„Und Sie haben alle Papiere dabei? Geburtsurkunde und Impfpass und Organspendeausweis? Getauft? Nein, das ist nicht Pflicht, aber Sie wissen ja, als Soldat ist man immer ein bisschen vorsichtig. Na, wird schon schiefgehen.
Das kommt Ihnen nur so vor. Irgendwann ist es eben an der Zeit, da suchen sich unsere Kleinen einen Beruf für Leben – doch, das bietet Ihnen die Bundeswehr. Immer mehr Soldaten kommen lebend von bewaffneten Freiheitsmissionen zurück, so rein statistisch, weil ja auch immer mehr da hinfahren, jedenfalls mehr als früher. Jetzt haben unsere Lieben die Möglichkeit, als Friedensengel ganz neue Chancen wahrzunehmen. Für Deutschland, für Europa, und wenn sie bei der richtigen Tour dabei sind, vermutlich auch irgendwie für den Frieden.
Wir haben die Verteidigungsministerin gefragt, ob das eine Modernisierung ist. Sie hat nicht widersprochen. Okay, sie gut knapp anderthalb Stunden lang irgendwas geredet, aber sie hat es nicht ausdrücklich bestätigt. Damit wären Sie rein rechtlich aus dem Schneider. Wir dürfen uns nicht mehr ständig mit diesen überkommenen Strukturen zufriedengeben, wenn wir die Truppe modernisieren wollen. Über die Hälfte der Frauen werden immer noch belästigt, das ist wirklich erschreckend. Das muss sich ändern. Wissen Sie, ich halte Kinder auch aus dem Grund für eine sehr gute Erweiterung unserer Personalbestände, weil – nein, haben wir nicht. Nur einen Militärbischof, aber der jetzt ist unverdächtig.
Das ist sehr wohl eine sozialverträgliche Aktion. Angehörige der Wehrmacht sind schließlich moralisch viel gefestigter, das wissen wir schon aus der deutschen Geschichte. Daher kann man mit der Wehrerziehung gar nicht früh genug anfangen. Genau, ‚Wehr; wie, was‘. Sehr guter Punkt. Damit kriegt man die jungen Leute. Sittlich auf den Punkt gebrachte Nachwuchsbürger in Uniform, die dann auch nicht mehr so asoziale Sachen wie Ballerspiele brauchen.
Wir bilden die Jugendlichen zwar schon an der Waffe aus, also theoretisch, das heißt: sie werden praktisch theoretisch, weil das ist ja theoretisch für den Praxisbezug, also ist das praktisch in der Theorie auch besser, und dann setzen wir sie aber erst ein, wenn die Voraussetzungen wegfallen. Also die Voraussetzungen, dass wir sie nicht einsetzen können. Nein, das muss man nicht verstehen. Das ist wie mit dem Führerschein, den kann man ja auch schon früher machen, und wenn man ihn dann hat, dann darf man noch nicht fahren, aber wenn man es dann tut, muss man unter Aufsicht sein, weil man sonst ja nicht fahren dürfte ohne Führerschein. Eben, ganz meine Meinung. Warum sollten junge Menschen, die noch nicht fahren dürfen, nicht schon mal praktisch mit der Waffe –
Das ist wegen des internationalen Dialogs, weil die Bundeswehr ja immer mehr im Dialog mit anderen Staaten, und wirtschaftlich, weil das eine der Aufgaben der Freiheit für – wo war ich? Demokratie, danke. Weil in Pakistan nämlich auch Kinder als Soldaten eingesetzt werden, und wenn wir Brunnen bauen und Mädchenschulen bohren, nein: umgekehrt, dann brauchen wir interkulturelle Kompetenz, und daher müssen wir uns mit einer jüngeren Armee vertraut machen. Weil sie die Zukunft unseres Landes ist. Und damit sind wir dann für neue Kontakte gerüstet, beispielsweise mit dem Iran. Oder wo unsere amerikanischen Freunde sonst so einmarschieren. Als Kinderüberraschung.
Natürlich ist das freiwillig. Die können ja nichts dafür, dass ihre Eltern arbeitslos sind. Auf der anderen Seite können wir auch nichts dafür, dass ihre Eltern arbeitslos sind. Und wenn wir alle etwas für die deutsche Wirtschaft tun können, dann sollten wir diese Chance nutzen, ganz familienübergreifend halt. Das ist ja auch eine Chance für den Frieden, und wir könnten mit dem gesparten Geld den Euro retten und die Einkommensteuer senken. Schauen Sie, jedes Volk braucht doch eine gute Perspektive, oder? Lauter ordentliche junge Leute, fleißige Schüler, kein Kontakt mit Schnaps, Drogen oder Rechtsradikalismus, nicht vorbestraft, klar im Kopf. Naja, wir nehmen dann halt die anderen.
Doch, das hat Zukunft. Wir bilden auch nicht über Bedarf aus, im Gegenteil. Wenn Sie bei uns anfangen, dann bleiben Sie auch für den Rest Ihres – jedenfalls ist Ihr Arbeitsplatz bei uns erstmal sicher. Und mit der Ausbildung kann man zwar später im zivilen Leben nicht viel anfangen, aber sehen Sie es mal so: wenn die ersten Jahrgänge durch sind, wird anspruchsloses Personal mit einem leichten Hang zur Selbstverleugnung mehr als je zuvor gefragt sein. Und die Prothetik wird ja auch immer besser. Also für Privatpatienten.
Dann wäre das also geklärt. Und ich kann Ihnen bestätigen im Namen der Freiheit und der freien Menschen in der freien Welt, des freien Welthandels und der europäischen Freiheit, die wir ja überall, und im Hindukusch sowieso, und hier noch eine Unterschrift, wen wir im Falle eines Falles, möglichst mit Handynummer. Prima. Warten Sie, ich hefte das nur eben ab. – Kevin, komm doch mal rein.“
Satzspiegel