In fünf Zeilen um die Welt. Limericks (CLVII)

31 08 2013

Jewgeni, der klettert in Miass
hinauf mit der Leiter aufs Fass.
Der Deckel war lose,
o weh! von der Hose
an abwärts ist er nun klatschnass.

Ferruccio, der spielt in Marone
Theater in Mantel und Krone.
Da wechselt die Rolle
der Leiter. Der tolle
Erzherzog kniet nun vor dem Throne.

Kaljajew sang in Bogotol
am Abend meist Düstres in Moll.
Ihm riet der Begleiter:
„Ach, besser wär’s heiter,
dann wäre der Saal wieder voll!“

Mininnguaq aus Qeqertarsuaq
trug gerne Zylinder und Frack,
derweil andere hatten
meist nicht mal Krawatten.
Er war halt alt-modisch auf Zack.

Svetlana, die klettert in Plast
bei Seegang hinauf auf den Mast.
Sonst findet sie, ehrlich,
den Dienst unbeschwerlich;
es gibt nichts, was sie sonst so hasst.

Clemente, der baute in Chone
Kaffee an, doch schätzte er die Bohne
kein bisschen. Stattdessen
wünscht er sich zum Essen
ein Feld für die Honigmelone.

Alexei, der fand in Irbit
fürs Pferd keinen passenden Schmied.
Es galt, den zu fragen,
das Tier zu beschlagen,
wenn es sich dabei auch hinkniet.





Gernulf Olzheimer kommentiert (CCX): Wahlkampf

30 08 2013
Gernulf Olzheimer

Gernulf Olzheimer

Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.

Zwei Sippen bevölkerten von alters her das kleine Tal beim Weiher. Die plattnasigen Uga waren von Norden hergezogen, von Süden gekommen waren die Nggr mit ihren Flachschädeln. Wer von beiden das Amt des Häuptlings ausüben durfte, entschieden die Gruppen nach dem Ableben des Amtsvorgängers; nicht selten fand die Gemeinde sich zwecks personeller Erneuerung unmittelbar nach der Frühjahrsjagd zusammen und nahm die beiden Spitzenkandidaten in Augenschein. Dabei sonderten die Kontrahenten allerlei Grunzlaute ab, schüttelten ihr verbliebenes Haar, fletschten die Gebissreste und gingen unter Anfeuerungsrufen der Anwohner mählich dazu über, sich biologisch abbaubare Objekte über die Rübe zu ziehen. Auch wenn beide die Prozedur lebend überstanden, obwohl es vor der Erfindung der Koalition noch keinen Bedarf dafür gab, so unterlag doch einer von ihnen. Der andere aber wurde der Anführer. Viel hat sich seitdem nicht ereignet. Im Großen und Ganzen ist der Wahlkampf immer noch das, was er immer gewesen war.

In einer halbwegs demokratischen Demokratie, wo jeder Pausenclown sich aufstellen lassen kann, fest darauf vertrauend, dass genügend Torfschädel ihn freiwillig wählen, gehen die Bekloppten mit Methode an die Sache. Sie scharen sich in Haufen, alle anderen hassend, weil sie die anderen sind, und die eigenen hassend, weil es nicht die anderen sind, und sie nennen die Haufen nach Verbalgerümpel aus der Klischeekiste: Partei des geringsten Widerstands und Das kleinere Übel und Revolution bis einschließlich Freitag. Dort denken sie sich Forderungen aus, die für die gesellschaftliche Entwicklung unerlässlich sind, Mindestlohn für Kinderarbeit, Freiheit für irgendwas, Wiedervereinigung der Gletscherspalten, Politik ohne elektromagnetische Strahlung – keiner wird die Zusammenhänge mit dem Ressort des Nachbarn auch nur ansatzweise kapieren, aber dafür sind es Realpolitiker. Und dergestalt treten sie hin für das Volk, so da wartet, und predigen. Für die Abschaffung der Tierzucht im kleinen Tal beim Weiher, gegen die Abschaffung der Tierzucht im kleinen Tal beim Weiher. Halbwegs geschickte Politiker fordern in einer Podiumsrede beides. Begnadete Kanzlerkandidaten kauen für beides denselben Satz Argumente hoch.

Alle Dörfer, die unterwegs zu schön werden, tapeziert die Politeska mit Hackfressen in Farbe zu, Helden ohne Geschäftsbereich mit entsprechendem Spruch, Für mehr Dings, Schland braucht Querkämmer oder Hirn weg für Volk & Vaterland, damit noch der letzte Mehlkäfer leise ahnt, dass es diesem Land bald viel besser gehen könnte, unter der Voraussetzung, dass die oben angepappten Schwachmaten simultan und geschlossen die Biege machen. Nichts dergleichen wird geschehen, sie üben eine psychohygienische Funktion aus: solange die Schranzen oben auf ihren Pappplakaten baumeln, muss man sie nicht an der Laterne aufziehen.

Ein besonderes Verhältnis haben Volk und Vertreter indes zur Wahrheit. Sie findet im Vorlauf zur Urne praktisch nicht statt, dennoch sind beide Seiten in einem geheimen Konsens gefangen, diesen Umstand einstweilen als normal zu betrachten. Da schwafelt der Kandidat der roten Partei vom Neubau einer unterirdischen Kathedrale und der blaue von goldenen Wasserhähnen für den ganzen Landstrich, während beide wissen, dass das Volk weiß, dass sie wissen, dass seit einer gründlich verklumpten Spekulation mit öffentlicher Kohle die Kassen leer sind. Die blaue Partei unterdessen schwiemelt sich Gesetzesänderungen zum bestimmungsgemäßen Aufblasen von Ballons unter besonderer Berücksichtigung des Nationalgedankens zurecht, was laut geltender Rechtsordnung schon immer der Kommune oblag und nirgends anders war, ist und mutmaßlich sein wird, weder in Europa noch in Bayern. Sie spielen ein putziges Kasperletheater im denkfreien Raum, realitätsallergische Schwurbelgurkentruppen und zur Verwendung in der freien Wirtschaft nicht geeignete Hilfshonks, und sie sind sich einig darin, dass es so sein muss. Ansonsten würde der erste Bürger, der seinen parlamentarischen Proleten beim Zelten auf dem intellektuellen Standstreifen zusieht, die Mistgabel einsetzen. Sie tun es nicht.

