Pöbel zum Fraß vorgeworfen. Wen kümmert da Würde.

So hat der Plebejer, bevor er wieder an einem Aufstand plant, wenigstens schimmeliges Brot beim falschen Spiel. Bald werden sie Lenz eine dufte Spielshow mit Wachkomapatienten machen lassen, Beckmann moderiert den Talk der Moribunden, und was niemand wird mehr für wahres Entertainment sorgen. Die Perlen der Fernsehunterhaltung sind doch jene sanfte Parabel, die der Kasten bescheibt, wenn man ihn mit Schmackes aus dem Fenster schlenzt, und jenes satte Geklirr und Geklicker, mit dem sich im Vollbesitz der Bodenhaftung detonierte Einzelteile durch die Landschaft bewegen, Dann erst entsteht ein Bild, das man nie vergisst, einer der durchschlagenden Momente der TV-Unterhaltung, wie sie selten erreicht werden. Man sollte sie öfter zelebrieren. Man hätte sie schon öfter zelebrieren sollen. Statt eines Zombies aus Oggersheim, der uns die Sache eingebrockt hat.





Mailschwitze

27 09 2012

Ssssit. Die Sahne war da. Ssssit. Ein Ei. Ssssit. Noch eins. Bruno Bückler runzelte die Stirn. „Ich hatte einen Esslöffel Mehl bestellt.“ Petermann kratzte sich im Nacken. „Tja“, seufzte er, „Sie hätten es per E-Mehl bestellen müssen, Chef.“

„Ich kann so nicht arbeiten!“ Heftig vibrierten seine Schnurrbartspitzen; Bruno Bückler, Herr der Herde im eigenen Landgasthof und legendär, wenn es um Schwarzsauer und Spargel ging, von Verehrern wie von Konkurrenten als Fürst Bückler gepriesener Koch, quirlte erregt mit dem Schneebesen die stickige Küchenluft. „Ich möchte es einmal erleben, dass Hansi einen von diesen depperten Vertretern vor die Tür setzt, ohne ihnen vorher den Jahresumsatz in den Rachen zu schieben!“ Zwischen den beiden Brüdern herrschte seit jeher ein angespannter Waffenstillstand, den man keinesfalls leichtfertig hätte mit Frieden verwechseln sollen. Es fiepte aus der Ecke. „Die Eier.“ Petermann, Entremetier und Brunos rechte Hand, wies auf den Kühlschrank. „Offensichtlich haben wir sie nicht rechtzeitig verbraucht.“ Von irgendwo schnarrte es monoton. „Der Sellerie“, murmelte Bruno.

„Kinderleicht!“ Hansi jubelte geradezu. Ich war mir nicht sicher, ob er verstanden hatte, was er da anrichtet. „Diese kleinen Endgeräte kommunizieren mit den Kühlschränken, die Küche ist nämlich jetzt komplett vernetzt. Hier einmal auf das Rezept drücken, und zack! kommen zwei Eier aus dem Kühlschrank. Man muss nur abwarten, bis die anderen fertig sind.“ „Fertig?“ Er beschwichtigte mich. „Diese Verbindung per Mail ist immer noch ein bisschen holperig, aber mit der Zeit wird sich das schon einpendeln. Die Hauptsache ist doch, dass wir der Küche Arbeit abnehmen.“

„Genau das ist der Punkt“, jammerte Bruno. „Genau das versuchen wir ihm doch die ganze Zeit beizubringen. Wir können in der Küche nicht stillstehen – während die Reismütze im Ofen ist, dekoriert der Commis die Salate. Wir können nicht auf ein kleines Kästchen gucken und warten, bis die Gäste mit den Hufen scharren.“ „Warum hat er das überhaupt angeschafft?“ „Es gab Rabatte für Cognac und Champagner“, grummelte Petermann. „Ihm untersteht der Service, er muss das wissen.“ „Aber er regiert immer in die Küche hinein“, schrie Bruno. „Er regiert immer in meine…“ „Gut jetzt“, beschloss ich. „Die ersten Gäste sind da, wir sollten es versuchen.“

Bruno sautierte Muscheln und äugte kritisch, wie Trüffel über die Pasta gehobelt wurden. „In die Sauce noch ein paar Pilze, und die Bohnen werden diagonal ausgerichtet“, befahl er. Da schnurrt ein Döschen Tomatenmark über den Küchentisch. „Wer hat das bestellt?“ Ich guckte auf dem kleinen Kästchen, das achtlos neben dem Besteckkorb gelandet war. „Vermutlich ist nur ein Kellner auf die Taste gekommen, also kein Grund zur…“ Doch da spuckte der automatische Kühlschrank bereits die zweite Dose aus. „Wo bleibt die Mehlbutter“, fauchte Petermann. „Die steht doch rechts oben, warum bekomme ich stattdessen Tomatenmark?“ „Offenbar ist das System überfordert“, mutmaßte ich. „Sie können zwar per Mail eine Schwitze ordern, aber das Gerät erkennt nicht, wo was steht.“ Petermann grollte. „Vermutlich ist dieses ganze Ding nur erfunden worden, um einem Faulpelz die Pizza in die Hängematte zu liefern.“

