Morgenliedchen

23 09 2012

für Kurt Tucholsky

Da winkt vom Filmplakat ’ne große Braune.
Ich geh vorbei. Wer sich den Namen merkt,
vertut nur seine Zeit. Ja, steh und staune,
schreib’s auf, falls es Dir das Gedächtnis stärkt.
Demnächst sind andre dran. Die nächste Truppe
rückt an und macht die großen Namen alt.
Heut ist man weltbekannt. Und morgen kalt.
  Ich wart mal ab.
    Die ist bis morgen schnuppe.

Die Wirtschaft kocht. Bei Sengespeck und Söhne
gab’s Unterschleif und Clique und Skandal.
Man schwitzt und stöhnt. Erst fallen alle Löhne,
die Aktien aber steigen noch einmal.
Das ist der Lauf der Welt. Nur der Gescheite
hält sich aus diesen düstren Kreisen fern.
Erfolg? Ach, etwas Geld. Das hab ich gern.
  Ich wart mal ab.
    Bis morgen sind sie pleite.

Wenn Fipsi tönt, dann riecht’s nach faulen Eiern.
Die Kanzlerin tönt ölig und spricht Sums.
Inmitten dieses morschen Wahlgebrumms
kann auch die SPD nur Altes leiern.
Man wird dem nicht entkommen. Keine Leiter
ist hoch genug, und auch kein Loch so tief,
dass man durchaus verschont darinnen schlief.
  Ich wart mal ab.
    Bis morgen.
      (Und so weiter.)