„Bitte nicht länger als eine halbe Minute, das wirkt sonst zu aufdringlich. Es reicht ja schon, wenn Sie die Frau Bundeskanzlerin in den entscheidenden Passagen zeigen, immer zweidrei Sekunden Rede, dann zehn Sekunden Applaus. Schneiden Sie am besten vom letzten Bundesparteitag rein. Liefern wir Ihnen, ja. Soll ja eine gute Nachrichtensendung werden.
Sie können nebenbei auch kleine Sequenzen von Schäuble reinschneiden, der kommt dann ja im nächsten – nicht? Warum kommt da im nächsten Beitrag nicht Schäuble? Wir hatten das doch so ausgemacht? War unser Regierungssprecher nicht deutlich? Wieso ist Schäuble nicht im nächsten Beitrag? Ach so, ja. Wirtschaft. Aber da müssen Sie dann auch darauf achten, dass die europäischen – China? Wer hat Ihnen erlaubt, über China zu berichten? Weil das alle machen? Das ist doch nicht relevant für Sie. In den deutschen Nachrichten wird gesagt, was die deutsche Regierung angeht. Und uns geht das an, was sich die Regierungsparteien wünschen. Was haben Sie daran nicht verstanden? Untergrundjournalismus machen Sie gefälligst in China, klar!?
Oder nein, nicht: Regierungsparteien. Bitte die Sendung nicht zu sehr mit der FDP belasten. Ja, ich weiß selbst, wo die in den Umfragen stehen, aber erstens sind das nicht unsere Umfragen, und wenn die FDP auch mal Fernsehnachrichten haben will, dann soll sie die selbst kaufen. Geld genug haben die ja. Nein, Sie machen mir den Wirtschaftsbeitrag nicht mit Brüderle – die Frau Bundeskanzlerin will das nicht. Warum nicht? Sie will das eben nicht, und das muss reichen. Es reicht, wenn einer die Wirtschaft erledigt, das brauchen Sie nicht auch noch zu zeigen.
Den Bericht über die Arbeitsmarktzahlen dürfen Sie so übernehmen. Ist egal. Ja, ist uns echt egal. Nein, nicht die Zahlen. Die Arbeitslosen. Ob wir da jetzt auch noch einen O-Ton von der Bundesuschi drankleben, das interessiert doch keinen Menschen. Senden Sie das ruhig. Danach die Präsidentenwahl in den USA, das hat ja auch keinen Einfluss auf die Bundesregierung.
Und dann nichts über den Schuldenschnitt für Griechenland. Sie haben da keine Information. Nein, Sie haben kein Information zu haben. Wir sagen Ihnen, was Sie zu wissen haben, verlassen Sie sich darauf. Die Troika hat sich noch nicht festgelegt, aber die Frau Bundeskanzlerin hat noch keine Ahnung, was sie denkt, bevor sie gehört hat, was sie dazu sagt. Deshalb wollen wir auf den Bericht vorerst verzichten. Sie müssen dann eben eine Güterabwägung vornehmen – wenn Sie nicht für uns sind, sind Sie gegen uns. Und das wollen wir doch nicht, oder?
Zwanzig Sekunden für die Klimakonferenz? Ist das nicht ein bisschen wenig? Wo doch die Frau Bundeskanzlerin sich ausdrücklich für die Ziele der proaktiven Klimapolitik ausspricht? Da wollen wir mehr Bilder. Interview. Schicken Sie da einen Korrespondenten hin, der soll vor Ort ein Interview mit dem deutschen Vertreter machen, und dann haben wir – Altmaier!? Sie sind wohl vom wilden Mann gebissen, Sie können doch nicht den Altmaier da interviewen! Der Mann redet doch Grütze, sobald er den – nein! Das senden Sie nicht, verstanden? Sie werden keine Sekunde davon senden. Wenn Sie unbedingt jemanden wollen, der von jeder Sachkenntnis ungetrübtes Gelaber absondert, dann fragen Sie Rösler irgendwas über Wirtschaft. Ja, weiß ich – aber hier dürfen Sie auch mal über die FDP berichten. Das stört die Frau Bundeskanzlerin nicht so. Hauptsache, Sie lassen uns in diesem Zusammenhang aus dem Spiel.
Und wenn Sie da das Internet zensieren? Oder müssen wir das selber machen? Nein, das ist wegen Steinbrück. Der ist ja immer in den Medien, und wenn Sie nichts über ihn bringen, dann müssten wir uns mal überlegen, was Sie da unternehmen. Weil da ja im Internet immer alle alles machen können, und wenn wir da nichts machen, also Sie, wenn Sie nichts machen, dann sind da ja noch Informationen, und dann können die da alles nachgucken – ich meine, wie ist das technisch geregelt? Können Sie nur auf Ihrer eigenen Seite die Informationen rausnehmen, und können Sie das bei den anderen erst beantragen? Oder müssen wir uns da erst einen Vorwand für ein neues Gesetz ausdenken? Ich kläre das ab. Machen Sie erstmal nichts über die SPD.
Sie sehen, es hat auch seine Vorteile, wenn man die Regierungssprecher aus Ihrem Haus holt oder hinterher bei Springer entsorgt. Die Synergieeffekte sind nicht zu leugnen. Öffentlich-rechtliche Sender stehen in der Verantwortung der Gesellschaft und der Politik und werden sich davon auch nicht völlig lösen können. Jedenfalls nicht, solange wir nicht den Befehl dazu gegeben haben.
Mit der CSU seien Sie bitte vorsichtig, wenn Sie denen eine – nein, das war gar nicht als Drohung gemeint! Wir sind schließlich nicht die CSU. Aber da müssen Sie immer damit rechnen, dass da so komische, wie soll ich sagen – da sind Journalisten unterwegs. Investigative Journalisten. Die werden Sie so einfach wieder los wie Streptokokken.
Feindsender? Dann sorgen Sie eben dafür, dass das nicht bei den Privaten auftaucht. Und lassen Sie Ihre internationalen Kontakte spielen. Wofür bezahlen wir Sie überhaupt?
Ach ja, das Wetter. Müssen wir da einen Antrag stellen, dass die Vorhersage am Wahlsonntag gut ist, oder erledigen Sie das?“
Satzspiegel