Plötzlich begann der Mixer zu röhren. Das Display der handlichen Nervensäge verriet Kürbis al forno. „Wird normalerweise mit Pesto serviert“, informierte mich Bruno. „Aber ich habe keine Ahnung, warum das Ding jetzt rotiert.“ „Vermutlich hat ein Gast Kürbis bestellt?“ Petermann schüttelte den Kopf. „Haben wir erst morgen auf der Karte.“ Unbemerkt hatte sich Hansi hinter uns geschlichen und starrte verlegen auf den Boden. „Das liegt an den Geräten“, stotterte er. „Der Mixer ist von Sumsang und die Mikrowelle von Pionarr, die verstehen sich nicht besonders.“ „Jetzt wird mir einiges klar“, befand ich. „Unter anderem, warum der Geschirrspüler anspringt, sobald man den Pürierstab benutzt.“ Bruno stöhnte. „Ich kann so nicht arbeiten!“ Ssssit. Kam ein Ei.

Kaum hatte ich nach einem Lappen für das Ei gesucht, wie es sich unangenehm auf dem Boden verteilte, da strömte gemächlich Wasser aus dem Hahn neben dem Herd. „Offensichtlich ein venezianisches Modell“, bemerkte ich und zog mich zurück. Innerhalb weniger Augenblicke sauste der batteriebetriebene Saugroboter, den Hansi in einem Anfall von Wahnsinn gekauft hatte, durch die sich mählich vergrößernden Pfützen. „Den Hahn zu“, befahl Bruno. Doch nichts half. Hansi blieb wie vom Erdboden verschwunden. Und der See breitete sich aus. „Zweimal Bachsaibling“, rief es von der Küchentür. Bruno knurrte.

Der Kühlschrank ließ sich überlisten, soviel hatte Petermann in Erfahrung gebracht: bei saurer Sahne bekam man Meerrettich, für Meerrettich gehackten Dill und anstelle eines Eis deren zwo. Der Wasserstand stieg dennoch. „Den Fisch aus der Pfanne“, schrie Bruno, „und dreh mir doch endlich einer diesen verfluchten Hahn zu!“ Ich putzte den Tellern rasch den Rand ab und hieb auf die Glocke. Keine Bedienung. Ssssit. Die Remoulade musste vermutlich eh weg. Ich schnappte mir die Teller und schwang mich durch die Tür. Da stand Hansi, bis zu den Knöcheln in der Brühe. „Saibling“, klärte ich ihn auf. „Nebst Bach.“





Wer soll das bezahlen

26 09 2012

„15 Euro monatlich.“ „Das ist Ihr letztes Wort?“ „Wenn wir nicht noch irgendwas mit erneuerbaren Energien machen. Oder fällt Ihnen noch was ein?“ „Wenn’s nach mir ginge, könnten wir uns das ganze Betreuungsgeld schenken.“ „Weil es nichts bringt.“ „Seit wann war das entscheidend?“

„Rentenabsicherung über Kinder, das ist doch komisch.“ „Dabei wurde das früher immer so gemacht.“ „Aber doch nicht so!“ „Seitdem wir gegen den Terrorismus rauchen und für die Umwelt tanken, ist doch nichts mehr unmöglich.“ „Finden Sie nicht auch, dass man das ausweiten sollte?“ „Aber unbedingt!“ „Wie wär’s mit Steuererhöhung für…“ „Stopp! Das geht ja mal gar nicht.“ „Aber Tabaksteuer und Mineralölsteuer sind doch auch…“ „Papperlapapp, Sie wollen sich nur rausreden.“ „Nein, ehrlich – ich hatte die Mehrwertsteuer gar nicht gemeint!“

„Man muss das sowieso ganz anders anpacken.“ „Sie meinen zielorientiert?“ „Genau. Dahin gehen, wo es wehtut.“ „Pflegeversicherung?“ „Guter Ansatz. Bis jetzt war da nur Bahr dran.“ „Also so gut wie gar nichts.“ „Richtig. Dann könnte man doch beispielsweise die Spielkartensteuer anheben und damit die Pflege aufpolstern.“ „Perfekt! Sie haben es wirklich raus.“ „Und dann könnten wir mit dem Geld, das wir da reinkriegen, auch die Praxisgebühr…“ „So gut sind Sie aber nicht im Thema, oder?“ „Ja, mein Fehler.“ „Also nochmal. Wo tut’s weh?“ „Praxisgebühr.“ „Und was machen wir dann?“ „Solidaritätszuschlag?“ „Ich sehe, wir kommen der Lösung langsam näher.“

