„Er ist jetzt schon auf einem guten Weg, aber wir müssen noch ein paar – mach Sitz! Sitz, Steinbrück! Aus! Meine Güte, er ist einfach nicht zu dressieren. Ich meine, er ist zu dressieren, aber nicht… Ach, vergessen Sie’s.
Eigentlich ein ganz anständiger Kerl. Bisschen dick, aber groß gewachsen. Da fällt das nicht mehr auf, und irgendwann achtet man auch gar nicht mehr so darauf. Es sei denn, er hat wieder seine komischen fünf Minuten.
Dieses reflexhafte Schnappen, furchtbar. Ganz entsetzlich. Immer dann, wenn wir ihn gerade so weit haben, dass er mal einen Moment lang das Maul halten könnte, zack! legt er wieder los. Es ist zum Kotzen. Nein, wirklich – er sieht gut aus, aber er ist schrecklich ungezogen. So eine Art Macker-Mischung, wissen Sie. Man sieht es nicht, aber es ist eine Menge Schröder drin.
Wie oft habe ich ihm schon gesagt, er soll nicht immer diese Kunststückchen machen. Der Deutsche ist ein einfaches Volk, wissen Sie, der will einen treuen Freund haben, der bei Fuß steht, keinen Akrobatenpudel. Man soll doch die Leute nicht so maßlos überschätzen, die haben bei eine gemeinsame Lösung finden genauso doof genickt wie in diesem, unserem Lande. Da helfen keine Pillen. Einfach mal Sitz machen, Zunge rausstrecken, fertig. Man verschreckt doch die Leute nur. Am Ende will er auch noch witzig sein – das hat sich sogar Schmidt verkniffen, wenn Sie wissen, was ich meine.
Die Gefahr ist doch, er bildet sich ein, dass die Leute das ewig wollen. Das wollen sie vielleicht im Wahlkampf, an diesem Großraumstammtisch für inhaltlich herausgeforderte Privatpolitiker. Da gehen Clowns und Helden ja fließend ineinander über, und jeder wäre eigentlich rechtmäßiger Kanzler, wenn er nicht gerade zum Bundestrainer berufen worden wäre. Aber als Regierungschef auf dem internationalen Gipfel? so einen Knallfrosch? Bloß gut, dass er nicht Vize werden will. Das Kontingent an Freifahrscheinen für deutsche Außenminister ist aufgebraucht.
Wenn er wenigstens auf die einfachste Dressur anschlagen würde. Steinbrück, da! fass die Agenda! Fass! Nichts. Zwecklos. Er macht höchstens beim Mindestlohn mal etwas Männchen, aber das wohl auch nur, weil wir mit Wurst nachhelfen. Ohne Honorar tut er doch gar nichts. Platz! Dies elende Gewinsel, und dann wieder diese Kaltschnäuzigkeit – es ist nicht zu fassen. Man kann ja mit den wildesten Tieren irgendwas anfangen, aber er ist eine Katastrophe. Keine Spur von Charakter.
Instinkt? Sie spaßen wohl! Wenn das Instinkt ist, dann fresse ich einen Besen. Der handelt nicht instinktiv, der folgt nur dem allerersten Impuls. Wenn Sie dem eine Bank zum Retten vorlegen, dann macht er das. Er ist tatsächlich ein Macher. Das völlige Gegenteil von Merkel. Keiner hat ihm nachweisen können, dass er vorher nachdenkt.
Pfui! Aus! Er geht immer ans Kanzlergehalt. Andere lecken sich ihre – aus! Du sollst das lassen! pfui! Manchmal denke ich, dass da etwas dran ist: er hat einfach keine Moral. Er denkt gar nicht in solchen Kategorien, höchstens in persönlicher Eitelkeit, weil die zur Hälfte nicht vom Kopf gesteuert wird. Hier: Waffen für Saudi-Arabien. Was meinen Sie, hat er gemacht? Haben Sie’s bellen gehört? Ich nicht. Mali? Ich auch nicht. Afghanistan? Da gibt er ausnahmsweise mal Ruhe. Zypern?
Den dürfen Sie nicht von der Leine lassen. Stellen Sie sich nur mal vor, Sie haben gerade irgendwo freilaufende Griechen. Oder einen Schweizer. Ich würde es lieber nicht darauf ankommen lassen. Und was die Qualitäten als Haushüter angeht: haben Sie schon mal gesehen, dass er gegen Merkel knurrt? gegen Seehofer? Rösler? Na? Wer braucht denn bitte dieses Sofahündchen? Den können Sie doch nicht guten Gewissens vor die Tür lassen, wenn es regnet. Der könnte ja eingehen.
Früher hätte man sich so einen noch gefallen lassen. Da musste einer vor allem eins sein: laut. Aber wenn die richtige Rasse fehlt, wenn so einer keinen sauberen Stammbaum hat, wenn einer nur laut ist – laut geht ja noch, aber nur provokant? Es geht doch nicht darum, ob man etwas sagt, wann man es sagt, zu wem man es sagt, in welchem Zusammenhang, ob intendiert oder nicht, ob nun bewusst an der falschen Adresse oder unbewusst an der richtigen. Es geht darum, wie man es sagt. Das ist längst wichtiger als die Frage, ob man es überhaupt tut. Weil sich dieses politische Gerede ja längst so weit verselbstständigt hat, dass es mit der Wirklichkeit nur noch in Ausnahmefällen korreliert.
Ganz ehrlich, ich weiß nicht einmal, ob er es nicht darauf anlegt. Wenn er hier im Zwinger bleibt, wird er karg versorgt, kann sich natürlich auch jeden Tag darüber beschweren, und muss doch nirgends anders hin. Er darf immer hier bleiben, er muss nichts Neues lernen. Und keiner wird je erfahren, ob er nicht tatsächlich mit Absicht hier ist. Abgefeimte Strategie, wenn Sie mich fragen.
Lassen Sie es. Nehmen Sie lieber irgendeine Promenadenmischung. Sie sind besser dran damit. Er beißt garantiert die Hand, die ihn füttert.“
Satzspiegel