Sie tun es erst nach der Wahl, weil sie dann die rituellen Zusammenhänge von Bescheißen und Beschissenwerden wieder so gründlich verdrängt haben, dass sie auf Grundmuster II umschalten: Politiker sind die korrupten Knalldeppen, schmierige Laiendarsteller ohne Drehbuch in einer drittklassigen Seifenoper, die an sich, selbst zuletzt, denken. Sie sind die wahre Gefahr für den Zusammenhalt der Gesellschaft, für Verfassung und Demokratie, für Recht, Staat und Rechtsstaat und ähnlich beliebt wie die Rentnerin mit der Tüte voll Kleingeld, hinter der eine Kassenschlange aus dem Boden wuchert. Es fragt sich nur, wer diese Idioten gewählt hat.





Rote Linie

29 08 2013

„Keine Ahnung, noch ist ja nichts passiert. Aber so schlimm wird’s nicht sein. Rein, Bomben abwerfen, raus. Drei Tage oder so. In etwa wie Afghanistan.

Sie müssen dabei sein! Die USA haben schon viel zu lange keinen neuen Krieg angefangen, und angesichts unserer kleinen Verstimmungen sollten wir auch ein bisschen Mitleid mit den Amis haben. Betrachten Sie es als humanitäre Geste, dass wir die Luftschläge gegen Syrien mittragen. Sonst fängt Obama noch an zu weinen, und das wollen Sie doch sicher nicht, oder? Oder!?

Meinetwegen können das die Rebellen gewesen sein, das ändert nichts daran, dass wir schnell eine militärische Intervention brauchen. Ja sicher, gegen Syrien. Was bitte ist daran denn so kompliziert? Als irgendwelche afghanischen Taliban 9/11 verübt haben, sind die doch auch in den Irak einmarschiert. Was ist daran unlogisch? Hier, das sollten Sie mal in Ihre Überlegung miteinbeziehen: das sind doch Völker, bei denen seit Menschengedenken keine Ruhe ist, die muss man zu ihrem Glück zwingen. Ja, auch wir! Das ist ein Bündnisfall! Die USA greifen an, da sind wir als Bündnispartner doch automatisch beteiligt? Und überhaupt, Gasangriff – die machen was mit Gas, und Deutschland ist nicht dabei? Ich bitte Sie!

Außerdem, das sind doch alles Islamisten. Ja, alles Islamisten, zumindest sind die alle islamisch. Ist doch sowieso alles dasselbe. Richtig, und ob da jetzt der Iran oder der Sudan oder die Türken sich auf den Schlips getreten fühlen – ich weiß selbst, dass Schlipse westlich sind, aber das ist doch jetzt auch egal – die Hauptsache ist doch, wir haben mal klare Kante gezeigt gegen die. Das rettet uns die Wahlen! Stellen Sie sich das mal vor, auf der Wahlkampfveranstaltung in Hellersdorf: ‚Solange diese Kuffnucken zu Hause Krieg spielen, kommen uns von denen keine Asylanten rein!‘ Ich sage Ihnen, da tobt die Masse! Da kann die AfD sich zu den Schlägerdarstellern gleich das Publikum dazukaufen, damit überhaupt einer zusieht, wie sie diesen Magermilchgoebbels von der Rampe schubsen.

Alles Islamisten! Sie, da können Sie Bomben schmeißen, auf wen Sie wollen, da treffen Sie immer den Richtigen! Und das Tolle ist, die sind untereinander so richtig gut vernetzt. Wie diese Islamisten halt so sind, am Ende ist es doch wurst, ob das Sunniten oder Schiiten oder Saudis sind, Hauptsache ist doch, die fühlen sich angegriffen. Und wer sich angegriffen fühlt, der plant auch Terroranschläge. Doch, echte Terroranschläge. So richtig mit Bomben und Fernzündern, in Zügen und Flugzeugen, im Reichstag und im Einkaufszentrum. Was weiß ich, wo. Bin ich Terrorist? Mir ist das doch piepe. Hauptsache, wir können endlich diesen ganzen Datenschutz abschaffen und mein Schwager verkauft mehr Videokameraattrappen. Ich habe ihm nämlich die Hälfte vom Betriebskapital geliehen, und jetzt bin ich Anteilseigner. Also kommen Sie mal in die Gänge, sonst macht diese ganze Krise ja gar keinen Spaß mehr.

Überhaupt, wenn wir jetzt in konstanter Furcht vor islamistischen Terroranschlägen leben müssen, dann machen doch die Waffenlieferungen zu den Saudis auch wieder Sinn. Doch, ehrlich: wenn uns mehr Terroranschläge drohen, muss man durch mehr Waffen die Stabilität fördern – und wenn die Waffen zu mehr Bürgerkrieg führen, dann erhöht sich automatisch die Gefahr von neuen Terroranschlägen. Ist das nicht einsame Spitze?

