Gernulf Olzheimer kommentiert (CLXXXII): Öffentlich-private Partnerschaften

1 02 2013
Gernulf Olzheimer

Gernulf Olzheimer

Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.

Still ruhte der See, wenn die Fischer ihre Netze eingeholt hatten. Doch kaum fand sich ausreichend Personal, um den Tümpel in Schuss zu halten. Ngg und seine Sippe hatten mit dem Mammutzuchtamt genug am Hals, die Jagd- und Sammelstelle Ost bekam kaum Auszubildende, es war ein Graus. Doch in der freien Wirtschaft, da warteten die Arbeitskräfte. Fachwissen hatten Rrt und seine Brüder, ordentlich Kapital, dicke Pelze, geräumige Eigentumshöhlen – soll man den gesellschaftlichen Aufsteigern nicht vertrauen, wenn Kompetenz für organisatorische Aufgaben gefragt war? Sie gründeten die erste öffentlich-private Partnerschaft, und genau das war das Problem.

Der Teich versandete, während die Fischpreise in astronomische Höhen kletterten. Aus der trüben Brühe kam nichts Gutes mehr, gleichfalls hatte sich der Höhenzug am großen Fluss für etliche Monde verpflichtet, den Fischfangfuzzis Muscheln und Eberzähne zu liefern, von den Frauen ganz zu schweigen. Hierin zeigte sich bereits gleichnishaft die Dämlichkeit des Hominiden, alle Probleme mit der Methode zu lösen, mit der man noch alles in die Grütze geritten kriegt: großzügig die Moneten aus dem Fenster schlenzen und auf jeden vertrauen, der vollmundig das Blaue vom Himmel verspricht. Hat schließlich schon immer funktioniert. Differenzierte Modelle wie Sale-and-Rent-Back – ich verkaufe zum Schleuderpreis meiner Oma ihr klein Häuschen, damit mich die Wuchermiete innerhalb kürzester Zeit in die Insolvenz reitet – perfektionieren die Denkschwäche, die auf dem Mythos neoliberalen Geisterglaubens beruhen und auf der Zwangsvorstellung, eine öffentliche Körperschaft lasse sich steuern wie die schwäbische Hausfrau. Oder umgekehrt.

Dass die Angelegenheit dem gesunden Menschenverstand spottet, merkt der kognitiv suboptimierte Gesellschaftsteilnehmer spätestens bei der freundlichen Übernahme des Eigentums in wohlmeinende Privatpranken. Jeder Nappel kauft heute sein Zeugs auf Pump, warum nicht auch die öffentlich geförderten Grützbirnen? Shoppt der durchschnittliche Arbeitnehmer selten komplette Verkehrsverbünde, Wasserwerke oder Autobahn-mit-Überwachungskamera-Pakete, so freut sich der geneigte Privatinvestor – meist im persönlichen Umfeld von Führungsbeamten aufgegriffen und nur aus Zufall im Aufsichtsrat einer ad hoc aus dem Bodenbelag geschwiemelten GmbH – über das in seinen finanziellen Rückhalt gesetzte Vertrauen. Praktisch, dass der öffentliche Partner der Made im Wundrand zu lächerlichen Konditionen die Kohle für den Kredit ins kariöse Maul stopft, wohl wissend, dass im Falle des Falissements der Sugardaddy die Früchte des Zorns ernten wird.

Selbstredend finden in den Büchern der privaten Gesellschaften regelmäßig Friseurmeisterschaften statt. Noch jedes örtliche Projekt wird plötzlich um die Hälfte teurer, weil aus reiner Gewohnheit die Personalkosten im Paralleluniversum versuppten. Keiner konnte den Bau einer Kathedrale aus zwei Eimern Mörtel und einer Tüte Bimsstein mit zwölf Mann in zehn Minuten begreifen; das heißt, sie haben den Krempel johlend abgezeichnet, das Bewusstsein erlangten sie wieder, als drei Jahre später ausufernden Nachzahlungen zum Trotz die Mörteleimer in der Landschaft herumstanden wie eh und je. Der Abbau der Verwaltungsinfrastruktur geht mit Privatisierungen Hand in Hand, und das geschieht nicht eben zufällig. Schließlich sind es die fehlenden Kräfte, die auf beiden Ohren pennen und sich einen feuchten Fisch um die Regeln des Rechtsstaats kümmern. Der aber rückt nur neue Kohle raus, zu mehr kommt er nicht.

Und genau daran entzündet sich der Konflikt, den der unverbildete Hohlpflock hätte erkennen können. Die öffentliche Hand sucht den Ausgleich, folglich nivelliert sie die Kosten. Der Unternehmer jedoch maximiert den Gewinn; wo er ein Monopol wittert, streckt er den Brei bis zur Ungenießbarkeit und zwiebelt gleichzeitig den Preis nach oben. Beides zu vereinen in einem Geschäftsmodell ist der Versuch, eine Schafherde von Wölfen bewachen zu lassen. Das Gemeinwohl der Lämmchen spielt unter zwanghafter Schnörkelanwendung eine Rolle in den allgemeinen Geschäftsbedingungen, kaum aber in den Arbeitsverträgen der Schafe. Wer sich nicht freiwillig fressen lassen will, hat in dem Business nichts verloren und wird auf jeden Fall verputzt. Dass dazu das Vertragswerk vollständig in der Versenkung verschwindet, spottet jeder Beteiligung des öffentlichen Sektors. Weiß das Volk nicht mehr, bis zu welchem Grad es von den Parasiten über den Tisch gezogen wird, so gibt es meist nur eine Lösung: die Rückeroberung des öffentlichen Interesses, um die Ressourcen und die dafür angebotene Leistung in Einklang zu bringen.

Hätte sich Ngg durchgesetzt, es wäre wieder Leben im See. Die Fischlein schwimmen, das Wasser perlt, und von Zeit zu Zeit knabbert eine Muräne an Rrt und seinen Brüdern, wie sie auf dem öffentlichen Grund stehen, dem Gemeinwohl verpflichtet, ganz entspannt in ihren Betonschuhen.