Wechselreiter

30 04 2014

„Können Sie sich den Mann als Bundeskanzler vorstellen?“ „Wen?“ „Falsche Frage.“ „Wen denn?“ „Sie müssten fragen, ob ich mir den Mann…“ „Meine Güte, wen denn!?“ „… als Bundeskanzler vorstellen will.“ „Man gewöhnt sich an alles.“ „Das haben wir vor Merkel auch gedacht.“ „Das Problem ist doch, dass wir es geschafft haben.“ „Verdammt noch eins, von wem…“ „Jetzt schreien Sie hier mal nicht so herum, heben Sie sich das bis 2017 auf.“ „Wieso?“ „Vorher hört Ihnen eh keiner zu.“

„Hinterher auch nicht.“ „Stimmt auch wieder.“ „Das Problem ist nicht, dass Merkel – nein, falsch.“ „Dass sie es geschafft hat?“ „Das sehe ich auch als Problem. Zunehmend.“ „Das Problem ist eher, dass sie uns schafft.“ „Naja, Deutschland schafft sich halt ab.“ „Das schafft die ganz alleine.“ „Dafür schafft sie die Parteien ab, und zwar alle.“ „Also erst die SPD, dann die FDP…“ „Wer mit der Schwarzen Witwe koaliert, wird gefressen.“ „… und jetzt wer?“ „Müsste doch wieder die SPD sein.“ „Nö, jetzt sind wir dran.“ „Sie meinen, die SPD hat sich mittlerweile derart stark assimiliert, dass wir die komplett übernommen haben?“ „Wäre jedenfalls möglich.“ „Oder die haben heimlich uns unterwandert, man merkt das ja immer erst, wenn es zu spät ist.“ „Und dann schaffen jetzt wir uns ab? Mist!“

„Und wenn wir tatsächlich bis 2017 jemanden finden würden, der…“ „Die.“ „Wie jetzt?“ „Die. Unsere Selbstverteidigungsministerin wird das machen.“ „Die ist doch komplett fehlbesetzt.“ „Als Kanzlerin weiß man das aber vorher meistens nicht.“ „Ich meine doch als Kanzlerin.“ „Solange sie das selbst nicht mitkriegt, steht dem doch nichts mehr im Weg.“ „Außer Merkel vielleicht.“ „Aber die kriegen wir doch nie bis 2017 aufgebaut.“ „Sie meinen, wir finden keinen, der verhindert, dass sie sich bis 2017 selbst zerlegt.“ „Und Merkel würde das mitmachen?“ „Ich wäre mir da nicht sicher.“ „Die will bestimmt selbst ihre Nachfolge regeln.“ „Also gar keine.“ „Die Frage ist doch eher, wenn von der Leyen Kanzlerin wird, ist unsere Partei dann nicht schon derart im Eimer, dass Merkel es garantiert nicht mehr wird verhindern können?“

„Gibt es eigentlich einen Grund, warum de Maizière nicht…“ „Schäuble.“ „Okay.“

„Was ist denn mit diesen Nachwuchskräften?“ „Stimmt, die haben gerade eine Agenda 2020 von Merkel gefordert.“ „Sie hat ihnen ihr Vertrauen ausgesprochen.“ „Plötzlich und unerwartet.“ „So gehen Parteikarrieren kaputt.“ „Es ist tragisch.“ „Dabei haben wir doch so ein großes Potenzial.“ „Zumindest mehr als bei der Konkurrenz.“ „Das liegt aber nicht an uns.“ „Sind wir nicht gut genug, um als Konkurrenz aufzutreten?“ „Das schon, aber wenn Sie sich die SPD in den letzten Jahren anschauen, dann werden Sie feststellen, dass die sich viel schneller selbst zerstören, als wir das je schaffen würden.“ „Auch wieder wahr.“

„Oder sie wollte das jetzt so.“ „Rente mit 63?“ „Lag mir auch auf der Zunge.“ „Kann ich mir nicht vorstellen.“ „Im Prinzip könnte sie doch jetzt schon aufhören.“ „Weil sie die Partei hinter sich hat.“ „In jeder Hinsicht, ja.“

„Aber wo wir gerade bei Schäuble waren: warum nicht?“ „Wollen Sie, dass unsere Partei endgültig unter die Räder kommt?“ „Jetzt tun Sie doch nicht so verzweifelt!“ „Verzweifelt wäre es, wenn wir den Mann jetzt wieder da hinbringen, wo er nach Kohl schon mal war.“ „Im Aus?“ „Quatsch, im Zentrum der Macht.“ „Also in seiner eigenen Schreibtischschublade?“ „Jetzt hören Sie doch mit den alte Kamellen auf!“ „Immerhin hat er gezeigt, dass er alles übersteht.“ „Sie meinen, wie das Ungeziefer, das nach der Atombombe wieder aus den Ritzen hervorgekrochen kommt?“ „Sie sind wirklich geschmacklos.“ „Wer hat denn mit Schäuble angefangen?“

„Im Zweifel könnten wir doch auch Guttenberg fragen, ob er noch mal…“ „Schnauze!“ „Ich meine ja nur.“

„Und wenn wir die Wahl gar nicht mehr gewinnen?“ „Sie meinen, die Deutschen könnten noch etwas anderes wählen außer uns und der SPD?“ „Wenigstens haben sie schon mal die SPD gewählt.“ „Das hat aber nicht gereicht, um die Hürde zur Regierungsbildung zu überspringen.“ „Dann ist jetzt wohl Wechselreiten angesagt.“ „Auf einem Wechsel auf die Zukunft?“ „Für die Zukunft jedenfalls nicht.“ „Und dann wählen sie SPD.“ „Nicht auszuschließen. Wahrscheinlich aber eher Gabriel.“ „Ist der nicht SPD?“ „Ich habe keine Ahnung, ob das nicht auch umgekehrt gilt. Oder nicht.“ „Ach Quatsch, der gehört doch nur zur SPD, wenn er in der Opposition ist. Wenn er regiert, dann ist er einer von uns.“ „Und Sie meinen, wir sollten den bei uns aufnehmen?“ „Kommt auf den Preis an.“ „Auf unseren?“ „Ich meinte seinen, aber das ist wohl Verhandlungssache.“

„Kinder, ich hab’s!“ „Jetzt doch?“ „Schau mal einer an. Und was, bitte?“ „Er hat wahrscheinlich gerade das Zweit-Ich von Merkel entdeckt.“ „Fast.“ „Also wen?“ „Wir könnten es doch so machen, dass wir…“ „Wen denn?“ „… nicht irgendeinen von der SPD hier aufnehmen und dann Kanzler spielen lassen, sondern…“ „Hallo? wen denn jetzt!?“ „… einfach die Kanzlerin selbst…“ „Genial!“ „Super Idee!“ „Wie?“ „Klasse!“ „So machen wir das!“ „Verdammt, was denn?“ „Na, wir treten die Alte an die Sozialdemokraten ab. Denen darf sie den Laden endgültig an die Wand fahren, und wenn sie sich selbst zerstört hat, übergeben wir unsere Partei 2021 für den Neuanfang an ihren Nachfolger. Besenrein.“





Das Prinzip EU

29 04 2014

„Jetzt machen Sie sich doch nicht lächerlich! Krümmungsgrad von Ölkännchen – das ist doch der typische populistische Unsinn, den Sie regelmäßig bei der Wahl schreiben, damit Sie bei der Wahl überhaupt irgendwas schreiben können! Wenn Ihnen sonst zur EU nichts einfällt, dann schreiben Sie doch lieber gar nichts!