„Ob wir die Feuerschutzsteuer…“ „Was hatten wir gesagt?“ „’tschuldigung, falsche Reihenfolge. Also für den Straßenbau, besonders für den Ausbau der Radwege.“ „Ja und?“ „Da müsste man doch mal etwas unternehmen.“ „Sagt wer?“ „Ramsauer.“ „Ach so, ja.“ „Ja was?“ „Ich hatte jetzt nicht damit gerechnet, dass der mal etwas ernst gemeint haben könnte.“ „Dann könnten wir die Feuerschutzsteuer anteilig dafür verwenden, um die Radwege zu verbessern.“ „Oder wir besteuern die Radwege mit einer Zweirad-Maut.“ „Was hat denn das jetzt damit zu tun?“ „Damit haben wir alles innerhalb desselben Etats.“ „Wieso die Radwege besteuern und dann die Radwege ausbauen – wie soll denn das funktionieren?“ „Falsch, wir besteuern die Radwege und bauen damit die Autobahnen aus.“ „Wäre das umgekehrt nicht viel…“ „Bitte!“

„Reichensteuer?“ „Meine Güte, Sie haben es nicht kapiert!“ „Nein, wirklich – Reichensteuer!“ „Sie sollen doch dahin, wo es wehtut!“ „Bin ich ja. Zumindest tut den meisten da etwas weh.“ „Reden Sie keinen Blödsinn.“ „Wenn wir die Reichensteuer abwenden wollen, erhöhen wir die Zuckersteuer.“ „Doch, das klingt ganz vernünftig. Und wie stellen Sie sich das bei der Börsenbesteuerung vor?“ „Wir könnten die Branntweinsteuer erhöhen.“ „Und die Gewerbesteuer?“ „Leuchtmittelsteuer.“ „Mann, da ist ja wirklich Musik drin!“

„Und wenn wir jetzt die Kopplung an Vorsorgeuntersuchungen eventuell auch ausdehnen würden auf die Eltern?“ „Sie sind ja schon wieder bei dieser Herdprämie.“ „Man könnte doch das Ergebnis der Vorsorgeuntersuchung zur Bedingung machen für die Auszahlung des Rentenzuschusses.“ „Was ist das denn wieder für ein Quatsch? was wollen Sie da noch groß auszahlen?“ „War denn das Betreuungsgeld nicht so gedacht?“ „Als Rente mit anderen Mitteln? Wer soll das bezahlen?“ „Warum macht man dann solche Gesetze?“ „Weil die Banane krumm ist und Seehofer ein Ding an der Marmel hat. Keine Ahnung. Jedenfalls nicht, um den Leuten Geld in die Hand zu drücken.“ „Also war das deshalb so gedacht wie die Anrechnung auf Hartz IV?“ „Was hat das damit zu tun?“ „Man darf das Betreuungsgeld für die Altersvorsorge ausgeben, aber die Kinderregelsätze nicht für Alkohol.“ „Aber das passiert doch nicht beim Betreuungsgeld. Das kriegen doch sowieso nur die, die es nicht brauchen.“

„Dann könnten wir die Kraftfahrzeugsteuer für die Abschaffung der Erbschaftssteuer erhöhen.“ „Oder die Jagdsteuer abschaffen, damit wir die Kitaplätze besteuern können.“ „Klingt das nicht zu sehr nach Kuhhandel?“ „Nur, wenn es tatsächlich irgendwann genug Kitaplätze geben sollte.“ „Und wenn es keine gibt?“ „Haben wir keine Jagdsteuer mehr und brauchen auch kein Betreuungsgeld mehr auszuzahlen.“ „Klingt logisch. Dann haben wir aber ein neues Loch in der Rente.“ „Da könnten wir die Pflegeversicherung, die mit der Schaumweinsteuer finanziert wird, in…“ „Spielkartensteuer, oder?“ „Ja, stimmt. Also dann machen wir die Pflege mal steuerpflichtig, dann schaffen wir die Praxisgebühr damit ab…“ „Die kann man dann aber nicht mehr besteuern.“ „Dafür haben wir aber Stromsteuer, da fällt die Erhöhung gar nicht auf.“ „Damit gleichen wir die Alkopopsteuer aus?“ „Besser, wir senken die Mehrwertsteuer ab.“ „Aber dann haben wir ja weniger Einnahmen!“ „Deshalb werden ja die Kaffeesteuer und die Ökosteuer erhöht.“ „Und die Kernbrennstoffsteuer?“ „Die bezahlen doch diese verarmten Betreiber von Kernkraftwerken?“ „Die könnte man ja zur Entlastung der notleidenden Industrie abschaffen.“ „Die Kernkraftwerke?“ „Lassen Sie den Quatsch, ja? Jedenfalls können wir mit einer erhöhten Vergnügungssteuer die Zweitwohnungsteuer absenken, und wenn wir die Teesteuer und die Hundesteuer…“ „Nicht zu vergessen die Zwischenerzeugnissteuer!“ „… und die Luxussteuer, aber dann müssten wir zusätzlich auch noch die Lotteriesteuer und die…“ „Halt mal, was fangen wir denn mit der ganzen Kohle an?“ „Sie sind ja lustig, Mann – haben Sie denn gar keinen Durchblick? Die Diäten erhöhen, was denn sonst!?“





