„Warum wir Sie dafür ausgesucht haben? Sie seien schließlich der Innenminister? Das ist es ja auch. Religion wird in diesem Land immer noch als Teil der Kultur verstanden, und Sie sind schließlich der Innenminister. Warum wir diese Konferenz einberufen haben? Was weiß ich, mit wem sollen wir denn übers Christentum in Deutschland reden? Etwa mit den Gemeinden?
Vergessen Sie das mal ganz schnell wieder. Man redet über eine Religion, aber doch nicht mit deren Angehörigen. Wäre ja noch schöner. Was haben Sie eigentlich bisher gemacht? Den Sicherheitsbeamten beim Regieren zugesehen?
Das mit der Gleichstellung macht doch auch erst Spaß, wenn man es konsequent zu Ende führt. Wir brauchen diese Christentumskonferenz einfach. Und kommen Sie mir nicht mit Kirchentag – das ist eine selbst organisierte Veranstaltung religiöser Gruppen, die da nichts anderes predigen als ihre eigene Weltanschauung, das können wir nicht als Ersatz anerkennen. Politiker? Die Bundeskanzlerin? Ich bitte Sie, die schiebt doch ihre Tränensäcke bei jedem Schützenfest vorbei, das sie nicht rechtzeitig ausgeladen kriegt. Das ist kein Argument. Sie sind im Besitz der deutschen Leitkultur? Lassen Sie sich nicht in der Öffentlichkeit mit solchen Aussagen erwischen. Wie schnell wird man als Terrorist gehandelt.
Sie haben da doch diese Datei, in der alle drin sind, denen man bisher noch keine Straftaten nachweisen konnte, die Sie aber trotzdem für ganz gefährlich halten, weil Sie nicht wissen, warum? Und Sie wollten schon immer mal Gefährder in religiösen Netzwerken suchen? Das wäre jetzt Ihre Gelegenheit. Dann müssen wird endlich nicht mehr zusehen, wie die erzbischöflichen Ordinariate ihre pädophilen Angestellten von Diözese zu Diözese schieben. Und falls da einer Probleme mit dem Steuerrecht bekommt, können Sie auch ermitteln. Schnell und unbürokratisch.
Es geht uns wie gesagt um Integration. Man muss ja in dieser Gesellschaft alle Randgruppen mitnehmen, auch wenn es schwerfällt. Sehen Sie, die SPD hat das mit Sarrazin auch geschafft, da werden wir doch das Christentum irgendwie in der Gesellschaft verankert bekommen, oder? Sie haben da etwas nicht richtig verstanden. Das Christentum in der Gesellschaft. Nicht andersherum.
Natürlich haben wir uns genau ausgesucht, wen wir da einladen, Herr Innenminister. Wir wollen da Maßstäbe für die Integration setzen. So ähnlich wie Sie. Deshalb haben wir sämtliche Randgruppen eingeladen, Kreationisten, Antimodernisten, ein paar Piusbrüder, die Glaubenskongregation – das hieß mal Inquisition, aber was da auf dem Türschild steht, ist uns wurst – und die guten alten Exorzisten. Wir wollen ja durchaus integrieren, und das macht man nun mal am besten mit denen, bei denen man weiß, dass sie es bitter nötig haben. Wollen Sie mit einem lutherischen Dorfpastor über die Trennung von Staat und Kirche diskutieren? Na also. Außerdem sieht es im Fernsehen viel schöner aus, wenn da irgendwelche Knalltüten sich anschreien, wer mit wem wo Oblaten essen darf, ohne aus dem Verein rauszufliegen.
Nein, natürlich wollen wir Sie nicht auf ein paar katholische Hassseiten reduzieren oder auf diese Wirrköpfe, die regelmäßig fundamentalistische Protestmärsche machen, weil ihnen der Gesetzgeber ein Dorn im Auge ist. Das ist sicher auch nur eine verschwindend geringe Minderheit, die nicht in Ihrem Namen spricht. Die haben mit der religiösen Botschaft des Christentums nichts zu tun, sie instrumentalisieren eine nicht von der Mehrheit der Gläubigen getragene Anschauung für allgemein demokratiefeindliche Ziele und verüben regelmäßig Straftaten gegen ihre eigenen Leute – das ist nicht das Christentum, das wissen wir doch. Aber wir verfahren halt so, wie Sie das vorgemacht haben, wir schieben Ihnen die Schuld dafür in die Schuhe. Wenn das im Namen der christlichen Religion passiert, machen wir nicht die christliche Religion dafür verantwortlich, das wäre gegen die religiöse Toleranz; wir machen nur die dafür verantwortlich, die sich ebenfalls zum Christentum bekennen. Hilft nichts? Ja, kann sein. Ist aber immer so mit der Sicherheitspolitik. Wenn nicht mehr als doppelt so viel kaputtgeht wie vorher befürchtet, dann war es ein Erfolg.
Es geht nicht nur um den Religionsunterricht. In erster Linie geht es uns darum, dass Sie Ihre Finger aus den anderen Ausbildungsinhalten raushalten. Sie können ja gerne an die Arche Noah glauben und an diesen ganzen Krempel, aber lassen Sie uns Geschichte und Erdkunde ohne göttlichen Heilsplan unterrichten. Wir lassen Ihnen das Gottvertrauen. Sie lassen den Bürgern ihr Vertrauen in den Staat.
Doch, da haben Sie recht. Integration ist keine Einbahnstraße. Da muss von beiden Seiten etwas passieren. Sehr nett hat das ja damals dieser Herr Ratzinger gemacht. Und seine deutschen Bischöfe haben da auch ganz hübsch sekundiert, als sie behauptet haben, es könne ohne Christentum gar keine funktionsfähige Moral in diesem Staat geben. Das hätte man vielleicht ein bisschen weniger deutlich formulieren können, aber wir haben es kapiert. Integration ist keine Einbahnstraße. Das ist eine Sackgasse, in der man noch mal so richtig Gas gibt.
Sie mögen nicht? Schade. Wir haben alles versucht, Herr Innenminister. Vielleicht überdenken Sie unser Angebot, wenn wir demnächst die Parteien unter die Lupe nehmen.“
Es ist ein freudloses Lachen, dass sich bei mir Bahn bricht … denn wenn ich diesen Beitrag schon vorher auf dem Bildschirm gehabt hätte, wäre mein eigener Beitrag (http://freies-in-wort-und-schrift.info/2013/05/05/soviel-du-brauchst-ideologie-religis-verbrmt/) mit Sicherheit ganz anders ausgefallen … zumal ich dann auch die Islamkonferenz mehr beachtet hätte.
Religion versucht der Gesellschaft ihren Kulturbegriff aufzudrücken; das Problem ist, dass die darin enthaltenen ethischen Werte immer weniger von den Religionen verkörpert werden.