„Also ich halte mich da raus.“ „Typisch, Ihre Partei hält sich ja immer raus, wenn’s mal gilt.“ „Sie haben doch noch nie Verantwortung gezeigt für die…“ „Leute!“ „Mir ist das sowieso suspekt.“ „Aber wir brauchen ein Ergebnis.“ „… Demokratie in diesem…“ „Demokratie? Das Wort nehmen Sie Flitzpiepe in den…“ „Leute! Jetzt ist hier mal Ruhe, oder ich vergesse mich!“ „Aber die haben zuerst…“ „Jajaja, und dann hüpfen Sie über jedes Stöckchen? Wir haben einen klaren Auftrag – die Koalition wird gescheitert sein, und wir werden wissen, woran es gelegen haben wird.“
„Kann man das denn jetzt schon sagen?“ „Der Wahlkampf ist schon in drei Jahren, so viel Zeit bleibt uns nicht mehr.“ „Wir brauchen jetzt schon einen Grund?“ „Wir hatten ja nicht mal einen, diese Koalition überhaupt einzugehen.“ „Das halte ich jetzt für übertrieben.“ „Die Wähler wollten das doch gar nicht.“ „Deshalb haben sie es auch so geschickt hingekriegt, richtig?“
„Es lag nicht an der Regierung.“ „Wie bitte!?“ „Er meint, es lag den Parteien.“ „Gibt es denn da einen nennenswerten Unterschied?“ „Anders gefragt, wenn es je einen gab, gab es den vor der Wahl schon?“ „Werden Sie jetzt bitte nicht politisch, das kann ich gar nicht vertragen.“ „Hören Sie mal, das…“ „Gar nicht!“ „Er meint, Sie sollten besser keine ideologischen Sprüche bringen.“ „Er sagte etwas von Politik.“ „Na, das ist doch dasselbe in dieser Regierung.“ „Deshalb lag es wohl auch nicht an ihr.“
„Die überzogenen Ansprüche, das war’s ja wohl.“ „Sie meinen, die Wirtschaft hätte sich mal wieder zu weit aus dem Fenster gelehnt?“ „Das mit dem Freihandelsabkommen, und wenn ich mir die Ansichten zum Verbraucherschutz ansehe, also dann mal gute Nacht.“ „Finde ich auch.“ „Blödsinn, die waren ja gar nicht gemeint.“ „Wer hatte denn irrealistische Forderungen gestellt? die Gewerkschaften? Oder doch wieder nur die Kirche?“ „Die Bürger natürlich.“ „Leuchtet ein.“ „Deshalb bringt auch meist der Bürger mit seinen völlig weltfremden Ansichten eine Regierung zum Scheitern.“ „Genau, immer diese Demokratie!“
„Wir sollten lieber mal…“ „Hände weg vom Mindestlohn!“ „Moment, welcher Mindestlohn?“ „Das war doch der Rohrkrepierer schlechthin.“ „Eben.“ „Und weshalb…“ „Weil ihn alle kaputt gemacht haben. Deshalb sind Schuldzuweisungen auch nicht so einfach zu formulieren.“ „Aber die haben…“ „Nicht einfach zu formulieren.“ „Wollen Sie mich jetzt unter Druck setzen!?“ „Gut jetzt.“ „Bleiben Sie mal locker.“ „Das lasse ich mir nicht bieten!“ „Diese Verhandlungsstärke hätten Sie mal lieber beim Mindestlohn gezeigt.“ „Als Projekt war es ja gar nicht übel.“ „Aber darum haben ihn ja alle gemeinsam in die Tonne getreten.“ „Wo wir gerade dabei sind, wie ist es mit der Energiewende?“
„Die Arbeitsmarktpolitik war ja nun eine echte Katastrophe.“ „Wir hatten mehr Arbeitslose?“ „Immerhin hätten die, die Arbeit hätten haben können, mit 63 in Rente gehen können, wenn sie denn eine Rente bekommen hätten.“ „Und wir hatten den Fachkräftemangel.“ „In Deutschland?“ „Klar.“ „Deshalb sind ja auch die Löhne und Gehälter so massiv abgesackt, weil es plötzlich zu viel Arbeit für die fehlenden Fachkräfte gab.“ „Klassische Fehlallokation.“ „Genau, ganz klassisch.“ „Also es wurde ein Problem mit dem bekämpft, was eigentlich erst das Problem ausgelöst hatte?“ „Würde ich sagen.“ „Wie gesagt, die Energiewende hat…“ „Langweilig!“
„Wir sollten die Krimkrise nicht aus den Augen verlieren.“ „Halte ich für problematisch.“ „Weil die Kanzlerin jetzt schon ihren eigenen Ministern widerspricht?“ „Das ist ja nun nicht neu.“ „Aber sie weiß nicht, wie es ausgeht.“ „Das ist wieder so etwas wie die Eurokrise.“ „Da widerspricht sie aber nicht ihren Ministern.“ „Weil sie keine Ahnung hat.“ „Und weil es auch nicht wichtig ist, was sie denkt.“ „Meint die Kanzlerin?“
„Aber die Energiewende…“ „Welche Energiewende denn?“ „Hat es bis heute eine Energiewende in Deutschland gegeben?“ „Wüsste ich.“ „Kneifen Sie mich mal.“ „Der Wahlkampf war doch voll davon!“ „Was haben wir denn da nicht versprochen?“ „Aber…“ „Lassen Sie und mit der Energiewende in Ruhe. Die war als lustiges Experiment angedacht und wird von einer Regierung an die nächste weitergereicht.“ „Allerdings würde ich schon sagen, dass der Kollege recht hat. Wir könnten sie als Grund für das Scheitern der Koalition verwenden.“ „Die einfachen Leute wurden viel mehr belastet.“ „Die Industrie hat de Einnahmen erhöht und den Kunden trotzdem immer mehr berechnet.“ „Die haben die Politik systematisch und wissentlich betrogen.“ „Und die Politik hat teilweise sogar mitgemacht.“ „Genau!“ „Sie beschreiben gerade die Bankenrettung. Ist deshalb schon mal eine Regierung zurückgetreten?“
„Wir müssen uns jetzt auf eine Position verständigen.“ „Ich würde da ein Zehn-Punkte-Papier…“ „Oder wir einigen uns auf einen Kompromiss bei der…“ „Mehrwertsteuer?“ „Yes!“ „Genial!“ „Großartig, das ist es – schreiben Sie: ‚Die Große Koalition scheiterte letztlich an der sozialverträglichen Reform der Mehrwertsteuer.‘ Egal, was bis 2017 kommt. Das kaufen sie uns ab.“
Satzspiegel