Sie sind doch wieder nur so ein billiger Populist, der mit seinem billigen populistischen Geschreibsel gegen die europäische Idee Stimmung machen will, oder? Dachte ich mir doch. Wir bringen ein gemeinsames Papier heraus für eine europäische Friedenspolitik, und Sie schreien sofort: Glühbirnenverbot! Wir arbeiten an einer Außenpolitik aller EU-Länder, und Sie schreiben in Ihren Käseblättchen: Staubsaugerverbot! Die Kaffeemaschine wird abgeschafft! Halten Sie sich etwa für witzig? Meine Güte, lassen Sie sich doch mal etwas Neues einfallen, dabei schläft einem ja langsam das Gesicht ein!

Wir machen das doch nur, weil wir an den mündigen Konsumenten glauben. Verstehen Sie nicht? Ein Beispiel: Sie kaufen eine Schachtel Zigaretten mit Schockbildern, wie Ihre Lunge nach zwanzig Jahren Kettenrauchen aussieht. Das wussten Sie schon vorher? Sehen Sie, das wussten wir schon vorher, dass Sie das schon vorher wussten. Also machen wir das gar nicht, um Sie als Verbraucher zu schocken, wir demonstrieren Ihren doch nur, dass Sie hier in einem Land der Freiheit leben. Haben Sie schon mal auf einer Flasche gelesen, dass Alkohol zum langsamen sozialen Abstieg führt und Sie zum debilen Deppen macht? Eben, wir vertrauen auf Ihr Urteil als mündiger Verbraucher. Darauf und auf den Umstand, dass das auf einem fünfzig Jahre alten Armagnac ziemlich scheiße aussieht.

Oder der goldene Osterhase, der ist keine eigene Marke. Wir könnten uns vorstellen, dass wir den Osterhasen als Geschmacksmuster schützen, und wenn Sie das mit dem Freihandelsabkommen noch rechtzeitig umgesetzt kriegen, dann ist wahrscheinlich die Farbe Gold früher oder später eh vom Markt. Aber bis dahin dürfen Sie goldene Osterhasen kaufen. Ungeschützt.

Oder das Wiener Schnitzel. Das ist doch ein Symbol der Freizügigkeit! Wussten Sie nicht? Klar, Sie müssen unbedingt Kalbfleisch dafür verwenden. Ob das minderwertiges Fleisch ist, das muss uns nicht interessieren. Sie interessieren sich ja auch nicht, was in Ihrer Wurst steckt. Und Sie müssen das in Butter braten. Unbedingt. Das ist auch viel gesundheitsschädlicher, aber das muss halt so, von wegen: mündiger Verbraucher. Nein ernsthaft, das ist jetzt ganz im Sinne der Freizügigkeit. Sie dürfen das immer noch überall essen, und es darf auch überall Wiener Schnitzel heißen. Bis jetzt noch.

Die EU ist demokratisch, merken Sie sich das. Das ist so, und so bleibt das auch. Und wenn Sie nicht mitmachen, dann werden wir es Ihnen schon zeigen. Dass das hier eine Demokratie ist.

Denken Sie an die Letten. Ein vorbildliches Volk, muss ich schon sagen. Die haben abgestimmt über den Eintritt in die Eurozone, und was soll ich Ihnen sagen? Der Euro hat gewonnen. Das nenne ich Demokratie!

Bitte verschonen Sie mich mit Ihren Horrormeldungen, das ist alles nur künstlich hochgequirlter Populismus. Wir werden keine Bücher mit Erzählungen verbieten, die Kindern veraltete Rollenklischees beibringen. Und vor allem, stellen Sie sich das mal vor – so viele Bibeln kann man gar nicht gleichzeitig aus dem Verkehr ziehen.

Sagen Sie, haben Sie das Prinzip EU eigentlich verstanden? Ich habe nicht den Eindruck. Ja, es gibt eine Regelung für den Gebrauch von Schnullerketten. Schnul-ler, ja? Das sind die Ketten, die man – Sie wollen mich wohl veralbern, wie? Nein, ich Sie auch nicht. Doch, es gibt diese Schnullerkettenverordnung, und sie besagt, dass einheitlich in der EU zur Sicherung vor etwaigen – jetzt unterbrechen Sie mich nicht! – dass der Gebrauch von Ketten an Schnullern einer Regelung bedarf, die… – Es geht dabei um eine Regelung, die man macht, weil man doch den unmündigen, also den Säuglingen, oder wenn man so will, das sind die Bürger, und die muss man eben, weil sie noch nicht selbst entscheiden dürfen, muss man denen… – Also soll ich Ihnen jetzt das Prinzip der EU-Gesetzgebung erklären oder nicht!?

Das können Sie überhaupt nicht vergleichen. Mayotte ist eine außerordentlich reizvolle Insel. Gut, bei Madagaskar. Also fast schon irgendwie beinahe Europa. Klingt auch schon französisch, oder? Sehen Sie, deshalb ist das jetzt auch Teil der EU. Damit wir in diesem Zonenrandgebiet auch ein bisschen die Folgen der Globalisierung gutmachen können. Für die Franzosen natürlich.

Was dachten denn Sie, für die Bimbos? Nur, weil die zufällig da wohnten, kurz bevor die Grundstückspreise um ein paar zehntausend Prozent stiegen? Wenn die mitspielen wollen, können sie es ja versuchen. Falls sie Lampedusa je erreichen.

