Verstrahlt

13 05 2014

„Naja, wir hatten uns das halt so gedacht. Wir treten Ihnen vors Knie, und Sie schieben uns dafür die Kohle hinten rein. Als Stiftungsmodell. Wäre doch eine annehmbare Zukunft. Wenigstens für uns als FDP.

Wenn die Atomindustrie das kann, können wir das auch. Die Parallelen liegen doch auf der Hand. Uns braucht auch keiner mehr. Der Ausstieg zieht sich hin, weil wir den Schuss nicht gehört haben. Und wir sind auch die einzigen, die uns für absolut unverzichtbar halten.

Dann nennen Sie es halt Privatisierung, das kommt doch immer gut. Ja, haben wir ja damals schon gesagt: alles privatisieren. Gewinne, Titel, Ämter. Dann ging es der Öffentlichkeit zu weit, wir haben sofort gegengesteuert – für alle Verluste dem deutschen Souverän eine Teilhaberschaft gewährt. Jetzt würden wir halt wieder privatisieren. Als Stiftung für das Volk.

Natürlich, wir sind ganz klar für die Trennung von Gewalten. Von Amt und Mandat sowieso. Also sind wir auch strikt für das Verursacherprinzip. Die Wähler haben uns gewählt, wir haben im Amt nur Scheiße gebaut – dann hat der Wähler das jetzt auch zu bezahlen.

Tut mir Leid, aber von Abschalten hatte keiner etwas gesagt. Nein, wir nämlich auch nicht. Im Bundestagswahlkampf hat sogar die Kanzlerin gesagt, dass sie mit uns weiterregieren will, und wir haben darauf einfach weitergemacht. Also wir haben so getan, als würden wir weitermachen. Als würden wir weitermachen können. Als wenn es da etwas zum Weitermachen gäbe. Das ist eine Frage des Vertrauensschutzes. Und deshalb müssen Sie uns jetzt auch die ganze Kohle –

Dreißig Milliarden!? Sie haben ja wohl nicht alle Tassen im Schrank! Die braucht Westerwelle doch schon, um sich im Schrebergarten einen Petersdom in Originalgröße hochzuziehen! Wo soll der Mann sich denn sonst standesgemäß anbeten lassen? Die Bundesparteitage kann man doch bald in der Bahnhofsgaststätte abziehen!

Eigenverantwortung? Jetzt kommen Sie mir nicht mit Eigenverantwortung, so war das nicht ausgemacht. Ja, so war das ausgemacht, aber das galt nur für – wie hieß das Zeug? Bürger, richtig. Ich mag keine Fremdwörter. Die sollen froh sein, dass sie so billige Politiker kriegen.

Naja, Endlager – das können Sie vielleicht für Niebel bauen. Zwei Lagen Teppich drüber, dann ist der Mann futsch. Oder Brüderle. Aber stellen Sie sich mal Lindner vor. Völlig verstrahlt. Der muss erstmal ins Abklingbecken. Und dann können Sie den als Castor-Transport durch die Ortsvereine schicken. Damit auch jeder etwas abkriegt.

Der Ausstieg unter Rot-Grün war sicher, das hätten wir vielleicht sogar noch auf die Reihe gekriegt, aber Merkel musste ja alles noch mal aufrollen. Kein Wunder, dass danach ein einziges Chaos in Deutschland herrschte. Und wer ist daran schuld? Na!?

Die erste Phase haben wir ja schon hinter uns. Wenn Sie die gesamte letzte Legislaturperiode, mit besonderer Berücksichtigung auf ihren großen Vorsitzenden – also der Auslaufbetrieb, der produziert natürlich immer noch jede Menge toxischer Sachen uns so. Vorwiegend giftige Heißluft, wenn man Westerwelle so als Maßstab nimmt. Die Stilllegung schließ sich dann natürlich gleich an, weil die ja schon unter Aufsicht der Bundesregierung geschehen ist. Doch, bestimmt! Da war Merkel maßgeblich beteiligt.

Oh doch! Wir haben mit dem Rückbau sehr zügig begonnen! Das lassen wir uns nicht vorwerfen – der Rückbau setzte sofort ein! Erinnern Sie sich an den Parteitag, an dem wir aus voller Überzeugung hinter Westerwelle gestanden haben, um dann aus voller Überzeugung Rösler zum Vorsitzenden zu wählen. So viel uneingeschränktes Vertrauen kriegt ja die Kanzlerin nicht mal hin, wenn sie irgendeinen Kronprinzen kastrieren will.

Es gab da sicherlich noch den einen oder anderen Schadstoffausstoß, wir sind ja schließlich das coolste Land der Welt und hier gibt es keine Altersarmut, nur strukturelle Verbesserungen im Niedriglohnbereich, und die Frösche hocken im Topf und warten, bis sie – na, ist ja auch wurst. Jedenfalls war der Ausstoß nicht mehr so ein sozialer Klimakiller wie der Vorgänger. Diese asiatischen Modelle bieten eben mehr Service, und wenn man sie nach kürzester Zeit wegschmeißt, tut’s auch nicht ganz so weh wie bei deutscher Wertarbeit.

Das mit der Zwischenlagerung, das ist jetzt der Knackpunkt. Sie wollen die ganze Scheiße endgültig loswerden – legitim, wollen wir ja auch. Aber deswegen sind wir ja stattdessen für Wiederaufbereitung. Gut, strahlt länger. Aber Sie sehen es doch, seitdem wir nicht mehr in der Regierung sind, geht es rapide den Bach runter.

Immerhin haben wir noch nicht angekündigt, dass wir mit dem Freihandelsabkommen der BRD eine Klage ankündigen, weil wir – die AfD? wusste ich jetzt so nicht, dass die schon offizielle Lizenznehmer der Tea Party sind, aber okay. Dann sind ja ein paar Leutchen noch verstrahlter als wir.

Also definitiv keine Kohle? und wenn wir als außerparlamentarischer Zirkus weitermachen? Als regierungseigene Ersatzbank für Knalltüten? Echt keine Chance mehr? Schade. Na gut. Dann müssen wir halt doch alle nach Brüssel.“