Machen Sie bloß keinen Rückzieher! Wenn wir jetzt hinter die rote Linie zurückweichen, dann haben wir alles verloren, was wir uns in den letzten Jahren so mühevoll aufgebaut haben. Abgesehen von der Mineralölsteuer, wenn die Konzerne wieder die Benzinpreise anziehen, wir können endlich wieder Bundeswehrstandorte aufbauen. Aufbauen, hören Sie? aufbauen! Nicht schließen, aufbauen! So nah waren wir nie an der finalen Vollbeschäftigung durch explodierenden Binnenkonsum! Ist Ihnen nicht klar, dass dies der allerletzte Strohhalm zum Glück ist?

Um Himmelswillen, stecken Sie jetzt nicht den Kopf in den Sand! Es eröffnen sich uns große Chancen – wir reden hier von Jahrzehnten der Stabilität! Die Amis wollen doch den Assad gar nicht weghaben, ist Ihnen denn das gar nicht aufgefallen? Ach wo, das Regime ist ihnen ganz egal. Und da liegt doch der Hase im Pfeffer begraben: ob da Assad weitermacht oder seine Getreuen, ob da die einen ans Ruder kommen oder die anderen die Macht übernehmen, Demokratie wird es da auf unter gar keinen Umständen geben. Jedenfalls nicht auf absehbare Zeit. Und was heißt das? Richtig, wir können so lange Waffen liefern und vor Terroranschlägen warnen, wie wir lustig sind. Nichts wird sich ändern, abgesehen von den Aktienkursen der deutschen Stahlindustrie. Eben, und wenn es tatsächlich die Rebellen gewesen sein sollten, dann ist es doch sowieso gleichgültig, wen wir da plattmachen.

Außerdem können wir den ganzen NSU-Mist noch eine Weile kochen lassen, irgendwo fliegen mit Sicherheit wieder Brandsätze, und dann müssen wir uns nicht mehr darum sorgen, ob es irgendwo in der Welt Länder gibt, in denen man uns nicht mehr mag. Vor allem, wenn man noch größere Schulden bei uns hat. Also machen Sie endlich mal Nägel mit Köpfen. Noch so eine Pleite wie in Libyen will hier im Aufsichtsrat keiner mehr sehen. Hatte ich mich diesmal klar genug ausgedrückt, Frau Bundeskanzlerin?“





Wem die Stunde schlägt

28 08 2013

Herr Breschke tippte hektisch auf dem flachen Kästchen herum. „Jetzt blinkt es wieder“, stellte er fest. Doch sonst tat sich wenig. Bismarck schaute träg aus dem Sessel herüber. Breschke schwitzte. Der Wecker ging ihm auf den Wecker.

„Die ersten beiden Male hat er um Mitternacht losgepiept, dann abends um halb sieben, was ja in Ordnung wäre, wenn es halb sieben ist, nur eben nicht abends.“ Das kleine Gerät, es wäre zu erahnen gewesen, funktionierte elektrisch, vielmehr: es sollte elektrisch, wenn es denn überhaupt jemals funktionierte, funktionieren. So aber funktionierte es gar nicht, wenngleich ebenfalls elektrisch. Wie sonst hätte der Wecker blinken können. „Ich habe schon auf alle Knöpfe gedrückt, aber es tut sich nicht viel.“ Bismarck, der dümmste Dackel im weiten Umkreis, spitzte wenigstens die Ohren. Würde aus dem Ding ein Geräusch kommen? oder gar aus Herrn Breschke, der mich verzweifelt um Hilfe gebeten hatte? Die Miene des treuen Hundes wechselte zwischen gespannter Erwartung und völliger Lustlosigkeit; schließlich entschied sich das Tier für eine Mütze voll Schlaf. Was täte man auch sonst angesichts eines geräuschlosen Weckers.

„Halb sieben“, beharrte Breschke, „nicht um meinetwegen, ich bleibe auch gerne noch eine halbe Stunde länger liegen, oder bis um neun, das ist mir gleich, aber meine Frau macht da immer ihre Frühgymnastik, und dann kommt ja auch die Morgensendung auf Welle Frohsinn.“ Ich begriff. „Offensichtlich hat Ihre Tochter Ihnen das Ding mitgebracht, damit Sie den Operettenkanal hören können.“ Er nickte. Wie auch sonst wäre der pensionierte Finanzbeamte in den Besitz von Schaumlöschern und Kunstrasen, ukrainischem Rübenschnaps oder echt russischen Filzpantoffeln aus taiwanesischem Polyester gekommen, wenn nicht durch seine Tochter, die auf ihren ausgedehnten Reisen die unsäglichsten Sachen entdeckte und sie mit der Verschlagenheit einer Geheimagentin durch den Zoll schmuggelte. Wie sie dies mit dem kambodschanischen Aufsitzrasenmäher bewerkstelligt hatte, wollte ich gar nicht wissen. Dafür wusste ich schon zu viel über die Sachen, die sie mitbrachte. Allein die Bedienungsanleitungen waren der Grund für lange, gründliche Wutanfälle gewesen. Und dass sie sich meist nach kurzer Zeit unter Schwelbränden und Stichflammen, Lärmentfaltung und aparten Gerüchen in ihre Einzelteile zerlegten.

Ich drückte auf einige der Knöpfe, die mit inspirierenden Bezeichnungen versehen waren. Up und Back verkündete die vordere Reihe, Clock und Start die hintere. In der Mitte lagerte eine große, unbeschriftete, dafür aber gründlich rote Taste. Ich legte den Finger darauf. Kaum hatte ich sie heruntergedrückt, erschollen Léhars mitreißende Melodien. Sie taten es mit einer derartigen Wucht, dass Bismarck jaulend unter dem Sessel verschwand. „Immerhin stellt sich das Radio auf die deutschen Sender ein“, bemerkte Breschke nicht ohne Ehrfurcht vor der geheimnisvollen Technik. „Der Wecker kommt ja aus Spanien, und ich hatte schon befürchtet, wir müssten jetzt jeden Morgen spanische Nachrichten hören.“ Einen Moment lang spielte ich mit dem Gedanken, ihn auf den kleinen Aufkleber hinzuweisen, der die Provenienz des Geräts aus Hongkong offenlegte. Ich ließ es aber.

