Aufgabenverteilung

11 11 2013

„Aber dann verzichtet Ihr auf die Pkw-Maut!“ „Kommt nicht in Frage!“ „Dann wollen wir den Mindestlohn, den Doppelpass und Steuererhöhung und…“ „Und wenn wir auf die Maut verzichten?“ „Also Ihr verzichtet?“ „Nein, ich meine: wenn wir auf die Maut verzichten.“

„Ihr müsst Euch jetzt aber schon etwas bewegen.“ „Schließlich verzichten wir doch auch schon auf den Mindestlohn.“ „Moment mal, das war doch…“ „Wir sind für eine Lohnuntergrenze, und die soll ja auch branchenspezifisch sein.“ „Ihr könnt doch nicht einfach auf etwas verzichten, was zu unseren Kernforderungen gehört!?“ „Wieso denn nicht?“ „Das ist schließlich unsere Bedingung für das Zustandekommen eines Koalitionsvertrages!“ „Und wenn wir auch auf die Lebensleistungsrente verzichten würden?“ „Auf die kann man doch jetzt schon verzichten.“ „Klar, aber dann ärgert sich die von der Leyen Pickel an den Hintern.“ „Deshalb dürfen wir ja auch nicht auf die verzichten. Also auf die Lebensleistungsrente.“ „Und wenn jetzt wir freiwillig…“ „Denkt nicht mal daran!“ „Aber dann müsstet Ihr auch nicht auf die Maut verzichten.“ „Wieso, die wollen wir eh nicht.“ „Ach, stimmt ja. Vor lauter Einigkeit kann man schon mal vergessen, wer was fordert, oder?“

„Und wenn wir jetzt auf den Mindestlohn doch verzichten?“ „Tja.“ „Was soll das denn heißen?“ „Könnt Ihr das?“ „Warum denn nicht?“ „Ihr wollt doch die Koalitionsverhandlungen bei der Basis durchkriegen?“ „Ach, die Basis. Die sollen ihre Beiträge zahlen und die Parteitage organisieren und in diesem Internet schreiben, dass alles ganz dufte ist, und sonst dürfen die ihre Klappe halten.“ „Und dass der Mindestlohn im Wahlkampf Euer Zugpferd war?“ „Wo ist denn das Problem? Wir sind schließlich die SPD.“

„Dann müssten wir uns schon gezwungen sehen, unseren Kampf gegen das EEG aufzugeben.“ „Das könnt Ihr nicht machen!“ „Sagt wer?“ „Ihr wollt doch bloß, dass die Grünen Euch wieder ein Koalitionsangebot machen!“ „Ich höre da eine Spur von Panik, korrekt?“ „Ihr würdet das nie tun, und außerdem dürft Ihr das gar nicht. Das gehört sich einfach nicht.“ „Und wenn wir von unseren Forderungen abrücken, weil Ihr die besseren Argumente habt?“ „Macht Euch doch nicht lächerlich!“ „Bitte, ich wollte nur…“ „Das gefährdet die Verhandlungsmasse! So kann man doch keine vernünftige Koalition hinkriegen!“ „Das stimmt allerdings. Aber ich würde jetzt nicht gleich den Teufel an die Wand malen. Dafür könnt Ihr dann auch auf ein paar Sachen verzichten, die Ihr eh nie wirklich wolltet.“ „Gut, das mit dem Mindestlohn wird bei der nächsten Wahl der Killer, wenn wir die Wirtschaft am Hals haben.“ „Eben. Und wenn der Sarrazin-Flügel mit dem Doppelpass ankommt, dann viel Vergnügen.“ „Wir können uns ja auch ändern.“ „Glaube ich nicht, ihr seid schließlich die SPD.“

„Wir werden die abschlagsfreie Rente mit 63 drangeben.“ „Hm.“ „Etwas mehr Begeisterung hätte ich schon erwartet.“ „Wir könnten für das und die Beibehaltung der aktuellen Gleichstellungsrichtlinie auf die Maut verzichten.“ „Die macht Euch das Bundesverfassungsgericht sowieso wieder kaputt.“ „Aber dann sind nicht wir schuld.“ „Wir etwa?“ „Was der Wähler denkt, dafür sind nicht wir verantwortlich. In einer Großen Koalition muss es schließlich eine gerechte Aufgabenverteilung geben.“ „Wie das denn?“ „Naja, wir müssen halt genau verteilen, wer was wofür aufgibt.“

„Gut, dann setzen wir mehr Kindergeld.“ „Wir auch.“ „Und Freibeträge.“ „Wir auch.“ „Hört mal, so geht das nicht!“ „Wieso, das war doch unser Slogan: Gemeinsam erfolgreich.“ „Und wir müssen das jetzt einfach so mitmachen? Nee, das könnt Ihr Euch mal abschminken.“ „Wir sind doch für den Politikwechsel angetreten.“ „Denn hattet Ihr unter Schröder, also macht mal nicht so einen Lärm hier.“ „Wir müssen doch gemeinsam gegen Lohndumping sein und die Kleinsparer verteidigen.“ „Sonst haben wir keine Schmerzen, was?“ „Aber das ist doch gut für Deutschland!“ „Mag sein, aber ist das auch gut für die Wirtschaft?“ „Wo ist denn da der Unterschied?“ „Ihr müsst noch eine Menge lernen.“

„Dann verzichten wir eben auf Gabriel als Vizekanzler.“ „Schon besser.“ „Und was jetzt?“ „Wie, was jetzt?“ „Jetzt müsste doch von Euch ein Angebot kommen, oder?“ „Wieso das denn?“ „Das ist doch eine Verhandlung hier.“ „Schon, aber wenn ich mich richtig erinnere, dann soll doch diese Koalition in guter Tradition verlaufen, wie es schon immer zwischen unseren Parteien war.“ „Na eben, und deshalb seid jetzt Ihr am Zug.“ „Ich dachte, wir machen es traditionell. Bisher habt Ihr doch auch immer jeden Mist unterstützt, den wir gemacht haben.“

„Dann geben wir eben ganz auf.“ „Geht nicht.“ „Wieso geht das nicht.“ „Das wäre fast so schlecht wie ohne Mindestlohn.“ „Ohne Mindestlohn hättet Ihr wenigstens nicht die vier Jahre, in denen Ihr mit uns regieren müsst.“ „Gut, und was müssten wir aufgeben, damit wir das überstehen?“ „Ganze einfach. Die SPD.“