Mehr weniger

31 10 2012

„Dann eben 47 Prozent.“ „Nicht 43?“ „Ist doch eh wurst, es sollen nur nicht weniger als 43 sein.“ „Aber mehr werden es doch auch nicht.“ „Darum soll’s ja auch nicht weniger sein.“ „Aber wenn es nicht weniger als 43 sind, kann man dann nicht auch sagen, es sollen 47 sein?“ „Dann müsste man doch sagen: höchstens 47.“ „Aber nicht weniger.“ „Doch, aber eben höchsten nicht weniger als 43.“ „Ist das kompliziert!“ „Und Sie meinten noch, Rente sei einfach.“

„Deshalb muss man die jetzigen Arbeitnehmer später besser bezahlen.“ „Damit sie noch später mit höchstens 43 Prozent nicht arm sind?“ „Die sollen die Renten für die jetzigen Rentner finanzieren, und damit das langt, muss man die Bezahlung schon heute anpassen.“ „Wäre es da nicht klüger, man würde sofort die Löhne und Gehälter anpassen?“ „Wieso das denn?“ „Weil sie dann jetzt mehr hätten und höhere Beträge in die Rentenkasse einzahlen könnten.“ „Das reicht doch, wenn man sie später mal besser bezahlt.“ „Dann haben sie aber keine ausreichende Versicherung für sich selbst erworben, oder?“ „Darum geht es doch gar nicht. Schauen Sie, die Rente ist doch ein Solidarsystem – die einen zahlen jetzt dafür ein, dass es später den anderen mal…“ „Halt! Sie verwechseln da zwei Dinge: Sie zahlen jetzt ein, damit Sie später etwas rauskriegen, richtig?“ „Ja, warum?“ „Und in Wirklichkeit zahlen Sie jetzt ein, damit die jetzigen Rentner etwas rauskriegen, richtig?“ „Wer sagt das denn?“ „Die Rentenversicherung. Das ist ganz einfach ein Umlagesystem.“ „Wenn ich jetzt mehr einzahle, dann bekommen die Rentner später gar nicht mehr?“ „Doch, aber…“ „Also was denn jetzt!?“

„Okay, noch mal. Sie zahlen jetzt ein, und daraus werden die jetzigen Rentner…“ „Eben haben Sie doch schon gesagt, dass die Renten gar nicht erhöht werden, wenn ich jetzt mehr einzahle.“ „Nein, aber sie werden eben auch nicht abgesenkt. Sie müssen nicht abgesenkt werden, wenn Sie mehr in die Rentenversicherung einzahlen.“ „Dann liegt es gar nicht an den jetzigen Löhnen, dass das Rentenniveau später mal steigt?“ „Sie haben das schon wieder falsch verstanden. Es soll nicht steigen, es soll nur nicht noch weiter abgesenkt werden.“ „Jetzt?“ „Nein, später natürlich.“ „Und dafür müsste man dann die Löhne auch jetzt steigen lassen, wenn jetzt die Renten nicht sinken sollen?“ „Noch sinken sie ja gar nicht.“ „Aber sie sollen doch nicht unter 43 Prozent sinken.“ „Deshalb müssen ja auch die – Sie machen mich noch wahnsinnig!“