Der Startknopf startete zunächst gar nichts, bis auf den Durchlauf. Die Uhr zählte zunächst Minuten, dann Stunden hoch. Immer schneller. Schließlich war sie wieder bei Mitternacht angekommen. „Vielleicht drücken Sie einmal diese Speichertaste“, mutmaßte der Hausherr. „Welche Speichertaste“, fragte ich verwirrt. Er deutete auf einen Hebel an der Hinterseite. „Speaker“, las er vor. „Das heißt das doch auf Englisch?“ Wie durch Zufall blieb die Uhrzeit gerade kurz vor der jetzigen stehen. Der Alarm war scharf, das Gerät eingeschaltet, der Hund noch in sicherer Entfernung unter dem Sitzmöbel. Nichts konnte passieren, und es passierte tatsächlich: nichts.

Was nicht ganz richtig ist, denn es geschah doch etwas. Pünktlich auf die Sekunde schaltete sich der Wecker aus. Breschke war überfordert. „Ich habe nichts getan“, versicherte er immer wieder, „absolut gar nichts! Wenn Sie mir nicht glauben, Sie sind mein Zeuge!“ Auch ich war sprachlos. Doch dieser Zustand währte nicht besonders lang. Unvermittelt schaltete sich der Wecker wieder ein. Die Uhrzeit war auf drei Uhr nachts gestellt, zum Ausgleich brüllte seltsame Karpatenfolklore aus dem Kasten. „Machen Sie das aus“, flehte er, „machen Sie das bloß aus! Meine Frau bringt mich um!“ Bismarck jaulte. Ich fuhr aus der Haut.

Das Kofferradio hatte seit Jahren unbemerkt auf dem Kleiderschrank sein Dasein gefristet. Eine paar kleine Versuche, und schon bewegte sich das Einstellrad wieder. Im Nu lauschte Horst Breschke der heiteren Tanzmusik auf Welle Frohsinn. „Und dies Gerät funktioniert ganz einfach“, erläuterte ich. „Man zieht es an der Rückseite auf, dann ist hier diese kleine Feder, und dann klingelt es. Sie müssen dann nur noch aufstehen und das Radio anschalten.“





Give Peace a Chance

27 08 2013

„Nein!“ „Warum nicht?“ „Nein!“ „Das ist kein Grund. Sie müssen doch einen Grund haben, dass Sie…“ „Ich lasse mich nicht auf Diskussionen mit Ihnen ein. Wir reden hier von weitergehenden politischen Maßnahmen gegenüber Syrien, und die werden wir auch mit aller Konsequenz zur Durchführung kommen lassen. Aber mehr nicht!“

„Jetzt mal Spaß beiseite, Sie können doch einen solchen militärischen Eingriff…“ „Es handelt sich aber um keinen.“ „Warum nicht?“ „Es ist ja noch gar kein Militär da, außerdem: marschieren wir gerade ein?“ „Das ist doch nur eine Frage der Zeit.“ „Das sagen Sie! Wir wollen den Frieden in der Region so lange wie möglich sichern, deshalb lassen wir uns auf diese Sichtweise nicht ein.“ „Frieden!? Welchen Frieden wollen Sie denn da sichern? Da ist doch gar keiner!“ „Ach, und weil da der Frieden gerade ungesichert ist, kommen Sie mit militärischer Präsenz? Das ist eine ungerechtfertigte Handlungsweise, die zu Instabilität in der…“ „Also geben Sie zu, dass der Frieden brüchig ist und so bald wie möglich mit…“ „Ungerechtfertigt!“ „… militärischen Mitteln…“ „Absolut ungerechtfertigt! Sie bringen die Lage noch zum Explodieren!“

„Wir haben diese ganze Grütze ja schon seit Afghanistan durch, aber bitte.“ „Das können Sie gar nicht miteinander vergleichen.“ „Afghanistan war ein bewaffneter Einsatz.“ „Aber wir haben doch gar keine Waffen! Dies ist eine ganz normale Aktion, die die Stabilität der Auseinandersetzung um die politischen Auseinandersetzungen stabilisiert.“ „Manchmal habe ich den Eindruck, Sie glauben, was Sie da sagen.“ „Jedenfalls ist das etwas ganz anderes als Afghanistan.“ „Weil wir in Afghanistan eingefallen sind?“ „Weil es da keine Stabilität gab.“ „Verstehe. Der Stabilitätsanker ist ja Saudi-Arabien. Sagt zumindest unsere Bundesregierung.“ „Und?“ „Deshalb liefern wir da auch so viele Waffen hin.“ „Eben. Weil es da Stabilität zu stabilisieren gibt. Manchmal habe ich schon den Eindruck, Sie sind ein bisschen naiv.“

„Stellen Sie sich etwa im Ernst vor, Sie marschieren da unter Waffen ein und lösen einen Konflikt?“ „Das wäre dann ja ein bewaffneter Konflikt, und so weit wollen wir doch nicht gehen.“ „Was ist das denn sonst?“ „Ich will Ihnen schon etwas entgegenkommen: das ist, ich würde mal umgangssprachlich sagen, eine gewisse Spannung in der Region vorhanden.“ „Und das rechtfertigt keinen bewaffneten…“ „Ich würde es lieber als humanitären Einsatz bezeichnen.“ „Was ist daran humanitär?“ „Denken Sie mal an die vielen zivilen Opfer. Wir können doch die zivilen Opfer nicht einfach so schutzlos…“ „Wem denn?“ „Wir wissen es noch nicht genau, aber das wird sich schon noch zeigen. Sie müssen ein bisschen Vertrauen haben.“ „Und warum betonen Sie die zivilen Opfer so?“ „Ich bitte Sie – man kann doch angesichts einer derart ernsten Lage nichts Beschönigendes sagen. Das sind wir schon den zivilen Opfern schuldig.“ „Und wenn die nicht zivil wären?“ „Dann müsste man es nicht so betonen. Sie sehen, wir haben wieder einmal verdammtes Glück gehabt!“

