„Woran man unsere Mitarbeiter erkennt? Wir legen Wert auf ein einwandfreies Erscheinungsbild. Unsere V-Leute gehen nie ohne einen ordentlichen Haarschnitt ins Stadion. Und nie ohne bengalische Fackeln.
Sehen Sie, man muss heute überall für höchste Sicherheit sorgen. Das ist eine Herausforderung für erfahrene Profis, die ihr Handwerk wirklich verstehen. Trotzdem beteiligt sich das Bundesamt für Verfassungsschutz an den Aufgaben. Wir wollen die Kollegen ja nicht im Regen stehen lassen.
Das entstand eher so durch Synergieeffekte. Im Bundesinnenministerium arbeiten die Abteilungen meist recht eng zusammen, und für Randbereiche wie Sport und Extremismusbekämpfung – die kümmern sich jetzt gemeinsam um die Ruderer, wussten Sie schon? – gab’s nur einen gemeinsamen Papierkorb. Da kommt man sich halt rasch näher, und dann erkundigt man sich, was der andere so tut, und aus den Erkundigungen entsteht eine lockere Zusammenarbeit, dann werden Stellen gestrichen, und dann kümmern sich Leute um Dinge, die sie vorher nur aus dem Mülleimer kannten.
Sicher, das ist schon ein schwieriger Bereich. Das mit dem Fußball ist ja auf Dauer torgefährlich. Nein, anders. Gefährlich, weil hier jede Menge Toren herumlaufen. Aber wir sehen das positiv. Wenn wir V-Leute als Fußballfans einsetzen, dann haben wir sie wenigstens aus dem Nazisumpf herausgeholt. Das ist doch auch schon ganz schön.
Außerdem erfordert das ein gewisses Maß an Logistik. Schauen Sie, Klopapier, Feuerzeuge, das muss ja alles irgendwie ins Stadion gebracht werden. Die Feinabstimmung, wer jetzt sein Bier trinken darf und wer laut Spielplan den Becher als Wurfgeschoss zur Verfügung zu stellen hat – das erfordert eine lückenlose Dokumentation, und das muss ja ordentlich mit den anderen Behörden abgesprochen werden. Stellen Sie sich mal vor, da wird ein Becher nicht abgegeben, das Pfand wird nicht wieder ausgezahlt, und dann kann der V-Mann keinen steuerlich absetzbaren Eigenbeleg vorweisen, weil ihm die Quittung aus Versehen in den Schredder gefallen ist! Unhaltbare Zustände! Da gehen Ihnen, da gehen dem Steuerzahler zwei Euro einfach so verloren! Und dann regen sich alle wieder auf, dass wir die Krise nicht in den Griff kriegen!
Natürlich der enge Kontakt zu den Vereinen, der ist da schon auch sehr wichtig. Das erfordert dann ein gewisses Fingerspitzengefühl, man muss da sehr sensibel sein. Wenn der Trainer da den Spieler rausnimmt, und der stellt einen Neger auf den Platz, da muss man doch auch Bananen vorrätig haben. Deshalb müssen wir ja im Vorfeld sehr genaue erkennungsdienstliche Maßnahmen zur Durchführung bringen, damit wir die Zusammensetzung des Kaders observieren können. Wenn da Gomez aufläuft und einer wirft dem Apfelsinen zu, das wird doch peinlich!
Es ist auch nicht immer so einfach, wie Sie sich das vorstellen. Natürlich der Schichtdienst. Man ist ja nicht immer nur bei den Bayern oder in Fürth, man wird auch manchmal nach Dresden geschickt. Für V-Männer ist das zwar nicht ganz so schlimm, die haben da halt auch so immer mal wieder zu tun, aber schön ist da ja trotzdem nicht.
Wie Ballack damals den Syndesmosebandanriss hatte, das war ja ’ne ganz harte Nummer. Klar, es passieren schon mal Fehler im Arbeitsalltag. Da observieren sich zwei Leute gegenseitig, und der Mitarbeiter im Bundesamt merkt das erst nach zehn Jahren. Oder Sie stellen einen ein, der sich als Nazi zu erkennen gibt, und dann stellen Sie irgendwann fest, der ist ja tatsächlich einer. Das ist richtig schiefgelaufen, und wir haben uns bis heute nicht einmal entschuldigen können. Sie wissen schon.
Das mit den Wetten waren wir aber nicht. Mit Führungszirkeln haben wir so unsere Probleme, müssen Sie wissen. Organisiertes Verbrechen erkennen, das hat bis jetzt immer noch irgendwie geklappt. Manchmal schon nach wenigen Jahren. Aber man muss ja genug Personal haben, um diese verbrecherischen Organisationen auch komplett unterwandern zu können. Wir hatten die Wahl: NPD oder DFB. Naja, hinterher ist man immer schlauer.
Wir müssen uns kontinuierlich verbessern. Die Qualitätskontrolle wird immer wichtiger, deshalb können wir uns nicht mehr so viele Fehler leisten. Pannen? Von den meisten Pannen haben Sie gar nichts erfahren, weil es gar keine Pannen gab. Beispielsweise die Akten über Fußballspieler. Es hat da nie ein Outing gegeben, und das lag daran, dass die Akten, die gar nicht existiert haben, nun an einem sicheren Ort lagern und so gut wie nicht mehr aufzufinden sind. Wir wissen jedenfalls nicht, wo die sich befinden. Und wir kriegen sonst alles raus. Aber Sie müssen deshalb nicht jeden kleinen Zwischenfall auf den Verfassungsschutz schieben. Wir sind hier doch nicht beim TuS Celle.
Spezialaufgaben, so würde ich das nennen. Im weiteren Sinne. Wenn Sie rausfinden wollen, wer wem die Cornflakes gedopt hat. Oder wenn Sie wollen, dass wir jemandem die Cornflakes dopen. Weil wir das meistens auch irgendwann rausfinden. Oder wenn Theo Zwanziger wieder ein Buch schreibt. Das sind Herausforderungen, denen wir uns stellen. Da sind wir gut. Ultragut. Wie, dass Schalke Meister wird? Also hören Sie mal – alles können wir ja nun auch nicht!“
Satzspiegel