Parademarsch

15 05 2013

„Das geht gar nicht. Das ist unmöglich!“ „Was stört Sie denn an dem Vorschlag?“ „Können Sie sich das vorstellen? Deutschland ohne Armee?“ „Wieso, bis jetzt hatten wir doch auch bloß die Bundeswehr.“

„Jetzt bleiben Sie doch mal realistisch, man kann die Bundeswehr nicht einfach so abschaffen.“ „Hat auch keiner gefordert.“ „Das Ende der Wehrpflicht war doch schon ein Schritt in diese Richtung.“ „Wäre Ihnen eine Privatisierung mit zurückgeleasten Panzern lieber gewesen?“ „Groß ist der Unterschied jedenfalls nicht mehr.“ „Seien Sie doch froh, keiner braucht heute mehr eine Armee für Angriffskriege.“ „Die Bundeswehr war sowieso immer eine Armee zur Verteidigung.“ „Für Rohstoffe.“ „Was unterstellen Sie denen?“ „Der Bundeswehr? Nichts, die handeln doch sowieso nur auf Befehl.“

„Jetzt stellen Sie sich mal so eine Zivilarmee vor – scheußlich! Allein der Gedanke daran!“ „Was stört Sie denn nun wirklich?“ „Stellen Sie sich das doch mal vor, keine Uniformen mehr.“ „Wer hat denn gesagt, dass wir die Uniformen abschaffen?“ „Ach, ich dachte, wenn die nicht mehr…“ „Dann können die doch weiter Uniform tragen. Wird doch preiswerter, wenn alle dieselbe Dienstkleidung anhaben. Außerdem findet man sie dann schneller.“ „Und was machen die dann?“ „Was Soldaten eben machen. Auf fremde Leute schießen, Vaterland verteidigen, so Sachen halt.“ „Wie soll das denn gehen? Sie wollen doch die alle zurückholen aus Afghanistan, und für die anderen Einsätze möchten Sie doch auch nicht, dass da noch einer ausrückt.“ „Ja und? Das lässt sich heute doch alles viel flexibler gestalten. Sagt doch unser Minister auch.“ „Was sagt de Maizière?“ „Dass die Zukunft der Truppe in den nicht bemannten Flugkörpern liegt.“ „Die Bundeswehr wird eine Drohnenarmee?“ „Nein, das wäre zu wenig. Aber die Dinger helfen uns, endlich wieder ein attraktiver Arbeitgeber zu werden.“

„Wie stellen Sie sich das vor? Dienst an der Waffe ist jetzt Dienst am Schreibtisch? Wird der Krieg jetzt nur noch in der Kaserne geführt?“ „Keineswegs.“ „Gut, dann bin ich ja beruhigt, ich hatte schon gefürchtet, dass…“ „Die Steuerung lässt sich inzwischen viel leichter übers Internet erledigen.“ „Wie bitte!?“ „Sie haben richtig gehört. Wir verlegen die Arbeitsplätze kostengünstig zu den Truppenangehörigen.“ „Was ist denn das für eine bescheuerte Idee?“ „Homeoffice Security, wenn Sie so wollen.“ „Wer hat sich diesen Mist ausgedacht?“ „Jetzt regen Sie sich doch nicht künstlich auf, das ist in jeder Hinsicht eine der besten Entwicklungen für die Bundeswehr.“ „Weil Sie jetzt Ballerspiele statt einer vernünftigen Verteidigungsarmee in die internationalen Konflikte schicken.“ „Unsinn. Außerdem erhöhen wir mit Heimarbeit die Frauenquote. Das schaffen die DAX-Konzerne nie in dem Tempo.“ „Was reden Sie da überhaupt? Machen Sie sich etwa über unsere tapferen Soldaten in den Krisengebieten lustig!?“ „Jetzt nässen Sie sich mal nicht ein.“ „Ich verbitte mir das, Sie Vaterlandsverräter!“ „Aber sonst alles in Ordnung, Alterchen? Das machen wir doch, um Deutschlands Wehrkraft aufrechtzuerhalten.“ „Wollen Sie mich auf den Arm nehmen?“ „Als führende Exportnation können wir es uns nicht leisten, Schwäche zu zeigen. Arbeitsplätze! De Maizière denkt eben noch an die Schleckerfrauen, die von der Leyen nicht in die Kitas geröslert kriegt.“

„Sie wollen mir jetzt also weismachen, dass die Truppe künftig aus Fernlenkerbataillonen besteht.“ „Ach wo, so ein bisschen Luftwaffe müssen wir ja auch noch machen.“ „Falls die Bundeskanzlerin auf Staatsbesuch ist?“ „In erster Linie, damit Westerwelles Geschäftsfreunde nicht auf eigene Kosten zur Arbeit fliegen müssen. Aber das läuft so nebenher. Wie die protokollarischen Aufgaben. Und was halten Sie eigentlich von einer Palastwache?“ „Sie meinen Bundeswehrsoldaten, die vor dem Reichstag im Stechschritt marschieren? Das ist echt widerwärtig, wir sind hier nicht in Nordkorea!“ „Haben Sie noch alle Latten am Zaun? Natürlich als Ehrenformation vor Schloss Bellevue.“

„Und sonst?“ „Parademarsch.“ „Wollen Sie die Truppe jetzt zur Eventagentur degradieren?“ „Wer sagt denn das? Schließlich haben wir immer noch das Musikkorps.“ „Sie wollen, dass sie die ganze Zeit Blasmusik spielen? Das hält man ja im Kopf nicht aus!“ „Jetzt machen Sie mal nicht so eine Welle, das erhöht schließlich die allgemeine Akzeptanz bei der Bevölkerung.“ „Sie meinen, ab sofort marschiert die Bundeswehr den ganzen Tag lang durch die Republik und spielt flotte Weisen?“ „Warum nicht?“ „Entschuldigung, aber das ist ja vollkommen bescheuert!“ „Was stört Sie denn daran? Auf die Art sehen die Leute wenigstens mal den Wehretat bei der Arbeit. Mit den Flugobjekten, die die Regierung sonst von den Amis kauft, klappt das ja nicht immer so reibungslos.“ „Soll das eine reine PR-Maßnahme werden?“ „Was hatten Sie denn gedacht? Akustische Kriegführung?“ „Hören Sie mit den blöden Scherzen auf, ich frage mich nur gerade, was das mit den Kernaufgaben einer Armee zu tun haben soll.“ „Repräsentation. Und damit es ab und zu etwas nach Schießpulver riecht, dürfen sie Smoke on the Water tröten, wenn die Kanzlerin mal wieder uneingeschränktes Vertrauen in einen unwissenschaftlichen Mitarbeiter gehabt hat.“ „Und wie soll das Ganze heißen?“ „Na wie wohl. Pipes and Drones.“

„Das kriegen Sie nie durch.“ „Meinen Sie?“ „Niemals kriegen Sie das durch.“ „Ach, da wäre ich mir mal nicht zu sicher. Wir haben da schon einen guten Plan.“ „Sie wollen es der Regierung als alternativlos verkaufen oder als Sparplan oder als, hier, Dings – Aufschwung?“ „Ach was, viel besser. Wir sagen ihnen einfach, ab jetzt macht die Bundeswehr routinemäßig Einsätze im Innern.“