„Ich gebe es auf.“ „Schon?“ „Ja, ich gebe es auf. Vermutlich werden Sie mir jetzt auch erzählen, dass Sie für Mädchenschulen nach Syrien wollten. Und zum Brunnenbohren.“ „Quatsch! Das ist ein sehr weit entwickeltes Land…“ „Wie bitte!?“ „… das nur ein paar Maßnahmen zur Stabilisierung der Demokratie braucht.“ „Haben Sie jetzt vollkommen den Verstand verloren? Demokratie gibt es doch so gut wie überhaupt nicht in Syrien!“ „Deshalb müssen wir da auch so schnell wie möglich eine geopolitisch kluge Entscheidung vor Ort fällen, die uns eine auf die Erfordernisse von Staat und Gesellschaft abgestimmte Operationsweise ermöglicht.“ „Und dass wir den Einsatz von Massenvernichtungswaffen damit verharmlosen, das fällt Ihnen gar nicht ein?“ „Wir setzen eben in Bezug auf internationale Partnerschaftsverstärkung gerne auf durchgreifende Modelle, die bei der jeweiligen Bevölkerung eine nachhaltige Resonanz erzeugen.“ „Also ein Eingreifen mit Waffengewalt gegen die Regierung.“ „Das haben Sie gesagt.“ „Was ist es denn anderes?“ „Ein im Interesse der Staatengemeinschaft robust gestaltetes Mandat zur Befriedung der unplanmäßig verlaufenden innenpolitischen Steuerungsverläufe.“ „Meine Güte, Sie haben wohl die Kanzlerin gefressen!“ „Das Eingreifen an der Seite unserer Verbündeten ist alternativlos, deshalb müssen alle notwendigen Mittel auch mit effektiver Abwehr gekoppelt sein. Ich will dabei nicht verhehlen, dass wir jenseits der roten Linie, wo wir uns heute befinden, durchaus eine massive Warnung als ersten Schritt gegen die Regierung durchführen könnten.“ „Und das heißt?“ „Wir könnten beispielsweise bei einer präventiven Auseinandersetzung Kollateralschäden taktisch miteinbeziehen.“ „Kollateralschäden? Taktisch!?“ „Wir warnen die syrische Regierung jedenfalls, dass dadurch die Wahrscheinlichkeit ziviler Opfer erheblich steigen könnte.“ „Aber… aber…“

„Jetzt gucken Sie nicht so. Das wird eine ganz einfache Sache.“ „Ein einfacher Militärschlag.“ „Sie werden sehen, wir senken nachhaltig das Potenzial für einen bewaffneten Angriff im Innern, und dann haben wir höchstens kürzere Gefechte zur Verteidigung unserer Interessen.“ „Jaja.“ „Und die internationale Gemeinschaft wird die Entspannung am Konfliktherd erreichen.“ „Ach was.“ „Und es wird eine gute Zusammenarbeit mit der Bevölkerung geben.“ „Und dicke Aufträge für die deutsche Waffenindustrie.“ „Hör mal, Sportsfreund – Krieg!?“





Das Leben der Anderen

26 08 2013

„… dass Steinbrück dem sowjetisch dominierten Gesellschaftssystem der DDR ablehnend gegenübergestanden habe. Die Veröffentlichung seiner Stasi-Akte durch die NSA sei jedoch nur zufällig in die…“

„… es sich um ein Missverständnis gehandelt habe. Er sei damals auf der Suche nach einer Laienspielschar gewesen, um eine Hauptrolle zu ergattern. Durch eine falsche Auskunft habe Westerwelle dann die falsche Tür…“

„… mehrmals versucht, Steinmeier auf eine Position festzulegen, was jedoch mit zunehmendem Einsatz hauptamtlicher Mitarbeiter nicht gelungen sei, da sich dieser trotz inhaltlicher Widersprüche sofort wieder in die gegenteilige…“

„… ein eigener Aktenordner angelegt worden sei. Friedrich habe sich alle zwei Wochen erneut um ein Praktikum beim Ministerium für Staatssicherheit beworben, sei aber jedes Mal wieder durch den Eignungstest…“

„… an Brüderle herangetragen worden sein, in den Bruderstaat zu wechseln. Nur massive Nachschubsorgen im Saale-Unstrut-Weinanbau hätten das Zentralkomitee bewogen, das Angebot abschlägig zu…“

„… habe sich Schily nach langen politischen Indoktrinationsgespräche gegen die ideologische Wendung nach links entschieden und sei zur SPD…“

„… den jungen Christian Lindner in einer Bambi-Aufführung angeworben habe, um ihn mit einer nachgemachten Unterschrift in eine Schülergruppe zu…“

„… sich Niebel umgehend zum Aufbau eines revolutionären Stoßtrupps nach koreanischem Vorbild verpflichtet habe, wenn er pro Monat einen Teppich aus Sowjetproduktion…“

„… existierten vereinzelte Augenzeugen, nach denen Schröder in seiner Jugend Sozialdemokrat gewesen sei. Keiner von ihnen habe jedoch hauptamtlich für…“

„… den Nachweis, dass Schäuble sein Studium als Hütchenspieler finanziert habe. Außerdem sei umfangreiches Bildmaterial…“

„… an der Handschrift zu erkennen, dass Schavan die Aufzeichnungen aus dem CDU-Präsidium lediglich durchgepaust habe, so dass nicht von einer eigenständigen Leistung…“