Meinen Sie nicht auch, wir sollten die Lage in der Ukraine völlig neu bewerten?“





Beerendienst

28 04 2014

„… bestätigt, dass durch die Einführung eines Mindestlohns die deutschen Verbraucher mit erheblichen Preissteigerungen für Spargel und Erdbeeren…“

„… sich der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands Bernhard Krüsken nach neuesten Erhebungen besorgt gezeigt, dass bei dem zu erwartenden Preisanstieg nicht mehr genug Erdbeeren produziert werden könnten, um jeden Verbraucher täglich mit mindestens zwei Kilo Früchten zu…“

„… es nach Angaben von Agrarverbänden die größte Schwierigkeit sei, die gestiegenen Preise beim Verbraucher auch durchzusetzen. Fachleute aus dem Einzelhandel hätten dies allerdings für ein vorgeschobenes Argument gehalten, da dazu lediglich das Preisschild mit dem aktuellen…“

„… natürlich verkürzt dargestellt worden sei. Üblicherweise würden gestiegene Lohnkosten nie an den Verbraucher weitergegeben, sondern vom Gewinn der Konzerne abgezogen, weshalb die deutsche Wirtschaft auch seit Jahren einen Aufschwung nach dem anderen…“

„… könne man, so Krüsken, natürlich auch die für den Export bestimmten Erdbeeren für den nationalen Markt zur Verfügung stellen, was jedoch zu enormen Umsatzeinbußen auf dem Außenhandelssektor führe. Man sehe ja bereits auf dem Strommarkt, dass durch derartige Operationen die Energiekonzerne am Bettelstab…“

„… fordere die CSU, die Spargel- und die Erdbeersaison zusammenzulegen, um den Verbraucher nur einmal im Jahr mit einer derartigen Preissteigerung…“

„… habe FDP-Sozialexperte Westerwelle vor allem moniert, dass die Kräfte ja bereits durch Hartz-IV-Leistungen zu den Privilegierten gehörten und zusätzlich durch bis zu 6,50 € pro Stunde wahre Reichtümer…“

„… schlage die INSM vor, bei der Einführung von Mindestlöhnen die Saisonarbeiter durch einen Solidaritätszuschlag an der Wirtschaftsentwicklung in Deutschland zu beteiligen. Dieser errechne sich aus der Differenz der aktuellen Löhne zum Mindestlohn und werde direkt an die Arbeitgeber entrichtet, um Stabilität auf dem Arbeitsmarkt…“

„… habe das Verbraucherschutzministerium den CSU-Plänen strikt widersprochen. Maas habe errechnet, dass dann dem Verbraucher trotz anders lautender Finanzplanungen der Union nicht das doppelte Investitionsvermögen zur Verfügung stehe, um gleichzeitig Erdbeeren und Spargel zu…“

„… zu mehr Freiheit aufgerufen. Anlässlich einer Heiligsprechung habe Gauck die Erntehelfer auf die jährlich wiederkehrende Chance hingewiesen, die sie nur zu nutzen bräuchten: sowohl als Spargelstecher wie auch als Erdbeerpflücker zu arbeiten, um dadurch doppelt so viel…“

„… wolle die CSU aus Gerechtigkeitsgründen vor einer Anhebung der Löhne in der deutschen Landwirtschaft erst Textilarbeiterinnen in den Billiglohnländern so viel zahlen wie den Vorstandsvorsitzenden von…“

„… liege das Problem nicht speziell am Fachkräftemangel, sondern an der mangelnden Bereitschaft illegaler Einwanderer, die deutsche Wirtschaft durch uneigennützige Arbeit an der Spitze der europäischen…“

„… habe Henkel mit einem weiteren Preisanstieg gedroht, wenn chinesische Bauern nicht Arbeitskräfte aus Tibet nach Norddeutschland zu schicken bereit wären, um die Preisstabilität des europäischen…“

„… sei laut Henkel auch möglich, dass die deutschen Spargeläcker von der Deutschen Bank gekauft und an chinesische Großunternehmer verpachtet würden, die ihrerseits Arbeitskräfte aus Tibet und…“

„… als reine Panikmache bezeichnet. Die INSM sehe es zwar als realistisch an, dass sich im Zuge der Globalisierung chinesische Unternehmen auch auf deutschem Agrarland ausbreiten würden, die Arbeitskräfte jedoch seien aus Herkunftsländern wie Bulgarien und Rumänien viel besser und…“

„… schaffe sich Deutschland ab. Sarrazin habe dem SPD-Parteitag vorgerechnet, dass bei einer Einführung des Mindestlohns ein Kilo Spargel in ungefähr 1,4 Millionen Jahren so teuer sei wie heute ein einziger…“

„… zu Problemen mit dem Aufenthaltsrecht führen könnte. Seehofer halte den Import billiger Arbeitskräfte aus Rumänien zwar grundsätzlich für unerlässlich, habe sich aber bereits vor der Europa-Wahl so positioniert, dass er jede Arbeitsmigration mit dem lebenslangen Verbot der Wiedereinreise in die Bundesrepublik…“

„… die Bonuszahlungen jährlich um ca. 300 Prozent zu erhöhen. Die West LB wolle es nicht so weit kommen lassen, dass ihre Mitarbeiter, ungeachtet etwaiger Vorstrafen, sich kein frisches Obst mehr…“

„… dass die hauseigene Zucht von Erdbeeren aus alten Sortenbeständen unter Strafe stelle, vor allem hinsichtlich solcher Sorten, die noch nicht genetisch optimiert seien. Genaueres zu den Vorschriften des Transatlantischen Freihandelsabkommens könne Gabriel noch nicht sagen, da der Bundestag die Inhalte erst dann erfahre, wenn die Verträge bereits beschlossen und…“

„… die Binnenkonjunktur in Deutschland endgültig abzuwürgen und die Bundesrepublik zum Armenhaus Europas zu machen. Die Bürger, so der FDP-Vorsitzende, könnten nur noch durch massive Eingriffe in die Wirtschaft noch am Konsum teilnehmen, beispielsweise durch Mindestlöhne oder einen gezielten…“





Protzbrocken

27 04 2014

Altbischof Walter Mixa – die Älteren werden sich noch an den netten Alkoholiker in Frauenkleidern erinnern, der vor lauter Nächstenliebe Kinder schlug – schickt sich an, die Grenzziehungen etwas zu verschieben. Hat er doch Franz-Peter Tebartz-van Elst, den Ex-Kollegen aus Limburg, mit seinem Juniorchef verglichen; auch Jesus sei einem ungerechten Urteil und Spott ausgesetzt gewesen. Ob der Hirte mit dem Protzbrocken-Image demnächst nach Gebrauchsanweisung gekreuzigt wird, entzieht sich unserer Kenntnis; fest steht nur, dass die besten Argumente für den Atheismus immer noch die Kirche liefert. Alles Weitere zum Thema „Väter gegen Söhne“ wie immer in den Suchmaschinentreffern der vergangenen 14 Tage.

  • malin kreis trebnitz: Soll ich ihrem Vater Bescheid sagen?
  • untersuchungsgeschichten: Hat de Maizière. Und sein Psychiater.
  • imehl diddl cartoon: Wie war das so nach dem Krieg, als es keine Witze mehr gab?
  • durch magentabletten haarverfärbungen?: Nur, wenn Sie mit Bodenpflegemittel duschen.
  • lippenstift auf autoscheibe sachbeschädigung: Pink sieht halt scheiße aus.
  • fetisch dauerwellengeruch: Tackern Sie sich ein Toupet unter die Nase. Machen die in der AfD ja auch.
  • asiatischer dollarvogel geräusch: Er imitiert das Echo in den Finanzierungslücken Ihrer Rentenversicherung.
  • fachwort für entscheidungsschwäche: SPD.
  • zeitfenster schwarze katze von links nach rechts: Sie sollten einen Irrenarzt aufsuchen. Sofort.
  • flaschenpfandpreise: Ihre Bundesregierung rechnet das eh aufs Arbeitslosengeld an.
  • „na!“ „noch sagen dürfen“ schizophren: Und ich dachte, Akif Pirinçci hätte ganz normal gekokst wie die anderen Deppen auch.




