Scheißverein

20 02 2013

„Er hat was gesagt!?“ „Sie haben ganz richtig gehört.“ „Unglaublich.“ „Aber wahr.“ „Dass Mappus das gesagt hat?“ „Nein, dass die CDU ein Scheißverein ist.“

„Kann der Mann sich nicht ein einziges Mal am Riemen reißen?“ „Sie tun ja so, als käme das für Sie überraschend.“ „Dass Mappus das gesagt hat?“ „Nein, dass die CDU so heftig darauf reagiert. Wenn sie jedes Mal so ein Theater veranstalten würden, wenn Seehofer…“ „Den kann man doch nicht ernst nehmen.“ „Mappus auch nicht.“ „Aber der hat schließlich die ganze Partei beleidigt und nicht bloß die Regierung.“ „War das nicht zu erwarten?“ „Dass Mappus sich gerne mal vergreift, ist nichts Neues.“ „Ist das seiner Wut geschuldet?“ „Nein, lediglich seinem Charakter.“

„Trotzdem fühlt er sich der Union verbunden.“ „Was kein Wunder ist, sie hat ja einen Politiker wie Mappus erst hervorgebracht.“ „Dann wundert mich diese plötzliche Kehrtwende. Eben noch haben sie alles für den Ex-Ministerpräsidenten getan, Akten verschwinden oder dort auftauchen lassen, wo sie nicht hingehören, und jetzt lassen sie ihn fallen. Einfach so.“ „Das zeugt vom miserablen Charakter der CDU. Raten Sie mal, warum sich der Herr der Wasserwerfer nicht freiwillig von dieser Partei wird trennen können.“ „Sie halten das für eine unglückliche Beziehung?“ „Durchaus, aber die CDU scheint die Scheidung eingereicht zu haben.“ „Er will also nicht loslassen.“ „Eine Sache, die Sie bei Politikern immer wieder konstatieren werden, vor allem nach verlorenen Wahlen.“

„Was jetzt interessant wird: die Partei war bestens informiert über die Geschäfte des Dicken.“ „Selbstverständlich.“ „Und sie haben ihn alle machen lassen.“ „Aber sicher doch.“ „Da gab es keine Spur von Unrechtsbewusstsein!“ „Warum denn auch?“ „Warum wollen sie ihrem ehemaligen Primus denn jetzt den Stuhl vor die Tür stellen?“ „Weil er die CDU als Scheißverein bezeichnet hat.“ „Das ist doch keine Entschuldigung.“ „Hauk und Strobl waren in alle Details eingeweiht.“ „Und jetzt wollen sie Mappus raushaben, weil er sich so schrecklich undankbar zeigt?“ „Nein, weil er ungefragt die Wahrheit ausspricht.“ „Ich bitte Sie! Mappus konnte doch gar nicht wissen, dass seine Parteifreunde das auch alles wussten.“ „Richtig, er wusste nur, dass der Vorsitzende seines Untersuchungsausschusses alles wusste.“ „Sonst wäre der nicht sein Parteifreund.“ „Sonst wäre der vor allem nicht Vorsitzender im Untersuchungsausschuss.“

„Ganz ehrlich, ich verstehe das nicht mehr.“ „Sie meinen, Sie wissen nicht, wer da angefangen hat?“ „Nein, ich weiß nicht, warum sich die CDU so verhält.“ „Weil man das bei denen so macht. Denken Sie an Barschel. Alle haben ihm die Stange gehalten. Sie haben ihn erst fallen gelassen, als er nicht mehr zu halten gewesen war – und von da an haben eine Menge Christdemokraten entdeckt, dass sie ihn im Grunde schon immer hatten loswerden wollen.“ „Was hat das mit Barschel zu tun, dass die CDU im Ländle rückhaltlose Aufklärung verspricht und hinterher noch eine Extraschicht Filz über das Geschehene breitet?“ „Sie haben recht, das hat gar nichts mit Barschel zu tun. Höchstens mit Koch.“

„Allerdings steht jetzt zu fragen, warum sie Mappus so schnell loswerden wollen.“ „Es steht zu befürchten, dass ein Schaden eintritt.“ „An der Demokratie?“ „Sie Witzbold, an der CDU natürlich.“ „Aber Strobl sagt doch, Mappus habe nicht das Demokratieverständnis der restlichen CDU gehabt.“ „Was weiß, das ist vielleicht noch beschissener als der Hirnfasching von Mappus.“ „Ist das überhaupt legitim, sich über das Demokratieverständnis eines ehemaligen Ministerpräsidenten zu echauffieren?“ „Ja, ist es. Aber in diesem Fall ist es völlig sinnlos. Wenn Strobl dem Fettsack mangelnde Nähe zur Demokratie vorwirft, dann klingt das, als wollte ein Elefant eine Flunder beleidigen, weil sie nicht so gut fliegt wie er.“ „Immerhin hat Mappus sein Demokratieverständnis hinreichend transparent gemacht: wenn er ein paar Milliarden zu verschenken hatte, dann an der Verfassung vorbei.“ „Eben das ist der feine Unterschied. Ein richtiger Konservativer umgeht das Grundgesetz nicht, er bekennt sich dazu, dass er es beseitigen will.“ „Das hat dann ja gar nichts mehr mit Demokratie zu tun.“ „Das findet man eben nur unter der braunen Masse.“ „Sie meinen die NPD?“ „Nein, Mappus.“

„Was kommt denn jetzt bei der Sache raus?“ „Wenn Sie mich fragen, wird Merkel ihm das volle Vertrauen aussprechen und es wie einen Unfall aussehen lassen.“ „Was hat denn die Kanzlerin mit dieser Flitzpiepe zu tun?“ „Sie ist immerhin die Vorsitzende des Scheißvereins, schon vergessen?“ „Aber doch bloß auf Bundesebene.“ „Ich vergaß, das ist natürlich nicht so wichtig wie in den Landesverbänden.“ „Und warum sollte sie Mappus loswerden wollen? Gehört er etwa zu denen, die ihr irgendwann gefährlich werden könnten?“ „Als Sargnagel durchaus. Schließlich hat sie sich für ihn weit aus dem Fenster gelehnt und den Stuttgarter Tiefbahnhof gegen jedes Anzeichen halbwegs durchschnittlicher Intelligenz verteidigt.“ „Zum Dank dafür tritt er ihr jetzt von hinten ins Knie.“ „Die CDU leugnet bis heute hartnäckig, dass sie die Folgen hätte abschätzen können.“ „Das war auch gar nicht nötig, sie befand sich ja laut Kanzlerin sowieso in Gottes Hand.“ „Und genau da sind wir bei seiner letzten Hinterlassenschaft. Es ist egal.“ „Dass Mappus das gesagt hat?“ „Ob er jetzt aus der CDU austritt oder ausgetreten wird oder bleibt.“ „Sie meinen, er schadet der Partei so oder so?“ „Genau das.“ „Was für ein Scheißverein!“