„… es wegen Terminschwierigkeiten zu einer Verhandlung in der Ständigen Vertretung in Ost-Berlin gekommen sei. Nach inhaltlichen Differenzen über die Bezahlung sowie die komplette Straflosigkeit habe Pofalla den Anwerbeversuch jedoch für beendet…“

„… Guttenberg sämtliche Versetzungszeugnisse sowie sein Führerschein gegen Devisen auf dem russischen Schwarzmarkt…“

„… damit geködert worden, die Deutsche Demokratisch Republik sei das coolste Land der Welt. Rösler habe gegen das Versprechen, nie im Leben arbeiten zu müssen, sofort seine private Postkartensammlung…“

„… nur aufgenommen worden, da sie als einzige Schülerin des Jahrgangs keinerlei Interesse an Politik hatte. Die heutige Kanzlerin habe jedoch stets sehr glaubhaft jedes von ihr geforderte Wissen vortäuschen können und sei dadurch schnell in der Führung des…“

„… nicht festzustellen, welcher politischen Überzeugung Lafontaine (falls überhaupt eine solche je vorhanden gewesen sein sollte)…“

„… sei Seehofer sofort mit der Kontaktperson ins Hotel gegangen. Das Angebot, Bayern aus der BRD auszugliedern und im Gegenzug die DDR als Beitrittsgebiet zum Freistaat zu erhalten, sei bei ihm auf fruchtbaren Boden…“

„… seien von IM Socke an besagtem Vormittag Fischers Lederschuhe entwendet worden, so dass der Grüne zur Vereidigung in…“

„… den Anwerbungsversuch im dritten Anlauf für gescheitert erklärt habe. Sein Führungsoffizier habe ihn daraufhin von Aigner abgezogen, die nicht verstanden habe, worum es sich…“

„… habe Gabriel selbst mehrfach in der Normannenstraße angerufen, da er sich mehr Aufmerksamkeit gewünscht habe. Die eigens aus Berlin angereisten Führungsoffiziere habe er jedoch bereits vor dem Gespräch wieder ausgeladen, da er es abgelehnt habe, eine Koalition mit…“

„… für Staatsempfänge ein Margot-Honecker-Double anzustellen. Bald nach ihrer Eheschließung sei von der Leyen jedoch von der Abteilung Propaganda als zu alt für diese Aufgabe…“

„… nach einer Anfrage aufgegeben. Nahles habe IM Märtyrer mit einem einzigen sechs Stunden dauernden und komplett inhaltsfreien Satz dazu gebracht, freiwillig nach Sibirien…“

„… Unterstützung von Stoiber erhalten habe, nach dem Zusammenschluss die Partei in Chemisch-Sozialistische Union zu…“

„… bereits einen Aufnahmeantrag unterschrieben habe, den de Maizière jedoch versehentlich in den Reißwolf…“

„… dass Dobrindt für den Posten des Generalsekretärs der Kommunistischen Partei Chinas jede gewünschte Information über Stoiber, Seehofer, Beckstein und…“

„… sei Chuck Norris nicht freiwillig in die SED eingetreten, sondern erst durch den Kontakt zu Gauck in die…“





Die Adler

25 08 2013

für Erich Kästner

Sie stiegen aus den Wappen aus,
sie gingen von den Fahnen.
Das war ihr Ernst. Und jedes Haus
stand stumm, samt Untertanen.

Sie waren es nun endlich leid,
die Schwingen auszubreiten
nach Reich und Reich und aller Zeit
den allzu Kriegsbereiten.

„Wer kümmert sich um unsre Brut?
Jahrhundert um Jahrhundert
sind wir für Schutz und Weitblick gut,
damit man Euch bewundert.

Wir kommen hier nicht mehr vom Fleck“,
so sprach’s, „und schlecht befestigt –
wir hängen, allenfalls, für Dreck.
Wir fühlen uns belästigt.“

Sie nahmen Nimbus, Krone, Schild,
und ließen nichts als Leere.
Was seither noch als Wappen gilt?
Vielleicht das Ungefähre.





In fünf Zeilen um die Welt. Limericks (CLVI)

24 08 2013

Marcelo, der macht in Renca
zum Buchhändler gern einen Schlenker,
wo er, ganz abwesend
und Buchrücken lesend,
betrachtete Dichter und Denker.

Lucilla sprang in Roccasecca
beim ersten Ton aus ihrem Wecker
aus Feder, die wärmen,
zum endlosen Lärmen
im Morgengraun rauf auf den Trecker.

Horacio floh in Hijuelas
ins Haus. Er sah gar nichts. Zu schnell war’s.
Die Frau sah den Gatten
dort hocken im Schatten
und sprach: „Mir ist fade. Erzähl was.“

Es ruderte Tsz in Tsing Yi,
doch hörte man kaum, was er schrie.
So endet ein Schlauchboot
am Ende in Seenot
als freibadhafte Havarie.

Ronaldo fuhr in Navidad
am Freitag gern auf seinem Krad
recht laut und recht munter
hinauf und hinunter
die Straße. Jetzt ist das Rad platt.

Herr Meesbroeck misstraute in Tienen
der Tram. Er gab acht auf die Schienen,
dass keine zur Seite
vom Gleis sich befreite.
Zuletzt ging er nur noch auf ihnen.

Es grub Yamna sich in Maule
im Lehm eine treffliche Kuhle.
Die Schafe, die dachten
sich nichts, und sie lachten.
Den Schweinen dient sie nun als Suhle.





Gernulf Olzheimer kommentiert (CCIX): Die Angstgesellschaft

23 08 2013
Gernulf Olzheimer

Gernulf Olzheimer

Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.