In fünf Zeilen um die Welt. Limericks (CLXXXIX)

26 04 2014

Es sagte sich Gottlieb in Gutau:
„Wenn ich so gebannt in die Glut schau,
dann bin ich gutmütig
und gar nicht mehr wütig,
dass ich meinem Weib auf den Hut hau.“

Yo feierte in Praia Grande
Silvester. Es war eine Schande!
Er hatte zum Schmücken
des Hauses, das Lücken
wohl aufwies, nicht eine Girlande!

Der Bertl frisierte in Höhnhart.
„Wenn ich im Salon auf den Fön wart,
dann bleib ich ruhig hocken
und drehe die Locken,
bevor mich das ganze Gestöhn narrt.“

Es schraute Yazmeena in Steele
am Mofa, und zwar am Ventil.
Das ging in die Hose,
nach fest kam schnell lose,
dann pfiff’s, und der Rest hatte Spiel.

Es zeigte Herr Wolf in Kematen
den Garten den wartenden Paten.
Die aber, sie hatten
nur Blumenrabatten
erwartet, und nicht bloß Tomaten.

Es hatte Ángel in Morón
beim Lottogewinn nichts davon.
Nichts sollte ihm nützen,
als sich gut zu schützen,
zumindest empfahl das der Don.

Josefa beschrieb einst in Kefermarkt
den Weg dorthin, wo auch der Schäfer harkt.
Sie sprach so in Bildern,
um dieses zu schildern,
und fast vergaß sie, wo der Schläfer parkt.





Gernulf Olzheimer kommentiert (CCXXXVIII): Quoten-TV

25 04 2014
Gernulf Olzheimer

Gernulf Olzheimer

Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.

Früher – aber da waren die Gummistiefel noch aus Holz, man konnte noch drei Tageszeitungen lesen, aus denen nicht derselbe gleichgeschaltete Dreck quoll, und schaltete man den Fernseher an, so hatte man da ein Programm. Noch eins. Und noch eins. Und bisweilen lohnte es, ein Stündchen für das neue Medium freizumachen, denn es ließ die Betrachtung zu, dass es wie einst die Dichter nützt und unterhält. Dann kam die Quote.

Wer heute zu ziviler Tageszeit den Empfänger anknipst, zur Hinrichtung eines Urlaubstages oder ähnlich selbstgeißlerischen Zwecken, wird ad hoc mit dem Auswurf der telemedialen Resterampe vollgesülzt. Infantile Gewinnspiele, beschämend schlechter Dokuschrott mit naturidentischem Realitätsimitat, Seifenoperetten minderer Güte lassen die Matschscheibe von innen beschlagen, den Bildungsauftrag sucht man vergeblich. Dabei macht es noch nicht mal einen Unterschied, ob es sich gerade um die öffentlich-schrecklichen Kohleverbrennungsanlagen mit parteiintegrierten Verblödungsbeauftragten handelt oder um den Wurmfortsatz der Werbeindustrie. Mit Sicherheit sieht man Seichtmatrosen im Flachwasser dümpeln, da nur so die Ziele der Investoren zu erreichen sind: zwanzig Prozent Rendite, und ein Volk, das vor lauter Hirnweichheit den Beschiss nicht riecht.

Das Quoten-TV will in die Schlagzeilen, und es tritt den Marsch an mit der Brechstange in der Hand. Wo immer Polarisierung notwendig scheint, schalten die Sender auf Provokation. Dreck fressen, Eltern und Kinder demütigen, Jugendliche zum Jodeln oder Modeln vor die Jury schicken, damit einer nach dem anderen aufs Maul kriegt, mehr braucht es heute nicht mehr, um eine komplette Familie, WG oder Therapiegruppe vor die Glotze zu bekommen. Was allen Guckreiz verursacht, kann ja so schlecht nicht sein, und wenn man schon das geistige Lumpenprekariat auf dem Schirm hat, bekommt man es auch am besten in intellektueller Flachlage ins Schleppnetz. Nirgends stellt sich die kranke Gesellschaft in Frage, nur das auf die Spitze getriebene Selbstbild könnte das tun – und welcher Lemming würde eigens von der Klippe hüpfen, um im Sinkflug in den Reflexionsmodus zu wechseln?

Das probateste Mittel, um die Grütze großflächig in den Schädel der Beknackten zu kleistern, ist die perennierende Wiederholung. Im Jahresrhythmus trieft einmal gekaufter Schmonzes aus der Leitung, gerne zu den Zeiten, in denen nach aller Schätzung obere Lohngruppen keine Spots für Premium-Konsumgüter rezipieren, weil sie gerade im Meeting pennen. Die Blödelbeiträge, in denen sich regelmäßig der vergorene Hirnblubber der Medienredaktionen absetzt, wo erbärmliches Personal überflüssige Filme dreht – eine Tüte Lurchlaich wird wegen mangelnder Mimik nicht mit Til Schweiger besetzt, während Ferres und Neubauer sich selbst spielen, wie sich gegenseitig imitieren – wird aus Boshaftigkeit und Prinzip von der Wirklichkeit in den Schatten gestellt. Nur noch aus Bordmitteln und grob massenkompatiblen Geschmacksverstärkern zusammengequirlte Skripte überstehen das Sperrfeuer der Sparfeuerwehr, die ihre quasi verbeamteten Schmalzbrocken der Nation an der kurzen Leine in die Produktion prügelt. Was sich als Star dünkt, sind letztlich nur leibeigene Hackfressen, die auf der Gulagsuppe um ihr Leben paddeln und nach einer Runde in der Endablagerung landen, wenn sie nicht brav in die Kamera hampeln.