„Also die Löhne müssen steigen.“ „Richtig.“ „Aber warum kann man die Löhne nicht sinken lassen?“ „Wie soll denn das funktionieren?“ „Dann würde man jetzt die Löhne senken, also nicht sofort, sondern stufenweise.“ „Wieso das denn?“ „Weil das dann einfacher wäre.“ „Was wäre einfacher?“ „Wenn man die Löhne auf nicht unter 43 Prozent senkt.“ „Wieso 43 Prozent?“ „Nicht 43 Prozent, sondern: nicht unter 43 Prozent.“ „Nicht unter – was ist denn das schon wieder für…“ „Weil das dann auch 47 Prozent sein könnten, also höchstens 47, weil das dann auch nicht unter 47 Prozent sein würde.“ „Stop! Ich will jetzt wissen, wie Sie auf diese bekloppte Lohnsenkung kommen! Erklären Sie mir das!“ „Wenn man die Löhne jetzt senkt, dann muss man doch die Renten später nicht mehr senken. Verstehen Sie?“ „Was ist denn das für eine…“ „Verstehen Sie das nicht?“ „Wieso überhaupt eine Lohnsenkung?“ „Weil, wenn Sie jetzt die Löhne senken, beispielsweise auf nicht unter 43 Prozent, dann müssen Sie die Renten später überhaupt nicht senken. Sie können die Renten dann sogar erhöhen auf 100 Prozent.“ „Welches Milchmädchen hat Ihnen das denn ausgerechnet!?“ „Rechnen Sie doch mal nach: 43 Prozent von 100 Prozent sind? Na?“ „43 Prozent.“ „Eben, und 100 Prozent von 43 Prozent sind 100 Prozent.“ „Aber doch nur von den 43 Prozent.“ „Macht nichts, dafür müssen Sie eben die Renten nicht mehr senken.“ „Was soll das denn bringen?“ „Dann werden die jetzigen Arbeitnehmer sich viel leichter an die niedrigen Renten gewöhnen, weil sie wissen, dass es im Alter auch nicht mehr gibt.“ „Das ist doch Unsinn – wer bezahlt denn den jetzigen Rentnern die Renten?“ „Die jetzigen Arbeitnehmer.“ „Von den 43 Prozent?“ „Immerhin haben die jetzt schon 100 Prozent von 43 Prozent. Von mindestens 43 Prozent.“

„Hören Sie mal, das ist ja alles gut und schön, aber Sie vergessen doch, dass 43 Prozent Lohn bedeuten, die Sozialleistungen werden immer geringer, keiner zahlt mehr ausreichend in die Rentenkasse ein, und dann ist auch gar kein Geld mehr für die Rentner da.“ „Deshalb bekommen die dann ja auch nur 43 Prozent.“ „Aber das bekommen die doch jetzt schon!“ „Wirklich? Ich dachte immer, die Absenkung sei erst später vorgesehen?“ „Meine Güte, Sie sind schwer von Begriff – das ist doch deshalb, weil die jetzige Generation nicht stark genug ist, für die Generation der Rentenempfänger die vollen Rentenbezüge zu erwirtschaften.“ „Und deshalb wollen wir die ja auch senken, richtig?“ „Genau.“ „Und warum machen wir das nicht mit den Löhnen.“ „Warum, verdammt, mit den Löhnen?“ „Dann kann man doch über das Lohnabstandsgebot die Sozialleistungen kürzen und hat wieder mehr Geld für die Rente.“ „Und die jetzige Generation würde mehr vom Staat kriegen?“ „Und die Löhne sinken, und wir haben weniger Arbeitslose, der Wirtschaft geht’s gut, und dann sind die Rentenkassen wieder so voll, dass wir…“ „Halt, ich hole eben was zum Schreiben. Der Plan ist genial, das müssen wir machen. Diesmal stimmt es wirklich.“ „Was?“ „Die Renten sind sicher!“


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4 responses

31 10 2012
George

Bei der Umlage wurde nicht berücksichtigt, daß sich es sich z.B. querstellen könnte wenn man sich nur noch zum Spaß flachlegt.

31 10 2012
bee

Das muss so. Wir hatten noch so viele statistische Werte herumliegen, die mussten alle noch mit rein in die Konstruktion, um das Gegenteil von dem zu beweisen, was die… Wie war noch mal die Frage?

31 10 2012
George

Äh, hab ich auch vergessen, aber das muß wohl so… Schokolade gefällig?

31 10 2012
bee

Bevor ich auf Ihre Frage antworte, lassen Sie mich noch Folgendes sagen:

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