Nichts treibt die Rechtsfindung schöner in den Wahnsinn als das Fehlen eines Tatmotivs. Denn nicht die Unterscheidung des Deliktes, Mord, Totschlag oder Gewässerverunreinigung, sondern die Motivation des Täters geben Aufschluss über die Hintergründe des Verbrechens. So auch die soziale Handlung; Eigennutz und Idealismus, Narzissmus und falsch verstandene Ehre spornen den Beknackten an, Säuglinge zu adoptieren, den Stadtwald im Schutz der Dunkelheit mit Hilfe einer Motorsäge künstlerisch zu verschönern und Dinge in die Erdumlaufbahn zu jagen. Größtenteils ist der Hominide produktiv, es sei denn, er lebt in einer Gesellschaft, in der Produktivität viel gilt, aber selten praktiziert wird, und wenn, dann höchstens aus Neid, Bequemlichkeit oder Angst. Schließlich ist eine auf Angst gebaute Gesellschaft außerordentlich stabil, da ihr nie das Fundament verloren geht.

Der Schrecken hat viele Gesichter. Anfangs gibt sich der durchschnittliche Jammerlappen noch mit der blanken Furcht vor der Zukunft zufrieden – die ist mit einiger Sicherheit auch morgen noch da, was kein zusätzliches Lernen erfordert, sondern den intellektuellen Stand eines konditionierten Deppen als ausreichend betrachtet, um seine gesamte Existenz als belastend zu empfinden – doch bald braucht der Realitätsverweigerer härteren Stoff, die ihm ein sauber ausgesägtes Sozialmodell bietet. Die Angst wird multifunktional und passt sich an die jeweiligen Bedürfnisse an. Sie ist die Furcht des Bürgers vor dem finalen Terroranschlag, der wahrscheinlich nie passiert, und zugleich die Furcht des Staates, dass er möglicherweise nie passiert. Sie ist die Furcht des Arbeiters, mit jedem Einsatz nicht mehr zu genügen, als sei sie eine Erbsünde, der man sich nicht entzieht. Unterdessen schließt der Konsument Reiserücktrittsversicherung und Rechtsschutz ab, schwiemelt Kameraattrappen an seine Schlichtbehausung und hofft, dass der Blitz beim Nachbarn einschlägt.

Genau hier kommt der Staat ins Spiel. Als oberste Repräsentanz der geordneten Gesellschaft wäre es seine Aufgabe, auf der Vertrauensbasis des reinen Daseins seinen Bürgern die Daseinsangst nehmen zu, doch das Gegenteil geschieht. Er ist die Perversion der Idee, denn er fordert und fördert, wo er Keime einer allgemeinen Furcht vorfindet. Das Beharrungsvermögen des Staates, nichts ändern zu wollen, fällt auf fruchtbaren Boden, wo die Behämmerten auch nicht mehr wünschen als die gemeinsame Nulllösung: keiner bewegt sich, dann geschieht auch nichts Schlimmes. Auf diesem Fundament lagern Religionen.

Und tatsächlich ist die Angst ein quasireligiöses Instrument, um blindes Vertrauen hervorzurufen, wo dies noch nicht zu den Werkseinstellungen der amorphen Sozialmasse gehört. Denn mit der nötigen Dosis an Kleinmut wächst die Gefügigkeit und sinkt der Entschlossenheit, die Mechanismen des Glaubenssystems zu hinterfragen. Das torpediert jede Aufklärung und jede Mündigkeit des Menschen – wer zittert, revoltiert nicht.

Der Preis der Angst ist jene Duldungsstarre, mit der eine gelähmte Gesellschaft die Konkurrenz fröhlich pfeifend an sich vorbeiziehen sieht. Dass genau dies allenfalls zu unterdrückter Wut, im Regelfall jedoch nur zu noch größerer Angst vor der Zukunft führt, bedarf keiner ausufernden Erklärung. Wer sich in seiner Phobie eingehäkelt hat, hockt sicher verwahrt vor der Wirklichkeit. Damit jedoch beginnt der zweite, der verzahnte Teufelskreis, noch wirksamer, wenn er auch durch die soziale Ordnung unterstützt wird: Angst vergrößert die Dinge. Die reißende Bestie ist in Wirklichkeit ein ungehaltenes Schoßhündchen, das beim Anblick einer Maus jaulend davonliefe. Für den Phobiker aber ist die Größe des Hundes egal, er erscheint immer bedrohlich. So auch das Gesellschaftssystem. So auch der postdemokratische Staat. Denn was wäre ein solcher Staat ohne ein Werkzeug, das die Rivalität untereinander fördert, ohne den Konsum zu stören.

Die Vollkaskoversicherung ist das perfekte Produkt für den Angstbürger; sie baut auf seine anhaltende Sorge, nimmt ihm aber nicht die Furcht vor der tatsächlich eintretenden Katastrophe, da diese, so der Versicherer, nur eine Frage der Zeit sein wird. Dass der Staat, der an dieser Kasperade noch fleißig mitverdient, eben demjenigen Bürger, der seine wunschgemäß privatisierten Sorgen in Eigenregie versichert, noch pöbelnderweise eine Vollkaskomentalität unterstellt, setzt dem die Krone auf. Doch wahrscheinlich verlangen wir zu viel in einer Welt, in der die Wahrscheinlichkeit, von einem herabfallenden Fernseher erschlagen zu werden, höher ist als die, einem Bombenanschlag zum Opfer zu fallen. Der Fernseher ist kein mystifizierbares Unheil (die Wirkung der Unterschichtensender einmal ausgenommen), er taugt nicht zur religiösen Überhöhung, nicht einmal zur gesellschaftlichen Identifikation. Genau das stand zu befürchten. Wie gut, dass wir wenigstens das Internet haben, die Schweinegrippe und die gute alte Zukunft.