Lehrkraftzersetzung

25 09 2012

„… sich die Kooperation der Bundeswehr mit der 2. Grundschulklasse nicht mit dem Bildungsauftrag des Lehrkörpers vertrage. Die Schule schließe nicht aus, die Pädagogen von ihrem Dienst zu…“

„… weise Bundesbildungsministerin Schavan entschieden zurück. Natürlich obliege es den Eltern, die Lehrinhalte an öffentlichen Schulen zur Kenntnis zu nehmen, in Zeiten des zunehmenden Fachkräftemangels – wozu auch das Soldatentum gehöre – sollten sich die Erziehungsberechtigten nicht mehr als nötig in die staatliche geregelte Charakterbildung…“

„… überhaupt nicht um bewaffnete Konflikte. Die Bundeswehr, so Bundeswirtschaftsminister Rösler, sei lediglich vor Ort, um zu überwachen, ob auch keine verbotenen Waffengeschäfte mit bundesdeutschen…“

„… als natürliche Folge der Umwandlung der Bundeswehr in eine Freiwilligenarmee. Die Truppe wolle daher die potenziellen Soldatinnen und Soldaten bereits auf dem intellektuellen Niveau ansprechen, das sie zehn Jahre später als…“

„… habe sich Joachim Kardinal Meisner besonders gegen die Behandlung von Wehrinhalten im Religionsunterricht ausgesprochen. Themen wie Tod und Sterben würden damit, so der Erzbischof von Köln, nur mehr als nötig mit negativen Assoziationen und…“

„… könne man von einer kriegerischen Auseinandersetzung gar nicht reden. Es sei, so Bundesaußenminister Westerwelle, eine reine Image-Kampagne, die europäischen Werte auch in die Länder von Minderleistern zu…“

„… zu einer Kommunikationspanne. Der ehemalige Militärbischof habe die Frage wegen einer alkoholbedingten Unpässlichkeit akustisch nicht verstanden, so dass er empfohlen habe, Blutspenden gleich an der Front zu…“

„… die Möglichkeit bestehe, ab der Sekundarstufe II die Beschäftigung auch in Erd- oder Gemeinschaftskunde zu unterrichten. So hätten die Schüler auch mehr Gelegenheit, die wirtschaftlichen Interessen, die allerdings überhaupt nicht existierten, zu reflektieren und Argumente zu finden gegen eine…“

„… versehentlich veraltetes Material. Die Jugendoffiziere hätten in der Vorlesestunde Berichte aus Ypern und…“

„… protestiere die CSU strikt gegen Werbung für die Bundeswehr in Egoshootern. Killerspiele seien lediglich dazu geeignet, das Töten zu trainieren, so dass schon einmaliges Spielen genüge, um die staatsbürgerliche Verantwortung zur Friedensmission zu untergraben, die den Soldaten in Auslandseinsätzen und…“

„… wolle man wegen des anhaltend geringen Erfolges die Kurse auch auf Waldorfschulen ausdehnen. Derzeit würden noch Offiziere ausgebildet, die den Kampf gegen fremde Wurzelrassen vortanzten und die Schüler für…“

„… durchaus kein Krieg. Merkel habe betont, neben dem üblichen Bohren von Brunnen habe die Bundeswehr eigentlich überhaupt keinen Anlass, sich in der…“

„… zu einer verwaltungsrechtlichen Frage. Die Klasse habe ihre Schutzengel nach Anleitung der Lehrkraft gebastelt, bei der Versendung der Gaben nach Mazār-i Scharif jedoch habe Til Schweigers Produktionsfirma Lizenzgebühren in Höhe von…“

„… natürlich auch aus Kundenfreundlichkeit. Der Allianz-Konzern biete bereits Quartanern eine günstige Sterbegeldversicherung für den…“

„… die Bundeswehr bereits mehrfach vom UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes aufgefordert worden, keine Minderjährigen zu rekrutieren. De Maizière habe dies mit der Verwendung von Kindersoldaten auf der gegnerischen Seite gerechtfertigt. Man dürfe mit volljährigen Bundeswehrkriegern nicht auf die…“

