In bester Verfassung

3 12 2012

„Die kommen durch.“ „Sie meinen mit dem NPD-Verbot?“ „Nee, ich meine die CDU?“ „Wollen die denn die NPD verbieten?“ „Ist noch nicht raus, aber darum geht’s ja gar nicht.“ „Wollen Sie die NPD verbieten?“ „Darum geht’s nicht.“ „Wer will denn die NPD verbieten?“ „Alle. Aber das ist momentan zweitrangig.“ „Wen wollen Sie denn verbieten?“ „Die CDU. Aber die kommen bestimmt wieder mal durch.“

„Sie wollen die CDU verbieten? Sind Sie noch ganz bei Trost?“ „Ja, ich hatte mir da auch schon so meine Gedanken gemacht – es gibt ja durchaus auch vernünftige Argumente dagegen.“ „Quatsch, das ist doch keiner Diskussion wert!“ „Sagen Sie. Aber dagegen spricht, dass das wieder einen Märtyrereffekt gäbe. Dann wird die Union zum Sammelbecken der ganzen Unzufriedenen, die ihre Unfähigkeit auf ein populistisches Wahlprogramm projizieren und…“ „Jetzt nehmen Sie doch endlich Vernunft an!“ „Sie kommen mir bestimmt wieder mit den typischen Argumenten.“ „Als da wären?“ „Man darf doch diesen Gruppierungen nicht immer mit Gewalt begegnen, die fühlen sich am Ende noch im Recht. Man muss sich politisch mit denen auseinandersetzen, dann merkt die Bevölkerung, dass das nicht mehr als Heißluft ist, was die da von sich geben.“ „Klar, man darf denen keinen Fußbreit überlassen, den Anfängen wehren und so. Ich finde ja, das wird auch oft total überbewertet……“ „Sie scheinen sich kein Bild zu machen von der Situation im Land. Laut den letzten Umfragen haben 38 Prozent der Wähler ein geschlossen christdemokratisches Weltbild!“

„Und jetzt wollen Sie so einfach die CDU verbieten lassen? Als ob es da nichts Wichtigeres gäbe!“ „Was denn?“ „Was meinen Sie gerade?“ „Na die NPD, die soll man doch mal…“ „Was ist das denn für eine bescheuerte Argumentation? Wir haben so große Probleme mit der Arbeitslosigkeit, wir können uns gerade nicht um die Umwelt und den Straßenbau kümmern?“ „Es wird doch nichts besser, wenn man die CDU verbietet.“ „Woher wissen Sie das? Haben Sie es schon ausprobiert?“ „Nein, aber das wird doch sowieso nichts.“ „Aha, und das wissen Sie auch vorher?“ „Wenn das möglich wäre, warum hat es denn dann noch keiner gemacht?“ „Weshalb hat denn dann noch keiner die NPD verboten? Weil sich alle beim letzten Versuch so sicher waren, dass es klappt, haben Sie es gar nicht erst zum zweiten Mal gemacht?“

„Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings hohe Hürden ein Parteiverbot gestellt.“ „Lassen Sie mich raten, es geht um die freiheitlich-demokratische Grundordnung?“ „Es muss eben in den Grenzen der Demokratie vor sich gehen.“ „Die NPD bewegt sich eher in den Grenzen von 1937.“ „Wie wollen Sie denn damit die CDU beseitigen?“ „So, wie die CDU die FDGO beseitigt.“ „Das ist Ihre Privatmeinung.“ „Ach? Dann lesen Sie mal vor, was die Verfassungsrichter als Demokratie ansehen.“ „Sämtliche Einzelheiten?“ „Sämtliche.“ „Na gut, auf Ihre Gefahr. Die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten.“ „Nehmen sie die Debatte um die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften im Steuerrecht.“ „Volkssouveränität.“ „Die Farce um das Wahlrecht.“ „Die Gewaltenteilung.“ „Die Kanzlerin umgeht den Bundestag, wo immer ihr Finanzminister es anordnet.“ „Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber dem Parlament.“ „Sie stottern wohl.“ „Das hätte ich mir ja denken… ach, egal. Bindung der Verwaltung an die Gesetze.“ „Durchaus, beispielsweise bei der Grundsicherung, beim Wahlrecht oder bei Asylbewerbern. Da war die Regierung so an die Gesetze gebunden, sie hat sie sich vorsichtshalber vom Verfassungsgericht diktieren lassen.“ „Unabhängigkeit der Gerichte.“ „Mollath.“ „Mehrparteiensystem.“ „Wenn Sie heute nicht dasselbe sagen, was die CDU sagt, fliegen Sie sofort aus der SPD.“ „Chancengleichheit für alle politischen Parteien.“ „Wann haben Sie das letzte Mal ZDF geguckt?“ „Und das Recht auf die verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition.“ „Das können Sie erst recht vergessen. Wenn Sie heute in der Opposition sitzen, werden Sie von der Kanzlerin zum Mitregieren gezwungen. Ob Sie wollen oder nicht. Für richtige Opposition ist höchstens noch in der FDP Platz.“

„Ich verstehe es nicht, wie wollen Sie denn die CDU verbieten? Die machen doch gar nichts.“ „Nee, die regieren nur. Und Deutschland ist in bester Verfassung, wenn die Regierung sie nicht nebenbei abgeschafft haben sollte.“ „Wir haben ja schließlich auch noch EU-Vorschriften. Gibt es eine dringende gesellschaftliche Notwendigkeit, die CDU abzuschaffen?“ „Die CDU sieht es wohl gerade als ihre dringende Notwendigkeit, die Gesellschaft abzuschaffen.“ „Eine Partei, die man verbieten will, muss doch aber eine unmittelbare Gefahr für die Demokratie darstellen.“ „Da reicht es ja, wenn sie marktkonform ist.“ „Die Partei? oder die… ach, egal.“

„Nein, ich sehe schon, es wird nichts. Die kommen durch.“ „Und jetzt wollen Sie untätig zusehen, wie diese Regierung das Land an die Wand fährt, die Renten zerstört, die Wirtschaft und den Euro?“ „Ist doch wohl auch besser so.“ „Wie bitte!? Sie lassen das einfach so zu?“ „Wissen Sie, man muss so eine Partei populistischer Brüllaffen dulden. Da weiß man wenigstens, wo die sitzen. Und dass sie noch nicht in den Untergrund gegangen sind.“