„Das hatte ich jetzt nicht verstanden: die FDP mag keine Chinesen? Oder mögen sie nur keine, die wie Chinesen aussehen?“ „Sie mögen keine, die keine mögen, die wie Chinesen aussehen.“ „Aber man darf Chinesen nicht mögen?“ „Das entzieht sich meiner Kenntnis. Bisher war kein Chinese Vorsitzender der FDP.“
„Irgendwie verstehe ich auch diese ganze Debatte nicht.“ „Wie schade, dabei ging es doch um Verständnis.“ „Ich dachte, es ginge um Akzeptanz?“ „Naja, ist doch fast dasselbe.“ „Also verstehen die Deutschen, dass die FDP einen Vorsitzenden hat, der asiatisch aussieht?“ „Müssen sie wohl. Wenn sie Augen im Kopf haben, werden sie es früher oder später schon merken.“ „Und dann liegt es wohl an der Akzeptanz?“ „Das ist der Punkt.“ „Die FDP wird also nicht mehr akzeptiert, weil sie einen asiatisch aussehenden Vorsitzenden hat.“ „So sagt es zumindest die FDP.“ „Das hieße dann im Umkehrschluss, ohne diesen asiatisch aussehenden Vorsitzenden würde die FDP wieder akzeptiert?“ „Das ist eine steile These.“ „Aber die FDP sagt ja, die Leute würden die FDP wohl akzeptieren, sich aber über den Chinesen beschweren.“ „Was ziemlich sinnlos ist.“ „Weil der Vorsitzende kein Chinese ist, richtig?“ „Quatsch, weil das nichts mit Akzeptanz zu tun hat.“ „Weil sie sich über den Chinesen beschweren, der kein Chinese ist.“ „Nein, weil sie Bedingungen stellen. Die typische Rhetorik der Braunen: sie haben nichts gegen Ausländer, solange die im Ausland bleiben.“
„Jetzt ist das natürlich eine schwierige Sache.“ „Warum?“ „Man kann die FDP nicht unbedingt für die Leute verantwortlich machen, die ihr mit mangelnder Akzeptanz begegnen.“ „Man kann die FDP allerdings für die verantwortlich machen, die ihr mit mangelnder Akzeptanz begegnen, obwohl sie als potenzielle Wähler vorgesehen waren.“ „Und das waren die?“ „Warum bedauert die FDP wohl, dass die Leute meinten, sie würden sie wählen, sobald der Chinese weg wäre?“ „Es stört sie doch aber, dass die den Chinesen weg haben wollen.“ „Es stört die FDP vor allem, dass sie deshalb weniger Wähler hat.“ „Will denn die FDP diese Wähler überhaupt?“ „Das ist nur eine Frage.“ „Und die anderen?“ „Die nächste Frage: wenn ja, warum? und wenn nicht, warum biedern sie sich so an bei ihnen?“ „Naja, es sind halt Liberale.“ „Dann stellt sich trotzdem die Frage: wenn sie Wähler akzeptieren, die sie wählen würden, sobald sie einen asiatisch aussehenden Vorsitzenden nicht mehr zu akzeptieren bräuchten, was trägt das zur Akzeptanz bei?“
„Könnte es nicht sein, dass die FDP nicht ganz besonders sensibel…“ „Es darf gelacht werden.“ „… auf gesellschaftliche Veränderungen reagiert?“ „Da stimme ich Ihnen durchaus zu. Genau so sensibel haben ja Sarrazin und seine Volksgenossen die Zeichen der Zeit aufgenommen.“ „Sie haben immerhin Westerwelle in Schutz genommen.“ „Sie haben der Öffentlichkeit pauschal eine homophobe Gesinnung unterstellt, weil der Freizeitgoebbels mit seinem Gepöbel gegen Arbeitslose nicht die erwünschte Resonanz erhielt.“ „Was ist daran verkehrt, Homophobie zu kritisieren?“ „Was ist richtig daran, Homophobie zu instrumentalisieren, um ein Totschlagargument aus Schmierkäse daraus zu schnitzen?“ „Warum sollte man Homophobie sonst thematisieren?“ „Aus dem Grund, aus dem man Ausländerfeindlichkeit und ähnliche Formen der Intoleranz sonst auch thematisiert: um sich mit den Inhalten der Debatte nicht auseinandersetzen zu müssen.“ „Es ist also egal, ob die Wähler den Chinesen akzeptieren?“ „Es ist auch egal, wenn sie ihn nicht akzeptieren.“ „Na, das sind ja vielleicht Schlitzohren!“ „Eher Schlitzaugen.“
„Jetzt wäre natürlich noch zu fragen: wäre diese Debatte nicht trotzdem nötig?“ „Warum muss man sie an dieser Stelle vom Zaun brechen?“ „Wo sollte man das denn tun?“ „Da, wo sie nötig ist. Hat irgendjemand bei Edathy, Özdemir und Chatzimarkakis nach dem familiären Hintergrund gefragt?“ „Gab es bei denen einen Grund?“ „Gibt es den bei Rösler?“ „Er ist immerhin Parteivorsitzender.“ „Das ist Özdemir auch.“ „Aber es scheint ja Wähler zu geben, die einen solchen Hintergrund nicht tolerieren.“ „Es scheint eine Partei zu geben, denen diese Toleranz gegenüber den Intoleranten wie gerufen erscheint, um sich in der Debatte nach vorne zu drängeln.“ „Die FDP hat sich auch erst über den Sexismus beklagt, als klar wurde, dass sie selbst an vorderster Front sexistisch ist.“ „Deshalb beklagt sie sich ja auch so lautstark über den Rassismus.“
„Wir müssen es wohl eingestehen: diese Partei hat noch immer einen Trumpf im Ärmel.“ „Höchstens einen Haider in der Hosentasche.“ „Aber glauben Sie, dass die FDP mit solchen Manövern tatsächlich am rechten Rand Wähler fischen kann?“ „Da diese Wähler für die Partei gar nicht dämlich genug sein können, würde ich den Verdacht nicht von der Hand weisen.“ „Mal so gefragt, wie viel Toleranz brauchen wir eigentlich für diese Debatte?“ „Mal anders gefragt: wie viel Toleranz brauchen wir eigentlich für die FDP?“
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