„… als coole Beachparty beschrieben worden (die Außenaufnahmen seien aus Basra). Die Rechtsabteilung des Reiseveranstalters habe ihre einstweilige Verfügung gegen das Bundesministerium für Verteidigung mit einer…“

„… man den Abgängern gleich erklären wolle, dass es eine Wahlmöglichkeit zwischen Hartz IV und Afghanistan gebe. Es sei nicht einmal erheblich, ob der Schulabschluss tatsächlich…“

„… private Angelegenheit der Pädagogen, die Einsätze der Bundeswehr, die man volkstümlich als Krieg bezeichnen könne, auch im Unterricht als kriegerische Einsätze zu bezeichnen. Jede weitere Verfehlung werde das Verteidigungsministerium als gezielte Lehrkraftzersetzung…“

„… unangenehmer Bumerangeffekt. Man habe den Schülern so oft von der Friedensmission der deutschen Truppen erzählt, dass diese nun ganz traumatisiert seien von der Vorstellung, in der Nähe ihrer Wohnsiedlung werde eine Mädchenschule…“

„… für mehr Kinderschutz. Gerade im Internet, das einen weitestgehend rechtsfreien Raum darstelle, würden Kinder und Jugendliche auf der Suche nach den Angeboten der Streitkräfte durch gefährliche Dinge wie zuckerhaltige Limonaden oder Informationskampagnen der Piratenpartei…“

„… spreche sich auch der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages für eine kritische Begleitung der Informationsveranstaltungen aus, sofern dabei weder unzulässige Kritik geäußert noch die Bundeswehr als solche…“

„… sei nicht geklärt worden, zu welchem Kurs die Engel von den Kunstgewerbehändlern genommen würden. Niebel habe jedoch angegeben, zu seinem neuen Teppich nichts dazubezahlt…“





Resistent

24 09 2012

„Jetzt lass das doch. Schau mal, das ist doch bloß ein Papier. Ob Du das jetzt in kleine Stückchen reißt oder nicht, dem Papier ist das egal. Und dem, was darauf steht, sowieso. Also lass das doch einfach, ja? Herrschaftszeiten, jetzt lass das! Fipsi!

Wie gesagt, unter Aufsicht. Ich bin sein gesetzlicher Vormund, damit er nicht ganz so viel Unsinn treibt. Oder nennen Sie es meinetwegen betreutes Regieren. Reine Vorsichtsmaßnahme. Er ist jetzt ja auch abkömmlich – in der CDU haben sie erst vorige Woche gemerkt, dass er gar nicht mehr da ist. Die Sozialdemokraten haben ihn schon ganz gut ersetzt. Jedenfalls sind mir noch keine Klagen gekommen, dass – Fipsi! Lass die Finger da raus! Du tust Dir weh!

Realitätsresistenz. Chronische Form. Das kriegen Sie durch Medikamente nicht mehr weg. Im Gegenteil, manchmal habe ich den Eindruck, die Jungs haben vorher schon zu viel – Fipsi! Sehen Sie, er versucht mit der Fernbedienung die Steuern zu senken. Letzte Woche hat er sich alle zehn Sekunden seine eigenen Schnürsenkel verkauft. Den ganzen Tag lang. Bis zur Erschöpfung. Und hat dann behauptet, er sei allein dafür verantwortlich, dass der Binnenkonsum angestiegen ist. Chronische Realitätsresistenz. Da können Sie sich die Therapie in die Haare schmieren. Aber er ist ja Privatpatient, das kann sich der Beitragszahler leisten.

Fipsi, nein! Du kriegst kein Hotel zum Spielen. Das passt hier außerdem gar nicht rein. Außerdem würde er das ja sowieso pleite gehen lassen. Von Wirtschaft versteht er ja gerade mal gar nichts. Deshalb hat es ja auch nur bis zum Vizekanzler geschafft. Fipsi, nein! Kein Hotel! Und jetzt hör endlich auf mit Griechenland! Du kriegst kein Griechenland, Fipsi! Und jetzt hör auf zu jammern!

Gebraucht? ob der in der FDP gebraucht wird? Lassen Sie es mich so sagen, der wurde da bisher noch nicht vermisst. Fipsi, lass die Finger aus der Steckdose! Lass das! Fipsi, wenn Du Kurzschluss machst, verschwindet die Windkraft auch nicht von alleine, wie oft soll ich Dir das denn noch sagen? Jetzt nimm die Finger da raus. Du hast doch schon so oft eine gewischt gekriegt, zuletzt im Kanzleramt von – Fipsi! Wissen Sie, es gibt Tage, an denen man sich eine Zwangsjacke wünscht.

