„Still, Frau Merkel. Einfach mal die Klappe halten. Ganz still. Sonst kann ich die Spitzen hier nicht schneiden. Meine Güte, können Sie nicht einfach mal nichts tun? Das fällt Ihnen doch sonst auch nicht so schwer?
Softe Wellen, Frau Merkel. Ganz soft. Kommt vorne rein und dann hinten wieder raus. Wie die Energiewende. Aber eher die gepflegte Variante. Und dann schneiden wir den Pony da vorne etwas ab, sagen wir mal: fünf Prozent, und dann sieht die Sache gleich viel besser aus. Ach, keine fünf Prozent? Hätte ich mir denken können, Frau Merkel. Hätte ich mir denken können.
Ein anderer Style. Ganz anders. Sie hätten sagen müssen: die oberen zehn Prozent bleiben nicht ungeschoren, Sie haben gesagt: aus Solidarität erlauben wir den unteren neunzig Prozent, die Schulden des obersten Promilles zu begleichen. Das rächt sich.
Wir könnten hier oben natürlich auch etwas kürzen. Sie kennen sich ja damit aus, Frau Merkel. Allerdings kürzen Sie ja nie oben, Sie schneiden ja unten ab, damit es oben schneller nachwächst. Das sieht grauenhaft aus. Das mache ich nicht, auf gar keinen Fall. Nein! Suchen Sie sich doch einen anderen Coiffeur, wenn es Ihnen nicht passt!
Also was jetzt, ab oder nicht ab? Können Sie sich langsam mal entscheiden, Frau Merkel? Wie, beides? Das geht nicht. Hören Sie mal, wir sind nicht in der Politik. Da funktioniert das vielleicht – Sie holen sich einen von diesen südeuropäischen Marionettenregierungen, der tanzt an in Berlin und erzählt Ihnen, wie toll sich das Land entwickelt, mehr als fünfzig Prozent Jugendarbeitslosigkeit, die Renten sind im Eimer und die Gehälter auch, die Wirtschaft verreckt gerade, aber sonst geht’s allen dufte, und weil sie gerade so schön am Sparen sind, dürfen sie noch mehr sparen, und weil’s ihnen damit so gut geht, dürfen sie als Belohnung unter den Rettungsschirm, den sie selbst bezahlen. Und daraus soll ich jetzt einen Haarschnitt machen. Obwohl Sie das selbst viel besser hinkriegen.
Das ist hier hinten etwas widerspenstig, Frau Merkel. Wie Ihre CDU. Schlechtes Management, manche stehen noch aufrecht. Meine Güte, ich kann es doch auch nicht ändern! Sind das meine Haare? Sie sind doch selbst verantwortlich für die Pflege! Was erwarten Sie von mir? Dass ich jeden Tag in der Bundestagsfraktion vorbeikomme und den Leuten den Kopf wasche?
Stillhalten. Ja, da ist ein Wirbel. Da muss ich jetzt ein bisschen frisieren. Sind Sie doch gewohnt, wenn der Schäuble auf Ihnen herumfrisiert, oder? Nehmen Sie’s locker, irgendwann ist er ja auch mal fertig mit dem Bundeshaushalt, da muss man sich halt an anderen Sachen abreagieren. Ach, hat er schon? Na, dann ist ja alles gut. Er hat Ihnen höchstpersönlich eine Frisur entworfen? Das ist ja interessant. Vermutlich ein Schuldenschnitt.
Sie sollten sowieso langsam mal sehen, dass Sie etwas gegen Ihr Doppelkinn unternehmen. Das kommt vom vielen Lügen, Frau Merkel. Den einen wächst die Nase, den anderen hängt das Kinn auf die Knie.
Expressive Farbverläufe gehen dies Jahr. Von Schwarz nach Rot haben Sie schon geschafft. Wir hätten da noch ein nettes Grün im Angebot. Aber bitte ohne Aufheller, Frau Merkel. Man kriegt das mit. Der Rösler hat’s probiert, und jetzt geht er gerade von Gelb nach Kackbraun. Lassen Sie das. Und nein, ich kann das nicht immer wieder überfärben, überfärben und überfärben. Irgendwann fällt’s nämlich auf. Arbeiten Sie gefälligst an Ihren Ausreden, Frau Merkel. Zwei Millionen können nur noch mit Hilfe von Armenspeisungen überleben. Die Leute haben ein Recht, einigermaßen gut belogen zu werden. Sonst werden sie vielleicht bald wütend. Ach ja, es sind zwei Millionen Deutsche, Frau Merkel. Hatte ich vergessen.
Wieso zittern Sie eigentlich, Frau Merkel? Weil Sie Bedingungen stellen? Warum eigentlich? Sie stellen Bedingungen für Zypern, um Geld aus dem Rettungsschirm zu bekommen, und Sie wissen genau: die deutschen Banken zittern mit Ihnen, weil die Kohle sofort nach Deutschland zurückfließt? Sie spielen also, genau genommen, mit den deutschen Banken, oder noch genauer: sie lassen deutsche Investoren Männchen machen? Damit die Spareinlagen, von denen Sie erzählt haben, dass sie sicher seien, nicht plötzlich ganz sicher futsch sind? Ja, da würde ich auch zittern, Frau Merkel. Da würde ich auch zittern.
Wir hatten das schon mal. Deutschland hatte sich da auch gerade mit ein paar Nachbarn wiedervereinigt, wenn Sie sich erinnern. Österreich war dabei. Es gab die, die freiwillig mitmachten, und die, denen wir es zeigen mussten, Frau Merkel. Sie haben offensichtlich kein Problem damit, den Zyprioten ihr Glück aufzuzwingen. Ihr Glück, Frau Merkel.
Ach, Sie möchten mit Ihrem neuen Schnitt auf die Titelseiten? Werden Sie, Frau Merkel. Werden Sie. Darauf können Sie sich verlassen.“
Satzspiegel