Natürlich ist das nach Maßgabe ökonomischer Hominiden als Einheitsbrei für die große Mehrheit gedacht, vulgo: farbige Demokratiesimulation mit optionaler Pinkelunterbrechung. Doch ist die Achse des Blöden derart verdellt, dass sie nicht mehr registriert haben, wie die schweigende Mehrheit ihre Fernseher auf der Deponie ausgesetzt und das Netz zum Ersatz heranziehen. Um noch die letzten Deppen auf der Couch anzutackern, das verbliebene Potenzial an wehrlosen Opfern, quarken ihnen die Sender längst verweste Wiedergänger aus dem prähistorischen Bereich rein: die Angst, dass mit der ersten Veränderung der erste hirntote Gucker reflexartig abschaltet, trifft auf die hysterische Hoffnung, durch niveausenkendes Material den Dämmerschlaf der Vernunft in die Ewigkeit zu verschwiemeln. Um sich für diese Nullleistung bei den politischen Entscheidungsträgern Absolution zu erschleimen, krempeln sie die Kausalkette einfach auf links – das, was man dem Zuschauer nun dies- wie jenseits der Körperverletzungsgrenze zumutet, bekommt er nur, weil er es so will. Und er will es nur, weil er eh nichts anderes bekommt. Und er bekommt es nur, weil…

Sollte es ein Format geben, möglichst auf einem 24-Stunden-Live-Sender, in dem die jetzigen Protagonisten dieses unsortierten Bilddurchfalls auf kreative Art ihrer gerechten Strafe zugeführt würden, die Anstalt bekäme einen Ehrenplatz in der Ruhmeshalle des Weltkulturerbes. Auch wenn jetzt schon klar sein dürfte, dass Markus Lanz den ganzen Sabber moderiert.





Braver Soldat, schweig

24 04 2014

„Oder eine warme Mahlzeit mit Ziegenkäseeis für alle? Ich weiß es doch auch nicht! Sie stellen immer so komisch Fragen, und am Schluss bin ich dann wieder schuld, wenn Sie keinen Erfolg haben! Was soll man denn aus Ursula von der Leyen noch groß machen, die Frau ist doch ausgelutscht!

Keine Ahnung, warum sie so abgerauscht ist in der öffentlichen Beurteilung. Vielleicht haben aus Versehen alle eine Woche lang gelesen, was sie so von sich gibt, wenn Mikrofone in der Nähe sind. Normalerweise ist das den Leuten doch auch total wurst, solange die Frisur einigermaßen sitzt. Eben noch die Wehrpflicht abgeschafft, jetzt schon im Libanon, das muss man erstmal bringen. Nicht mal unsere Börsenexperten haben eine Erklärung, und die wissen sonst hinterher immer, weshalb sie sich vorher geirrt haben.

Wenn Sie sich erinnern wollen, eigentlich war unsere Agentur dafür gebucht worden, Ursula von der Leyen zur Bundeskanzlerin zu machen, aber das ist wohl irgendwie in Vergessenheit geraten. Nein, wir hatten das mit der Verteidigungsministerin nicht vorgeschlagen, da verwechseln Sie etwas. Wie bei der Bundespräsidentenwahl, als sie sich mit dem Bundespräsidenten verwechselt hat.

Natürlich ist das schwierig. Sie ist keine Quartalsirre wie Seehofer oder Dobrindt. Dann hätten wir sie jetzt auch schon in den Schlagzeilen. Aber das mit der Popularität klappt irgendwie nicht richtig. Klassenfahrten an den Hindukusch? und auch noch zwangsweise? Nee, das finanziert doch auch keiner. Außerdem wird da niemand mitmachen. Oder eine neue Modelinie von Heidi Klum? Also Lagerfeld fand sie niedlich. Aber der hat auch schon gesagt, dass sie Kriegsministerin ist. Das kann man wieder nirgends zitieren.

Ein Buch? Woanders würden Sie jetzt ein Kochbuch veröffentlichen unter ihrem Namen, aber was schreibt man da? Ursels Feldküche? Uschi kann brauchen, was es gelernt hat? Das glaubt einem doch auch keiner. Können Sie vergessen. Die wird am Ende noch zu Wetten, dass…? eingeladen. In die letzte Sendung, wo sich das ZDF noch mal an allen rächt.

Das Problem an Ursula von der Leyen ist doch nicht, dass sie bis jetzt in so gut wie jedem Amt gewesen ist. Das Problem ist, dass sie in jedem Reichspropagandaministerin war.

Dabei ist die Frau doch bestens geeignet für ein Spitzenamt. Vollkommen maroder Haushalt, keine Personaldisziplin, null Planung, der glaubt man doch sofort, dass sie sich nur für die große Linie interessiert und die Details ihren Untergebenen überlässt. Wenn das keine Kanzlerin ist, wer dann?

Wir könnten jetzt natürlich kommunizieren, dass sie die Gelder für Zukunftsplanungen in ihr persönliches Lieblingspersonal investiert, hat anderen auch nicht geschadet. Niebel zum Beispiel hat eine ganze Legislaturperiode überlebt damit. Und er hat damit einige Leute sehr, sehr glücklich gemacht, die sonst hätten arbeiten müssen. Das ist ein feiner Zug, es erinnert an die warmherzige Art, wie sie seinerzeit ihr Familienministerium geführt hat.

Schauen Sie sich mal dieses Umfragetief an, das die FDP da hingekriegt hat. Das ist unglaublich. Sehr professionell gemacht, muss ich schon sagen. Die Stabilität natürlich, nicht das Tief an sich.

Also noch mehr soziales Engagement? Die Bundeswehr als Arbeitgeber der Zukunft? Wir könnten den Aufschwung natürlich mit mehr Arbeitsplätzen in der Rüstungsindustrie erklären. Oder vielleicht eher die gestiegenen Aktienkurse, das wäre noch etwas ehrlicher. Man kennt das zwar bisher nicht von Ursula von der Leyen, aber so langsam kann man sie ja mal inhaltlich in eine andere Richtung bringen als ihre Kanzlervorgängerin.

Wir haben Ihnen das klar genug gesagt: keine Extratouren. Wir können nicht ständig Krisen-PR machen. Warum? Wenn wir jetzt schon den permanenten Verteidigungsfall ausrufen, was machen wir denn dann, wenn wirklich die Opposition Streichhölzer ins Pulverfass schnippt?

Die allgemeine militärische Lage ist ja gar nicht so schwierig. Die Bundeswehr ist kompliziert. Wir hatten es gleich gesagt. Eine Arbeitsministerin, die Arbeitnehmer nur mit Gummihandschuhen anfasst, was soll die denn der Truppe erzählen? Braver Soldat – schweig? Lächerlich!

Vielleicht ist das ja schon der Absturz, für den wir die Grundgesetzänderung gebraucht hätten. Wenn eine Verteidigungsministerin im Luftraum über den deutschen Stammtischen abschmiert, muss die Regierung schnell und unbürokratisch handeln und schnell einen humanitären Einsatz zur Rettung der Truppe beschließen. Wir können die doch nicht einfach so im Stimmungstief hängen lassen.

Mal einen Bundeswehreinsatz im Inneren, so testweise? Kann ich mir nicht vorstellen. Für die nächste Bundestagswahl könnten wir vielleicht eine Art Großaufgebot an Einsatzkräften organisieren, das kriegen wir notfalls noch hin, aber wie lässt man die Oder überlaufen?