Seinen Vorgänger hatte ich ja gar nicht. Der war in Abteilung IVb, intermittierende Hysterie, aber das kriegen Sie mit einem kalten Sitzbad weg. Oder die Pharmabranche schickt Ihnen etwas von dem Zeug für besonders gute Kunden. Entweder Sie erleben einen durchschlagenden Therapieerfolg, oder Ihr Patient wird endgültig – Fipsi! Lass die Finger aus dem Mixer! Es ist doch zum Kotzen, alles will er in die geordnete Insolvenz – Fipsi! Lass das! Gott, meine Finger sind’s ja nicht, und letztlich ist es auch nur konsequent, was er da macht. Oder wie, glauben Sie, ist die FDP da ins Umfragetief geraten?

Jetzt scheucht er schon wieder Ministerinnen raus, obwohl er alleine im Zimmer ist. Typische Allmachtsfantasien. Er hält sich für die Regierung. Wir hätten ihm den Beißring dalassen sollen, aber der Arzt meinte, er sei noch nicht – Fipsi, hörst Du auf zu schlagen!? Was ist denn in Dich gefahren heute? Übergriffig? Den Vorwurf kennen wir. Das Pflegepersonal wird übergriffig, wenn die Patienten nicht spuren. Da ist man mit Schuldzuweisungen immer schnell bei der Hand. Aber haben Sie sich mal überlegt, wie man das erträgt, wenn der einen der Patient ständig anspuckt und fordert, dass einem das Gehalt halbiert wird, damit man mehr Anreize hat, jeden Morgen zur Arbeit zu kommen? Aber das – Fipsi, runter vom Schrank! Wirst Du wohl! Runter! Du sollst da vom Schrank runterkommen! Er klettert ständig auf den Möbeln herum, wissen Sie. Manchmal versucht er, sich an der Decke festzuhalten. Kein Wunder, die Fünf-Prozent-Hürde sieht er ja auch nur von unten. Gestern hat er sich ein Feuerzeug eingesteckt und wollte seine eigene Protestdemo veranstalten. Gegen Blasphemie. Weil da wieder irgendjemand in der Zeitung geschrieben hatte, dass es kein endloses Wirtschaftswachstum geben kann. Naja, ich bin noch rechtzeitig an den Feuerlöscher gekommen. Die Gardinen lassen sich ja ersetzen.

Strenges Qualitätsmanagement, ja. Das muss alles dokumentiert werden. Jeden Freitag schreibe ich einen Bericht über seine geistige Armut. Das passt ihm zwar nicht, aber – lass das, Fipsi! Du sollst das lassen! Du sollst das sein lassen, Fipsi! Jetzt lass das doch endlich! Ja, es ist schon ein Kreuz mit ihm. Du sollst das – Fipsi, jetzt hör aber auf! Nicht die Koalition platzen lassen, lass das! Ich meine, mir wär’s ja auch egal, aber als gesetzlicher Vormund darf ich bei einem Suizidversuch nicht einfach tatenlos zusehen.

Letztlich ist das ja auch alles egal. Ob wir diese Typen nun drinnen oder draußen entsorgen, wenn sie versagt haben, das bleibt sich doch letztlich gleich. Hier drinnen haben wir lediglich den Vorteil, dass sie nicht mehr viel anstellen. Keine Gremien, keine Aufsichtsräte, und wenn sie mal so richtig Mist gebaut haben, werden sie später auch nicht Bundeskanzler und – Fipsi! Weg da, aber ganz schnell! Geh da weg, Du kannst nicht fliegen! Lass das sein, Du wirst Dir noch – Fipsi!

Zu spät. Kann man nichts machen. Weg vom Fenster.“





Morgenliedchen

23 09 2012

für Kurt Tucholsky

Da winkt vom Filmplakat ’ne große Braune.
Ich geh vorbei. Wer sich den Namen merkt,
vertut nur seine Zeit. Ja, steh und staune,
schreib’s auf, falls es Dir das Gedächtnis stärkt.
Demnächst sind andre dran. Die nächste Truppe
rückt an und macht die großen Namen alt.
Heut ist man weltbekannt. Und morgen kalt.
  Ich wart mal ab.
    Die ist bis morgen schnuppe.

Die Wirtschaft kocht. Bei Sengespeck und Söhne
gab’s Unterschleif und Clique und Skandal.
Man schwitzt und stöhnt. Erst fallen alle Löhne,
die Aktien aber steigen noch einmal.
Das ist der Lauf der Welt. Nur der Gescheite
hält sich aus diesen düstren Kreisen fern.
Erfolg? Ach, etwas Geld. Das hab ich gern.
  Ich wart mal ab.
    Bis morgen sind sie pleite.

Wenn Fipsi tönt, dann riecht’s nach faulen Eiern.
Die Kanzlerin tönt ölig und spricht Sums.
Inmitten dieses morschen Wahlgebrumms
kann auch die SPD nur Altes leiern.
Man wird dem nicht entkommen. Keine Leiter
ist hoch genug, und auch kein Loch so tief,
dass man durchaus verschont darinnen schlief.
  Ich wart mal ab.
    Bis morgen.
      (Und so weiter.)





