„Hier kommen die gelben Pullis von Genscher hin, und dann könnten wir in die Ecke – nein, haben Sie recht, da drapieren wir Möllemanns Fallschirm. Da wissen die Besucher nicht nur sofort, dass sie im FDP-Museum sind. Da wissen sie auch, warum.
Richtig, ein FDP-Museum. Öffentlich gefördert. Gedenkkultur, Sie wissen schon. Die paar Räume hier in Mitte kommen uns als Steuerzahler letztlich preiswerter, als wenn wir die Liberalen noch länger mit durchs Parlament schleifen. Und ist ja auch ganz nett für Touristen. So ein bisschen Langeweile und das Gefühl, im Staub der Geschichte zu laufen.
Man kann die ja nicht alle ins Europaparlament schicken, wo kriegt man auf die Schnelle so viele Doktortitel her? In die Asse? Jeder nur ein Fass? Doch, das klingt schon besser. Rechnet sich aber auch nicht. Nein, dann lieber dies Museum hier. Das hat auch seine Vorteile. Sie müssen dann in zehn Jahren nicht mehr alles aus dem Archiv kratzen. Falls mal einer von denen Bundespräsident werden sollte, weil der CDU die Marionetten ausgehen. Da können Sie dann alles hier nachschlagen, Gründung und Geschichte und wer wann wo versagt hat, und Sie brauchen keine Angst zu haben, dass plötzlich Akten verschwunden sind.
Oder den Fallschirm doch lieber in die andere Ecke. Zu den Flugblättern. Man muss den Leuten ja auch mal was Plattes bieten, oder?
Wenn Sie mich fragen, daran sind die selbst schuld. Schlafkrankheit. Das haben die vermasselt. Plötzlich sitzen sie auf der Regierungsbank und stellen fest, dass sie auf der Regierungsbank sitzen. Da kann man ja mal aufwachen. Aber wenn man dann auch noch so einen Vizekanzler stellt, der meint, Regieren sei wie Parteivorsitz, nur ohne jährliche Neuwahl –
Hier sind die Porträts der Vorsitzenden. Stellen Sie die mal an die Wand, ja? Alle an die Wand stellen, erstmal, dann schauen wir weiter. Das muss den passenden Rahmen haben, aber dann hier: das sieht doch nicht aus! Rösler, viel zu blass. Gut, hängen Sie sie auf. Nach rechts? natürlich nach rechts, ist doch die logische Entwicklung, oder? Aufhängen. Da an die beiden – da bringen Sie die um die Ecke, verstanden? Die einen sind die einen, dann kommen die Übergangsvorsitzenden, bis Kinkel, dann kommen die Unter… – Festnageln! Klappt nicht? Ja, liegt bei Westerwelle am Format. Beziehungsweise, dass er eben keins… – Bis ganz rechts durch. Und hier noch etwas weiter, so, und dann am Ende den Rösler. Da brauchen Sie dann auch keine große Leuchte mehr. Für Rösler eh überflüssig, den muss man nicht in so strahlendem Licht erscheinen lassen, das finden die Leute nur übertrieben.
Das ist noch der alte Feuerlöscher, und den Verbandskasten hier hatten wir von den Regionalversammlungen. Da kam es ja öfter mal zu Handgreiflichkeiten, weil sich die Abgeordneten nicht einigen konnten, wer früher rausfliegt. Ist zwar im Endeffekt völlig egal, aber vielleicht will einfach keiner dabei gesehen werden, wie er als Letzter das Licht ausmacht.
Kommen Sie mal mit rüber, hier ist unser Kuriositätenkabinett. Wie, Merkel? Sie haben da was nicht richtig verstanden. Exponate von höchstem Interesse. Koch-Mehrins Doktortitel, Niebels Teppich, und hier: sämtliche Autofabriken, die Brüderle gerettet hat. Toll, nicht wahr? Ja, so reagieren die meisten Besucher. Warten Sie erstmal, bis wir die beiden Lampen da in Betrieb genommen haben, dann sieht das gleich ganz anders aus.
Wir hatten das hier als Arbeitsbeschaffung geplant, damit nach der Wahl nicht so viele Abgeordnete stellungslos sind. Das wird durchaus interessant, weil viele der FDP-Mitglieder dann das erste Mal im Leben Kontakt mit dem sozialen System bekommen. Vorher kannten die meisten das ja nur aus dem Wahlkampf und vom Kaputtmachen. Und jetzt werden sie angenehm überrascht sein, dass es das noch gibt: seinen Lebensunterhalt von der Solidargemeinschaft finanzieren zu lassen, ohne dass es einer besonderen fachlichen Qualifikation dazu bedürfte. Also quasi wie eine Stelle in Niebels Ministerium. Nur diesmal eben legal.
Nehmen Sie einen von diesen Buttons. Dies Westerwelle-Ding mit ‚Spätrömische Dekadenz‘ läuft ganz gut. Oder ‚Steuern runter für die Oberschicht‘. Das übliche Merchandising eben. Ohne geht’s ja nicht, und das war auch so gewollt. Je mehr Privatisierung, desto besser läuft ja der Laden. Abgesehen von den Fördergeldern aus Steuermitteln.
Meine Güte, es ist eben nicht besonders gemütlich hier. Ist schließlich aus Restbeständen, da muss man schon mal Abstrichen machen. Sich mehr einsetzen? wie soll ich das denn bitte verstehen? Hier, die Schuhe mit der 18, der Hammer, und der Original-Frosch von Röslers Parteitagsrede (der hat Röslers Gesicht, drücken Sie mal drauf), was erwarten Sie denn noch? Das komplette Big-Brother-Studio mit Guidomobil ist doch schon unten im Hof, haben Sie das etwa gar nicht gesehen? Natürlich setzen wir uns ein – mehr ist eben nicht drin. Und wir bekommen doch die Exponate schon freiwillig von der Partei geliefert, damit sich überhaupt einer von denen um die PR kümmert. Meinen Sie denn, die ließen Guidos Prozentlatschen freiwillig bei sich stehen!?
Also dann, wir haben ja noch ein paar Tage bis zur Eröffnung. Kommen Sie mal vorbei, wenn Sie gerade in der Gegend sind. Übrigens, gegenüber ist noch was frei. Wollen Sie da nicht eine Filiale aufmachen für die SPD?“
Satzspiegel