Ja, gut. Wir versuchen da mal etwas. Eine Arbeitsgruppe kümmert sich um die Logistik, eine wird sich die restliche CDU vornehmen, und eine wird beten, damit es nicht schon wieder schiefgeht. Und dann brauchen wir nur noch die Zustimmung des Bundestages. Wie viel Mann wollten Sie denn in der Ukraine haben?“





Gesellschaftsabend

23 04 2014

„Endlich! Ich dachte schon, Sie kämen gar nicht mehr!“ Der Aufnahmeleiter war schweißgebadet, und nicht nur das verwirrte mich. „Nun mal schnell rein hier“, kaute die Maskenbildnerin an ihrem Gummi vorbei, „Sie muss ich ja trockenlegen, bevor ich den Puder raushole.“ Wo war ich nur gelandet, und vor allem: warum? Und in welchem Programm würden sie das senden?

„Sie sind doch der Politiker, oder war’s ein Politologe? egal, Ihr Schlips passt gut zur Deko, Sie kommen links auf die Couch.“ Drinnen schoben die Beleuchter ein paar Kulissen hin und her, das Publikum übte Klatschen, wenn das rote Licht anging, und irgendwo musste auch die Moderatorin sich versteckt haben. Ich hingegen hatte den falschen Fahrstuhl genommen, den nämlich, der mich auf dem Weg von Doktor Bernstörffer, Kultur und angewandte Philosophie, direkt in die Tiefgarage fuhr, statt im Erdgeschoss zu halten. Ihn hatte natürlich nur mein Exposé der zehn neuen Folgen Kochen wie die Azteken interessiert – „Großartig, mein Lieber, ganz großartig, und wenn die Bilder zu teuer werden, machen wir ein halbstündiges Radiofeature aus dem ganzen Mist!“ – und nicht meine persönlichen Befindlichkeiten. Das war so in seiner Redaktion. Dafür hatte irgendjemand den Aufnahmeleiter im Stich gelassen, und jetzt stand er da. „Uns fehlt der Populist.“ Ich sah ihn verständnislos an. „Richtig, uns fehlt heute der Populist. Die da hinten ist die normale Tante, und der da im Kammgarnanzug ist so ein Kirchenfunktionär, der ist zwar konservativ, muss aber leider auch immer wieder für Frieden und Gerechtigkeit eintreten.“ Er grinste. „Den können Sie heute so richtig auseinandernehmen. Er hat seit mindestens sechs Stunden keinen Tropfen Alkohol mehr bekommen.“

„Was ist in unserer Gesellschaft los?“ Die Gastgeberin warf einige überflüssige Fragen in den Raum und eine Moderationskarte gleich hinterher. Die abgeklärte Oppositionelle wackelte mit dem Kopf, der nicht ganz aufgeklärte, aber nicht mehr amtierende Regierungsparteimann auch, aber in eine andere Richtung. „Meiner Meinung nach ist das eine Frage des Blickwinkels, und das wird man ja nicht als Ideologie abtun können.“ Immerhin, das Niveau würde nicht weiter sinken können. Ob man stattdessen dafür ein paar Löcher in den Boden stemmen würde?

Der Kammgarnanzug verkündete, dass er an sich schon für eine offene Gesellschaft sei, in der jeder auch machen könne, was er wolle, sofern dem Gesetz Genüge getan werde. „Aber wir wollen auch nicht vergessen, dass die Familie als Fundament der Gesellschaft für, ich möchte mal sagen, normale Menschen…“ „Sie und Ihr Schweineverein“, fauchte ich dazwischen. Der Moderatorin entfiel gleich ein ganzer Stapel Kärtchen, weshalb die Kamera hastig auf mich schwenkte. Voll im Bild. Genau das hatte ich gewollt. „Sie setzen sich hier in den medialen Mainstream und tun so, als ob das die öffentliche Meinung sei, aber da haben Sie sich getäuscht.“ „Mir hat noch keiner widersprochen“, nörgelte das Männchen. „Natürlich nicht“, schrie ich, „das ist ja auch die schweigende Mehrheit, gegen die Sie mit Ihrer Meinungsdiktatur angehen wollen, aber da haben Sie sich geschnitten. Das kriegen Sie hier nicht durch!“

Die Normaltante tendierte eher dazu, das als demokratischen Prozess aufzufassen. „Wir haben ja gar nichts gegen gesellschaftliche Strömungen“, informierte sie die Zuschauer, „ich kenne da beispielsweise einen Soziologen.“ Der Ex-Minister wollte das nicht gelten lassen, konnte ihre Meinung aber auch nicht als staatlich gelenkte Propaganda hinstellen; bis vor ein paar Wochen war er noch kein Ex-Minister gewesen. „Das ist durch zahlreiche Statistiken belegt“, beteuerte er. „Mir fällt hier nur gerade keine Zahl ein, aber mindestens dreiundsiebzig Prozent der Bevölkerung, und zwar aus allen Parteien, mehr als dreiundsiebzig Prozent sind genau dieser Meinung, und das ist die absolute Mehrheit.“ Beifall heischend blickte er um sich. Die Moderatorin hatte unterdessen ihr Kärtchen wieder aufgelesen und wandte sich mir zu. „Sie stellen in Ihrem neuen Buch die These auf, dass wir diese Entwicklung schon seit zehn Jahren ignoriert haben, und dass die Politik heute die Ergebnisse der damaligen Verfehlungen erntet.“ Ich richtete mich auf. „Genau das ist doch der Punkt“, ereiferte ich mich, „das wird ja auch viel zu selten in der Öffentlichkeit, und damit meine ich natürlich, dass wir da, wo wir keine Denkverbote, die darf es übrigens in einem Rechtsstaat gar nicht, und das wird man ja wohl noch sagen dürfen!“

Was mich etwas überraschte, war das Publikum. Nicht, dass sie besonders anspruchsvoll gewesen wären, sie verhielten sich wie dressierte Lemminge. Bei jeder Gelegenheit leuchtete die Lampe auf, und sie klatschten ausgiebig. Eigentlich hätte ich mich langweilen können. „Man muss doch die Wahrheit aussprechen können!“ Wahrscheinlich wussten sie es nicht besser. Sie applaudierten schon wieder. Oder immer noch. Ich holte zum letzten Schlag aus. „Wir sind komplett gehirngewaschen, weil wir uns die ganze Zeit irgendeinen Dreck im Fernsehen ansehen müssen. Und zwar in überflüssigen Sendungen wie dieser hier.“

„Na, hat ja geklappt.“ Der Aufnahmeleiter war zufrieden, schließlich hatte die Sendung kurz vor dem Kollaps ihr natürliches Ende gefunden. „Machen Sie das eigentlich öfter?“ Ich ließ ihn wissen, dass ich dem hauseigenen Populisten auf keinen Fall den Job wegnehmen wollte. „Er wird alt“, sagte der Fernsehmann mit leisem Bedauern, „wir werden ihn an die Börsennachrichten abgeben müssen oder in die Programmkommission. Einer muss diese Meinungsdiktatur ja herstellen, bevor wir sie kritisieren, oder?“