In fünf Zeilen um die Welt. Limericks (CX)

22 09 2012

Am Hang baute Lu in Vwawa
ein Häuschen. Der Boden aus Lava,
der wärmte ihn gründlich.
Doch fragt Lu sich stündlich,
was von dem im Keller schon da war.

Alberto, der Kellner in Hône,
serviert alles nur mit Zitrone.
Bei Fisch mag das munden,
jedoch sagt seit Stunden
der Koch ihm: die Suppen nur ohne.

Als Geiger war Sheikh in Jilib
nicht unter den besten. Er schrieb
ab Berge von Noten,
bis blutig die Pfoten
und Übezeit ihm nicht mehr blieb.

Tesfaye stellt fest, dass in Gode
kein Lied, kein Sonett, keine Ode
gelernt wird. Anstelle
für das Kulturelle
sieht er, nur noch Rap ist in Mode.

Ignatius steht in Chipinge
beim endlosen Fädeln der Ringe
ganz hoch auf der Leiter,
und fädelt auch weiter,
wenn er sieht, dass ihm nichts gelinge.

Akwasi aus Oduponkpehe
beschloss, dass er heut baden gehe.
Jedoch sorgt das Wasser
dafür, dass ganz blass er
herauskam und fror bis zur Zehe.

Es ging morgens Abd in Kasur
durch Stube und Schlafraum und Flur.
Er stolperte, eilte
und schritt und verteilte
die Reste von seiner Rasur.





Gernulf Olzheimer kommentiert (CLXVI): Bio

21 09 2012
Gernulf Olzheimer

Gernulf Olzheimer

Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.

Das waren noch Zeiten, als der Hominide die Früchte des Feldes dankbar und guten Gewissens verzehren konnte. Der Baum der Erkenntnis war tabu, doch der Rest ließ sich je nach Reife und Aggregatzustand als Kalorienzufuhr verwenden. Jeder aß dasselbe, so er nicht durch Glück oder Tüchtigkeit Pilze fand, die satt machten (oder lustig, aber jedenfalls nicht tot) und knuspriges Getier, das für die Flucht anatomisch nicht gerüstet war. Mit der Erfindung des Handels in der arbeitsteiligen Gesellschaft, deren eine ernteten und jagten, während die anderen buken und brutzelten, trennte sich die Einheit. Korn blieb erschwinglich für die meisten, doch da sich andere süße Früchte leisten konnten, musste ein Statussymbol her. Es ward Abend, es ward Morgen, und es ward Bio.

Die Heckenpennerhorde, die weiland in der Biostunde Malstifte in den Frontallappen gestopft hat, sondert heute Bücher über genetische Marker zweitausend Jahre alter Völker ab oder rülpst ihre Kindervorstellungen über Synapsenverdellung durch das böse Internet in jede Kamera, die nicht rechtzeitig in Flammen aufgeht. Weil sie vom naturwissenschaftlichen Einmaleins so viel Ahnung hat wie eine Braunalge von Schnadahüpfel und munter Kinderglaube und Esoterik verquirlen. Urgrund des Bio-Wahns ist der hirnverdübelte Unsinn, man könne den Kuchen fressen und dabei doch aufbewahren, vulgo: den Kapitalismus bis in die Schlusszuckungen mitturnen, aber gleichzeitig gesund wie die Ahnen, pesti-, fungi-, herbizidfrei die Möhre mümmeln, aus eherner Scholle tapfer ins Maul. Schon die Ausgangsposition ist Mumpitz dritter Kategorie, denn gäbe es nicht Turbofarm und Fleisch-KZ, um den als Wohlstand deklarierten Müll in den Kommerzkreislauf zu klatschen, keine Kartoffel bedürfte einer zusätzlichen Taufe zum naturbelassenen Produkt – als diese suizidale Form der Nährstoffakkumulation noch nicht das Gesicht dieses Planeten verpickelte, gab es überhaupt nur naturbelassenes Gemüse, naturbelassenes Obst und naturbelassenes Getreide. Eine Perversion der sachzwangreduzierten Ehrlichkeit allemal, dass dies bis in die DNS aufgebohrte Nachzuchtmassaker als konventionelle Landwirtschaft gilt. Die Parallele ist dem konventionellen Krieg geschuldet, der zwar auch die ganze Menschheit ausrottet, aber nicht so hip ist wie die Nummer mit dem Atompilz.