Grenzwertig

22 08 2013

„… empfehle Westerwelle ein deutsches Internet, das von den US-amerikanischen Freunden nicht…“

„… stärker zu kontrollieren, dass die Deutsche Bahn AG nur noch nationale Ziele…“

„… sich die Deutsche Post bereits jetzt an die Zielvereinbarung der Bundesregierung halte. Auslandssendungen würden durch eigens dafür ausgebildete Fachkräfte bis zu drei Wochen…“

„… habe Bahn-Chef Grube bereits jetzt die ersten Erfolge verzeichnet. Der Schienenverkehr sei das unattraktivste Verkehrsmittel im internationalen Vergleich, so dass von einer…“

„… neue Einsparpotenziale im Wahlprogramm gesammelt. In der aktuellen Ausgabe zur Bundestagswahl wolle Brüderle die Fertigung von Parisern im Inland…“

„… den elektrischen Strom nur in Deutschland herzustellen. Dazu wolle das Bundesumweltministerium prüfen, ob die für deutsche Windkraftanlagen produzierten Böen auch ausschließlich im deutschen Luftraum…“

„… ob Deutschland auch für einen deutschen Euro geeignet sei. Mehrere rechtsnationale Verbände, darunter auch der Arbeitnehmerflügel der AfD, hätten sich in einer…“

„… fordere Westerwelle einen Fischbestand, der sich ausschließlich in deutschen Hoheitsgewässern…“

„… in der Entwicklung von Terroranschlägen autonomer werden. Die Mitwirkung der NSA sei für den Bundesnachrichtendienst nicht mehr…“

„… ein Kraftfahrzeug zu entwickeln, das nur in Deutschland betankt werden könne. Mehrere Konzerne hätte bereits verhandelt, falls es Opel nicht gelinge, rechtzeitig zur nächsten Werksschließung…“

„… die Bundeswehr nur noch mit deutschen Rüstungsgütern auszurüsten. De Maizière habe die echte deutsche Drohne für spätestens 2048…“

„… durch Investitionen deutscher Firmen in unterentwickelten Staaten. Niebel wolle das deutsche Nationalnetz als Export nach Nordkorea, in den Iran und in die Vereinigten Staaten von…“

„… fordere Westerwelle deutsche Interkontinentalflüge, um die Wirtschaft in…“

„… Hand in Hand zu arbeiten. Die von deutschen Regierungsstellen geplanten und unterstützten Bombenanschläge könnten durch eine noch engere Kooperation mit dem BKA viel einfacher aufgeklärt…“

„… sei eine Voraussetzung dafür, dass das deutsche Automobil mit der Zulassung für das deutsche Straßennetz so schnell wie möglich…“

„… alternativ der Laufzeitverlängerung für die Kernkraftwerke zustimmen, wenn ausländisches Uran zur Produktion von deutschem Strom…“

„… Korruption nicht zu beschränken, sondern durch flexible Handhabung der Gesetze zu für die Volkswirtschaft nutzbar zu machen. Westerwelle habe angeregt, deutsche Schmiergelder nur noch in Deutschland…“

„… den Vogelschutz zu verbessern, indem die Überfluggrenzen stark eingeschränkt…“

„… nicht als parteiinternen Konflikt bezeichnet habe. Rösler wolle deutsche Schmiergelder nur dann straffrei stellen, wenn sie für deutsche Firmen…“

„… deutsche Wellen vor Norderney. Der Tidenhub sei jedoch nicht ausreichend ausgeschildert, so Rösler, um ein deutsches Gezeitenkraftwerk zu…“

„… dass China-Restaurants mindestens ein deutsches Gericht auf der Speisekarte führen müssten, beispielsweise Wiener Schnitzel oder…“

„… die Weitergabe aller Daten an den Verfassungsschutz zu organisieren. Ein technisch-logistischer Support für vom Kanzleramt im Auftrag des BKA geplante Anschläge mit Massenvernichtungswaffen könnten völlig gefahrlos als…“

„… nicht kostenfrei in andere Erdteile zu tragen. Uhl habe dafür geworben, die Bundeswehr künftig nur noch im Innern zu…“

„… noch nicht geklärt. Ramsauer habe vorerst die Forderung erneuert, für das deutsche Auto keine Maut zu erheben, wenn im Gegenzug…“

„… eine deutsche Fußball-WM zu…“

„… dass bei einer Explosion keine deutschen Materialien kostenlos über die Landesgrenzen gerieten. Altmaier habe die Kernreaktoren aus dieser…“

„… die Inlandspost zu verbessern. Pofalla habe versichert, dass bei Briefen von und an deutsche Staatsbürger keine Durchsuchung…“

„… wolle die Bundesregierung künftig grenznahe Atomreaktoren mit einer Strafabgabe für das Ausland versehen. Die Strahlung jenseits des deutschen Staatsgebiets sei nicht etwa kostenlos, sondern müsse sich refinanzieren aus …“

„… sich Solarkraft schwierig mit der Gesetzeslage vertrage. Zuvor müsse die Sonne als deutsche Kolonie…“

„… rechtlich erst dann sicher, wenn das deutsche Auto ausschließlich mit deutschem Kraftstoff betankt…“

„… ein Bundesgesetz zu erlassen, nach dem das Versenden schriftlicher Informationen begünstigt würde. IM Friedrich habe vorgeschlagen, eine Datei anzulegen, in der Sender und Empfänger für mindestens unbestimmte Zeit gespeichert würden, um so ein personenbezogenes Rabattsystem…“

„… die Auslandszulassung für deutsche Brieftauben zu beschränken. Aigner habe in einem 10-Punkte-Plan gefordert, den…“

„… wolle Westerwelle als FDP auch künftig in der Bundesrepublik deutsche Bananen für…“