Roadshow

22 04 2014

„Spritpreis?“ „Bitte!“ „Ich meine ja nur.“ „Sprit geht gar nicht.“ „Echt jetzt!“ „Totale Schnapsidee.“ „Also Leute, jetzt macht mal zu. Wir müssen eine solide Finanzierung präsentieren, sonst ist unsere Glaubwürdigkeit bis zur Europa-Wahl endgültig im Eimer.“ „Und wenn wir eine solide Finanzierung haben?“ „Dann auch.“

„Jetzt labert hier nicht herum, das Problem ist bekannt: die Straßen in Deutschland sind im Eimer, und wir müssen etwas tun, damit uns die Autofahrer nicht als Wähler verloren gehen.“ „Das ist doch der größte Unsinn überhaupt: den Autofahrern noch mehr Geld abknöpfen, weil sie uns sonst…“ „Sparen Sie sich Ihre Spitzfindigkeiten für den nächsten Parteitag, dann können Sie Albig absägen. Jetzt arbeiten wir erst mal konstruktiv.“ „Das nennen Sie konstruktiv?“ „Meine Güte, irgendwo wird man den Leuten doch einen Hunderter aus den Rippen leiern können?“ „Betreuungsgeld?“ „Was ist damit, wollen Sie das besteuern?“ „Nö, ich will das abschaffen.“ „Vernünftiger Gedanke.“ „Hmja.“ „Kollege, das wollen wir alle abschaffen, aber wir haben im Wahlkampf oft genug gesagt, dass das dummer, reaktionärer Scheißdreck ist, und wir sind die SPD, also machen wir das jetzt trotzdem.“

„Hier, Rauchen!“ „Was!?“ „Rauchen für den Hindukusch. Hatten wir doch auch mal.“ „Ach so, das ist aber schon lange her.“ „Bier besteuern für die Fahrsicherheit?“ „Bloß nicht, sonst saufen sich ein paar CDU-Leute im Wahlkampf aus Solidarität die Birne dicht.“ „Wäre aber eine gute Sache, wenn wir die Brauereien als Sponsoring-Partner…“ „Leute, jetzt wird’s langsam albern.“ „Oder wir machen den Nürburgring wieder auf damit.“ „Big Albigs Roadshow!“ „Super!“ „Hmja.“ „Leute!“ „Oder Passivtrinken?“ „Haben die Passivrauchen auch besteuert?“ „Das wäre doch mal eine Idee gewesen.“ „Meine Güte, Ihr hängt wohl nicht an Euren Jobs?“ „Nö. Nach der Wahl sind wir ja eh alle wieder in Berlin.“

„Vielleicht könnte man das doch irgendwie aus den normalen Steuern…“ „Halten Sie den Rand, wir haben uns für einen Alleingang entschieden, um das parteipolitische Profil zu…“ „Eben deshalb ja. Wenn wir als SPD aus dem Mindestlohn…“ „Lassen Sie den aus dem Spiel, den haben wir im Wahlkampf als absolut unverhandelbares…“ „… die ganzen Ausnahmen rausstreichen, kriegen wir wieder viel mehr Lohnsteuern, und daraus können wir dann den Straßenbau finanzieren.“ „Hmja.“ „Das müsste man mal durchrechnen.“ „Sonst könnten wir ja den Mindestlohn vorerst so lassen und dann die Steuern in den Bundeshaushalt fließen lassen.“ „Und wo fließen die Ihrer Ansicht nach sonst hin, Herr Kollege?“ „Fragen Sie mich nicht, ich bin innenpolitischer Sprecher. Wenn ich mehr Geld haben will, erzähle ich der Fraktion wirre Lügenmärchen und erfinde eine Statistik dazu.“

„Und wer bezahlt diese Straßensonderabgabe jetzt?“ „Wir wollen das sozial gerecht regeln.“ „Moment, nur zur Sicherheit: sozial gerecht oder SPD-sozial-gerecht?“ „Wo ist da der Unterschied für Sie?“ „Das eine ist ohne Umverteilung von unten nach oben.“ „Wir haben da keine Zielvorgabe bekommen, aber für uns ist schon klar, dass wir unserer sozialen Verantwortung gerecht werden müssen.“ „Also zahlen vor allem die Autofahrer ihre eigenen Straßen?“ „Ja, so hatte sich die Partei das gedacht. Nutzer bezahlen ihre Verkehrswege.“ „Also die, die auf der Autobahn…“ „Auch.“ „Und auf den Bundesstraßen?“ „Selbstredend. Und Sie müssen ja als Sekundärnutzer…“ „Als was!?“ „Er meint so was wie Passivrauchen.“ „Wenn ich mir mit meiner Frau ein Auto teile? Dann zahle ich doppelt?“ „Ich dachte da eher an Busverkehr.“ „Aber das ist doch…“ „Naja, technisch gesehen stimmt’s schon. Wenn Sie im Krankenwagen liegen, benutzen Sie auch öffentliche Straßen.“ „Das erzählen Sie mal einem Steuerhinterzieher.“

„Auf der anderen Seite ist doch der Effekt gar nicht schlecht, wenn die Straßen so im Eimer sind.“ „Worauf wollen Sie hinaus?“ „Dann steigen mehr Leute auf die Bahn um.“ „Das Schienennetz ist doch auch marode.“ „Das ist doch gut, dann haben wir mehr Straßennutzung und unsere Reparaturen amortisieren sich viel schneller.“ „Sagen Sie mal, haben Sie Spaß an Ihrem Drogenproblem?“ „Ich sagte doch, ich bin innenpolitischer Sprecher.“

„Und wenn wir den Soli erhöhen?“ „Was hat das mit den Straßen zu tun?“ „Ich meine ja nur.“ „Hmja.“ „Also langsam werde ich aber…“ „Oder wir könnten Geldbußen bei Ordnungswidrigkeiten etwas höher machen.“ „Und wenn wir aus dem Bildungsetat etwas abzweigen?“ „Den zweigen wir doch eh schon von den Kosten für die HSH Nordbank ab.“ „Jetzt seid doch mal kreativ!“ „Mann, was denn noch!“ „Wir müssen den Wählern eben sagen, dass Autofahren auf intakten Straßen mehr wert ist.“ „Wie bitte!?“ „Ich meinte, dass…“ „Na also!“ „Was hat er denn jetzt schon wieder?“ „Hier, das ist doch unsere politische Logik. Passiv fahren – Passivrauchersteuer.“ „Verstehe ich jetzt nicht.“ „Können Sie mir das mal erklären?“ „Und dann?“ „Na? Haben Sie’s?“ „Worauf will er denn jetzt eigentlich hinaus?“ „Autofahren – mehr wert in Deutschland? Na!?“ „Hmja.“ „Hallo, Kiel? Ich glaube, wir haben da was für Ihren Wahlkampf.“