Es ist ja nichts als physiologischer Aberglaube, dass bei Vollmond im Beisein einer Bezugsperson geerntete Pflaumen ein besseres Karma machen als die Discounterversion der Steinfrucht. Die Mitochondrien interessiert es nicht, woher die Proteine kommen, sie verarbeiten Frischmilch wie Fettklops. Alles andere ist Animismus im Gewand postmoderner Verdummung, weil der ideologisch gefestigte Hohlrabi, Kind des Effizienzwahns, auf mehr besteht, mehr Vitamine, mehr Eiweiße, mehr Bla vom Blubb. Eine normale Ernährung, so sie nicht nur Pommes und gedünstete Wellpappe beinhaltet, bietet ohnedies ein Überangebot aus Vitaminen, Mineral- und Ballaststoffen, die zum größten Teil unbehelligt in die Kanalisation rauschen – wozu also der zwanghafte Wunsch nach mehr von allem? Wenn nicht die kapitalistische Psychose nach unbegrenzbarem Wachstum der Schlüssel ist, was ist er dann?

Dass diese Vorstellung von Biologie mit dem tatsächlichen Leben nichts zu tun hat, wirft ein trübes Licht auf die Dumpfdüsen des Ökoterrors. Die Rübe an sich unterliegt einer arteigenen Schwankungsbreite der Qualität, die so groß ist, dass sie mit biologisch-dynamischen Sanktionen nicht einmal näherungsweise beeinflusst werden könnte. Das Gepopel im Gewächshaus ist, wenn überhaupt, Kosmetik an den Nachkommastellen, ein heroischer Kampf um ein paar Promille mehr Traubenzucker – falls nicht das Wetter andere Vorstellungen hat oder auf dem Transport sämtliche Nährstoffe hops gehen. Die grassierende Vorstellung, was biologische Prozesse sind, leisten und zeitigen, ist mechanistisch und kommt ohne Sachkenntnisse aus. Denn was erwartet man von den Bescheuerten, die nach Wirksamkeit fressen, nicht ohne Brot und Wasser mit Multifunktionalität auszustatten.

Bio ist nichts mehr als das Distinktionsetikett einer bornierten Schicht mediokrer Waschlappen, die den Proletariern gegenüber elitär auftreten, während sie der Elite als Proleten erscheinen. Ihr Häppchen Stolz ziehen sie aus dem Aufpappschild, als kämen nicht beide Hühner, mit und ohne Heiligenschein, aus demselben Gockelgulag, wie auch Designerhose und Billigbuxe aus demselben Kinderarbeitsknast stammen, jeder weiß es, aber der kultivierte Konsument rümpft elegant die Nase und erklärt es zur bedauerlichen Notwendigkeit der Globalisierung. Dass der ganze Schmadder, der aus dem industriellen Gleichschaltungsprozess quillt, auch nur im Entferntesten etwas mit den hehren Zielen von Umweltschutz und Gesundheit zu tun hätte, ist folkloristischer Plüsch aus dem Kabinett der Gegenaufklärung. Es ist nicht viel mehr als moderner Ablasshandel, dessen Kassenzettel in quasireligiöser Verzückung als Persilschein der ethischen Unfehlbarkeit herumgereicht wird – wie jede andere Form aggressiv vorgelebter Demut ist auch dies nichts anderes als Dünkel aus Dummheit. Wie viele Liter Sprit hätte der ökologisch korrekte Bescheuerte im SUV verheizen können, wäre ihm das 100%-Hoffart-Siegel auf seinem Kartoffelsack nicht reißpiepenegal gewesen. Sie nehmen es nicht einmal ernst, dass sie sich gegenseitig von den Segnungen der Zivilisation – Klimakatastrophe, Ozonloch, Hungerkatastrophen und ähnlicher Zores – Absolution erteilen wollen, denn sie fallen auf die Mutter der plumpen Marketinglügen herein, kaufen aus ökologisch motivierter Blauäugigkeit Spargel aus den Anden und müssen sich Flugananas aus Feuerland hinters Zäpfchen schwiemeln, mit letzter Kraft verdrängend, dass der Beknackte für jedes Kilo rund um den Erdball rödelndes Gemüse ein Jahrhundert lang auf der Pinkeltaste knien müsste. Dass jeder Affe sei eigenes Bapperl auf die Banane batschen kann, macht die Sache natürlich gleich viel glaubwürdiger.

Sie werden ihren Biomüll kauen, bis er ihnen zu den Ohren rauspladdert. Sie werden kalt gepresstes Öl schlucken, in dem karzinogene Lösungsmittel jodeln. Tuberkeln und Listerien werden ihre Brut unter die Scholle pflügen, weil sie ihre Milch nicht wie jeder andere Querkämmer auch im Supermarkt kaufen wollen. Mit etwas Glück überlebt der Nachwuchs, bleibt aber doof. Was will man mehr. Denn irgendjemand muss ja schließlich den ganzen Bioquatsch weiter kaufen.