Russki Riot

21 04 2014

„… habe der Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz Maaßen gewarnt, dass die russischen Spione den Deutschen Bundestag übernehmen könnten, um die…“

„… als größten Blödsinn, die er je gehört habe. Seines Erachtens nach solle man jemanden wie Maaßen sofort seines Amtes entheben. Aus Gründen der Parteidisziplin befürworte Gabriel die Haltung jedoch und werde alles dafür tun, die russische Übernahme der Bundesrepublik zu…“

„… habe Arbeitgeberpräsident Kramer gleich vor der Kanzlerin aus dem Osten gewarnt. Sie stelle ihre stalinistische Gesinnung genügend zur Schau, indem die Unterschicht durch einen Mindestlohn in den offenen Krieg mit den…“

„… möglicherweise der NSU nur so weit gekommen, da der Verfassungsschutz auf eine Übernahme durch die Russen gewartet habe und abgelenkt gewesen sei. Beweise dafür werde man so schnell wie möglich…“

„… korrekt, dass Deutschland bereits seit 1949 von den Russen ausspioniert werde. Aus Gründen der internationalen Bündnispolitik habe man dies jedoch bisher nie öffentlich…“

„… sei es geradezu absurd, deutsche Politiker als käuflich zu bezeichnen. Westerwelle habe dies am Rande einer Tagung deutscher Hoteliers als…“

„… bestehe Dobrindt auf einem Einreiseverbot russischer Spione in den Freistaat Bayern, um…“

„… da der Russe nicht das Volk, sondern nur die Politiker ausspähe. Dies, so Kauder, sei der Beweis dafür, dass der Russe kein demokratisches…“

„… vor existenziellen Gefahren, sobald der russische Geheimdienst die von britischen oder US-amerikanischen Geheimdiensten ausgespähten Daten ausspähten, da dies nicht nur eine illegale Aktion, sondern auch ein Verstoß gegen Völkerrecht und die internationalen…“

„… berufe sich Maaßen auf Augenzeugen, die als ostukrainische Krankenschwestern getarnte russische Spione beobachtet hätten, die Säuglinge aus den Brutkästen…“

„… zur Mäßigung aufgerufen habe. Geißler bedaure die Entwicklung zutiefst und wolle die Konfrontation entschärfen; er habe auch schon darauf hingewiesen, dass die meisten russischen Spione in Wahrheit Tschetschenen und georgische Staatsbürger…“

„… viele russische Spione, die nun den deutschen Fachkräften die Arbeitsplätze…“

„… zwar dasselbe wie NSA und GCHQ, da der russische Geheimdienst jedoch geheim arbeite, sei dies eine ethisch besonders verwerfliche…“

„… lehne er ab. Auch eine Diskussion über mögliche außenpolitische Konsequenzen sei nicht mehr erwünscht, Pofalla habe Russland mit sofortiger Wirkung für beendet…“

„… der Verfassungsschutz bereits von russischen Spionen unterwandert worden sei, so dass ein Versagen bei der Aufklärung des NSU nur die logische Folge der personell ausgebluteten…“

„… warne Seehofer davor, die Russen als Freunde Europas zu betrachten, solange sie durch gezielte politische Einflussnahme weitreichende Entwicklungen auslösen könnten. Für ihn sei bereits die Wiedervereinigung ein alarmierendes Zeichen, welch große Zerstörungen die östliche Großmacht im vergangenen Jahrhundert…“

„… könne eine jährliche Anhebung der Abgeordnetendiäten um zwanzig Prozent die Mitglieder des Deutschen Bundestages vielleicht davon abhalten, gegen Geld für ausländische…“

„… habe Maaßen geprüfte Fakten dafür, dass zahlreiche russische Agenten in ihren Aktentaschen Massenvernichtungswaffen in den Reichtag…“

„… sogar verdächtigt, das Mobiltelefon der Bundeskanzlerin zu…“

„… gebe es immer wieder Gerüchte von verschwundenen Kindern. Eine russische Beteiligung könne nie nachgewiesen werden, doch sei dies für von der Leyen bereits ein Beweis dafür, wie gut getarnt die russischen Schwerverbrecher…“

„… habe Russland dem US-amerikanischen Verbrecher Snowden Asyl gewährt. Dies, so de Maizière, sei ein hinreichender Beweis dafür, dass den Vereinigten Staaten kein unrechtes handeln vorzuwerfen…“

„… als blinder Alarm herausgestellt habe. Der Verdächtige sei nach seiner Festnahme zwar als Spion enttarnt worden, besitze aber die chinesische Staatsbürgerschaft. Außenminister Steinmeier habe dazu geäußert, dies sei ein guter Tag für die…“

„… massive Kritik an Maaßen geübt. Er habe es versäumt, die NSA ausdrücklich zu fragen, ob es gesicherte Erkenntnisse über Anwerbeversuche russischer Agenten in der Bundesrepublik…“

„… durchaus Anzeichen, dass der NSU eine Erfindung der russischen Spione gewesen sei, die so getan hätten, als seien sie in Wirklichkeit doch ganz normale Deutsche, was die Deutschen sehr verwirrt habe, die so getan hätten, als seien sie russische Spione, die sich in Wirklichkeit als…“

„… Hunderte vertraulicher Dokumente aus dem deutschen Behördenverkehr an die Russen geliefert habe. Aller Wahrscheinlichkeit sei so auch die Steuerfahndung an Hoeneß’ Bankdaten …“

„… die russische Staatsführung unter anderem am Vietnamkrieg, an der Rassentrennung und am 11. September schuld, da sie ihn nicht verhindert habe. Mißfelder besitze außerdem Beweise, dass Adolf Hitler in Wirklichkeit ein geklonter Roboter aus dem sowjetischen Industriekomplex…“

„… dürfe nicht zu Irritationen im Verhältnis zu den Freunden in den USA führen. De Maizière habe nochmals betont, auf Vorschlag der amerikanischen Geheimdienste bewahre man die deutschen Staatsgeheimnisse vorsorglich in den Vereinigten Staaten auf, um sie nicht versehentlich in die Hände russischer…“

„… fordere Axel E. Fischer eine Ausweitung der Vorratsdatenspeicherung auf Dateien mit kyrillischem…“

„… die Erwartungen gedämpft. Deutsches Know-how sei für Russland keine begehrte Ware, da die Firmen noch nicht auf dem Stand einer hoch technisierten…“

„… außerordentlich bedauert. Die in Berlin aufgeflogene Nachrichtendienstlerin sei wie befürchtet eine Mitarbeiterin des ukrainischen…“

„… derzeit kein Interesse. Putin selbst halte nicht viel vom Deutschen Bundestag, dessen Mitglieder kaum den Mindeststandards für den KGB…“